Grammatiklernen interaktiv

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Grammatiklernen interaktiv
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Tamara Zeyer

Grammatiklernen interaktiv

Eine empirische Studie zum Umgang von DaF-Lernenden auf Niveaustufe A mit einer Lernsoftware

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen


© 2018 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

www.narr.de • info@narr.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ePub-ISBN 978-3-8233-0099-1

Inhalt

  Danksagung

  1. Einleitung

 2. Fremdsprachenlernen mit digitalen Medien und Interaktivität2.1. Digitale Medien und Fremdsprachenlernen2.1.1. Selbstlernen2.1.2. Multimodalität2.1.3. Lernsoftware2.1.4. Übungsformate2.1.5. Potenziale digitaler Medien für das Grammatiklernen2.2. Interaktivität beim Grammatiklernen mit digitalen Medien2.2.1. Zum Begriff der Interaktivität2.2.2. Formen der Interaktivität2.2.3. Feedback2.2.4. Umfang der Interaktivität

  3. Visualisierung beim Fremdsprachenlernen mit Fokus auf Grammatik 3.1. Visualisierungen im Fremdsprachenunterricht 3.2. Die Behandlung von Visualisierungen in fremdsprachendidaktischen Handbüchern 3.3. Typen und Funktionen von Bildern 3.4. Visuelle Unterstützung beim Grammatiklernen in analogen Medien 3.5. Visualisierung der Grammatik in digitalen Lernmaterialien

 4. Grammatik und Grammatikvermittlung am Beispiel des Imperativs4.1. Aspekte der Grammatikvermittlung4.1.1. Grammatische Terminologie4.1.2. Induktiv und deduktiv, entdeckendes Lernen4.1.3. Wissenschaftliche und didaktische Grammatiken4.2. Der Imperativ in wissenschaftlichen Grammatiken4.3. Der Imperativ und die Aufforderung in der didaktischen Diskussion4.4. Der Imperativ in didaktischen Grammatiken4.5. Der Imperativ in Lehrwerken für die Niveaustufe A14.6. Konsequenzen für die Umsetzung der Interaktiven Grammatik

 5. Projekt Grammatik: Digital-Interaktiv-Visuell-Animiert5.1. Allgemeine Projektbeschreibung5.2. Auswahl der Einheit für das Forschungsprojekt5.3. Exemplarische Beschreibung und Analyse der Einheit Imperativ5.3.1. Schritt 1 Imperativ in Situationen5.3.2. Schritt 2 Drei Schritte zum Imperativ5.3.3. Schritt 3 Regel formulieren5.3.4. Schritt 4 Übung 15.3.5. Schritt 5 Übung 2

 6. Forschungsdesign6.1. Aufnahme von Ideen aus dem Design-Based Research6.2. Aufnahme von Ideen aus der Usability-Evaluation6.3. Erhebungsinstrumente6.3.1. Fragebogen6.3.2. Lautes Denken6.3.3. Videografie6.3.4. Retrospektive mündliche Befragungen6.4. Ablauf der Datenerhebung6.4.1. Rahmenbedingungen in Deutschland6.4.2. Rahmenbedingungen in Kasachstan6.5. Beteiligte der Studie6.5.1. Forschungsteilnehmende6.5.2. Assistenten6.5.3. Rolle der Forscherin6.5.4. Forschungsethische Dimension gegenüber den Beteiligten6.6. Datenaufbereitung und Auswertungsverfahren6.6.1. Transkription der Daten6.6.2. Triangulation6.6.3. Vorgehensweise bei der Auswertung

 7. Datenauswertung und Analyse der Lernwege7.1. Lernpfade bei der Bearbeitung von Schritt 17.1.1. Teilschritt 1.1 Funktonen-Situationen-Zuordnung7.1.2. Teilschritt 1.2 Tabelle informell/formell7.1.3. Abbruchfälle7.1.4. Teilschritt 1.3 Imperativformen in den Sätzen7.2. Lernpfade in Schritt 27.2.1. Beginn des Schrittes7.2.2. Reihenfolge der Bearbeitung und Wechsel innerhalb des Schrittes 27.2.3. Abbruchfälle7.2.4. Schwierigkeiten bei der Bearbeitung des zweiten Schrittes7.2.5. Radiergummi als Werkzeug für die Imperativbildung7.3. Lernpfade bei der Regelformulierung in Schritt 37.3.1. Teilschritt 3.1 Funktionen-Situationen-Übersicht7.3.2. Teilschritt 3.2 Tabelle informell/formell7.3.3. Teilschritt 3.3 Radiergummi in der Tabelle7.3.4. Teilschritt 3.4 Wortfolge im Imperativsatz7.4. Lernpfade bei der Bearbeitung von Schritt 47.4.1. Beginn des Schrittes7.4.2. Reihenfolge der Bearbeitung und Wechsel innerhalb des Schrittes 47.4.3. Abbruchfälle7.4.4. Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Imperativformen zu den Situationen7.5. Lernpfade bei der Bearbeitung von Schritt 57.5.1. Schwierigkeiten bei der Bearbeitung des Schrittes 57.5.2. Fehlerursachen7.5.3. Vorgehensweise beim Lösen einzelner Fragen7.5.4. Animationen in Übung 2

 8. Ergebnisse der Studie8.1. Autorenintentionen vs. tatsächliche Lernwege8.1.1. Unterschiede im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den Autorenintentionen8.1.2. Abbruchfälle8.2. Zur Navigation und Interaktivität der Lernsoftware8.2.1. Navigation und Nutzungsoberfläche8.2.2. Interaktivität8.3. Entdeckendes Lernen mit der Interaktiven Grammatik8.4. Zur Rolle der visuellen Elemente beim Grammatiklernen8.5. Visuelle Metaphorik beim Grammatiklernen

  9. Bilanz und Ausblick

  Literaturverzeichnis

  Anhang

Danksagung

Als ich mit der Arbeit an der Entwicklung eines Lernprogramms im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Goethe-Institut München und der Justus-Liebig-Universität Gießen begann, war noch kein wissenschaftliches Projekt in Sicht. Der spannende Austausch und interessante Diskussionen führten nicht nur zur Entstehung des interaktiven Programms sondern auch zur Entwicklung meines Forschungsinteresses, das in Form einer Dissertation verwirklicht wurde. Die vorliegende Arbeit stellt eine etwas überarbeitete Version dieser Dissertation dar, die Ende 2017 am Fachbereich „Sprache, Literatur, Kultur” an der Justus-Liebig-Universität eingereicht worden ist. Während der Entstehung der Arbeit haben mich zahlreiche Menschen begleitet und ihnen möchte ich aufrichtig danken.

In der Anfangsphase unterstützte mich der DAAD durch ein Promotionsstipendium, das mir einen guten Start in diesen Prozess ermöglichte. Darüber hinaus danke ich der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung für die Möglichkeit, an der DGFF-Sommerschule 2014 teilzunehmen.

Keine Worte reichen aus, um meinem Doktorvater Prof. Dr. Dietmar Rösler meine Dankbarkeit ausdrücken zu können. Viele konstruktive Gespräche, hilfreiche Rückmeldungen sowie immer ein offenes Ohr und ein aufmunterndes Wort gehörten zu seinem Betreuungskonzept, das das Gelingen dieser Arbeit ermöglicht hat. Prof. Dr. Michael Legutke sei für spannende Anregungen und Diskussionen über die methodologischen und forschungsethischen Aspekte der Studie, sein Interesse und die Begutachtung der Arbeit gedankt.

Ohne DaF-Lernende wäre die Durchführung meiner Studie nicht möglich gewesen. Dafür danke ich allen, die an der Untersuchung teilgenommen haben. Darüber hinaus gilt ein großer Dank meinen Assistenten, die bei der Datenerhebung und -aufbereitung mitgewirkt haben. Besonders Maria G. Mirisola danke ich für ihr Engagement und eine unkomplizierte Arbeitsweise.

 

Bei der Datenerhebung in Kasachstan leisteten die Leiterin des Sprachlernzentrums Ust-Kamenogorsk Maria Kalelova sowie alle Lehrkräfte, insbesondere Anna Kozlova, eine große Unterstützung. Ihnen gilt mein aufrichtiger Dank!

Den TechAG-Mitgliedern danke ich für ihr wertvolles Feedback und den wissenschaftlichen Austausch in verschiedenen Phasen meines Projektes. Simon Falk und Susanne Krauß bin ich für ihre Rückmeldungen zu den einzelnen Kapiteln meiner Arbeit sehr dankbar. Auch bei Nina Kostka und Lara Vargas Pineda bedanke ich mich für ihr hilfreiches Feedback zu früheren Versionen des Textes.

Herzlichen Dank an Inke Schmidt-Guerbaz, die nicht nur immer wieder Korrektur gelesen, sondern mich auch durch kritische Anmerkungen, hilfreiche Hinweise und aufmunternde Worte im Laufe des gesamten Promotionsprozesses unterstützt hat.

Meinen Freundinnen und Freunden danke ich für die Unterstützung und das Verständnis, dass ich mich in intensiven Schreibphasen aus dem Sozialleben zurückgezogen habe. Спасибо моей семье за поддержку и веру в меня. Ivan sei für seinen Rückhalt, seine Ermunterung und Unterstützung in allen denkbaren Formen, die das Gelingen dieser Arbeit ermöglicht haben, gedankt. Diese Arbeit widme ich meinem Großvater Alexander Seher.

Gießen, im Februar 2018

1. Einleitung

Was genau würden Lernende1 machen, wenn sie selbstständig anhand eines Lernprogramms eine (neue) grammatische Struktur lernen? Würde die Interaktivität des Programms für den Lernprozess ausreichen? Wie hilfreich könnten visuelle Elemente für das Grammatiklernen sein? Diese Fragen interessierten mich bereits in der Konzeptionsphase als Mitglied des Autorenteams, das sich mit der Entwicklung eines interaktiven Lernprogramms zur Grammatik für DaF-Lernende im Rahmen eines Kooperationsprojektes beschäftigte. Dabei handelte es sich nicht um lineare Übungssequenzen zu den jeweiligen Themen. Die Konzeption sollte eine selbstständige Entdeckung der grammatischen Phänomene, eine Formulierung der Regeln und den Wissenstransfer durch Übungen ermöglichen. Als Lehrperson mit langjähriger Unterrichtserfahrung interessierte mich, ob Lernende ohne jegliche Unterstützung seitens einer „menschlichen“ Person (Lehrender, Tutorierender o. ä.) ausschließlich durch die Interaktivität des Programms grammatische Regelmäßigkeiten entdecken und nachvollziehen könnten. Während das Potenzial digitaler Medien für das Üben und Trainieren grammatischer Phänomene für mich immer unbestritten blieb, war ich gegenüber Möglichkeiten digitaler Lernprogramme für die Entdeckung und Erklärung von Grammatikthemen skeptisch. Die beiden Perspektiven ‒ der Materialentwicklerin und der Lehrerin ‒ mögen sich widersprechen und somit einander ausgleichen. Im Rahmen meines Forschungsprojektes möchte ich untersuchen, wie Lernende mit einem solchen interaktiven Lernprogramm umgehen. Somit bewegt sich die vorliegende Studie in den Bereichen Grammatikvermittlung, digitale Medien und teilweise auch Usability.

Erkenntnisinteresse

Grammatiklehren und -lernen gehört zu den oft und gern diskutierten Themen der Fremdsprachendidaktik. Sowohl Lehrende als auch Lernende setzen sich mit grammatischen Strukturen der deutschen Sprache auseinander, ungeachtet dessen, ob sie diesen Bereich des Fremdsprachenunterrichts mögen oder nicht. Fremdsprachendidaktische Diskussionen und Erkenntnisse aus der Forschung hinsichtlich der einzelnen Aspekte des Grammatikunterrichts lassen sich in Vermittlungsmethoden und Lernmaterialien erkennen. Die Auswahl letzterer ist heutzutage vielfältig und ermöglicht unterschiedlichen Lernenden verschiedene Vorgehensweisen beim Lernen. Die Vielfalt beschränkt sich nicht nur auf Grammatikbücher, Lehrwerke und Arbeitsblätter. Digitale Lernmaterialien bieten durch ihre Potenziale weitere Darstellungsweisen und Übungsmöglichkeiten grammatischer Phänomene.

Digitale Medien ermöglichen das Fremdsprachenlernen unabhängig von einem Unterrichtsraum, einer Lehrperson, einer Lerngruppe, einem Unterrichtsplan o. ä. Die Flexibilität bei der Gestaltung des eigenen Lernprozesses, die Bestimmung des individuellen Lerntempos und die Möglichkeit der Auswahl der Lerninhalte und der Lernformen scheinen das Lernen mit digitalen Medien sehr erfolgreich machen zu können. Eine intensive Beschäftigung mit digitalen Lernprogrammen lässt schnell erkennen, dass sich Übungsformate zu unterschiedlichen Fertigkeiten und Kompetenzbereichen einer Fremdsprache wiederholen. Im Bereich Grammatik bietet das Internet eine große Anzahl digitaler Lernprogramme. Erwähnenswert ist jedoch die Tatsache, dass Lehrmaterialentwickler Fremdsprachenlernenden vorwiegend selbstständiges Üben grammatischer Strukturen zuzutrauen scheinen. Die Präsentation grammatischer Phänomene ist jedoch, wie im Fremdsprachenunterricht einer Lehrperson, einem Lernprogramm überlassen und ermöglicht hauptsächlich nur Steuerungsaktionen seitens der Lernenden. Ebenfalls durch die Einbindung multimodaler Elemente ‒ auditiver und visueller Art ‒ bleiben die Lernenden in der Präsentationsphase oft in einer passiveren Rolle und beginnen erst beim Wissenstransfer zu agieren. Es stellt sich die Frage, wie digitale Medien eine intensive Aktivierung bereits bei der Darstellung verschiedener Aspekte eines grammatischen Phänomens gewährleisten könnten.

Das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Studie besteht darin, mithilfe introspektiver Verfahren und der Bildschirmaufzeichnungen die tatsächlichen Aktionen der erwachsenen DaF-Lernenden aus unterschiedlichen Ländern bei der Beschäftigung mit der Einheit der Interaktiven Grammatik zum Thema Imperativ2 sowie die Rezeption der einzelnen Komponenten des interaktiven Programms zu untersuchen.

Forschungsfragen

Mit der vorliegenden Forschungsarbeit sollte die zentrale Forschungsfrage beantwortet werden:

 Wie gehen die Lernenden mit der Interaktiven Grammatik um?

Die Frage ist offen angelegt, daher werden auch einzelne Aspekte als Teilfragen verdeutlicht:

 Wie verläuft der Lernprozess bei der Erschließung der Regelhaftigkeiten in der Entdeckungsphase?

 Welche Rolle spielt grammatische Terminologie bei der Regelformulierung?

 Wie verläuft der Löseprozess in den Übungen?

 Wie gehen die Lernenden mit unbekanntem sprachlichem Material um?

 Welche Rolle spielen multimodale bzw. visuelle Elemente im Lernprozess?

 Welche Rolle spielt die Interaktivität des Programms beim selbstständigen Lernen?

 Was verursacht den Abbruch der Bearbeitung?

Die Beantwortung der Fragen kann einen Einblick in selbstständige Lernprozesse der Lernenden auf der Niveaustufe A ermöglichen. Das Thema ist von großem Interesse sowohl für Lehrende als auch für Materialentwickler, da Schlussfolgerungen aus der Analyse der erworbenen Daten für die weitere Entwicklung bzw. den Fremdsprachenunterricht mit digitalen Medien gezogen werden können.

Aufbau der Arbeit

Im einleitenden Kapitel wurden der Entstehungskontext der vorliegenden Untersuchung und das Erkenntnisinteresse geschildert. Daraus ergeben sich die leitenden Forschungsfragen der Studie.

Kapitel 2 beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Facetten des Fremdsprachenlernens mit digitalen Medien. Zuerst wird auf das Konzept des Selbstlernens eingegangen. Danach werden die Aspekte der Multimodalität für Lernprozesse skizziert. Darüber hinaus wird die Definition der Lernsoftware für die vorliegende Studie festgelegt. Daraufhin werden Grenzen und Potenziale digitaler Übungsformate für das Fremdsprachenlernen und insbesondere für das Grammatiklernen diskutiert. Daran schließt sich die Darstellung der Interaktivität als einer der zentralen Eigenschaften digitaler Lernprogramme u. a. der Interaktiven Grammatik.

Für A1-Lernende können grammatische Lerninhalte durch eine visuelle Darstellung vorentlastet werden. Daher widmet sich Kapitel 3 Visualisierungen beim Fremdsprachenlernen. Neben der Skizzierung des Stellenwerts der Visualisierungen für einzelne Kompetenzbereiche des Fremdsprachenlernens wird die Behandlung der visuellen Medien in Handbüchern für die Fremdsprachendidaktik rekonstruiert. Darüber hinaus werden Visualisierungen in analogen Medien sowie die Veränderungen der Grammatikvisualisierungen durch die Digitalisierung geschildert.

Kapitel 4 leitet von allgemeinen Aspekten der Grammatikvermittlung zur Darstellung des Imperativs in wissenschaftlichen und didaktischen Grammatiken über und beinhaltet außerdem die Ergebnisse der Lehrwerkanalyse für die Niveaustufe A1. Im Fokus der Lehrwerkanalyse stehen die Funktionen des deutschen Imperativs, die situative Einbettung der grammatischen Struktur, die visuelle Darstellung des Imperativs und Übungstypen dazu. Anschließend werden die Schlussfolgerungen vorgestellt, die in der Entwicklungsphase bei der Umsetzung der Imperativ-Einheit der Interaktiven Grammatik beachtet wurden.

In Kapitel 5 folgt eine detaillierte Beschreibung der Lernsoftware am Beispiel der Einheit Imperativ. Neben der Darstellung der einzelnen Teile der Einheit, u. a. des sprachlichen und visuellen Materials, werden die interaktiven Elemente im Hinblick auf mögliche Lernwege analysiert. Daraufhin werden Hypothesen aufgestellt, welche Stellen Lernenden Schwierigkeiten bereiten könnten.

Kapitel 6 erläutert das Forschungsdesign der vorliegenden Studie. Da die Studie an der Schnittstelle von Fremdsprachendidaktik und Mediendidaktik liegt, werden zunächst die Korrelationen zwischen der Untersuchung und den Richtlinien des Design-Based Researchs und der Usability-Evaluation diskutiert. Der Diskussion der ausgewählten Erhebungsinstrumente folgt eine Beschreibung des Datenerhebungsprozesses. Darüber hinaus werden die Beteiligten der Studie vorgestellt. Aufgrund der Datenerhebung in den Muttersprachen der Probanden war die Einbeziehung einer dritten Person in den Erhebungsprozess vonnöten. Dieser Aspekt wird ebenfalls aus der forschungsethischen Perspektive reflektiert. Mit der Darlegung des Aufbereitungs- und Auswertungsverfahrens endet das sechste Kapitel.

In Kapitel 7 erfolgt die Auswertung der Daten. Dabei werden anhand der dokumentierten Aktionen aller Untersuchungsteilnehmenden die Lernpfade bei der Bearbeitung der Einheit in einzelnen Phasen ‒ Entdeckung, Regelformulierung, Üben ‒ analysiert. Es wird auf die Vorgehensweise bei der Lösung der Aufgaben eingegangen, um anhand der introspektiven Daten die Lernprozesse nachvollziehen zu können. Dabei liegt der Fokus u. a. auf den Aktionen der Lernenden, die die interaktiven Komponenten und die Visualisierungen bewirkten. Außerdem werden die Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Grammatik, die möglichen Ursachen und der Umgang damit untersucht.

Kapitel 8 stellt eine systematische Präsentation der Untersuchungsergebnisse dar. Abschließend widmet sich Kapitel 9 den Schlussfolgerungen aus der durchgeführten Studie und dem Ausblick auf mögliche weitere Untersuchungen.

2. Fremdsprachenlernen mit digitalen Medien und Interaktivität

[Es] hält das Interesse des Schülers wach; es wird ihn nie langweilen, weil es weder zu schwer noch zu leicht und das Tempo weder zu langsam noch zu schnell ist. Es wird den Schüler entsprechend seinen Fähigkeiten beanspruchen. Ein gutes Programm sorgt für die Abwechslung und sagt dem Schüler, wohin ihn der Weg führt […].

Der Beginn dieses Kapitels mit einem Zitat ohne Literaturangaben ist kein Verstoß gegen die Normen wissenschaftlichen Schreibens, sondern eine bewusste Entscheidung, die die Lesenden der vorliegenden Arbeit zum Nachdenken anregen soll. Das Zitat fasst die wesentlichen Erwartungen an ein gutes digitales Lernprogramm zusammen: Aufrechterhaltung der Motivation und des Interesses, Individualisierung des Lernens durch Adaptivität, unterschiedliche Aktivitäten, Betreuung des Lernprozesses. An dieser Stelle wird ergänzt, dass das Zitat bereits aus den 1960er Jahren stammt (King 1965: 19-20)1 und es sich dabei nicht um ein Computer- oder ein digitales Programm handelt, sondern um ein Sprachlabor. Ein Blick in die Publikationen zum Einsatz des Sprachlabors im Fremdsprachenunterricht zeigt, dass sich die Autoren mit technischen und methodischen Aspekten beschäftigten (vgl. z. B. Krumm 1975; Faber 1978; Jung 1978). Genauso wie in den Zeiten des Sprachlabors sind Lehrende mit mehreren Hürden beim Einsatz digitaler Medien im Fremdsprachenlernen konfrontiert und manchmal überfordert (vgl. Pfeil 2015: 4).

 

So wie das Sprachlabor nicht den Sprachunterricht durch die Lehrperson ersetzen konnte, sondern reduziert wurde auf die selbstverständliche, aber begleitende Präsenz von Audiomaterialien beim Sprachlernen, so kristallisiert sich eine Integration des Mediums Computer/Internet in bisherige Unterrichtsabläufe heraus (Biechele 2005a: 6).

Die Annahme, dass eine Lehrperson durch eine Maschine ersetzbar ist, ist m. E. irreführend. Bereits in den Zeiten des Sprachlabors ist so ein Ersetzungsversuch gescheitert. Dass analoge Medien verschwinden und Lernenden nur digitale zur Verfügung stehen, mag in Schulen einiger Länder stattfinden, ist aber noch kein verbreitetes Phänomen. Der Vergleich digitaler Medien mit analogen ist zwar sinnvoll, jedoch nicht mit der Einstellung, letztere durch erstere ersetzen zu wollen, sondern sie sich gegenseitig ergänzen zu lassen. Daher werden in der vorliegenden Arbeit Vergleiche und Parallelen zu analogen Medien gezogen, jedoch wird darauf abgezielt, sie nicht gegenüberzustellen, sondern die Potenziale und Grenzen abzuwägen. Darüber hinaus bleibt der Fokus auf selbstständigem Lernen.

Zuerst werden allgemeine Aspekte digitaler Medien für das Fremdsprachenlernen, insbesondere im Kontext des Selbstlernens, dargestellt. Darüber hinaus wird die Bedeutung der Multimodalität für den Lernprozess erläutert. Anschließend werden Übungsformate digitaler Lernmaterialien sowie ihre Potenziale für das Grammatiklernen diskutiert. Den Kern der Interaktiven Grammatik stellt, wie der Name der Lernsoftware bereits verrät, ihre Interaktivität dar. Daher werden im zweiten Teil des Kapitels der Begriff sowie Formen der Interaktivität, insbesondere das Feedback, erläutert. Anschließend wird die Frage diskutiert, wie interaktive Elemente für den Lernprozess fördernd sein könnten.