Auf dem Weg zum heutigen Menschen

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Auf dem Weg zum heutigen Menschen
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Wolfgang Weller

Auf dem Weg zum
heutigen Menschen

Welche Mechanismen diese

Entwicklung bewirkt haben

Impressum

Copyright: © Text by Wolfgang Weller (2019)

Druck und Verlag: epubli GmbH. Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-xxx-xxxx-x

Vorwort

Vor 2 ½ bis 2 Mrd. Jahren haben sich auf der Erde erstmals Zeichen des Lebens gezeigt. Daraus ist eine gigantische Entwicklung entstanden, in deren Folge eine Unzahl von Pflanzen- und Tierarten entstanden sind, die unserem Planeten besiedelten. Im Zuge der Entstehung so vieler Arten kam es später auch zur Herausbildung des Modernen Menschen. In neuerer Zeit schloss sich daran die Entwicklung zum heutigen Menschen an, so wie er sich derzeit darbietet.

Da kann in einer Mußestunde schon mal die Frage aufkommen, auf welche Weise es zu dieser Entwicklung gekommen ist.

Mit den folgenden Ausführungen wollen wir versuchen, auf diese Fragestellung eine Antwort zu geben. Bei diesem Bemühen wurde schnell klar, dass es sich hier um das Ergebnis von Entwicklungsprozessen handelt. Dies lenkte dann unser Interesse auf das Erkennen der dahinter stehenden Wirkmechanismen. Diese sollen erklären, auf welche Weise die Welt des Menschen, so wie wir sie jetzt vorfinden, entstanden ist und wie sich entfalten konnte.

Der Entwicklung zum Modernen Menschen zunächst nachgehend, stößt man auf das Wirken der biologischen Evolution. Dieses Prinzip hat offenbar während sehr langer Zeiträume zur Entwicklung dieser Unzahl verschiedenartigster Pflanzen und Tiere einschließlich des Menschen geführt und die bestmögliche Anpassung an ihren jeweiligen Lebensraum ermöglicht. Daraus resultiert sofort das Interesse, zu erfahren, wie dieses Prinzip funktioniert, welches solche Leistungen hervorbringt. Ergo werden wir besonders die Geschichte verfolgen müssen, in welcher Weise die biologische Evolution den Modernen Menschen hervorgebracht hat und was diese Spezies gegenüber den anderen Gattungen von Lebewesen auszeichnet.

Es ist unverkennbar, dass der Moderne Mensch nach seiner Herausbildung nochmals eine beträchtliche Entwicklung durchlaufen hat, die sein Dasein tiefgreifend veränderte. Da dieser Prozess in einer vergleichsweise geschichtlich kurzen Zeitspanne abgelaufen ist, müssen dafür andere Wirkprozesse verantwortlich sein. Da diese Mechanismen ebenfalls evolutive Züge tragen. werden wir dafür die Bezeichnung kulturelle Evolution wählen. Dennoch ist zu erwarten, dass diese Prinzipien auf völlig anderen Effekten beruhen. Dabei soll auch verdeutlicht werden, zu welch erstaunlichen Ergebnissen die im Laufe der Entwicklung zum heutigen Menschen erbrachten Leistungen bisher geführt haben.

Schließlich wollen wir auch – so gut es geht – einen Blick in die zukünftige Entwicklung der Menschheit wagen und dabei auf besondere Herausforderungen hinweisen.

Entsprechend dieser Vorschau scheinen die benötigten Zugangsmöglichkeiten gefunden zu sein, um die eingangs aufgeworfene Problemstellung mit einer gewissen Erfolgsaussicht behandeln zu können. Also machen wir uns getrost ans Werk.

1 Der Einfluss der biologischen Evolution auf die

Entwicklung zum Menschen

1.1 Abriss der biologischen Entwicklung zum heutigen Men schen

Schaut man sich in der Natur um, so ist es im Verlauf eines überaus langen Zeitraums zur Entstehung einer ungeheuren Vielzahl und Verschiedenartigkeit vorhandenen Pflanzen oder Lebewesen, gleichgültig, ob an Land oder im Wasser lebend, gekommen, die an ihren jeweiligen Lebensraum perfekt angepasst sind. Verantwortlich dafür muss also ein Wirkprinzip sein, das diese Artenvielfalt generiert und die Adaption an den jeweiligen Lebensraum ermöglicht. Diesem Problem ist schon Charles Darwin nachgegangen und hat im Ergebnis seiner vielseitigen Forschungen die Evolution als Ursache erkannt. Die wissenschaftliche Welt würdigte seine außerordentlichen Verdienste des Schöpfers der Evolutionstheorie vor wenigen Jahren aus Anlass der 200-jährigen Wiederkehr des Geburtsjahres mit einer Fülle von Beiträgen zu seinem Lebenswerk.

Dank dieser Leistung Darwins ist mit der Evolution nun der Weg gefunden, um bei der Problembehandlung ein Stück voranzukommen. Diese Art der Evolution ist biologischer Natur, weshalb wir diese zwecks späterer Unterscheidung die biologische Evolution nennen wollen.

1.2 Mechanismus der biologischen Evolution

Im Sinne der beabsichtigten Aufklärung soll zunächst der Mechanismus der biologischen Evolution dargelegt werden. Dazu ist auf die grundlegenden Arbeiten von Ingo Rechenberg [1] und später auch seines Mitarbeiters Paul Schwefel zu verweisen. Bei der Beschreibung des inhärenten Mechanismus bedienten sie sich weithin geläufiger biologischer Metaphern, die die Verständlichkeit unterstützen. Später folgte dann eine algorithmische Fassung.

In Kurzform lässt sich das Evolutionsprinzip wie folgt erläutern. Die Evolution wirkt auf eine Folge von Generationen und hat rekursiven Charakter. Die Merkmale des auf evolutionärem Weg erreichten Entwicklungszustandes der Individuen der jeweiligen Generation sind in deren Genen verankert (gespeichert). Diese Gene werden durch Vererbung von den Eltern auf die Nachkommen (Kinder) weitergegeben. Diese Übertragung unterliegt zugleich aber auch einem Zufallseinfluss, was als Mutation bezeichnet wird. Dieser überlagerte Prozess variiert in zufälliger Weise, welche Anteile (Gene) der jeweiligen Elternteile auf die einzelnen Nachkommen vererbt werden, und führt zur Variation des ererbten Gensatzes. Dies ist der entscheidende Schritt, bei dem Neues generiert wird. Die Nachkommen bzw. deren Gene sind somit keine exakten Kopien (Klone) der Eltern, sondern verfügen sowohl gegenüber ihren Eltern als auch untereinander über etwas differierende Merkmale. Der Anteil des Zufallseinflusses kann in weiten Grenzen variieren, wovon die Entwicklungsdynamik beeinflusst wird. Im nächsten Schritt treten die gentechnisch etwas unterschiedlich ausgestatteten Nachkommen, ggfs. zusammen mit ihren Eltern, gemeinsam in einen Wettbewerb, indem sie sich den Bedingungen ihrer Umwelt stellen. Dabei kommt es zu einer natürlichen Auslese, die Selektion genannt wird. Am Ende überleben also in jedem Zyklus nur diejenigen, die mit der jeweiligen Umgebung vergleichsweise am besten zurechtkommen. Das sind dann die auf dieser Entwicklungsstufe Erfolgreichsten, was mit dem Slogan Survival of the fittest zum Ausdruck gebracht wird. Diese werden dann zu Eltern der neuen Generation bestimmt, worauf ein neuer Zyklus durchlaufen wird. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die Fittesten nicht notwendigerweise die Stärksten sind, wie von manchen Ideologen behauptet wird, sondern es sind die momentan am besten Angepassten. Durch wiederholten Durchlauf des beschriebenen Zyklus kommt es dann zur Herausbildung von immer besser an ihre Umgebung angepassten Individuen.

Neben dem beschriebenen Grundmuster der Evolution kann es noch allerlei Variationen geben, sodass man von verschiedenen Evolutionsstrategien spricht. So ist auch möglich, dass Individuen aus verschiedenen Populationen zu gemeinsamen Eltern werden und sich deren Gene auf diese Weise mischen. Wiederum können auch mehrere Populationen bspw. in abgegrenzten Gebieten sich parallel voneinander eigenständig entwickeln und nur gelegentlich zusammentreffen. Auf diese Weise ist es bei längerer Isolation dann auch möglich, dass sich eigene Arten herausbilden, die sich dann nicht mehr mit Mitgliedern aus anderen Regionen paaren können. Neue Arten entstehen auch, wenn Individuen – aus welchen Gründen auch immer – in eine neue Umgebung gelangen und sich deren Bedingungen anpassen müssen. Solche drastischen Änderungen der Lebensbedingungen treiben dann die Evolution oftmals in eine andere Richtung.

Der Evolutionsmechanismus kann noch durch weitere Teiloperationen, wie etwa das sog. Cross-Over, verfeinert werden, worauf hier nicht näher eingegangen wird. Außerdem gibt es mehrere Parameter, wie die Anzahl der Eltern bzw. der Nachkommen, die eingestellt werden können. Somit gibt es nicht nur schlechthin eine, sondern eine Vielzahl von spezifisch wirkender, auf der Basis des geschilderten Grundmechanismus generierbarer Evolutionsstrategien, die sozusagen eine Familie bilden.

Das Wirkprinzip der Evolutionsstrategie lässt sich verallgemeinert in Form des nachfolgenden Blockschaltbildes veranschaulichen.


Bild 1 vereinfachtes Blockschaltbild der biologischen Evolution

Die Evolution ist das Resultat von Experimenten unter Wirkung spezifischer Mechanismen einschließlich des Zufallseinflusses. Wesentlich ist, dass die Evolutionsstrategien kein vollständig deterministisches Verhalten besitzen und daher auch kein festes Ziel verfolgen.


Die Evolutionsstrategie(n) eignet (n) sich nicht nur als Denkmodell, sondern können in algorithmischer Form zu einen nützlichen Werkzeug mit vielerlei Anwendungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Dazu wurde beispielsweise an der Humboldt-Universität zu Berlin eine sog. Evolutionsstrategische Maschine in Form eines Softwareprodukts entwickelt und erprobt [2], [3], welche aus Graduierungsarbeiten eines fähigen Studenten unter der Leitung des Autors hervorging. Diese bietet die Möglichkeit, über eine komfortable Bedienoberfläche verschiedene Strategieparameter einzustellen und somit weitgehend beliebige Strategievarianten zu kreieren. Diese können im Zusammenspiel mit simulierten Anwendungsumgebungen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit getestet und damit die geeignetste herausgefunden werden.

 

1.3 Anwendung des Evolutionsmechanismus zur technischen Optimierung


Nach erfolgreicher Entschlüsselung des Mechanismus der Evolution in seinen wesentlichen Spielarten wurde dieses Prinzip von mehreren Anwendern auf seine Anwendungsmöglichkeiten für technische Zwecke untersucht. Als wesentliche Einsatzgebiet der – sozusagen künstlichen – Evolution zeigte sich zunächst die Verwendbarkeit als innovatives Optimierungsverfahren, um damit Bestlösungen vor allem technischer Gebilde zu ermitteln.


Die ersten Einsatzfälle der künstlichen Evolution waren auf die strömungstechnische Optimierung der Profile von Tragflügeln und Düsenformen gerichtet und wurden von I. Rechenberg selbst durchgeführt. Dazu wurden die Evolutionszyklen in der ersten Phase an den zu optimierenden Bauteilen in realer Weise durchgeführt, wobei Stellschrauben, Bleistift und Papier zum Einsatz kamen. Die dabei mit einem vergleichsweise größeren Aufwand und längerer Experimentierzeit erreichten Ergebnisse waren in der Tat vielversprechend. Eine wesentliche Verkürzung der Entwicklungszeit ergab sich, nachdem die Evolutionsmechanismen algorithmiert wurden, sodass der Evolutionsprozess auf Computer verlagert und damit simuliert werden konnte. Dies führte nicht nur zur Einsparung des bisher nötigen Bauaufwandes, sondern vor allem zu einer drastischen Zeitverkürzung dank der hohen Rechengeschwindigkeit von Computern. In diesem Falle musste auch die jeweilige Umgebung auf dem Computer simuliert werden, um den im Evolutionsschritt „Selektion“ vorgesehenen Test auszuführen, d. h. die Qualität der ermittelten Lösung zu bestimmen. Optimierungssysteme dieser Art sind seit einiger Zeit verfügbar und wurden bereits für unterschiedliche technische Anwendungen eingesetzt. Damit waren gute Voraussetzungen zur Optimierung vieler technischer Systeme auf der Basis von Evolutionsprozessen gegeben. Zu den erfolgreichen Anwendungen zählen u. a. die Optimierung von Strömungsprofilen, Rohrkrümmern, Stabtragwerken, Baukörperformen, optischen Linsen. Die erhaltenen Lösungen wiesen oft eine unerwartete Form auf, was auf die unorthodoxe Herangehensweise dieses Optimierungsprinzips zurückzuführen ist.

1.4 Besiedelung der Erde unter der Wirkung von Evolutionsstrategien


Im hier betrachteten Zusammenhang interessieren wir uns jedoch weniger für die Anwendungsmöglichkeiten von Evolutionsstrategien zur Systemoptimierung, sondern für deren Wirksamkeit im Zusammenhang mit der Entstehung der Vielfalt der Arten und der sukzessiven Besiedelung unseres Planeten zu Lande, in der Luft sowie auch auf und vor allem unter Wasser. Dabei kam es bekanntlich im Verlauf von Jahrmilliarden zur Herausbildung einer ungeheuren Vielzahl und großen Verschiedenartigkeit von Pflanzen und Lebewesen, die sich über die Erde verteilten und selbst in kleinste Nischen vordrangen. Die langzeitlich wirkende Evolution führte nicht nur zur perfekten Adaption der Pflanzen und Lebewesen an den jeweiligen Lebensraum, sondern brachte auch dank des in der Mutation enthaltenen Zufallseinflusses die Entstehung neuer Arten hervor.


Es gibt durchaus Lebewesen, deren Umgebung über sehr lange Zeit unverändert geblieben ist und die sich bereits sehr frühzeitig in ihrer Nische eingerichtet haben. Damit entfällt weiterer Anpassungsdruck und die Evolution stagniert. Ein extremes Beispiel dazu bilden die Bakterien, die sich z. T. über Milliarden von Jahren nicht verändert haben. Aber auch höher entwickelte Tiere, wie Krokodile oder Knochenfische, haben über sehr große Zeiträume hinweg keine merkliche Weiterentwicklung erfahren.


Das Wirken der Evolution brachte im Verlauf eines längeren Zeitraums über mehrere Zwischenstufen auch den Menschen hervor, der in späterer Zeit die Erde bis in die entlegensten Winkel besiedelt und sich entsprechend den dort anzutreffenden spezifischen Lebensräumen eingerichtet hat. So kommen beispielsweise Inuits mit den Bedingungen der eisigen Zonen der Polargebiete zurecht, überleben Berber u. a. Völker in den trocken-heißen Wüstengebieten der Sahara, erobert sich Bolivianer und deren Nachbarn einen Lebensraum in den Anden auf über 4 000 m Höhe, haben sich wiederum auch Polynesier und andere Völker an ein Leben in die Inselwelt Malaysiens angepasst, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Menschen kommen mit den Besonderheiten ihrer jeweiligen Nische offensichtlich zurecht, zumindest solange diese fortbestehen.


Dass das Überleben in diesen Extremwelten überhaupt möglich ist, verdanken diese Extremisten der Evolution, die sie an diese Lebensumstände spezifisch angepasst haben, was sich dementsprechend auch in ihren Genen verankert hat. Diese Besonderheiten ihres Lebensumfeldes finden bei den Bewohnern der verschiedenen Regionen ihren Niederschlag in teilweise erheblichen Unterschieden bezüglich der Hautfarbe, Körpergröße, Gesichtsschnitt (Augenlider, Nasenform, Lippenausprägung), Haartracht (Farbe, Struktur).

1.5 Die Wechselwirkungen zwischen den Spezies


Wie vorstehend geschildert, sind auf unserer Erde eine Vielzahl von Pflanzen und Lebewesen entstanden, haben sich auf der Erde verteilt und sind dabei bis in ausgesprochene Nischen vorgedrungen und sich dabei unter der Wirkung der Evolution an ihre jeweilige Umgebung angepasst.


Um dort zu überleben, müssen sie sich aber zumindest ernähren. Dazu finden sich unter der Fülle der sie umgebenden Pflanzen- und Tierarten auch solche, die sich nahrungstechnisch verwerten lassen. Dabei zeigt sich, dass gewisse Pflanzen und Tiere miteinander wechselwirken, indem sie sich voneinander ernähren. Hier gilt das Prinzip des „Fressens und Gefressen Werdens“. Solche Relationen finden sich sowohl in einfachen Zweierbeziehungen als auch in über mehrere Ebenen reichenden Wechselbeziehungen. Derartige Beziehungsgeflechte sind vor allem bei Ökosystemen anzutreffen. Diesbezüglich wurde beispielhaft ein aus vier Ebenen bestehenden Systems von an Land lebenden Pflanzen und Tieren untersucht [4]. Die Darstellung in Form eines Blockschaltbildes erfolgt in Bild 2.






Umgebung


Bild 2 Modell eines beispielhaften Ökosystems

Wie ersichtlich, liegt dem betrachteten Ökosystem eine hierarchische Struktur zugrunde. Die untere Ebene E4 wird durch ein breites Angebot an Moosen, Flechten, Pilzen, Beeren, Gräsern gebildet, die im Boden der Umgebung leben. Davon ernähren sich auf Ebene E3 diverse Kleintiere, wie Schnecken, Raupen, Insekten verschiedener Art. Diese verspeisen auf Ebene E2 wiederum Mäuse, Hasen, Frösche und weitere mittelgroße Tiere. Diese werden dann auf Ebene E1 von Tieren, wie Füchse und Störche, bejagt. Somit bestehen zwischen den Individuen jeweils benachbarter Ebenen bestimmte Wechselwirkungen. Diese sind dadurch bestimmt, dass jede Spezies einerseits die notwendige Nahrung für das eigene Überleben und das ihrer Nachkommen aus dem Angebot der darunter liegenden Ebene bezieht. Dies führt jedoch im Gegenzug dazu, dass die Ausbeutung dieser Nahrungsquelle zur Verknappung dieser Ressource führt. Somit besteht ein Rückkopplungseffekt. Diese wechselweisen Verkopplungen durchziehen sich über sämtliche Ebenen.


Die bestehenden Zusammenhänge sind schwer überschaubar. Dennoch funktioniert das Ökosystem insgesamt, indem es einem Gleichgewichtszustand zustrebt und versucht diesen dann möglichst auch aufrechtzuerhalten. Dabei bildet sich eine Balance heraus, die gewährleistet, dass die Beteiligten sich nur soweit ausbreiten, dass sich alle ernähren und somit überleben können. Dies verlangt, dass gewisse Relationen der Bewohner untereinander eingehalten werden. Das Gleichgewicht wird hingegen gestört, wenn bei einer der Spezies sich zufällig die eingependelte Anzahl der Mitglieder verändert. Dies wirkt sich wiederum auf die unterlagerte Ebene und von dort aus auf weitere Ebenen aus. Somit kommt es auch dort zu Veränderungen der Ernährungssituation. Daher muss ein neuer Gleichgewichtszustand gesucht werden, der sich dann im Sinne eines Ausgleichszustandes von selbst einpendelt.


Wie aus der Grafik ebenfalls ersichtlich ist, unterliegt das Ökosystem als Ganzes auch den Einwirkungen seiner Umgebung. Finden möglicherweise dort Veränderungen statt, so hat dies ebenfalls Auswirkungen auf das Ökosystem, indem es auch an dieser Stelle zu Verschiebungen des Gleichgewichtszustandes kommt.


Auf dem Prinzip der wechselseitigen Ernährung verschiedener der Natur angehörender Gattungen basiert auch das (Über-)Leben der Menschen. Auch wir ernähren uns von Pflanzen und Tieren aus der Natur, soweit sie uns zuträglich sind. Dazu gehören bekanntermaßen pflanzliche Produkte, wie Getreide, Obst und Gemüse, aber auch viele Arten von Fischen, Wild sowie sog. „Nutz-“Tiere. Da mag es nicht gerade schmeichelhaft erscheinen, dass auch wir Menschen uns, zumindest was die Nahrungsbeschaffung betrifft, uns ebenfalls– wenn auch auf subtilere Art – anderer Bewohner unserer Erde bedienen. Eine gewisse Besonderheit mag lediglich darin bestehen, dass wir für geeignet gehaltene Pflanzen und auch Tierarten zu besonderer Hochleistung hochgezüchtet haben, was sowohl dem Ertrag als auch der Qualität zugutekommt.


Das für das gesamtheitliche Überleben so wichtige Gleichgewicht kann jedoch empfindlich gestört werden, wenn völlig neue Situationen eintreten, an welche die Bewohner evolutionsseitig nicht angepasst sind. Dabei kann es sogar zu Katastrophen kommen. Erinnert sei hier an die plötzlichen Begegnungen etwa der Inkas in den Anden oder der Guanchen auf den Kanarischen Inseln. Dort kam es bei der Begegnung mit den spanischen Konquistadoren zu massenhaftem Sterben der Ureinwohner, weil deren Gene keine Vorsorge bezüglich der Abwehrkräfte gegen die eingeschleppten Krankheiten der Invasoren getroffen hatten. Ähnlich erging es indianischen Stämmen in den USA, deren Begegnungen mit den Neusiedlern nicht selten für sie verheerende Folgen hatten. In anderen Fällen, etwa in Australien und Neuseeland, waren die Auswirkungen der Begegnungen zwischen den europäischen Neusiedlern und den Ureinwohnern vom Stamm der Aborigines bzw. Maories hingegen weniger gravierend, weil dieses Zusammentreffen von deren Genpool offensichtlich toleriert wurde.


Ein Kuriosum anderer Art ist derzeit bei den im Hochland Boliviens und Perus lebenden endogenen Völkern der Aymara und Quechno zu beobachten. In ihren Bergen lebend, haben sie als Extremsportler und kein Gramm Fett am Körper tragend, die Fähigkeit erworben, die dort vorhandenen steilen Felswände im Laufschritt zu erklimmen. Mit Einkehr der Zivilisation auch in diese Höhenlage, sind seither dort auch größere Ortschaften und Städte entstanden, deren Verlockungen die Ureinwohner nicht wiederstanden haben. Die Folgen ihres Umzugs waren jedoch verheerend, indem sich diese Leute innerhalb kurzer Zeit zu unansehnlichen Fettmonstern entwickelten. Dies war eine Folge ihrer Gene, die bisher darauf abgestellt waren, aus jedem bisschen Nahrung ein Maximum an Energie herauszuholen.


Wie die Beispiele zeigen, ist die biologischen Evolution oftmals nicht imstande, die über lange Zeiträume hinweg entwickelten Gensätze der Betroffenen kurzfristig auf neue Umstände einzustellen, welche etwa durch das Zusammentreffen mit fremden Erdbewohnern oder auch Verlassen der angestammten Plätze verursacht sind. Ebenso einschneidend würde natürlich auch das plötzliche Eintreten schwerwiegender Naturereignisse sein. Ein diesbezügliches Negativbeispiel sind die Saurier. Nach einer gravierenden Umweltveränderung (wahrscheinlich einem Meteoriteneinschlag mit erheblichen Folgewirkungen) ist ihnen eine schnelle Anpassung nicht gelungen. Sie konnten diesen Veränderungen nicht standhalten, was bekanntlich zum Aussterben dieser Spezies führte. Auch andere Lebewesen, wie beispielsweise Korallen, waren schon mehrfach ausgestorben, sind danach aber dann doch mehrfach wieder aufgetaucht.

 

Da nicht auszuschließen ist, dass Individuen plötzlich in veränderten Lebenssituationen ausgesetzt sind oder sich auch Umgebungen spontan ändern können, werden dann nur diejenigen Individuen überleben, denen es hinreichend schnell gelingt, sich mit den neuen Zuständen abzufinden. Dafür hat jedoch der Mensch dank möglicher Eigeninitiativen weitaus bessere Aussichten, als die meisten anderen Lebewesen.

1.6 Die biologische Evolution zum Modernen Menschen


Vergleicht man die Eigenschaften des Menschen mit denen von vielleicht Milliarden anderer Lebewesen auf unserem Planeten, so ist zunächst einzuräumen, dass diese Spezies bezüglich mancher Eigenschaften durchaus nachteilig ausgestattet ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Physis als auch der sensoriellen Ausstattung. So sind uns manche Tiere an Kraft, Schnelligkeit und andere Spezies wiederum an Sehschärfe, Geruchssinn oder auch Hörempfindlichkeit überlegen. Der Mensch hat es jedoch weitgehend geschafft, diese Mankos durch selbst konstruierte zumeist technische Hilfen weitgehend auszugleichen. Er hat sich sogar neue Lebensräume erobert, die ihm von Natur aus nicht zugänglich waren. In Bezug auf die Eroberung des Weltraums sind wir Menschen sogar allen anderen Lebewesen überlegen.


Schauen wir im Folgenden nach, wie es zur biologischen Entstehung dieser besonderen Spezies Mensch kam und dieser im Zuge dieser Entwicklung mit einer nur ihm eigenen Besonderheit – einem großen und hochentwickelten Gehirn – ausgestattet wurde.


Wenn wir uns hier der Entstehung des heutigen Menschen widmen, so ist diese, wie die anderer Lebewesen der biologischen Evolution zu danken. Der Aufklärung der Menschheitsgeschichte haben sich Paläoanthropologen verschrieben, die anhand eines immer dichter werdenden Netzes von Fossilienfunden inzwischen ein immer genaueres Bild vom Ablauf des Geschehens liefern können. Der dazu vorliegende Stand soll anhand vorliegender Literatur in knapper Form wie folgt wiedergegeben werden [5], [6].


Die Abspaltung der menschlichen Entwicklungslinie von den gemeinsam mit dem Schimpansen in Afrika lebenden Vorfahren erfolgte vor etwa 6-7 Mio. Jahren. Von da aus lassen sich die folgenden Entwicklungsetappen unterscheiden:

Vormensch


Zu den frühen Nachfahren der Urhominiden zählt der Australopithecus. Einige der wesentlichen Veränderungen in diesem Stadium der Menschwerdung stehen im Zusammenhang mit dem allmählich angenommenen aufrechten Gang. Dies erbrachte verschiedenen Verbesserungen des Daseins, wie bessere Übersicht, Freisetzung der Hände für nützliche Tätigkeiten u. a. Andererseits bescherte dieser Übergang aber auch eine Menge von Anpassungsproblemen. Davon betroffen waren vor allem das Skelett, welches wegen der veränderten Statik umgebaut werden musste, wie auch die Gliedmaßen einschließlich der Hände und Füße. Es auch kam zu einer Verengung des Beckens, unter der noch heute unsere Frauen beim Gebären leiden. Als Folge der veränderten Ernährung, kam es auch zur Umbildung des Gebisses und damit der Gesichtsform. Veränderungen im Kehlkopfbereich ermöglichten wiederum differenziertere Lautäußerungen und, im Zusammenhang mit der Gehirnausbildung, auch die Entwicklung von Sprache. Dies führte wiederum zur Herausbildung besonderer Hirnareale, insbesondere dem Sprachzentrum. Die folgenreichste Neuerung war jedoch die enorme Vergrößerung des Gehirns, dessen Hirnrinde im Vergleich zu der des Schimpansen viermal größer ist. Daraus resultiert – hier zunächst biologisch betrachtet – eine beträchtliche Erweiterung des Schädelvolumens, speziell das Hinterhauptes. Diese Herausbildung hatte wiederum auch Auswirkungen bezüglich der Verbindung des Kopfes mit der Wirbelsäule, um das Momentengleichgewicht zu gewährleisten. Mit dem sich beim urtümlichen Menschen vollziehenden Übergang zum aufrechten Gang kam es zu einem allmählichen Umbau des Skeletts Dieser inzwischen als Homo erectus (aufrecht gehender Mensch) entstandene Siedler besaß gegenüber seinem Vorläufer (Homo habilis) u. a. einen länger gestreckten Schädel mit dem beachtlichen Hirnvolumen von 750 – 1.250 cm3. Diese enorme Vergrößerung des Hirns hat sich vermutlich innerhalb eines historisch kurzen Zeitraums vollzogen.

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