Trügerischer Schein

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Trügerischer Schein
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Zauberfee Line saß unter hellblauem Himmel und strahlender Sonne in einer bunt blühenden Wiese und beobachtete die fliegenden und krabbelnden Insekten um sich. Der Wind war müde geworden, kein Lüftchen regte sich. Und da es die Sonne an diesem Tag besonders gut meinte, hielt Line Ausschau nach einem schattigen Plätzchen. Dabei sagte sie: „Wieso musst du heute gar so heiß strahlen, Sonne. Ich muss arg schwitzen. Mir käme es recht, wenn du in deiner Arbeit etwas nachlassen würdest. Morgen ist doch auch noch ein Tag.“

Daraufhin strahlte die Sonne noch heißer vom Himmel und antwortete: „Ich würde dir diesen Gefallen gern tun, liebe Fee, aber ich kann nicht. Ich habe so viel Energie in mir, die muss ich los werden, um nicht in Stücke zu zerbersten. Warum hilfst du dir nicht, indem du deine Kräfte anwendest und zauberst?“

„Deinen Willen ändern kann ich nicht, da nützt mein ganzer Zauber nichts.“

„Zaubere dir einen Baum, der dir Schatten gibt.“

Line krauste ihre Nase und überlegte skeptisch. Sie befürchtete, als Zauberfrischling reichten ihre Zauberkünste nicht aus, um etwas so demonstrativ Großes zu zaubern. Aber da es ihr auf der Wiese gefiel und sie ein Weilchen länger inmitten der umher schwirrenden und krabbelnden Insekten verweilen wollte, versuchte sie es. Flugs kreiste sie ihren Zauberstab in der Luft und murmelte den einzigen Zauberspruch, den sie dafür wusste: Lerum lirum pastobil, für kühlen Schatten gäb ich viel, lirum lerum potofaun, erscheine großer Schattenbaum, larum lorum fexolise, auf dieser bunten Blumenwiese.

Kaum ausgesprochen erfüllte sanftes blitzen den Himmel, das nur Line wahr nehmen konnte und tatsächlich erschien mitten auf der blühenden Wiese ein Baum, stand aus dem Nichts in saftigem Grün plötzlich da, als wäre es immer so gewesen. Line betrachtete ihn und war enttäuscht. Er war viel zu klein, um vor der glühenden Sonne richtigen Schatten spenden zu können.

„Versuche es noch einmal“, ermunterte die Sonne.

„Ich übe ein andermal weiter“, beschloss Line, die sich unter der Hitze der Sonne immer unwohler fühlte. Sie schwenkte ihren Zauberstab in der Luft und der Baum war verschwunden.

„Schneller werde ich erholsamen Schatten erhalten, wenn ich den Wald dort drüben aufsuche“, wusste Line und machte sich auf den Weg. Dabei durchstreifte sie Grashalme, Kräuter und Blumen, die nicht, wie Line, über Beine verfügten und die Hitze der Sonne geduldig aushalten mussten, ja, es sogar wollten. Line bekam von ihnen zu hören, währenddessen sie dem Wald zuwanderte: „Die Wärme und das helle Licht der Sonne sind doch herrlich, warum flüchtest du davor?“

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