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Katie Pain

NEW PASSION

Verführerische Hoffnung

Autobiografischer Erotikroman

“Zeig mir deine Dunkelheit, denn auch sie will ich lieben, wenn dein Licht in der

Abwesenheit scheint.“

Katie Pain

Verführung in eine andere Welt

Dein Bann nimmt mich ein.

Zieht mich als deinen Schatten hinterher.

Ich folge dir.

Folge dir in eine andere Welt.

Eine fremde Welt.

Alles ist neu.

Das Unbekannte schüchtert mich ein.

Doch die Neugierde lässt mich bleiben.

Ich ließ mich verführen.

Verführen in eine andere Welt.

Ich wollte gehen, doch musste bleiben.

Ich weiß nicht, wo ich stehe.

Ich weiß nicht, wer ich bin.

Deine Anwesenheit bringt Chaos in mein Leben.

Aber ich kann nicht ohne dich.

Nicht ohne diese Welt.

Ich ließ mich verführen.

Verführen in eine andere Welt.

Ich wollte gehen, doch musste bleiben.

Die Leidenschaft fesselt mich.

Lässt mich das Spielfeld nicht verlassen.

Doch es ist kein Spiel.

Es ist mehr als das.

Vertrauen schafft Bindung.

Emotionen übernehmen die Führung.

Spielregeln werden überflüssig.

Liebe herrscht.

Ich ließ mich verführen.

Verführen in eine andere Welt.

Ich wollte gehen, doch musste bleiben.

Inhalt

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Gedicht

Epilog

Danksagung

Bücher von Katie Pain

Kapitel 6

August 2015

Heute ist Abreisetag. Ich verlasse Lloret mit einem weinenden und einem lachenden Auge.

Die Zeit mit Toni war bereichernd und erholsam. Dennoch freue ich mich sehr auf das Wiedersehen mit Liam. Es fiel mir sichtlich schwer, die letzten Tage zu genießen. Immer wieder schlich Liams Nachricht, in der stand, dass er mit mir reden möchte, wenn ich zurück bin, in meinen Kopf.

Bis dato habe ich nicht erfahren, worüber er mit mir reden möchte. Unser Schriftwechsel endete nach der Rückfahrt von Barcelona, da mein Datenvolumen aufgebraucht war. Umso aufgeregter bin ich, wenn ich den deutschen Boden betrete und wieder Netz habe.

Der Rückflug verläuft entspannt, ohne Komplikationen. Als Toni und ich die Flughalle verlassen, kommt mir mein Dad entgegen, der uns netterweise aus Bremen abholt und zurück nach Hamburg bringt. Perfektes Timing!

Toni und er unterhalten sich rege, während ich auf dem Beifahrersitz sitze, bei leicht geöffnetem Fenster, und mir den Fahrtwind um den Kopf wehen lasse. Mein Handy liegt in meiner Hand. Die Neugierde ist groß und dennoch hemmt mich etwas, nachzugucken, ob Liam mir geschrieben hat. Wahrscheinlich ist es die Angst vor der Enttäuschung, dass er es nicht getan hat.

Aber irgendwann muss ich nachschauen. Ich atme auf. Nicht nur Erleichterung macht sich in mir breit, sondern auch Freude.

Hi, Mel. Ich hoffe, du bist gut gelandet. Bist du schon in Hamburg? Hast du vielleicht Lust, mich heute Abend auf eine Fetischparty im Catonium zu begleiten? Das Motto lautet Strict Maledom. Die Regeln kannst du dir auf darkroom.com durchlesen. ;)

Er scheint es wirklich ernst mit mir zu meinen. Allerdings frage ich mich gerade, ob er vergessen hat, dass er mit mir reden wollte … Da wäre ein neutraler Boden sicher passender. Warum muss diese Party unbedingt heute stattfinden?

Ich habe nur drei Stunden geschlafen und leichte Erkältungsmerkmale sind immer noch vorhanden.

Ich besuche den Veranstaltungskalender und lese mir die Beschreibung zu der heutigen Party durch.

Die niveauvolle Maledom Party mit festen Regeln

Einlass ab 20:00 Uhr

Die Regeln gelten ab 21:00 Uhr

Eröffnung des Abends mit Ansprache: gegen 21:30 Uhr

- Strikt und Streng -

- erotische Leiden(-schaft) -

- Spiel und Spaß zu zweit und mit anderen -

Der Genuss und das Vergnügen der Male-Doms steht im Mittelpunkt. Hierzu tragen die weiblichen Subs in ihrem bezaubernden Outfits bei. Sie sind nackt unter ihrem Umhang, nur mit Strümpfen und High Heels bekleidet, manche tragen ein O-Kleid, das jeden Zugriff erlaubt, wieder andere tragen Haremskleidung oder andere leichte Stoffe, die ihre Reize kaum verbergen. Wenn die Subs nicht ohnehin in einem O-Kleid, oder aber nackt mit einem Umhang erscheinen, haben sie ihre Kleidung so zu wählen, dass ihr nackter Po zu sehen ist, auch, wenn gegebenenfalls ein durchsichtiger Stoff diesen noch leicht verbirgt. Selbstverständlich muss auch das O-Kleid oder auch der Umhang so gerafft oder hochgesteckt werden, dass das Hinterteil der Sub entblößt ist.

Daneben tragen die Subs ein Halsband, an dem sie eine mit einer persönlichen Nummer versehenen Marke tragen.

Die Herren präsentieren sich gegenseitig ihre Subs – manch einer stellt sie anderen Herren zur Verfügung; wenn ihnen danach ist, so binden sie ihre Sub an, mit einem Schild versehen, auf dem zu lesen steht, wie sich jeder vorbeikommende Herr mit ihr vergnügen kann.

Teils mit verbundenen Augen – festgemachte Sklavinnen werden den anderen Herren zur Benutzung, zum SM-Spiel und insbesondere auch zur Züchtigung zur Verfügung gestellt. Neben oder an den Sklavinnen angebrachte Schilder sind ebenso zu beachten wie der Profil-Zettel, der ausliegt und den einige Subs in einem vom Catonium ausgegebenen roten Satin-Beutelchen zusätzlich mit sich führen.

Wächter des Catoniums werden nicht nur über die Einhaltung der Regeln wachen, sie haben das Recht und die Pflicht bei Verstößen gegen diese Ordnung dafür zu sorgen, dass der dazugehörige Dom eine nach seinem Ermessen gestellte Strafe verhängt. Sei es, dass sich die Sub in besonderer Weise zu präsentieren hat oder sei es, dass eine Züchtigung vorgenommen werden soll. Hierfür stehen die Wächter gerne zur Verfügung, wenn der Herr sich selbst nicht die Mühe machen möchte und dieses für angemessen hält.

Die Wächter werden darüber hinaus jedes Vergehen zusätzlich auf dem Profilzettel der Sub vermerken. Sollten sie dabei feststellen, dass 3 Punkte erreicht worden sind, wird der Herr darüber informiert, dass die Sub unverzüglich dem Schnellgericht zugeführt wird.

Bis zur Verhandlung wird sie am Gerichtsplatz so festgemacht, dass ihr gänzlich entblößtes Hinterteil den herbeiströmenden Zuschauern präsentiert wird. Dreimal wird der Gong laut erschallen, bevor das Schnellgericht mit seiner Befragung beginnt.

Hier wird eine dem Profil entsprechende Strafe verhängt, die nach kurzer Verhandlung, welche die Sub in angemessener Haltung – in der Regel auf den Knien oder auch festgemacht – erleben wird. In jedem Fall dabei den nackten Po präsentierend.

Neben meist verhängten körperlichen Züchtigungen, kann unter Berücksichtigung des Profils und in Absprache mit den Doms als Zusatzstrafe auch eine bestimmte Form der Überlassung zur Benutzung durch alle interessierten Zuschauer verhängt werden.

Die Sub wird sich für die Strafe zu bedanken haben. Wenn sie dieses unterlässt, hat sie das Recht auf Gnade verwirkt, um die sie ansonsten bitten darf. Hierüber entscheidet dann ihr Herr, der berechtigt ist, die Strafe umzuwandeln, abzumildern oder aber in besonderen Fällen sogar aufzuheben.

Die Strafpunkte können, außer von den Wächtern, auch von dem jeweiligen Herrn eingetragen und gemeldet werden. Vielleicht wird der ein oder andere Herr aufgrund zuvor begangener Verfehlungen oder weil er es für richtig hält, den Profilzettel von Anfang an mit Strafpunkten versehen.

Es steht den Herren frei, ihre Subs in diverse Spielrunden einzubringen oder sie als Preis beim Poker auszuloben. (Ein Pokertisch wird in der Red Hall aufgebaut.)

Es ist sicherlich auch aufregend zu sehen, ob sich der Kartengeber und die Spieler wirklich noch konzentrieren können, wenn der ein oder andere Herr seine Sub mit einem bestimmten Auftrag unter den Pokertisch schicken sollte. Grundsätzlich bestimmen immer die Herren, ob und was geschehen soll.

Bestimmte Grundregeln sind gleichwohl einzuhalten, da sich dieser Abend von einem üblichen Playabend, an dem zwischen den Spielen manchmal nicht mehr ersichtlich ist, wer Sub und wer Top ist, doch deutlich unterscheiden soll.

 

Vom Betreten bis zum Verlassen des Catoniums haben die Subs der von ihnen – wenigstens für diesen Abend - akzeptierten Rolle gerecht zu werden. Nach der Eröffnungsansprache wird es dann ernst, denn dann werden die Wächter ihre Tätigkeit aufnehmen.

Okay. Das ist krass. Mich lässt der Einführungstext schon zweifeln, ob ich bereit für eine derartige Veranstaltung bin. Vor allem, da ich Liam seit fast drei Monaten nicht mehr gesehen habe. Ich kann mich an das Gefühl zwischen uns kaum noch erinnern. Und ich bin mir unsicher, ob ich ihm so weit vertrauen kann. Er müsste wissen, dass ich nicht mit irgendwelchen fremden Männern intim werden möchte. Diese Party klingt nach einem sehr frivolen Abendverlauf und mehr nach Polyamorie als nach meinem Bedürfnis nach Monogamie. Ich fahre mit den Regeln fort. Vielleicht lösen sie ein besseres Gefühl in mir aus. Was ich jedoch sehr stark bezweifle …

Die nachfolgenden Regeln sind einzuhalten:

Regel 1: Die Männer sind ihrem Status entsprechend angemessen gekleidet, ob Abendgarderobe, LLL, Uniform oder anderes.

Regel 2: Die Frauen haben ihren Status mindestens durch ein Halsband kenntlich zu machen und ihrem Bestimmungszweck entsprechend gekleidet zu sein. Z. B. nackt unter ihrem Umhang, nur mit Strümpfen und High Heels bekleidet, manche tragen ein O-Kleid, das jeden Zugriff erlaubt, wieder andere tragen nur leichte Stoffe, die ihre Reize kaum verbergen. Wenn die Subs nicht ohnehin in einem O-Kleid oder aber nackt mit einem Umhang erscheinen, haben sie ihre Kleidung so zu wählen, dass ihr nackter Po zu sehen ist, auch wenn gegebenenfalls ein durchsichtiger Stoff diesen noch leicht verbirgt.

Regel 3: Die Rollenverteilung ist für dieses Event klar: Male-Dom und Fem-Sub; die Männer sind die Herren, die Frauen sind die Sklavinnen, Dienerinnen, Mägde und haben sich zu unterwerfen.

Regel 4: Kein Einlass für Fem-Doms (es sei denn, sie wollen sich den anwesenden Herren als Sub zur Verfügung stellen).

Regel 5: Die Sklavinnen und anderen Subs haben, auch wenn es ihnen sicherlich schwerfallen wird, nur zu reden, wenn sie angesprochen werden oder ihnen die Erlaubnis dazu gegeben wird (paradiesische Zeiten für die Männer).

Regel 6: Jeder Herr hat das Recht, die nicht in Gegenwart ihres Herrn befindlichen Sklavinnen und Subs im Rahmen der Vorgaben des mitgeführten oder ausgelegten Profil-Textes, gegebenenfalls eines angebrachten Schildes, nach freiem Ermessen zu berühren, zu benutzen oder zu züchtigen.

Regel 7: Eine Sklavin oder Sub kann von ihrem Herrn nur beschützt werden, solange dieser in der unmittelbaren Nähe seiner Sub ist.

Regel 8: Die Sklavinnen und Subs haben den roten Teppich nicht zu betreten – außer über den Zebrastreifen – und nicht auf Stühlen, Bänken, Sesseln oder Sofas zu sitzen.

Sie haben auf dem Boden zu knien oder zu sitzen. Wenn es ihnen erlaubt sein sollte, können sie die Annehmlichkeiten von Kissen, Schafsfellen oder Decken, Stufen und Schemel nutzen.

Regel 9: Eine Sklavin oder Sub hat ihren Herrn zu bedienen und mit Getränken zu versorgen; sie selbst hat aus Tonbechern zu trinken.

Regel 10: Ausgenommen von den vorstehenden Regelungen Nummern 5, 6, 7 und 8 ist der Bereich der Gotischen Halle, in der auch gegessen wird. Selbstverständlich bleibt es jedem einzelnen Herrn vorbehalten, auch hier die gleichen Regeln anzuwenden. Von der Regel 8 ist auch das Pagodenzelt, der Raucherbereich ausgenommen.

Regel 11: Spaß haben.

Liam wird es noch nicht wissen: Ich habe immer noch kein Halsband. Dementsprechend kann ich ihn gar nicht begleiten. Des Weiteren wüsste ich auch nicht, was ich anziehen sollte. Mein Kleiderschrank bietet nichts dergleichen, was gewünscht wird.

Das ist mir für heute definitiv zu viel. Generell reizt mich solch eine Party schon. Nur wäre ich mit Sicherheit keine aufregende Begleitung für ihn, weil ich mich strikt an Regel 7 halten würde. Ich würde ihm nicht von der Seite weichen. Der Gedanke, dass er mich präsentieren will, gefällt mir. Wie eine Art Schmuckstück. Würde er mich allerdings an einen anderen abgeben wollen, würde ich nicht mitspielen.

Diesen Bogen, der erwähnt wurde, habe ich mir angeschaut. Viel ist mit mir nicht möglich … Zu gerne würde ich in seinen Kopf hineinschauen können, um zu erfahren, wie er sich einen Partyverlauf mit mir vorstellt. Ich könnte ihn fragen, aber das werde ich erst tun, wenn er noch einmal vorschlagen sollte, ihn zu begleiten.

Ja, ich bin gut gelandet. Sitze gerade im Auto auf dem Weg nach Hause. Brauchen noch ungefähr eine halbe Stunde. Ich habe mir eben alles genau angeschaut. Findest du das nicht etwas sehr spontan? Ich habe noch kein Halsband und auch keine passende Kleidung. Außerdem bin ich wirklich total kaputt von der Reise. Vielleicht besteht die Möglichkeit, dich beim nächsten Mal zu begleiten.

Okay, schade. Wäre sehr gerne mit dir hingegangen. Dann ein andermal. Und bis dahin solltest du dir auch ein Halsband besorgt haben, Fräulein. ;)

Wird gemacht, Sir. ;)

Antonella haben wir erfolgreich zu Hause abgesetzt. Es wird komisch sein, sie jetzt nicht jeden Tag zu sehen und mit ihr Zeit zu verbringen. Ich habe mich sehr schnell an ihre Anwesenheit gewöhnt.

Zu Hause angekommen, packe ich als erstes meine Tasche aus. Mir war gar nicht bewusst, wie viel spanischen Sand ich mitgenommen habe.

Als ich die Tasche entleert und den Boden gesaugt habe, setze ich mich an meinen PC und suche nach einem Halsband und einem heißen Outfit für eine Party. Nächstes Mal möchte ich vorbereitet sein. Liam ist nun mal sehr spontan …

Nach einer einstündigen Suche gebe ich auf. Die Kleider sind mir zu teuer und die Halsbänder zu massiv oder einfach nicht schön genug; ein zartes, schlichtes wäre nach meinem Geschmack. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es so schwer sein wird, etwas Passendes für mich zu finden, was auch bezahlbar ist.

Eigentlich muss ich noch Analplugs in verschiedenen Größen kaufen und einen Rohrstock, wie er es vor einigen Wochen verlangte. Aber er weiß, dass ich wesentlich weniger Geld zur Verfügung habe als er. Obwohl … gerade scheint es so, als könne er sich nichts leisten. Jedoch wird er wohl von dem Verdienst in Österreich Geld übrig haben. Immerhin hatte er keine Kosten zu tragen und den Eintritt für die Party scheint er sich leisten zu können. Ich werde ihn mal fragen, ob er jetzt überhaupt einen Schlafplatz hat.

Wo schläfst du jetzt eigentlich? Hat Fabian dich aufgenommen?

Nein. Ich schlafe bei einem anderen Freund in einer WG auf seinem Sofa. Mit ihm zusammen im Zimmer. Nicht optimal. Ich versuche schnellstens eine eigene Wohnung zu finden. Aber erstmal brauche ich feste Arbeit.

Oh. Aber besser als obdachlos zu sein. Was ist denn mit dem Job im Krankenhaus?

Werde wohl nächste Woche den Vertrag unterschreiben. Den Job sollte ich in der Tasche haben. Daher wäre es perfekt, würde ich in der Nähe eine Wohnung finden, damit ich nicht immer durch die halbe Stadt fahren muss.

Ich arbeite jetzt auch noch in einer Bar auf dem Kiez. Mein Kumpel hat mir den Job besorgt. Ich hoffe, das wird ausreichen, um eine Wohnung bezahlen zu können.

Das klingt doch gar nicht schlecht. Du hast gute Perspektiven. Dafür, dass du erst eine Woche zurück in der Stadt bist …

Das stimmt. Hast du morgen Zeit? Hab tagsüber frei. Abends muss ich dann in die Bar. Würde dich gerne treffen.

Morgen habe ich noch nichts geplant.

Super. Ich bin erst noch beim Training. Willst mich von dort abholen? So gegen 14 Uhr?

Kann ich machen. Ja, passt.

Dann sehen wir uns morgen. :-*

Bis morgen! :-*

Krass. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass wir uns doch so schnell wiedersehen werden. Ob er morgen das Gespräch mit mir sucht? Dann hätte ich endlich Klarheit.

Dieses verdammte Lampenfieber sucht mich wieder heim; das habe ich nicht vermisst.

Ob es sich anders anfühlen wird, wenn wir uns morgen gegenüber stehen werden? Immerhin waren die letzten Monate sehr intim zwischen uns. Hoffentlich will er mich nicht für meine ganzen Fehltritte bestrafen. Dass mir starker Schmerz nicht gefällt, scheint er nicht sonderlich zu respektieren. Nun habe ich zwar mein Safeword, trotzdem vertraue ich ihm nicht gänzlich.

In der ersten Nacht hätte mir ein Safeword nichts gebracht, als er mich anal mit einem Plug entjungferte. Konnte nichts sehen, wusste nicht, was er vorhat und nach meinen Tabus hatte er auch nicht gefragt.

Hm. Nur mag ich ihm das nicht verübeln. Denn, als er mir seinen Finger in den Po steckte, habe ich mich nicht gegen diese Handlung gewehrt.

Trotzdem hätte er nicht davon ausgehen sollen, dass ich Analsex mag und haben möchte. Ich war viel zu überrascht, überfordert … Hatte den Mut nicht, ihm zu sagen, dass der Finger im Po mir mehr wehtut, als mich zu erregen. Was mich in diesem Moment erregt hat, war die Situation. Das Drumherum; nicht der Finger in meinem Arsch. Aber wie sollte er das wissen? Auch wenn ich oft das Gefühle habe, er könne Gedanken lesen, kann er es gewiss nicht.

Ich wollte zwar irgendwo, dass er aufhört, aber eigentlich wollte ich es nicht.

Ich genoss diesen außergewöhnlichen Moment viel zu sehr.

Mit einem mulmigen Gefühl in meinem Magen sitze ich in der Bahn auf dem Weg zu Liam.

Toni habe ich von dem Treffen nichts erzählt. Ich weiß, dass mich das nur noch nervöser gemacht hätte, mich mit ihr darüber auszutauschen.

Obwohl es nicht dieses Lampenfieber ist, welches ich bei dem Treffen empfand, als wir uns im Juni vor Planten un Blomen getroffen haben. Da hatte ich Schmetterlinge in meinem Bauch und Angst, weil ich ihm sagen wollte, was in mir vorgeht.

Jetzt habe ich eher Angst vor dem ersten Moment des Wiedersehens. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Weiß nicht, wie es sich anfühlen wird, ihn vor mir stehen zu haben.

Die Aufregung ist kleiner, da nicht ich diejenige bin, die mit ihm reden will, sondern er mit mir und es klang nicht danach, als würde es sich um etwas Negatives handeln.

Mit seinen niedergeschriebenen Worten vor einigen Tagen hat er in mir eine Hoffnung geweckt, die schon gestorben war.

In den letzten Tagen am Meer habe ich viel darüber nachgedacht. Habe mir die unterschiedlichsten Situationen ausgemalt. Mein Bedürfnis nach Kontrolle war anwesend wie schon lange nicht mehr. Ich bin nun auf jegliche Situation vorbereitet. Obwohl es erfahrungsgemäß so ist, dass genau das eintrifft, woran man nicht gedacht hat.

Wie damals in der WG, als ich dermaßen in meinen Gedanken vertieft war und mich seine Aufforderung, etwas über mich zu erzählen, total aus dem Konzept brachte und ich keine Antwort parat hatte.

Diese Erfahrung, die ein Schamgefühl in mir auslöste, ist in mir hängen geblieben und möchte ich nicht wiederholen.

Wenn der schlimmste Fall eintreten sollte und er den Kontakt zu mir doch abbrechen möchte, dann kann ich total cool bleiben. Ich habe mich emotional darauf eingelassen. Wahrscheinlich habe ich mich sogar zu sehr auf das Negative fokussiert. Denn der Gedanke, sollte er mich fragen, ob ich ihn näher kennenlernen möchte, mit Aussicht auf eine feste Partnerschaft, lässt keine kleinen Schmetterlinge in meinem Bauch herumfliegen.

Mel, vielleicht willst du ihn nicht mehr … schon mal an die Option gedacht?

Da ist wohl etwas dran. Meine Happy-End-Traumblase mit Liam ist schon längst geplatzt und wahrscheinlich war ich auch nie ehrlich in ihn verliebt.

Es war bloß eine Illusion. Ich war nur in eine schöne Fantasie mit ihm als Hauptrolle verliebt. Die Realität sieht anders aus.

Nur ist da mein Bedürfnis nach Sicherheit, was sich immer noch nach einer Beziehung sehnt. Es ist ein innerer Kampf. Denn sie lässt mich hoffen, dass die Worte, die Liam heute an mich richten wird, eine Veränderung mit sich bringen und ich demnächst vielleicht nicht mehr alleine stark sein brauche.

 

Jemand da ist, der mir den Rücken stärkt, wenn ich einen schwachen Moment habe. Ich loslassen kann, durchatmen kann. Aber mein Engelchen in mir will ihn nicht brauchen.

Vor allem nicht Liam. Generell keinen Mann. Aber ihre Meinung zu diesem sadistischen, dominanten Mann, der gleichzeitig auch masochistisch und devot ist, ist alles andere als gut. Regelmäßig flüstert sie mir ins Ohr, wie er zu mir sagte, dass er nicht mal einen Blick auf seine eigenen Gefühle werfen kann, ohne in eine Depression zu verfallen.

Ihr passt es gar nicht, dass meine Hoffnung von den Toten auferstanden ist. Dafür ist der Teufel, dieser kleine Dämon in mir, verantwortlich, der mich die Sehnsucht schmerzhaft spüren lässt. Sehnsucht lässt sich schwer unterdrücken. Sie aufzulösen, ist nicht möglich. Denn der tiefe Wunsch der Seele ist ein Teil von einem, den man sich nicht aussuchen oder umtauschen kann. Was mir sehr missfällt. Mein Engelchen kämpft trotzdem dagegen an. Mit all ihrer Macht.

Nur ist der Teufel mit seinen unfairen Mitteln einfach stärker. Jedes Mal, wenn in meinen Gedanken die Tatsache widerhallt, dass Liam Probleme mit sich hat, drückt er meinen Helfersyndrom-Knopf. Schon habe ich das Bedürfnis, dafür verantwortlich zu sein, dass es Liam besser geht. Er glücklich und zufrieden ist.

Trotz seines Egoismus, der mich stark an David erinnert, fühle ich in meinem Herzen, dass er kein schlechter Mensch ist. Er hat es definitiv verdient, geliebt zu werden und ein glückliches Leben zu führen.

Dieses Chaos in mir ist kaum zu ertragen. Nun hoffe ich, dass es sich gleich ordnen wird.

Es ist ein warmer, sonniger Tag; obwohl es für einen Augusttag wärmer sein könnte. Ich trage meine durchlöcherte Jeans und ein Top, welches an den Seiten tief ausgeschnitten ist, aber dafür das komplette Dekolleté bedeckt.

Ich wünsche mir, dass er vor dem Gym bereits auf mich wartet, werde jedoch enttäuscht. Ich muss warten und ich weiß nicht mal, wo genau hier der Eingang beziehungsweise der Ausgang ist. Daher bleibe ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen. Den Smart scheint er woanders geparkt zu haben, denn ich konnte ihn nicht entdecken.

Ich schaue auf mein Handy, um zu prüfen, ob er mir geschrieben hat, dass er ein wenig länger braucht. Nichts. Nach zehn Minuten werde ich hibbelig.

Vielleicht hat er mich vergessen?, meldet sich meine Unsicherheit. Das wäre eine dieser Situationen, die ich nicht mit eingeplant habe.

Doch im nächsten Moment wird dieser Gedanke verworfen. Ich erblicke Liam. Neben ihm geht ein tätowierter Typ mit Bart, der alles andere als Männlichkeit ausstrahlt. Er wirkt eher mollig als breit und trainiert. Hat ein rundes Gesicht, mit weichen Augen, die ihn leicht naiv und dümmlich wirken lassen.

Die beiden nebeneinander zu sehen, fühlt sich für mich überhaupt nicht harmonisch an. Kontrastreiche Erscheinung. Aber Gegensätze ziehen sich vielleicht auch in Freundschaften an. Wenn das der Freund ist, der ihm den Job besorgt hat und bei dem er übernachten darf, dann nutzt Liam ihn möglicherweise nur aus? Würde ich ihm zutrauen.

„Hey, Brownie! Wie geht’s?“, begrüßt er mich und umarmt mich. Es fühlt sich freundschaftlich an. Wenn ich ehrlich bin, bin ich enttäuscht, denn ich habe auf einen Begrüßungskuss gehofft. Ich korrigiere: Mein Dämon in mir hat darauf gehofft …

Bis zu dem Zeitpunkt, als ich seinen Kumpel entdeckt habe, habe ich fest damit gerechnet, dass es einen Kuss geben wird.

„Gut, gut und selbst?“

„Auch. Training war hart. Du bist echt richtig braun geworden im Urlaub. Das ist übrigens Lars“, stellt er uns höflicherweise vor.

Wir geben uns die Hand. Es macht den Eindruck, als wusste Lars nicht, dass sein Freund mit einer Frau verabredet ist. Er schaut mich zwar freundlich an, aber sein Blick verrät mir, dass er gerne weiterhin alleine Zeit mit Liam verbracht hätte. Ich hoffe stark, dass wir den Tag nicht zu dritt miteinander verbringen!

Liam verabschiedet sich von ihm, als wir die Hauptstrasse erreichen und mir fällt ein Stein vom Herzen. Eine weitere Situation, die ich nicht mit eingeplant habe, löst sich in Luft auf.

„Und? Wie war der Urlaub? Erzähl mal!“, fragt er mich, während ich ihm folge, weil ich keine Ahnung habe, wo wir nun hingehen.

„Sehr schön und entspannt. Bin allerdings immer noch ein wenig angeschlagen. Wäre schon gewesen, wenigstens im Urlaub gesund zu werden.“

„So ist das, wenn man nicht auf mich hört und einfach feiern geht“, sagt er streng, aber mit einem Grinsen im Gesicht.

Darauf antworte ich mit meiner Zunge, die ich ihm frech entgegenstrecke. Da wir in der Öffentlichkeit sind, fühle ich mich sicher. Sein Blick verrät mir, was er gerade denkt. Wäre er nicht so vergesslich, würde ich meine Antwort später definitiv sehr bereuen.

Wir gehen am Dammtor Bahnhof entlang und überqueren die große Kreuzung. Als wir vor der Jet-Tankstelle stehen, wechseln wir noch einmal die Straßenseite, gehen ein paar Meter hoch und dann bleibt Liam abrupt stehen. Denn dort steht sein Smart geparkt. Das Autofahren mit ihm habe ich sehr vermisst.

Er begibt sich nicht auf die Fahrerseite, sondern durchdringt mich mit einem finsteren Blick.

Ich schaue ihn fragend an. Woraufhin er sich vor mich stellt, auf mich zutritt und erst stoppt, als ich mit meinem Rücken gegen die Beifahrertür des Smartes gepresst werde.

Nur wenige Zentimeter trennen unsere Gesichter und dementsprechend unsere Lippen voneinander.

Mein kompletter Körper steht unter Hochspannung. Ich muss mich konzentrieren, zu atmen.

Das sind genau die Situationen, die ich liebe … die ich bei David vermisst habe. Dieses Feuer zu entfachen, darin ist Liam wirklich gut. Seine Selbstsicherheit ist sexy.

Ich erwarte, dass er jeden Augenblick beginnt mich zu küssen. Die Glut in unseren Augen lässt uns mit vollkommener Hitze umgeben. Leidenschaft entflammt in meinem Schoß, breitet sich langsam in meinen Adern aus, vermischt sich mit meinem unter Strom stehenden Blut.

Körper und Geist stehen bereit, in Flammen aufzugehen. Doch es kommt anders als erhofft.

Gerade noch schmückte ein leichtes Lächeln seinen finsteren Gesichtsausdruck; von der einen auf die andere Sekunde entweicht es ihm. Auf seinen harten, kalten Blick folgt eine noch härtere Handlung.

Ich spüre, wie sich seine große, kräftige Hand fest um meinen Hals schlingt und mir die Luft zum Atmen nimmt.

Im ersten Moment blicke ich mich reflexartig um. Wir sind mitten in der Stadt! Etwas weiter hinten kommt ein Mann auf uns zu. Ob er kommentarlos an uns vorbeigehen wird?

Mein Fokus schweift dann aber zu Liams Gesicht hin. Meine Augen beißen sich an seinen fest; böse schaue ich ihn an. Mein Ego ist zu stolz, um Schwäche zuzulassen. Ich will mich nicht ergeben, auch wenn ich in diesem Moment offensichtlich total machtlos bin.

Alles um mich herum wird schwammig, nehme ich plötzlich kaum noch wahr. Als wären wir völlig alleine. Die Wirklichkeit verblasst immer mehr, umso weniger Sauerstoff durch meine Lungen fließt.

Leichte Panik kommt in mir auf und ich versuche, mich aus seinem Griff zu befreien. Meine Hand packt sein Handgelenk.

„Sofort loslassen!“, sagt er nicht laut, aber bestimmend. Ich reagiere schlagartig, denn er drückt fester zu als zuvor. Meine Kehle schmerzt. Ich kann nichts sagen. Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht um Hilfe rufen.

Ich spüre, wie sich meine Mimik verändert und die harte Schale langsam beginnt zu pellen. Flehend suche ich nach Gnade in seinen Augen.

Er lockert seinen Griff, sodass ich wieder atmen kann. Tief sauge ich die mit Abgasen erfüllte Luft ein. Versuche schnellstmöglich mein Organ mit genügend Sauerstoff zu füllen, da ich befürchte, dass er jeden Moment wieder fest zupacken wird. Liam presst mich mit seinem Körpergewicht dichter an den Wagen.

„Du weißt, warum ich das gerade tue?“, will er von mir wissen.

Mein Verstand ruft mir zu: Nicke! Nicke! Verdammt nochmal! Aber was tue ich? Ich schüttle den Kopf. Mein Ego ist unvernünftig und lässt sich leider nichts sagen. Und wer darf darunter leiden? Ich. Sofort wird mir das Atmen verwehrt.

„Falsche Antwort“, gibt Liam angesäuert von sich.

Ich bin mir gerade tatsächlich nicht sicher, ob er wirklich sauer ist oder ob ihm mein Widerstand eigentlich doch gefällt. Jedoch hat die Vergangenheit gezeigt, dass er wohl nicht so sehr auf Herausforderungen steht. Er wünscht sich eine Sub, die durch und durch devot ist.

Die wird er in mir nur nie finden. Eine weitere Unsicherheit sucht mich heim, obwohl ich gerade andere Sorgen haben sollte.

Doch ich bilde mir ein, dass es gar nicht allein mein Stolz ist, den ich da gerade spüre. Es ist eher etwas anderes. Nur kann ich nicht deuten, welches Gefühl es ist.

Liam lässt mir kurz Zeit, um Luft zu holen und zu antworten, aber da ich wissen möchte, welche Emotion er noch in mir auslöst, schweige ich.

„Wir können das Spiel gerne so lange spielen, bis ich zur Arbeit muss. Nur werden dann mit Sicherheit sichtbare Spuren an deinem Hals zu sehen sein. Keine Ahnung, wie du das zu Hause erklären willst“, versucht er mich aus meiner Reserve zu locken.