Der Opus Die und seine Geheimnisse

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Der Opus Die und seine Geheimnisse
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Walter Brendel

Der Opus Dei und seine Geheimnisse

Ein Orden voller Mysten

Der Opus Dei und seine Geheimnisse

Walter Brende

Ein Orden voller Mysten

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

Verlag: Das historische Buch, 2021

Mail: walterbrendel@mail.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Vorwort

Der Gründer

Die Förderer des Opus Dei

Die Rolle des Opus Dei

Aussteiger berichten

Ein Opus-Mitglied

Die seltsamen Erinnerungsstücke und weiterer Aufstieg des Opus Dei

Die seltsame Voraussage

Struktur und Aufbau des Opus Dei

Der „Laschet-Flüsterer“ Nathanael Liminski und seine Verbindungen zum Opus Dei

Die Kampftruppe des Papstes

Opus Dei in Österreich

Was ist aus demokratischer Sicht problematisch an Opus Dei

Quellen

Vorwort

Für viele Kritiker ist die erzkonservative, katholische Gemeinschaft Opus Dei (Werk Gottes) eine teuflische Sekte. Das Opus Dei hat jedoch ein völlig anderes Selbstbild.

Spätestens seit The Da Vinci Code – Sakrileg, der US-amerikanische Verfilmung des gleichnamigen Thrillers Sakrileg (2003) von Dan Brown aus dem Jahr 2006 ist Opus Dei weltweit bekannt. Jacques Saunière, der Chefkurator des Louvre wurde in einer Galerie des Museums ermordet aufgefunden.

Der Polizeichef Bezu Fache, der den Mord aufklären soll, ist ein bekennendes Mitglied dieser Organisation. Hinter den Mord scheint die Prälatur Opus Dei zu stecken, die durch den mordenden Albino Silas und Bischof Manuel Aringarosa vertreten wird. Die Protagonisten gehen davon aus, dass die katholische Kirche das geheime Wissen der Prieuré de Sion unter allen Umständen unter Verschluss halten möchte, weil sonst die Grundfesten der Kirche erschüttert würden. Wahrheit oder Fiktion?

Ein Blick ins Innere des Opus Dei ist bis heute schwierig, da die weltweit 90 000 Mitglieder sich zum Schweigen verpflichtet haben und Aussteiger von Verfolgung berichten. Währenddessen kämpft Opus Dei darum, einflussreichster Player in der katholischen Kirche zu werden.

Dafür unterhält das "Gotteswerk" ein geheimes Netzwerk – auch in der Bundesrepublik. Nicht umsonst befindet sich die Deutschland-Zentrale in Köln - im mächtigsten katholischen Erzbistum. In Deutschland versucht das Opus Dei vor allem, im Bereich der Bildung Fuß zu fassen – zum Beispiel über den Betrieb von Kitas und Schulen.

Das Beispiel einer Kita in München zeigt, dass das Opus Dei seinen Einfluss auf diese Einrichtungen bewusst verschleiert. Ein weiterer Baustein des Netzwerkes ist die IESE, die Business School des Opus Dei, von der es auch einen Ableger in Deutschland gibt. Sie zählt zu den besten Schulen ihrer Art weltweit.

In Spanien, dem Ursprungsland des Opus Dei, sind bereits seit den Zeiten Francos Teile des Justiz- und Bildungssektors von Mitgliedern des Opus Dei unterwandert. Die Dokumentation versucht, diese Verbindungen in Spanien und Deutschland transparent zu machen, und lässt Opfer und Experten zu Wort kommen, auch den Leiter des Opus Dei, Christoph Bockamp.

Josemaria Escriva de Balaguer y Albas: 1928 gründete er in Madrid das Opus Dei. Am 17. Mai 1992 hat ihn Papst Johannes Paul II. selig- und am 6. Oktober 2002 heiliggesprochen.

Gründer des Opus Dei, der Spanier Josemaria Escriva de Balaguer y Albas

Erstmals berichtet eine Aussteigerin aus Deutschland über ihr Martyrium im Opus Dei und die Schikanen als Reaktion auf ihren Ausstieg. Die Spanierin Carmen Charo wurde während ihrer Zeit im Opus Dei durch Gehirnwäsche und seelischen Druck psychisch krank. Sie hilft heute anderen bei ihrem Weg aus dem Opus Dei.

Das Gleiche versucht auch Dietmar Scharmitzer mit deutschsprachigen Aussteigewilligen und betreibt zur Aufklärung eine Internetplattform. Schließlich bilanziert Marco Politi, Autor und Vatikanexperte aus Rom, den Einfluss des Opus Dei seit der Zeit von Papst Johannes Paul II.

Auch wenn der Ton seines Auftritts konzilianter wurde, so strebt das Opus Dei nach wie vor danach, Schlüsselpositionen in Politik und Gesellschaft zu besetzen – mit Katholiken, die dem Opus mehr als gewogen sind.

Das Buch versucht, diese Verbindungen in Spanien und Deutschland transparent zu machen, lässt Betroffene und Experten zu Wort kommen – unter anderen auch Christoph Bockamp, den Leiter des Opus Dei in Deutschland.

Und auch deutsche Politiker sind im Opus Dei aktiv. Dazu später aber mehr.

Der Gründer

Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, geboren am 9. Januar 1902 als José María Escriba Albás in Barbastro, Spanien und gestorben am 26. Juni 1975 in Rom, ist Gründer des Opus Dei (Werk Gottes bzw. Gottes Werk) und ein Heiliger der römisch-katholischen Kirche.

José María wurde als zweites von sechs Kindern der Eheleute José Escriba y Corzán und María de los Dolores Albás y Blanc in Barbastro in den aragonesischen Vorpyrenäen in Spanien geboren, der Heimatstadt seiner Mutter. Seine drei jüngeren Schwestern verstarben im Kindesalter. 1915 musste die Familie nach dem wirtschaftlichen Ruin des väterlichen Geschäfts in Barbastro nach Logroño umsiedeln.

Im Alter von sechzehn Jahren fasste José María den Entschluss, Priester zu werden. Seit 1918 besuchte er als Externer das Priesterseminar in Logroño und beendete 1920 das erste Jahr des katholischen Theologiestudiums, zu dem auch das Philosophiestudium gehört. Anschließend siedelte er nach Saragossa über, lebte im Priesterseminar Real Seminario de San Carlos Borromeo und besuchte die Päpstliche Universität San Valero y San Braulio. Ein Grund für den Ortswechsel war sein Wunsch, außer der Theologie auch Rechtswissenschaften zu studieren. Im Priesterseminar berief ihn 1922 der Erzbischof von Saragossa, Kardinal Juan Soldevila y Romero, zu einem der beiden "Superioren", deren Aufgabe es war, die Mitstudenten als Vorgesetzte zu betreuen. Von 1923 bis 1927 studierte er zusätzlich Rechtswissenschaften an der Universität Saragossa. Am 28. März 1925 empfing er das Sakrament der Priesterweihe und wirkte anschließend neben dem Studium als Seelsorger in Perdiguera und Saragossa.

Ab 1927 lebte er in Madrid, um dort das juristische Doktorat zu erwerben. Gleichzeitig wurde er im Einvernehmen mit dem zuständigen Erzbischof von Saragossa und dem Erzbischof von Madrid, Leopoldo Eijo y Garay, Seelsorger am Stift der Damas Apostólicas del Sagrado Corazón, einer wohltätigen Armen- und Krankenpflegestiftung weiblicher Mitglieder der Madrider Oberschicht. 1931 gab er diese Stellung auf, wurde zum Kaplan (ab 1934 Rektor) des Königlichen Stiftes Santa Isabel ernannt und widmete sich der Studentenseelsorge. Wie schon in Saragossa verdiente er zusätzlich zu dem damals bescheidenen Priestergehalt Geld durch die Erteilung von Privatunterricht in Römischem und Kanonischem Recht. Seine Mutter und die beiden Geschwister Carmen und Santiago folgten ihm nach Madrid.

Am 2. Oktober 1928 gründete Escrivá, wie er sich jetzt nannte, nach eigenem Verständnis das Opus Dei. Er tat dies nach eigener Darstellung aufgrund einer göttlichen Offenbarung. Die Bezeichnung "Opus Dei", die er deshalb für sein Werk benutzte, gebrauchte er allerdings erst ab 1930. Was genau am Gründungstag geschehen sein soll, hielt er zeitlebens geheim; einen formellen Gründungsakt gab es nicht. Er war zunächst das einzige Mitglied seiner Gründung. Am 14. Februar 1930 habe er – ebenfalls aufgrund einer Privatoffenbarung, wie er später wissen ließ – das Werk entgegen seiner ursprünglichen Absicht um eine Abteilung für Frauen erweitert, die streng von den Männern getrennt arbeiten sollte. In der Realität bestand das Opus Dei seit etwa 1930 aus einer kleinen Gruppe von Freunden, Schülern und Bekannten Escrivás, mit denen er sich traf. Es besaß weder eine rechtliche Struktur noch Rechtspersönlichkeit. 1936 hatte die Gruppe „ein knappes Dutzend Mitglieder“. Escrivá vertraute seine Gründungsabsichten seinen Beichtvätern und dem Erzbischof von Madrid an, die ihn in seinem Anliegen unterstützten.

1933 gründete er die „Academia DYA“ („Derecho y Arquitectura“, von ihm gedeutet als „Dios y Audacia“, d. h. „Gott und Kühnheit“). Bei dieser Einrichtung handelte es sich um das erste korporative Werk des Opus Dei in Spanien, das Studenten die spezielle Lehre und Art der Unterweisung vermitteln sollte. Der spanische Bürgerkrieg unterbrach die Verwirklichung seiner Pläne. Im republikanischen Madrid übte Escrivá sein priesterliches Amt im Verborgenen aus. Ab April 1937 fand er Zuflucht in der Gesandtschaft von Honduras, Ende 1937 floh er dann mit einigen Gleichgesinnten über Barcelona und Andorra in die nationale Zone, wo er sich bis zum Ende des Bürgerkrieges überwiegend in Burgos aufhielt. Dort widmete er sich unter anderem der Abfassung der Studie „La Abadesa de las Huelgas“, eine theologisch-kirchenrechtliche Untersuchung der außerordentlichen quasi-bischöflichen Jurisdiktion der Äbtissin der bei Burgos gelegenen Abtei Las Huelgas. Für die Arbeit, die er nach seiner Rückkehr nach Madrid der juristischen Fakultät als Dissertation vorlegte, konnte er die reichen Bestände von Bibliothek und Archiv des Klosters nutzen. In der Zeit in Burgos knüpfte Escrivá viele Kontakte.

 

Ende März 1939 nach Madrid zurückgekehrt, begann er mit einigen Mitarbeitern, die Arbeit des Opus Dei wieder aufzunehmen und sein Werk in Spanien zu verbreiten. 1939 erschien die endgültige Fassung seines bekanntesten Buches, die Aphorismensammlung Der Weg (Camino), die 999 Maximen enthält und als geistlich-lebenspraktischer Leitfaden für Anhänger und Freunde des Opus Dei betrachtet wird. Etliche Bilder, Ausdrucksweisen und Gedankengänge des Werks sind durch die Zeit des aufkommenden Faschismus geprägt, in der es entstand. Am 19. März 1941 wurde das Opus Dei als fromme Vereinigung (Pia Unio) durch den Erzbischof von Madrid kirchlich anerkannt. In den 1940er Jahren erlangte Escrivá Bekanntheit durch Besinnungstage und Exerzitien, die er in verschiedenen Bistümern Spaniens abhielt. Zu dieser Zeit änderte er seinen Namen in Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, eine den Namenskonventionen des spanischen Adels nachempfundene Namensform. 1968 erwarb er den spanischen Adelstitel „Marques de Peralta“, auf den er 1972 nach heftiger öffentlicher Kritik zugunsten seines Bruders verzichtete.

Am 14. Februar 1943 gründete Escrivá innerhalb der männlichen Abteilung des Opus Dei die Priesterliche Gesellschaft vom Heiligen Kreuz (Societas Sacerdotalis Sanctae Crucis), und zwar offenbar, nachdem er erneut eine Privatoffenbarung empfand. Die Priestergesellschaft fand am 8. Dezember 1943 durch den Erzbischof von Madrid die kanonische Errichtung. Durch sie wurde es für männliche Numerarier-Mitglieder möglich, sich auf Weisung der Leitung der Vereinigung zu Priestern weihen zu lassen, die ausschließlich der Gemeinschaft zur Verfügung standen und später auch unmittelbar für das Opus Dei inkardiniert werden konnten. Hintergrund waren Konflikte mit außenstehenden Beichtvätern, die dem Werk selbst nicht angehörten und deren Ratschläge an die Mitglieder Escrivá als Einmischung in die innere Führung und Kontrolle seiner Organisation empfand. Er legte deshalb großen Wert darauf, dass Opus-Dei-Mitglieder ausschließlich bei den mit dem Werk verbundenen Priestern beichten. Auch in dieser Priestergesellschaft war er zunächst das einzige Mitglied, bis eineinhalb Jahre später drei weitere Opus-Dei-Mitglieder zu Priestern geweiht werden konnten. Sie wurde 1947 als Institution päpstlichen Rechts anerkannt. Seit etwa 1946 bestand die Organisation aus ca. 12 Klerikern, 250 Numerariern und etwa 400 Supernumerariern. Die Supernumerarier sind Laien, die seit etwa 1950 heiraten dürfen.

1945 begann Escrivás Werk mit der Arbeit außerhalb Spaniens, und zwar in Portugal. 1946 verlegte er den Zentralsitz von Madrid nach Rom, in das Zentrum der katholischen Kirche. Von dort startete er die weltweite Ausbreitung seiner Organisation, zunächst in katholisch wie spanisch geprägte Länder Lateinamerikas. In Rom gründete er 1948 das „Collegium Romanum Sanctae Crucis“ und 1953 das „Collegium Romanum Sanctae Mariae“ als Ausbildungsstätten für die Priester und Laien seiner Bewegung. 1950 wurde das Opus Dei von Papst Pius XII. zu einem Säkularinstitut erhoben und somit kirchlich vollständig anerkannt. 1955 wurde Escrivá an der Lateranuniversität im Fach Theologie promoviert. Er verfasste zahlreiche Schriften, bereiste viele Länder und hielt Katechesen und Vorträge, in denen er die besondere Spiritualität des Opus Dei zu verbreiten und Mitglieder anzuwerben versuchte.

Josemaría Escrivá de Balaguer starb am 26. Juni 1975 in Rom in seinem Arbeitszimmer. Bei seinem Tod hatte das Opus Dei weltweit über 60.000 Mitglieder. Nach seinem Tod wurde verbreitet, mit ihm habe „zum erstenmal in der Geschichte der Kirche ein Priester im Verlauf seines Lebens rund tausend im Berufsleben stehende Fachleute und Wissenschaftler aus den fünf Kontinenten zur Priesterweihe geführt.“ Er wurde in der unterirdisch gelegenen Krypta der mit dem Geld des Opus Dei gebauten Prälaturkirche Santa Maria della Pace beigesetzt. Dort ruht heute sein 1994 verstorbener Nachfolger Álvaro del Portillo, während Josemaría Escrivá im Hauptaltar der Kirche als Heiliger verehrt wird. Schon zu Lebzeiten wurde Josemaría Escrivá von seinen Anhängern für heilig gehalten. Sein Erlebnis, das zur Gründung des Opus Dei führte (die so genannten „Vorahnungen der Liebe“), wurde ebenso wie andere Lebensereignisse sowie die Umstände seines Todes mit einer Aura des Geheimnisvollen und Wundertätigen umgeben. Gleich nach seinem Tod begannen in der Organisation immense Anstrengungen, um die Selig- und Heiligsprechung ihres Gründervaters zu erreichen. Die Verklärungsarbeit hat dazu beigetragen, dass ein Großteil der zahlreich verfügbaren Lebensbeschreibungen hagiographischen Charakter besitzt und nur wenig über seine Persönlichkeit und die Beziehungsstruktur zwischen Gründer und Opus Dei aussagt. Sein Hauptwerk Camino wurde vom Opus Dei 1957 in einer deutschen Übersetzung herausgegeben, die alle Anklänge an die faschistische Ideologie der Entstehungszeit systematisch beseitigt.

Nach Aussage seines Nachfolgers habe sich der Gründer seit 1962 intensiv um eine Verbesserung der innerkirchlichen Rechtsform des Opus Dei bemüht. Sie sollte dem Werk Gottes weitgehend hierarchische Selbstständigkeit und Unabhängigkeit vom Episkopat in den Diözesen ermöglichen. Der Papst Johannes Paul II. hat dann 1982 das Opus Dei in eine Personalprälatur innerhalb der katholischen Kirche umgewandelt.

Die Förderer des Opus Dei

Johannes Paul II.

Bürgerlich Karol Józef Wojtyła wurde am 18. Mai 1920 in Wadowice, Polen geboren und starb am 2. April 2005 in der Vatikanstadt, war vom 16. Oktober 1978 bis zu seinem Tod 26 Jahre und 5 Monate lang Papst der römisch-katholischen Kirche. Johannes Paul II. war der erste Slawe auf dem Papstthron. Ihm wird eine maßgebliche Rolle bei der Beendigung des Sozialismus in seinem Heimatland Polen zugeschrieben.

Am 1. November 1946 empfing Wojtyła im Geheimen die Priesterweihe von Adam Stefan Sapieha und promovierte in den folgenden zwei Jahren auf dessen Anweisung in Rom am Angelicum über die Glaubensdoktrin beim heiligen Johannes vom Kreuz. Am 3. Juli 1947 erwarb er das Lizenziat der Theologie, im Juni 1948 das Doktorat der Philosophie (mit der Note summa cum laude).

Im Anschluss war Karol Wojtyła als Kaplan in Niegowić bei Gdów und später in der Krakauer Studentenkirche St. Florian tätig, wo er bald für seine Predigten bekannt wurde. Er wurde Ende 1948 zum Doktor der Theologie promoviert.

Papst Johannes Paul II. (1991)

Ab 1953 lehrte Wojtyła als Professor für Moraltheologie in Krakau und bekam 1954 einen Lehrauftrag für Philosophie und Sozialethik an der Katholischen Universität von Lublin, wo er sich 1953 mit einer Arbeit „Beurteilung der Rekonstruktionsmöglichkeiten einer christlichen Ethik auf der Basis der Voraussetzungen des ethischen Systems von Max Scheler“ habilitierte. In dieser Zeit entstand auch sein bedeutendstes und in Polen am häufigsten aufgeführtes Bühnenwerk „Der Bruder unseres Gottes“, in dem sich bereits einige zentrale Ansätze seines philosophischen Hauptwerks Person und Tat (1969) abzeichnen.

Am 28. September 1958 wurde Karol Wojtyła von Eugeniusz Baziak zum Bischof geweiht, nachdem er am 4. Juli desselben Jahres zum Weihbischof in Krakau mit dem Titularbistum Ombi ernannt worden war. Er nahm 1962 bis 1965 am Zweiten Vatikanischen Konzil teil; sein Hauptaugenmerk lag dabei auf den Gebieten Religionsfreiheit und einer zeitgemäßen Verkündigung der kirchlichen Lehre, die die Konzilsdokumente Dignitatis humanae und Gaudium et spes behandeln.

Am 13. Januar 1964 folgte Wojtyła Erzbischof Eugeniusz Baziak im Amt des Erzbischofs von Krakau. Sein Episkopat in Krakau war vor allem durch eine „sanfte“ Konfrontation mit dem kommunistischen Regime Polens geprägt. Sein Beharren auf dem Bau der Kirche der Mutter Gottes, der Königin von Polen in der neuen Arbeiterstadt Nowa Huta, und seine Predigten, in denen er oft die freie Ausübung der Religion für alle Polen forderte, zeigten ihn als unerschrockenen Antikommunisten. 1965 war er maßgeblich am Aufruf der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder zur Versöhnung beteiligt, in dem zur Versöhnung zwischen Polen und Deutschen aufgerufen wurde. Auch dies machte ihn zum Objekt scharfer Attacken der kommunistischen Machthaber. Am 26. Juni 1967 wurde Wojtyła zum Kardinalpriester mit der Titelkirche pro hac vice San Cesareo in Palatio erhoben. In dieser Zeit setzte Karol Wojtyła seine aktive wissenschaftliche Arbeit fort, er publizierte 1969 ein philosophisches „Credo“ seines eigenen Personalismus in der Monographie Person und Tat und nahm an verschiedenen polnisch-italienischen philosophischen Kongressen und Konferenzen teil.

Am 16. Oktober 1978 wurde Karol Wojtyła von den 111 zum Konklave versammelten Kardinälen (im 8. Wahlgang mit 99 Stimmen, andere Quellen nennen 97 Stimmen) in der Sixtinischen Kapelle als Nachfolger des am 28. September 1978 verstorbenen Johannes Paul I. zum nach kirchlicher Zählung 264. Papst und Bischof von Rom gewählt. Damit war er der erste nicht-italienische Papst seit Hadrian VI. sowie als Pole der erste slawische Papst der Kirchengeschichte. Edward Gierek, damaliger Chef der Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, kommentierte die Wahl Wojtyłas weitsichtig: „Ein großes Ereignis für die polnische Nation – und große Schwierigkeiten für uns!“ Johannes Paul II. war bei seiner Wahl mit 58 Jahren der jüngste Papst seit Pius IX. Am 4. März 1979 veröffentlichte Johannes Paul II. seine Antrittsenzyklika Redemptor Hominis, die ihn als „Papst der Menschenrechte“ erscheinen ließ.

In den ersten Jahren des Pontifikats standen das Beharren auf der Religionsfreiheit und eine damit verbundene Konfrontation mit den kommunistischen Regimes Osteuropas im Vordergrund. Die Außenpolitik Johannes Pauls II. gegenüber dem Ostblock unterschied sich hier von der seiner kompromissbereiteren Vorgänger.

Papst Johannes Paul II. nahm die meisten Kardinalskreierungen der Geschichte vor. Während seines fast 27-jährigen Pontifikates ernannte er 231 Kardinäle, von denen beim Konklave 2013 noch 121 am Leben waren. Von den 50, die die Altersgrenze von 80 Jahren noch nicht überschritten hatten, nahmen 48 an diesem Konklave teil.

Johannes Paul II. hielt an der kirchlichen Lehre fest, nach der künstliche Empfängnisverhütung den Katholiken nicht erlaubt ist. Schon vor seiner Amtszeit als Papst hatte er maßgeblich an der Enzyklika Humanae vitae (1968) Pauls VI. mitgewirkt, in der die katholische Ehelehre dargestellt und u. a. die Antibabypille als Verhütungsmittel abgelehnt wird.

In der Enzyklika Evangelium vitae (1995) lehnte Johannes Paul II. andere Eingriffe in die menschliche Fortpflanzungsfähigkeit, wie etwa die Sterilisation, ab und vertrat die Auffassung, dass die Verwendung von Kondomen zur Vorbeugung von sexuell übertragbaren Krankheiten nicht erlaubt sei. Stattdessen empfahl er die sexuelle Enthaltsamkeit. Wegen dieser Stellungnahme sah sich Johannes Paul II. häufig der Kritik von Seiten der Vereinten Nationen sowie anderer Organisationen und Gruppierungen ausgesetzt und wurde von Kirchenkritikern (etwa Uta Ranke-Heinemann) für die Ausbreitung der Immunschwächekrankheit AIDS mitverantwortlich gemacht. Verteidiger der päpstlichen Linie halten dagegen, dass die HIV-Infektionsraten in nicht überwiegend katholischen Ländern am höchsten sind und die Ausbreitung von AIDS in Afrika vor allem an der mangelhaften gesundheitlichen Aufklärung liegt.

Homosexuellen empfahl Johannes Paul sexuelle Enthaltsamkeit. Von römisch-katholischen Politikern erwartete er die Ablehnung einer rechtlichen Anerkennung homosexueller Partnerschaften, unabhängig davon, ob sie in Form einer Ausweitung des Ehebegriffs auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften erfolge oder durch Einführung des Rechtsinstituts einer eingetragenen Partnerschaft. Der Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Ratzinger veröffentlichte im Sommer 2003 eine entsprechende Erklärung, die von Johannes Paul II. gebilligt wurde. Schon in den 1990er Jahren hatte sich Johannes Paul II. mit Nachdruck gegen eine Änderung der Gesetze in seinem Heimatland Polen ausgesprochen: Abtreibung sei Mord.

 

Unter Berufung auf sein Jurisdiktionsprimat veranlasste der Papst die deutschen Bischöfe im Herbst 1999, bei Schwangerschaftskonfliktberatungen durch kirchliche Träger das Ausstellen einer Beratungsbescheinigung zu verbieten, da sie in Deutschland Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch bis zum dritten Schwangerschaftsmonat sei. Beratungsstellen in kirchlicher Trägerschaft verloren damit ihre staatliche Anerkennung. Die Mehrheit der deutschen Bischöfe wollte die katholische Schwangerenberatung innerhalb des staatlichen Systems nicht aufgeben und hatte seit 1995 vergeblich versucht, ihren Argumenten beim Papst Gehör zu verschaffen. Schon im Januar 1998 hatte Johannes Paul II. in einem Schreiben an die Deutsche Bischofskonferenz den Ausstieg der Bischöfe aus der Schwangerschaftskonfliktberatung gefordert. Die Bischöfe vertraten die Meinung, die katholische Schwangerenberatung sei ein wichtiger Beitrag zum Schutz von ungeborenem Leben. Nach dem Ausstieg der katholischen Kirche aus dem staatlichen System kam es zur Gründung des Vereins donum vitae. Er bietet anstelle der bisherigen kirchlichen Träger eine „katholisch geprägte Schwangerenberatung“ innerhalb des staatlichen Systems an. Johannes Paul II. galt in innerkirchlichen Angelegenheiten als konservativ. Kritiker warfen ihm vor, er habe missliebige Theologen, Priester, Ordensleute und Bischöfe „inquisitorisch verfolgen lassen“, beispielsweise Tissa Balasuriya (Sri Lanka), Leonardo Boff (Brasilien), György Bulányi (Ungarn), Edward Schillebeeckx (Belgien), Bischof Jacques Gaillot (1995 als Bischof von Évreux abgesetzt und zum Titularbischof von Partenia ernannt) und Erzbischof Raymond Hunthausen (Vereinigte Staaten; 1991 in den Ruhestand versetzt). Den seit 1973 erfolgten Versuchen der kongolesischen Bischöfe zur Inkulturation von einheimischen Elementen in die Liturgie stand er hingegen offen gegenüber und promulgierte 1988 den Zairischen Messritus.

In seinem Buch Erinnerung und Identität – Gespräche an der Schwelle zwischen den Jahrtausenden (2005) rief Johannes Paul II. dazu auf, Gesetze zum Thema Abtreibung zu hinterfragen. Parlamente, die den Frauen durch Gesetz Schwangerschaftsabbrüche ermöglichten, sollten sich bewusst sein, dass sie damit ihre Befugnisse überschritten und in offenen Konflikt mit dem Gesetz Gottes und dem Naturrecht gerieten.

Einige Tage bevor er zum Papst gewählt wurde, begab sich Karol Wojtyla ins römische Hauptquartier des Opus Dei (Werk Gottes), um am Grab des "Padre", des "Vaters" und Opus-Dei-Gründers Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, zu beten. Er war ein gerngesehener Gast, seit er 1970 erstmals eingeladen worden war. Damals lebte der spanische Priester Escrivá noch.

Auf Kritik, auch innerhalb der Kirche, stieß die Selig- und Heiligsprechung des Opus-Dei-Gründers Josemaría Escrivá. Wie seit Paul VI. üblich, stand Johannes Paul II. auch den Seligsprechungsfeiern persönlich vor.

Am 1. Mai 2011 sprach sein Nachfolger Papst Benedikt XVI. bei einem Pontifikalamt auf dem Petersplatz Papst Johannes Paul II. selig und nahm ihn in das Verzeichnis der Heiligen und Seligen auf. Die Seligsprechung wird von Vertretern von Opfern kirchlichen sexuellen Missbrauchs wie SNAP und netzwerkB kritisiert. Norbert Denef äußerte zur Seligsprechung: „Nicht nur für mich persönlich, sondern weltweit für viele Opfer, die als Mädchen und Jungen in der Amtszeit Papst Johannes Pauls II. missbraucht wurden, ist diese Seligsprechung Salz in ihren tiefen, noch immer frischen Wunden. Auch während seines Pontifikats wurden Verbrechen nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Ländern, darunter den Vereinigten Staaten und Mexiko, vertuscht und verschwiegen. Anstatt einen toten Papst seligzusprechen, sollte die Kirche den Opfern helfen.“ Hans Küng warf ihm vor, in innerkirchlichen Angelegenheiten „die Menschenrechte von Frauen und Theologen unterdrückt“ zu haben; „der zwiespältigste Papst des 20. Jahrhunderts“ tauge nicht als Vorbild.“

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