Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart

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Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart
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Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart

Festschrift für Marcus Reinfried

Hélène Martinez / Prof. Dr. Franz-Joseph Meißner

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen


© 2018 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

www.narr.de • info@narr.de

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ePub-ISBN 978-3-8233-0116-5

Inhalt

  Tabula Gratulatoria

  Vorwort

 Die Frontispize in der Grammaire Royale et Françoise von Robert Jean Des PepliersWalter Kuhfuß1 Französischlernen à la Cour2 Die Ursituation: Telemachos, Athene und Mentor3 Unter dem Schutz des Landesherrn: Sachsen4 Vom Hof zur Stadt oder: von Ludwig XIV. zu Friedrich dem Großen5 Französisch am aufklärerischen Wissensort: die Bibliothek6 FazitLiteraturBildnachweise

 Mehrsprachige Grammatiken im 19. Jahrhundert? Ein Blick auf die Internationale Grammatik von Friedrich Gottlieb DeutschChristiane Fäcke1 Einleitung2 Französischunterricht im 19. Jahrhundert3 Fremdsprachenlehrer und ihre Methoden4 Die Internationale Grammatik von Friedrich Gottlieb Deutsch5 Zwischen Grammatik-Übersetzungs-Methode und Mehrsprachigkeit — Fremdsprachenunterricht im 19. Jahrhundert zwischen Tradition und Innovation6 AusblickLiteratur

 Musik im Französischunterricht. Ein historisches AperçuAndreas Rauch1 Einleitung2 Frühe Formen des Musikeinsatzes im Französischunterricht3 Der Musikeinsatz im Französischunterricht im Rahmen der neusprachlichen Reformbewegung4 Die Integration verschiedener Medien innerhalb der direkten Methode als komplexe Anwendung des Liedeinsatzes5 ZusammenfassungLiteratur

 Grundthemen der Lexisvermittlung im Englischunterricht: Historische Dimensionen, aktuelle PerspektivenLaurenz Volkmann1 Grammatik und/oder Lexis?2 Mönchische Sprachexerzitien oder kaufmännische Lexisbeherrschung?3 Lexis im berufsbezogenen Kontext: Eine hybride Methode des Mittelalters4 Richtungsweisende Stimmen der Renaissance und frühen Neuzeit5 Die These einer ‚weiblichen Tradition‘ des Fremdsprachenerwerbs durch Konversation im 19. Jahrhundert6 „Sensualistische“ Positionen der Reformbewegung um 18807 Sinnerschließung mit Literatur und/oder Fremdsprachenerwerb?8 Das neue Paradigma: Mentales Lexikon und SemantisierungstechnikenLiteratur

 Zur Geschichte der fremdsprachendidaktischen Fachbegriffe der rezeptiven MündlichkeitFranz-Joseph Meißner1 Aufriss2 Unterrichtstechnische, bezugswissenschaftliche und soziokulturelle Rahmung3 Hörverstehen im internationalen Diskurs4 Hörverstehen in der deutschsprachigen Fremdsprachendidaktik: begriffliche Füllung und Verbreitung5 Hörsehverstehen (audio-visual reception, comprensión audiovisual)6 ErgebnisseLiteratur

 Éthique professionnelle et disciplinarisation du français langue étrangère : quelques exemples en territoire allemandJavier Suso LópezIntroduction1 Le contexte de la profession naissante : professeur de français2 La matière « français » aux yeux des maîtres et professeurs au XVIIIe siècle3 Quatre cas : Johan Valentin Meidinger, Charles de Laveaux, Jean-Baptiste Daulnoye, Charles de VilliersConclusionBibliographie

 Regard sur l’histoire du comité de l’Alliance Française d’Amsterdam 1895-...Marie-Christine Kok Escalle1 1895 Création du Comité de l’Alliance Française d’Amsterdam2 1899-1908 Influence de l’Affaire Dreyfus3 1914-1919 Mise en sourdine4 1920-1930 Coopération des Comités de l’Alliance Française5 Dans les années ’30, abondance de conférences à Amsterdam6 Langue et culture / Culture et langue : rapports avec la Maison Descartes7 Après la guerre, priorité donnée à l’enseignement de la langueBibliographie

 Une doctrine pour l’enseignement du français dans les colonies ? Regards sur Le congrès intercolonial de l’enseignement dans les colonies et dans les pays d’Outre-mer tenu à l’occasion de l’Exposition coloniale de 1931Gérard Vigner1 Un empire déjà fragilisé2 Congrès, expositions universelles et expositions coloniales3 La place de la langue française dans les politiques de colonisation4 Assimilation ou association5 Le Congrès de l’Alliance Française6 La Mission Laïque Française7 Paul Crouzet, maître d’œuvre du Congrès8 Langue française et langues indigènes9 L’enseignement des langues dans les autres systèmes coloniaux10 Des perspectives ?Bibliographie

 Die Neueren Sprachen (1894 bis 1900): Schwerpunkte des Reform-DiskursesFriederike Klippel1 Der Kontext2 Die Neueren Sprachen 1894 bis 19003 Die philologischen und fachdidaktischen Beiträge4 Schwerpunkte des fachdidaktischen Diskurses: Themen und Aspekte5 Schwerpunkt Lehrerbildung: Ausländische Lehrerinnen und Lehrer im Ausland6 Neuphilologie: Wissenschaft und Praxis7 Blicke in die Praxis8 Hilfen für die Praxis9 Methodik10 AufbruchstimmungLiteratur

 Glanz und Elend Neuphilologischer Verbandsarbeit – vom ADNV über den FMF zum GMFHermann Funk1 Verbandsarbeit in der Weimarer Republik – reaktionäre Moderne und organisatorische Innovation2 Philologische Verbandsarbeit nach 1945 – Restauration, Wandel und Niedergang3 Auflösung des FMF und fachpolitische Marginalisierung des GMFLiteratur

 Note sur quelques aspects des rapports entre linguistique et linguistique appliquée dans les années 1960 en FranceDaniel Coste1 La linguistique à l’honneur2 La linguistique appliquée comme adjuvant et argument3 Prises de distance ?4 Dernier motRéférences bibliographiques

 Ein Plädoyer für den kommunikativen Fremdsprachenunterricht – und gegen den Hang zur VerabsolutierungFrank G. Königs1 Einleitung2 Das Unbehagen an einer Verabsolutierung des kommunikativen Ansatzes3 Die Verabsolutierung des Kommunikationsbegriffs und ihre Folgen4 FazitLiteratur

 Formen und Funktionen von Vokabelverzeichnissen in Lehrwerken der (neo-)kommunikativen ÄraJürgen Mertens1 Einleitung2 Der neo-kommunikative Fremdsprachenunterricht3 Zur Eingrenzung des Gegenstands4 Quantitative Betrachtung des Wortschatzes der Vokabelverzeichnisse6 Funktionen des Vokabelverzeichnisses7 Fazit und AusblickLiteraturUntersuchte Lehrwerke

 Die Komplexität von Sprachmittlungsaufgaben erfassenMark BechtelEine exemplarische Aufgabenanalyse

 Lehren und Lernen von Fremdsprachen im Kontext der DigitalisierungInez De Florio-HansenMedienbildung und Medienkompetenz1 Einleitung2 Gesetzliche Vorgaben zur Medienpädagogik in Schule und Unterricht3 Beispiele zum Lernen über digitale Medien im Englischunterricht4 SchlussbemerkungLiteratur

 Bilder im Französischunterricht: Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2017 im Spiegel politischer KarikaturenIngeborg Christ1 Einleitung2 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr 2017 in Frankreich3 Karikaturen/Dessins de presse4 Die Wahlen 2017 in Frankreich im Spiegel der dessins de presse5 Der Sieger im Wahlkampf – Macron in der Karikatur6 Erfolg von LREM bei den Parlamentswahlen in der Zeitungskarikatur7 Erste Enttäuschungen/Erste Kritiken8 Einige sprechende bildnerische Elemente9 Zeitungskarikaturen — ,Türöffner‘ und ,Herausforderung‘10 FazitLiteratur

 Schülerseitige Aushandlungsprozesse bei der Bearbeitung sprachenübergreifend gestalteter AufgabenSteffi Morkötter1 Schülerseitige Aushandlungsprozesse – Untersuchungen und Begriffe2 Zur vorliegenden Untersuchung3 Schülerseitige Aushandlungsprozesse — erste Ergebnisse4 Zusammenfassung und SchlussfolgerungenLiteratur

 « Je veux qu‘à la fin ils se sentent un peu plus à l‘aise de parler »: Die Sicht von Tutor/innen auf das Lehren und Lernen in Konversationskursen eines universitären SprachenzentrumsDagmar Abendroth-Timmer1 Kontext und Fragestellung der Studie2 Theoretischer Rahmen3 Forschungsdesign4 Einzelfallanalyse5 Abschließender Blick auf die Interviewdaten im QuerschnittLiteraturAnhang: Interviewleitfaden und Fragebogen zum MOTAUME-ProjektMarcus ReinfriedMitglied- und Herausgeberschaften

 Schriftenverzeichnis1 Bücher2 Herausgeber- und Redaktionstätigkeiten2.1 Herausgabe von Zeitschriften2.2 Koordination von Zeitschriften/Themenheften3 Artikel und Aufsätze

 

Tabula Gratulatoria

Abendroth-Timmer, Dagmar, Siegen

Bär, Marcus, Wuppertal

Bechtel, Mark, Osnabrück

Blume, Otto-Michael, Hilden

Brunzel, Peggy, Gießen

Christ, Ingeborg, Düsseldorf

Costadura, Edoardo, Jena

Coste, Daniel, Paris (Frankreich)

Dahmen, Wolfgang, Jena

De Florio-Hansen, Inez, Kassel

Fäcke, Christiane, Augsburg

Finkbeiner, Claudia, Kassel

Funk, Hermann, Jena

García, Marta, Göttingen

Giesler, Tim, Bremen

Hammerschmidt, Claudia, Jena

Haßler, Gerda, Potsdam

Kahn, Gisèle, Paris (Frankreich)

Käsebier, Bernd, Osnabrück

Klippel, Friederike, München

Koch, Corinna, Paderborn

Kok Escalle, Marie-Christine, Utrecht (Niederlande)

Königs, Frank G., Marburg

Kuhfuß, Walter, Trier

Martinez, Hélène, Gießen

McLelland, Nicola, Nottingham (Großbritannien)

Meißner, Franz-Joseph, Gießen

Melo-Pfeifer, Silvia, Hamburg

Mertens, Jürgen, Ludwigsburg

Morkötter, Steffi, Rostock

Neveling, Christiane, Leipzig

Pfeiffer, Alexander, Halle (Saale)

Rauch, Andreas, Chemnitz

Reimann, Daniel, Essen

Rück, Nicola, Einbeck

Santos, Ana Clara, Faro (Portugal)

Schädlich, Birgit, Göttingen

Schiffler, Ludger, Berlin

Schlösser, Rainer, Luckenwalde

Schmelter, Lars, Wuppertal

Schröder-Sura, Anna, Rostock

Schumann, Adelheid, Siegen

Smith, Richard, Coventry (Großbritannien)

Suso López, Javier, Granada (Spanien)

Tesch, Bernd, Kassel

Vigner, Gérard, Paris (Frankreich)

Volkmann, Laurenz, Jena

Vorwort
Hélène Martinez/Franz-Joseph Meißner

Es war Freunden und Kollegen ein Bedürfnis, Marcus Reinfried anlässlich seines 65. Geburtstags angemessen zu würdigen. Mit der vorliegenden Festschrift möchten die Herausgeber – gemeinsam mit den Autoren – den Jubilar für seine fachliche Leistung und sein großes fachdidaktisches Engagement in Fachverbänden ehren.

Mit intellektueller Originalität, wissenschaftlicher Strenge und theoretischer Prägnanz hat Marcus Reinfried die romanistische Fremdsprachendidaktik der letzten Jahrzehnte mitgeprägt. Die Arbeitsschwerpunkte des Jubilars reichen von der Methodengeschichte und Methodik über die Medien-, Mehrsprachigkeits- und Landeskundedidaktik bzw. Interkulturalität bis hin zur Geschichte des Fremdsprachenunterrichts.

Besonders der Begriff ,Geschichte‘ ist mit der Person Marcus Reinfried – der neben Romanistik und Germanistik auch Geschichte studiert hat – verbunden. Der Geschichte des Fremdsprachenunterrichts ist er in zahlreichen Publikationen nachgegangen und er selbst schreibt die Geschichte der Fremdsprachendidaktik weiter. Der Titel für die vorliegende Festschrift lag auf der Hand!

Marcus Reinfrieds Interesse für historische Fragestellungen offenbart sich bereits in seiner mit dem Straßburg-Preis prämierten Promotionsarbeit Das Bild im Fremdsprachenunterricht (1992), in der er den Einsatz von Bildern im Fremdsprachenunterricht über Jahrhunderte hinweg, speziell im Französischunterricht, beleuchtet.

Seit dem Anfang der 90er Jahre legt er weitere Studien zur Geschichte des Fremdsprachenunterrichts vor, darunter: „Les origines de la méthode directe en Allemagne“ (1990), „Et l’image vint – le mouvement réformiste du XIXe siècle en Allemagne et l’enseignement par l’aspect“ (1993), „Landeskundliche Abbildungen in Französischlehrbüchern“ (1994). Dass sein fremdsprachendidaktisches Interesse nicht bei Fragen bildlicher Darstellungen und ihrer Funktion im Fremdsprachenunterricht verharrte, belegen die Aufsätze „Psycholinguistische Überlegungen zu einer sprachbezogenen Landeskunde“ (1995), „Die Ausbildung zum neusprachlichen Gymnasiallehrer: eine Reform ist überfällig“ (mit Blick auf Baden-Württemberg) (1997), „Von der Realien- zur Kulturkunde: frankreichkundliche Paradigmen als dialogische Konstrukte im deutschen Französischunterricht“ (1999), „L’enseignement du français subit-il une crise ? Regards sur son évolution en Allemagne depuis le Traité de l’Elysée“ (2002), „Die romanischen Schulsprachen im deutschen Schulwesen des Dritten Reichs: sprachenpolitische Maßnahmen und bildungsideologische Diskurse“ (2013), „Institutionnalisation et concurrence : la langue française et anglaise dans les écoles secondaires en Allemagne“ (2014), „Geschichte des Fremdsprachenunterrichts bis 1945“ (2016), „The historiography of modern language teaching: from national views to a European Perspective“ (2018) – um nur einige Titel zu nennen, die Marcus Reinfried z. T. neben seinem Schuldienst erstellte. Als einer der wenigen Experten für die Geschichte des Fremdsprachenunterrichts in Deutschland ist Marcus Reinfried nicht nur ein aktives Mitglied der Société Internationale d’Histoire du Français Langue Etrangère et Seconde (SIHFLES), sondern er war auch deren Präsident. Beides erklärt seine Mitgliedschaft im comité scientifique der international reputierten Zeitschrift Documents pour l’Histoire du Français Langue Étrangère et Seconde.

Auf welche Weise er die wissenschaftliche fachdidaktische Diskussion und die neuere Geschichte des Fremdsprachenunterrichts weiterhin prägt, belegen die von ihm herausgegebenen Sammelbände, die wiederum insgesamt von einem breiten Interesse zeugen, welches wichtige Bereiche der fremdsprachendidaktischen Forschung umfasst. Zu nennen wären der vielzitierte Band Mehrsprachigkeitsdidaktik. Konzepte, Analysen, Lehrerfahrungen mit romanischen Sprachen (zus. mit F.-J. Meißner) (1998), Bausteine für einen neokommunikativen Fremdsprachenunterricht (ebenfalls) (2001), Frühes Fremdsprachenlernen im Blickpunkt (zus. mit A. Kierepka, R. Krüger und J. Mertens) (2004), Innovative Entwicklungen beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen (zus. mit N. Rück) (2011), Medien im neokommunikativer Fremdsprachenunterricht. Einsatzformen, Inhalte, Lernerkompetenzen (zus. mit L. Volkmann) (2012).

In dem sehr deutschen Diskurs zur Rolle des Radikalen Konstruktivismus für die Theorie des Lehrens und Lernens fremder Sprachen wies Reinfried darauf hin, dass das Paradigma der ,autopoetischen‘ Verarbeitung mentaler Daten wichtige Fragen offenließ. Der in Fremdsprachen Lehren und Lernen (1999) erschienene Aufsatz „Der Radikale Konstruktivismus: eine sinnvolle Basistheorie für die Fremdsprachendidaktik?“ wurde in verschiedenen Fassungen mehrfach nachgedruckt.

Unter dem Neologismus eines ,neokommunikativen‘ Ansatzes hat er versucht, Klärung in das begriffliche Wirrwarr des vorherrschenden Methodensynkretismus zu bringen. Eine konsistente Theorie des heutigen Lehrens und Lernens fremder Sprachen entwickelt Marcus Reinfried aus den Begriffen und der Zahl ihrer Belege in der Bibliographie Moderner Fremdsprachenunterricht. So gelingt es ihm 42 fachdidaktische Neologismen in einem Tableau bzw. Großkonzept zusammenzuführen, das unter den Oberbegriffen Handlungsorientierung, fächerübergreifendes Lernen, ganzheitliche Spracherfahrung und Lernerorientierung Begriffe aus zwei untergeordneten Stufungen zusammenfasst. Wie folgerichtig das Prozedere erscheint, dokumentiert beispielhaft das folgende Bild:

Abb. 1:

Begriffsknoten „Fächerübergreifendes Lernen“ (nach Reinfried 2001)

Der knappe Ausschnitt zum Knoten ‚Fächerübergreifendes Lernen‘ und seine neben- und nachgeordneten Verknüpfungen verdeutlichen die gegenseitige Abhängigkeit (Komplexion) der didaktischen Steuerungs- und Kontextbegriffe und ihre semantischen Überlappungen, und zwar auf allen drei Ebenen. Reinfrieds aus der Marburger Bibliographie Moderner Fremdsprachenunterricht generiertes Schaubild spiegelt den Gang des fremdsprachendidaktischen Diskurses im Berichtszeitraum. Reinfried selbst erkennt die hierin liegende Relativierung und betont damit die Notwendigkeit einer ständigen Weiterführung. Das in sich keinesfalls abgeschlossene Paradigma des neokommunikativen Fremdsprachenunterrichts bedarf also in der Tat ständiger Aktualisierung. Dies zeigen schon die heute zentralen Bewegungsbegriffe des Fremdsprachenunterrichts, etwa: Kompetenzen, Sprach- und Sprachlernbewusstheit, Text und Medien in unterschiedlichen Kotexten, Sprachmittlung, Hörsehverstehen, neue Lehrerrollen (Lernberater, language learning facilitator) usw.

Marcus Reinfried hat sich in vielfacher Weise, wie bereits deutlich wurde, für die deutsch-französischen Beziehungen auf dem Feld der historischen Forschung zum Fremdsprachen-, insbesondere zum Französischunterricht, hervorgetan. Hierzu gehört sein langjähriges Engagement im erweiterten Vorstand der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -lehrer, als Vorsitzender des VdF-Landesverbandes Baden-Württemberg und nicht zuletzt in der Redaktion der Zeitschrift französisch heute, zu deren Etablierung in der Fachliteratur Reinfried maßgeblich verhalf. Die Französische Republik hat ihn dieser vielen Verdienste wegen mit der Aufnahme in den Orden der Palmes Académiques geehrt.

Den Autorinnen und Autoren, die sich an dieser Hommage beteiligt haben, sei noch einmal herzlich für Ihre Mitarbeit gedankt. Einige, die aus zeitlichen Gründen verhindert waren, und viele andere, die sich Marcus Reinfried verbunden fühlen, finden sich in der Tabula gratulatoria. Ein besonderer Dank gilt auch allen Mitwirkenden bei der Erstellung der Festschrift, insbesondere Sophie Engelen (Gießen), Nevena Stamenkovic (Gießen) und Anja Hastrich (Gießen).

Die Beiträger dieses Sammelbandes sind mit Marcus Reinfried auf die eine oder andere Weise beruflich und freundschaftlich mehr oder weniger, z. T. über Jahrzehnte hinweg verbunden. Dies gilt zuvorderst für Hélène Martinez und Franz-Joseph Meißner, die dem Jubilar mit der vorliegenden Festgabe für die Freundschaft und den gemeinsam gegangenen Weg danken möchten.

Und für den neuen Lebensabschnitt gilt: Vivat, crescat, floreat ad multos annos.

Gießen, im Februar 2018

Hélène Martinez und Franz-Joseph Meißner

Die Frontispize in der Grammaire Royale et Françoise von Robert Jean Des Pepliers
Walter Kuhfuß

Um 1700 enthalten die Lehrbücher des Französischen in der Regel keine Illustrationen, schon gar nicht solche, welche die Lernprozesse der Sprachenschüler unterstützen. Erst in Basedows Elementarwerk und in seinem auf der sinnlichen Anschauungsmethode basierenden Unterricht am Dessauer Philanthropin wird gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein Bild systematisch benutzt, um dem Lerner einen direkten Zugang zu der Bedeutung eines Wortes bzw. eines Satzes zu ermöglichen (Reinfried 1992, 135). Deshalb verwundert es nicht, dass die Lektionen in dem ab 1689 am häufigsten verkauften Lehrbuch des Französischen, Des Pepliers‘ Grammaire Royale et Françoise1, ganz ohne veranschaulichende Bilder auskommen. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Lehrbüchern des Französischen in dieser Zeit enthalten viele (geschätzt zwischen 50 und bis zu 100) Auflagen der Grammaire eine Illustration gegenüber dem Titelblatt, ein Frontispiz: eine kostspielige Investition des Verlegers, die nur bei dem zu erwartenden hohen Absatz des Buches getätigt werden konnte, schließlich musste der Kupferstecher bezahlt und das Bildprogramm entwickelt und künstlerisch umgesetzt werden. Nicht die Lernunterstützung der Sprachschüler war das Motiv für diese Illustrationen, sondern die Visualisierung des zentralen Anliegens von Des Pepliers‘ Grammaire Royale und damit die Werbung für den Kauf des Buches. Im Lauf des 18. Jahrhunderts und mit dem Wechsel der Verlage verändern sich freilich die Frontispize in aufschlussreicher Weise und demonstrieren den kulturellen Wandel eines mythologischen, politischen und pädagogischen Bild- und Ideenprogramms. Das soll am Beispiel einiger ausgewählter Illustrationen gezeigt werden.