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Literatur und Mehrsprachigkeit

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Literatur



Baudouin de Courtenay, JanBaudouin de Courtenay, Jan, »Zur Kritik der künstlichen Weltsprachen. Wiederabdruck des Beitrags Leipzig 1907«, in: Reinhard HaupenthalHaupenthal, Reinhard (Hrsg.),

Plansprachen. Beiträge zur Interlinguistik

, Darmstadt 1976, S. 59–110.



Blanke, DetlevBlanke, Detlev,

Interlinguistische Beiträge. Zum Wesen und zur Funktion internationaler Plansprachen

, hrsg. v. Sabine FiedlerFiedler, Sabine, Frankfurt/M. u. a. 2006.



Brugmann, KarlBrugmann, Karl/August LeskienLeskien, August,

Zur Kritik der Künstlichen Weltsprachen

, Straßburg 1907.



Eco, UmbertoEco, Umberto,

Die Suche nach der vollkommenen Sprache

, übers. v. Burkhart Kroeber, München

3

2002.



Haupenthal, ReinhardHaupenthal, Reinhard, »Johann Martin SchleyerSchleyer, Johann Martin (1831–1912) und seine Plansprache Volapük«, in:

Zwischen Utopie und Wirklichkeit. Konstruierte Sprachen für die globalisierte Welt. Begleitbd. zur Ausstellung an der Bayrischen Staatsbibliothek (14. Juni bis 9. September 2012)

, München 2012, S. 63–84.



Trubetzkoy, Nikolai SergejewitschTrubetzkoy, Nikolai Sergejewitsch, »Wie soll das Lautsystem einer künstlichen internationalen Hilfssprache beschaffen sein? Wiederabdruck des Beitrags Prag 1939«, in: Reinhard HaupenthalHaupenthal, Reinhard (Hrsg.),

Plansprachen. Beiträge zur Interlinguistik

, Darmstadt 1976, S. 198–216.







5. Spezialsprachen: Fachsprachen, Wissenschaftssprachen etc.



Heinz Sieburg



Spezialsprachliche Kommunikationsformen sind zwar bereits aus früheren historischen Zusammenhängen bekannt, ihre Notwendigkeit hat mit der stetigen Ausdifferenzierung arbeitsteiliger Gesellschaften jedoch deutlich zugenommen. Sie sind in modernen Gesellschaften unerlässlich, um dem zunehmenden Bedarf spezialisierter professioneller und wissenschaftlicher Verständigung entsprechen zu können. Zu diesem Zweck haben sich unterschiedlichste Fachsprachen herausgebildet, die durch die je spezifischen Kommunikationsansprüche (Inhalte, Methoden etc.) der beruflichen Sparten und Wissenschaften bedingt sind. Fachsprachen können als funktional angepasste Varietäten (Funktiolekte) beschrieben werden. Hadumod BußmannBußmann, Hadumod (

Lexikon der Sprachwissenschaft

, 186) definiert Fachsprache als »prachliche Varietät mit der Funktion einer präzisen, effektiven Kommunikation über meist berufsspezifische Sachbereiche und Tätigkeitsfelder«. Fachsprachen dienen der sachbezogenen, den Funktionskriterien der Deutlichkeit, Verständlichkeit, Ökonomie und Anonymität (im Sinne eines nichtindividuellen, affektfreien Stils) unterworfenen Verständigung von Experten in einem fachlich definierten Kommunikationsfeld. Wissenschaftssprachen können den Fachsprachen zugerechnet oder gegen diese abgegrenzt werden. Differenzkriterium ist dann die durch die jeweilige Wissenschaftstheorie und -methode bestimmte besondere Verbindlichkeit des terminologischen Systems der Wissenschaftssprachen gegenüber gewöhnlichen Fachsprachen.



Fachsprachen werden in der Regel den Sondersprachen (in einem engeren Sinne) gegenübergestellt. (In einem weiten Sinn decken sich die Begriffe Sondersprache und Soziolekt.) Zu Letzteren können Gaunersprachen wie Rotwelsch, bestimmte Handwerkersprachen wie das auf dialektaler Basis entwickelte ›Lebber Talp‹ (WegeraWegera, Klaus-Peter, »Lebber Talp«) oder Sprachspielereien von Schülern in Form von ›Bi-Sprachen‹, die allesamt die Funktion von Geheimsprachen haben, gezählt werden. Differenzkriterium ist die Sachgebundenheit in den Fachsprachen gegenüber der Sozialgebundenheit der Sondersprachen. Beide stellen Abweichungen gegenüber der funktional neutralen Alltagssprache (Gemeinsprache, Normalsprache, Umgangssprache in diesem Sinne) dar, wenngleich die Gründe hierfür differieren. In den Fachsprachen steht die präzise fachliche Kommunikation im Zentrum, Verständnisbarrieren gegenüber der Gemeinsprache treten als Effekt meist zwangsläufig auf, sind aber nicht intendiert. Sondersprachen dienen dagegen dem spezifischen Interesse bestimmter sozialer Gruppen und sind auf kommunikative Abschottung hin angelegt und damit funktional isolativ. (Unter diesem Gesichtspunkt ließe sich etwa auch die Jugendsprache den Sondersprachen zurechnen.) Eine Besonderheit stellen Varietäten wie etwa die Jägersprache oder die Sprache des Sports dar, da sich in diesen die Kriterien der Sach- und Sozialgebundenheit überlappen bzw. die zugrundeliegende Tätigkeit nicht notwendigerweise im Rahmen eines Berufes ausgeübt werden muss. Generell konfrontiert die Frage der Definition und Abgrenzbarkeit von Fächern (oder Berufen, Branchen, Wissenschaften) die Fachsprachenforschung mit erheblichen Herausforderungen.



Fachsprachen sind Teil des Varietätensystems einer Sprache. Ihre Basis ist die Standardsprache (vgl. II.1). Zu dieser besteht Durchlässigkeit insofern, als Elemente der Fachsprache in diese übergehen können und damit Bestandteil der Alltagssprache werden. Prozesse der Popularisierung von Fachwissen (zu Allgemeinwissen) sind weit verbreitet und lassen sich auf unterschiedlichste Berufsfelder und Wissenschaftsbereiche beziehen. Sie werden begünstigt durch ein allgemein ansteigendes Bildungsniveau der Bevölkerung, die Notwendigkeit, sich etwa neuer Technologien zu bedienen (Computerisierung, Digitalisierung), oder durch den Prestige-Mehrwert, der bestimmten Fachjargons zugemessen wird. So sind beispielsweise Fachwörter der Medizin wie

Diagnose

,

Therapie

,

Infarkt

 inzwischen fester Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes. Andererseits führt insbesondere die zunehmende Ausdifferenzierung in den Wissenschaften zu einer Vergrößerung des Abstandes zur Alltagssprache. Die Überbrückung der dadurch bedingten Kommunikationskluft kann aus unterschiedlichen Gründen notwendig werden und wird zum Teil durch Wissenschaftsjournalisten geleistet (z.B. regelmäßig bei der Erläuterung von mit Nobelpreisen ausgezeichneten naturwissenschaftlichen Forschungen).



Aus soziolinguistischer Sicht ist darauf hinzuweisen, dass Fachsprachen gruppendefinierend und -stabilisierend wirken können. Gegenüber Nicht-Fachleuten (Laien), wozu im Wissenschaftsbereich unter Umständen auch Vertreter fachfremder Disziplinen zu zählen sind, bilden Fachsprachen eine Sprachbarriere. Zumal bei Angehörigen von Berufsfeldern und Wissenschaftsdisziplinen, denen ein hohes Sozialprestige zugemessen wird, können Fachsprachen (bzw. fachsprachliche Elemente) den soziolinguistischen Effekt haben, Privilegierung und Exklusivität zu markieren, und autoritätssteigernd wirken. Andererseits kann terminologische Unverständlichkeit aber auch als Imponiergehabe angesehen oder als ›Fachsimpelei‹ abgetan werden.



Fachsprachen lassen sich nach unterschiedlichen theoretischen und methodischen Gesichtspunkten beschreiben. Deutlich wird dies durch die veränderte Orientierung innerhalb der (deutschen) Fachsprachenforschung, die eine Abfolge unterschiedlicher Forschungsansätze erkennen lässt (vgl. RoelckeRoelcke, Thorsten,

Fachsprachen

, 18ff.). Grundlage war zunächst die Orientierung an einem ›systemlinguistischen Inventarmodell‹ mit der Betonung der Fachsprache als eines sprachlichen Zeichensystems, das Produzenten und Rezipienten im Rahmen fachlicher Kommunikationen nutzen. Demgegenüber verlagern jüngere Ansätze den Forschungsschwerpunkt stärker auf den Fachtext und dessen ko- und kontextuelle (situative, soziologische, psychologische) Rahmen- und Entstehungsbedingungen (›pragmalinguistisches Kontextmodell‹), wodurch Fachsprachen nicht als Voraussetzung fachbezogener Kommunikation zu beschreiben sind, sondern als Resultat spezifischer Kommunikationskonstellationen. Eine weitere (und jüngere) Schwerpunktsetzung betont die Rolle des Produzenten und Rezipienten im Rahmen fachsprachlicher Kommunikation (›kognitionslinguistisches Funktionsmodell‹), wobei insbesondere auf die kognitiven Anlagen und intellektuellen Anforderungen der am Kommunikationsprozess Beteiligten abgehoben wird.



Zur Erfassung des komplexen und hochdifferenzierten Gegenstandsbereichs der Fachsprachen wurden auf fachwissenschaftlicher Ebene verschiedene Systematisierungskonzepte entwickelt, worunter auch die fundamentale Unterscheidung nach Gliederungsebenen fällt: Auf horizontaler Gliederungsebene steht die Frage der Aufteilung der jeweiligen Fächer und Fachbereiche und die daraus ableitbare Korrelation zu den fachsprachlichen Varietäten und Textsorten (z.B. wissenschaftliche Abhandlung, Lehrbuch, Lexikonartikel) im Mittelpunkt. Dabei wird die Wissenschaftssprache (bisweilen auch Theoriesprache genannt) der Praxissprache gegenübergestellt oder es werden differenziertere Modelle wie das der Dreiteilung in Wissenschaftssprache, Techniksprache, Institutionensprache vorgeschlagen (StegerSteger, Hugo, »Erscheinungsformen der deutschen Sprache«). Die vertikale Ebene der Gliederung orientiert sich an den Kommunikationsbedingungen, die mit den unterschiedlichen Fächern verbunden oder innerhalb der Fächer gegeben sind. Orientierungsgröße ist hier der Abstraktionsgrad der jeweiligen fachsprachlichen Kommunikationsstufen. Auch hier sind seitens der Fachsprachenlinguistik unterschiedlich ausdifferenzierte Modelle vorgeschlagen worden. So etwa das Fünfstufenmodell von Lothar HoffmannHoffmann, Lothar (

Kommunikationsmittel Fachsprache

, 64–70) mit der Unterscheidung in (1) die Sprache der theoretischen Grundlagenwissenschaften, (2) die Sprache der experimentellen Wissenschaften, (3) die Sprache der angewandten Wissenschaften und der Technik, (4) die Sprache der materiellen Produktion und (5) die Sprache der Konsumtion.



Fachsprachen lassen sich aus systemlinguistischer Sicht anhand bestimmter Merkmale beschreiben. Durch diese soll die fehlerfreie Vermittlung von Informationen garantiert und die referentielle Funktion von Sprache (Darstellungsfunktion) – im Sinne Karl BühlersBühler, Karl oder Roman JakobsonJakobson, Romans – optimiert werden (wobei etwa unter pragmalinguistischer Perspektive zusätzlich auf die die Informationsvermittlung begünstigenden bzw. hindernden Rahmenbedingungen zu verweisen wäre). Dabei können (intrafachliche) Bereiche, die ausschließlich einer Fachsprache angehören (

generative Transformationsgrammatik

,

IC-Analyse

,

Morphosyntax

 als Beispiele der Linguistik), solchen gegenübergestellt werden, die fachübergreifend (interfachlich) gelten (z.B.

Empirie

,

Methodologie

,

Theorie

). Erkennbar wird an diesen Beispielen (der Wissenschaftssprache) zum einen die für Fachwortschätze allgemein typische Neigung zu komplexen Wortbildungen (für die das Deutsche prädestiniert ist), zur Verknappung durch Abkürzungen und, speziell in den Wissenschaften, zur Basierung auf Begriffe oder Wortbildungselemente gräkolateinischen Ursprungs, denen häufig der Status von Internationalismen zukommt. Innerhalb der IT-Branche und der hiervon geprägten, in Teilen sicherlich bereits gemeinsprachlichen, Medienkommunikation wird dagegen stärker auf angloamerikanische Lehnwörter zurückgegriffen (

Browser

,

Provider

,

LAN

,

WWW

). Generell erfolgt die Abgrenzung zur Alltagssprache häufig aber über eine semantische Differenzierung bestehender Wörter. So sind (homonyme) Begriffe wie

Befehlsfolge

,

Treiber

 oder

Netz

 gleichzeitig Elemente eines Fachwortschatzes (Computertechnik) und der Gemeinsprache.

 



Die voranstehenden Beispiele verdeutlichen die herausgehobene Stellung der lexikalischen Ebene der Fachsprachen, allerdings wäre eine Gleichsetzung von Fachsprache und Fachwortschatz verfehlt. Zu berücksichtigen sind vielmehr weitere linguistische Beschreibungsebenen. So zeigt sich auf grammatischer Ebene eine Dominanz der Präsensformen, eine hohe Frequenz des attributiven Genitivs (

die Beurteilung der Theoriemodelle

), eine verstärkte Neigung zu morphosyntaktischen Konstruktionen in Form von Nominalisierungen (

die Angabe der Wortbedeutung

) und Funktionsverbgefügen (

kommt zur Ausführung

), eine Vermeidung von Personalsubjekten (

der Sachverhalt erscheint dem Betrachter

), eine Tendenz zur Passivierung (

daraus lässt sich ableiten

) sowie zur Parallelität des Satzbaus (

zum einen, zum anderen

).



Die Aneignung von Fachsprachen erfolgt überwiegend im Rahmen der schulischen oder in den sich anschließenden berufs- bzw. fachbezogenen Ausbildungen (etwa Lehre oder Studium), wobei der Spezialisierungsgrad und damit der Grad der fachsprachlichen Ausdifferenzierung natürlich differiert. Insbesondere im akademischen Bereich werden dabei auch spezifische, durch die Methoden und Erkenntnisinteressen des Faches bedingte Denk- und Mitteilungsstrukturen vermittelt (vgl. BuhlmannBuhlmann, Rosemarie/FearnsFearns, Anneliese,

Handbuch des Fachsprachenunterrichts

). Zur Vermittlung (und semantischen Stabilisierung) von Fachwortschätzen dienen nicht zuletzt spezifische Fachlexika, wie etwa das oben genannte

Lexikon der Sprachwissenschaft

 (BußmannBußmann, Hadumod). Unter fachlexikografischer Perspektive erweisen sich Fachlexika meist als deskriptive, semasiologisch orientierte (also ausdrucksseitig geordnete) strikt initialalphabetische Sammlungen von Fachbegriffen (Stichwörtern bzw. Lemmata), die präzise definiert und etwa durch Beispielangaben, bildhafte Darstellungen, Querverweise und Angaben zu weiterführender Literatur ergänzt werden.





Literatur



Buhlmann, RosemarieBuhlmann, Rosemarie/Anneliese FearnsFearns, Anneliese,

Handbuch des Fachsprachenunterrichts. Unter besonderer Berücksichtigung naturwissenschaftlich-technischer Fachsprachen

, Tübingen

6

2000.



Bußmann, HadumodBußmann, Hadumod,

Lexikon der Sprachwissenschaft

, Stuttgart

4

2008.



Hoffmann, LotharHoffmann, Lothar,

Kommunikationsmittel Fachsprache

, Tübingen

2

1985.



Roelcke, ThorstenRoelcke, Thorsten,

Fachsprachen

, Berlin

3

2010.



Steger, HugoSteger, Hugo, »Erscheinungsformen der deutschen Sprache. Alltagssprache – Fachsprache – Standardsprache – Dialekt und andere Gliederungstermini«, in:

Deutsche Sprache

 16/1988, S. 289–319.



WegeraWegera, Klaus-Peter, Klaus-Peter, »Lebber Talp. Die Geheimsprache der Backofenbauer aus Bell in der Nordosteifel«, in: Ulrich KnoopKnoop, Ulrich (Hrsg.),

Studien zur Dialektologie I

, Hildesheim 1987, S. 183–206.







6. Schriftsysteme, Sprachen, Mehrsprachigkeit



Monika Schmitz-Emans



Sprachstandardisierung ist in besonderem Maße mit Schrift verbunden, denn Schrift gilt als eine Voraussetzung zumindest strikterer Formen von Standardisierung oder Kodifizierung. Jenseits der übergeordneten Frage nach dem Einfluss von Schriftmedien auf Prozesse der Sprachstandardisierung muss allerdings auch konkret danach gefragt werden, welche Spielarten von Schriftlichkeit es überhaupt gibt und wie sie zu unterscheiden sind. Denn Schrift dient nicht nur dazu, sprachliche Äußerungen festzuhalten, sondern kann grundsätzlich auch anderen Aufzeichnungen dienen, etwa im Falle der musikalischen Notenschrift. Vor diesem Hintergrund lässt sich dann beschreiben, inwiefern unterschiedliche Arten von Schrift zur Ausbildung von insbesondere literarischer Mehrsprachigkeit beitragen (siehe III.4 Mehrschriftlichkeit). Bezieht man sich eingrenzend auf solche Schriftsysteme, die der sichtbaren Fixierung verbaler Äußerungen bzw. Texte dienen, so lassen sich mindestens folgende Ebenen unterscheiden:



1. Unterschiedliche

Typen von Schriftcodes

, also etwa segmentierende (phonetische) Schriften, syllabische Schriften, logographische Schriften (siehe CoulmasCoulmas, Florian,

Writing Systems

, 38–108). Gebräuchliche Schriften basieren selten ausschließlich auf einem einzigen Typus von Schrift. Beispielsweise ist in logographischen Schriftsystemen wie der chinesischen Schrift zwar die Verbindung einzelner Zeichen mit einzelnen Worten vorherrschend; das Schriftsystem bezieht aber auch Konstruktionsprinzipien ein, die syllabisch oder phonetisch funktionieren. Auch ist es für phonetische Schriften fast nie der Fall, dass einzelne Schriftzeichen sich klar einzelnen Lauten bzw. Phonemen zuordnen lassen. Vielmehr weisen phonetische Schriftsysteme, indem sie feste Zeichenkombinationen für einzelne Silben verwenden, die sich nicht aus den ›Lautwerten‹ der Buchstaben erschließen, auch Merkmale von syllabischen Systemen auf. Überdies gibt es Schriftsysteme, die mehrere Typen von Schriftcodes mehr oder weniger gleichberechtigt miteinander kombinieren. So sind in den japanischen Schriftzeichenrepertoires Elemente einer ursprünglich logographischen Schrift (aus China) mit einem silbenschriftlichen Code verbunden. Die abendländischen phonetischen Schriften sind zumindest genetisch vielfach zu frühen logographischen Schriften in Beziehung gesetzt worden. Die semitischen Schriften, etwa das Hebräische, sind phonetische Schriften, die (zunächst) in erster Linie Konsonanten verzeichneten, auch wenn in bestimmten Konstellationen auch ›Konsonantenzeichen‹ vokalische Qualitäten anzeigen konnten (ebd., 116–122); die punktierte Variante des Hebräischen ist insofern ein Hybrid.



2. Innerhalb ein und desselben Typus von Schrift lassen sich viele differente Schriftcodes unterscheiden, etwa innerhalb der (im Wesentlichen) phonetischen Codes Europas die Buchstaben der griechischen, lateinischen und kyrillischen Schrift. In der Linguistik wird für diese unterschiedlichen Schriftcodes der Begriff »script« im Unterschied zu »writing system« vorgeschlagen (ebd., 35). Einzelne, an (nationale) Standardsprachen gebundene Alphabete weisen wiederum (beispielsweise durch diakritische Zeichen konstituierte) Besonderheiten auf. In der Verwendung identischer Schriftsysteme für unterschiedliche Sprachen ergeben sich oft sehr unterschiedliche Formen der Interrelation zwischen Sprach- und Schriftstruktur. So sind schon bei der Verwendung lateinischer Buchstaben für die eng miteinander verwandten Sprachen Deutsch und Englisch sehr unterschiedliche Laut-Buchstabe-Zuordnungen gegeben.



3. Auf der Ebene ihrer graphischen Konkretisierung (wie der des lateinischen Alphabets) sind sowohl historische Entwicklungen als auch synchrone Ausdifferenzierungen zu verzeichnen, und zwar wiederum auf mehreren Ebenen. So konkretisieren sich die Buchstaben des lateinischen Alphabets in verschiedenen Glyphen; das lateinische ›A‹ als abstraktes Buchstabenzeichen lässt sich auf verschiedene Weisen schreiben oder drucken. Die typographische Dimension von Texten, realisiert unter Auswahl aus zahlreichen Schriften und Schriftgrößen, ist nicht nur materiell, sondern auch semantisch für einen Text konstitutiv; das illustrieren Zeitungslayout und Buchdesign, das demonstrieren auch literarische Texte.



4. Für die jeweilige konkrete Realisierung eines (abstrakten) Buchstabens ist auch seine

physische Produktionsweise

 konstitutiv, insbesondere mit Blick auf die Differenz zwischen Handschrift und Druckschrift sowie rezent von Computerschriften.



5. Im Bereich der bestehenden Schriftsysteme wird oft der Versuch unternommen, die Elemente der alltagspraktisch verwendeten Schrift ganz oder teilweise durch erf