Tod eines Soldaten

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

Tod eines Soldaten

Sebastian „Wickie“ Klinkhammer


Impressum

Texte: © Copyright by Sebastian Klinkhammer

Umschlag: © Copyright by Sebastian Klinkhammer

Verlag: Sebastian Klinkhammer

Zum Nordschacht 25a

49497 Mettingen

sebastian.klinkhammer@gmx.de

Druck: epubli ein Service der

neopubli GmbH, Berlin

ISBN 978-3-7418-4417-1

Printed in Germany

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Papa

Die Menschheit erobert den Weltraum

Am 16. Juli 2049, genau achtzig Jahre nach dem Start von Apollo 11, starteten die Raumfahrtbehörden der Erde gemeinsam die Raumschiffe Dawn und Mars Cruiser zum Mars. Es setzte ein Zeichen des Friedens und der internationalen Zusammenarbeit nach Jahren der Krise. Als sie am 29. Juli 2050 auf dem Mars landeten, entdeckten sie eine Art Wrackteil. Eine Woche später entdeckten sie ein Raumschiff, welches nicht von der Erde stammte. In dem Wrack waren Daten gespeichert, die niemand auf Anhieb verstand.

Erst nach fünf Jahren gelang es Forschern, die Chiffrierung zu knacken. Auf Grundlage der Daten war man in der Lage, leistungsstarke Antriebe bis hin zu Hyperraumantrieben zu entwickeln. Das Wettrennen um den Weltraum hatte begonnen. Die USA entdeckten zeitgleich mit den Russen den bewohnbaren Planeten Galloway im Epsilon-Eridani-System. Sie besiedelten ihn.

Im Jahr 2081 entdeckten die Japaner eine seltsame Raumstation im Alpha-Centauri-System. Sie flogen darauf zu und wurden plötzlich durch eine Art Blitzescheibe, wie der Kommandant es beschrieb, gezogen. Sie kamen im Cruxarm, am anderen Ende der Galaxis wieder aus. Fremde Schiffe nahmen die Japaner unter Beschuss. Die flüchteten durch das Portal zurück. Doch die fremden Schiffe folgten ihnen. Sie zerstörten die meisten Schiffe und brachten das Flaggschiff auf. Sie brachten es in das Argussystem auf den Planeten Feror. Er war eine einzige begrünte Stadt. In ihr tagten der intergalaktische Rat und der Senat. Diese fremde Spezies, die die Japaner angegriffen hatten, nannten sich Amarier. Sie brachten die Menschen vor den Rat und beschuldigte sie, gegen intergalaktische Gesetze zu verstoßen. Der Rat befand, dass die Menschen Neuankömmlinge wären und keine Ahnung von intergalaktischen Gesetzen hätten. Sie integrierten die Menschen in die Gemeinschaft. Das war 2082.

2194 passierte etwas, womit keiner gerechnet hatte: Es kam zum dritten Weltkrieg. Terroristen und Unzufriedene aller Art hatten sich zu einer Allianz zusammengeschlossen, welche die Stadt Cryson auf Eden besetzten. Ein Rückeroberungsversuch des UNSC schlug fehl und endete im Tod Tausender Zivilisten. Der anschließende Krieg war lang und brutal, er forderte Milliarden Todesopfer. Die galaktische Gemeinschaft schritt während des gesamten Konflikts nicht ein. 2196 ist der Höhepunkt des Krieges erreicht, die Terroristen greifen offen die Erde an. Bei der Verteidigung verlieren die Russen ihre halbe Flotte, können die Erde aber halten. Erst im Jahr 2202, nach Jahren brutaler Stellungskriegen, kapitulieren die Terroristen.

Mittlerweile ist die Galaxie wieder ein friedlicher Ort und die Menschheit konnte ihre Botschaft auf Feror 2202 wieder eröffnen. Sie ist kurz davor, einen Sitz im Rat zu bekommen, dem schon fünf weitere Völker angehören: die Arcarianer, das militärisch stärkste Volk; die Quaren, ein überaus intelligentes Volk; die Amarier, ein Ordnung liebendes „Bürokraten“-Volk; die Calarier, das älteste Volk; die Menarianer, das weiseste Volk. Insgesamt gibt es 347 Spezies im All. Billiarden von intelligenten Lebewesen, tausende von bewohnten Planeten. Wir sind nicht alleine!

Erde 6.2.2209

Death Star, Langley 21:23

Matt betrat den Death Star, eine kleine Bar neben dem IBI-Hauptquartier. Leise lief Musik aus dem beginnenden 21. Jahrhundert. Die Lieder waren quasi schon antik, doch Matt liebte sie. Insgesamt war die Bar auf alt gemacht, ein langer Tresen mit Hockern davor, Tische im Raum verteilt und ein alter Spielautomat. Das einzige, was nicht in das Bild einer uralten Bar passte, war der große Holoschirm in einer Ecke, auf der gerade einer der beiden Conference Championships der Galactic Football League übertragen wurde: Seattle Seahawks gegen die Garun Heroes. Die Championships waren so etwas, wie die Halbfinals der Liga vor dem Super Bowl. Matt war glühender Seahawksanhänger.

Manche Dinge ändern sich auch nach zweihundert Jahren nicht.

Matt ging zu dem Tresen und setzte sich. Der Barkeeper kam zu ihm.

„He Matt, schön dich zu sehen. Was darf es sein?“

„Ein Neutron Star“, sagte Matt und schaute dem Spiel zu.

Der Quarterback der Seahawks warf gerade einen sensationellen Pass, doch der Fänger wurde von einem Hero gestoppt. Matt stöhnte auf.

„Der hätte den doch eh nicht gefangen“, meinte der Barkeeper.

„Ach halt die Klappe, Dave. Die Seahawks werden dieses Jahr den Super Bowl gewinnen.“

„Wahrscheinlich. Dort waren sie schon seit drei Jahren nicht mehr“, entgegnete der Barkeeper.

Er stellte Matt den Neutron Star, ein schwarzer Cocktail aus Tanarischem Ale und Orangensaft, hin. Matt nahm ihn und trank ihn in einem Zug aus. Der Cocktail brannte sich seinen Weg die Kehle runter. Dave wollte Matt schon einen Zweiten geben, doch der winkte ab.

„Hab gleich wahrscheinlich noch Dienst“, sagte Matt. „Es vergeht kaum ein Montag ohne irgendein Fall.“

Matt lehnte sich zurück.

„So viele Morde passieren doch gar nicht“, meinte Dave.

„Ich ermittle bei so ziemlich allem, was in die Zuständigkeit des IBI fällt. Und wenn es nur Taschendiebstahl ist. Ist auch egal. Michael wird bestimmt gleich anrufen.“

Wie aufs Stichwort klingelte Matts Handy. Er holte es raus und schaute drauf.

„Hab ich es nicht gesagt?“

Matt stand auf und verließ die Bar. Draußen blies ein eiskalter Wind. Matt ging ran.

„Was gibt’s, Michael?“, fragte Matt sofort.

„Dir auch einen guten Abend“, antwortete Michael ironisch. „Ein toter Soldat. Seine ID wird gerade überprüft.“

„Okay, wo seid ihr?“

„Washington Convention Center.“

„Ich komm sofort.“

Matt legte auf und ging zu seinem Wagen, einem Dodge Charger SRT Hellcat aus dem Jahr 2016. Er stieg ein und lies ihn an.

Zwanzig Minuten kam er an dem Conventioncenter an. Um das gesamte Gebäude waren Absperrungen aufgestellt worden und Soldaten des UNSC sowie Polizisten bewachten diese. Matt wunderte sich, wieso Soldaten vor Ort waren. Er parkte den Wagen am Straßenrand und ging zu der Absperrung. Ein Polizist verlangte seinen Ausweis. Matt zeigte ihn.

„Okay, Sie dürfen vorbei. Michael wartet im Foyer“, sagte der Polizist.

Matt ging durch die Absperrung und auf das Gebäude zu. Mehrere Leute der Spurensicherung in Plastikanzügen standen dort und nahmen Beweise auf. Matt drängte sich an ihnen vorbei in das Gebäude. Kurz sah er sich in der riesigen Halle um. Er entdeckte Michael neben dem Treppenaufgang. Michael war ein großgewachsener, braunhaariger Mann in Maßanzug. Seine Gesichtszüge waren leicht eingefallen und ein fein gestutzter Bart bedeckte sein Kinn.

Matt ging zu ihm. „Wo liegt der Tote?“, fragte er direkt.

„Auf dem Dach. Ich denke, das wird unser ungewöhnlichster Fall“, antwortete Michael.

Die beiden gingen die Treppe in den obersten Stock. Auch dort waren Leute der Spurensicherung. Durch einen Angestelltenaufgang gelangten sie auf das Dach. Ein kalter Wind wehte und ein leichter Nieselregen setzte ein.

„Er liegt hier vorne, über dem Eingang.“

Matt ging an der Dachkante entlang zu dem Tatort. Dort lag ein Mann mit dem Gesicht auf dem Boden in einer Blutlache. Ein Pfeil ragte aus seinem Rücken auf. Professionell musterte Matt den Tatort. Der Pfeil war durch den Rücken in sein Herz eingedrungen.

„Der Schütze stand da oben.“ Matt zeigte auf den Vorsprung hinter dem Opfer. „Wissen wir irgendetwas über Morde mit einem Compoundbogen?“, fragte Matt.

„Nicht in dieser Gegend“, antwortete Michael.

„Okay, James soll die Datenbank nachher auf Morde oder versuchte Morde mit so einer Waffe durchsuchen.“

„Alles klar“, sagte James, ein junger Agent auf Probe. James war das genaue Gegenteil von Michael; er war klein mit rabenschwarzem Haar und hatte einfache Streetwear an.

Er hatte gerade den Tatort betreten und blieb angewidert vor der Blutlache stehen. „Das ist eine ungewöhnliche Mordwaffe“, sagte er.

Matt hockte sich hin und roch an dem Toten. Dann streifte er sich Handschuhe über und untersuchte seine Handgelenke.

„Er hatte vor kurzem Spice genommen, wahrscheinlich um sich zu beruhigen.“

„Spice? Die neue Modedroge?“, fragte Michael.

„Ja, er hat sie intravenös genommen. Am Handgelenk. Ungewöhnlich, äußerst ungewöhnlich.“

Matt stand wieder auf. Der Gerichtsmediziner Dean Tiberius kam mit seinem Assistenten zu dem Tatort.

„Den hat es erwischt. Na ja, er hat es nicht mehr mitbekommen. Er war sofort tot“, sagte Tiberius. Er hockte sich neben die Leiche und drehte sie um. Die Pfeilspitze ragte aus der Brust. Sie war blutgetränkt.

„Er hat es mitbekommen. Allerdings war es zu spät“, sagte Matt. „Seht ihr diese Löcher in der Spitze?“ Matt zeigte auf vier Löcher.

„Sie erzeugen ein hohes Pfeifen beim Abschuss.“

„Stimmt, armer Kerl. So einen Tod hat er nicht verdient.“

 

Matt wandte sich von der Leiche ab und schaute zu dem Vorsprung, auf dem der Schütze gestanden hatte.

„Der Schütze war etwa ein Meter siebzig groß“, sagte Matt.

„Wie kommst du darauf?“, fragte James.

„Der tote Soldat war etwa zehn Zentimeter größer und der Pfeil saß auf Höhe von dem Herzen. Der Pfeil war mit einem Winkel von etwa sechzig Grad eingedrungen. Folglich wurde der Pfeil aus einer Höhe von achteinhalb Metern Höhe abgeschossen. Da der Vorsprung, auf dem er stand, aber nur etwa sieben Meter hoch ist, muss er um die eins siebzig groß sein“, führte Matt seine Argumentation aus.

James sah ihn mit großen Augen an. Er kannte Matt erst zwei Wochen und sah selten die Genialität des Ermittlers. Er konnte Tatorte in Sekunden analysieren.

„Ohhh“, war alles, war James, hervorbrachte.

„Unsere Arbeit hier ist getan, ab nach Hause. Morgen treffen wir uns zu einer Lagebesprechung“, sagte Matt und wandte sich zum Gehen. Plötzlich fiel ihm etwas unter einem Belüftungsrohr auf. Er kniete sich nieder und zog eine Papierakte hervor. Vorne war das Zeichen den UNSC und die Worte Top Secret – Authorized Personnel Only drauf. Was haben wir denn hier?, fragte Matt sich. Er schlug die Akte auf. Doch sie war leer. Nur der Pappumschlag war noch da.

„Leute, wurde der Soldat bereits identifiziert?“, fragte Matt.

„Ist alles streng geheim, das UNSC hat alles klassifiziert“, antwortet Michael. „Das Scheiß-Militär behindert unsere Ermittlungen. Wir haben bereits bei Admiral Baker angefragt, aber sein Aktionismus hält sich in Grenzen. Wieso fragst du?“

„Hab eine streng geheime Akte gefunden. Sie ist leer. Ich muss sofort seine Identität wissen“, antwortete Matt.

Michael ging zu ihm und starrte auf die Akte.

„Der Mörder hat die Akte, oder? Das ist dann wahrscheinlich das Mordmotiv.“

„Denke schon. Mach du diesem Admiral Druck, ich werde nach Hause fahren und dort über die Akte brüten.“

Matt nahm die Akte und ging zu seinem Wagen zurück. Dann fuhr er nach Langley zurück.

Nach einer Viertelstunde kam er bei seiner Wohnung, einem Apartment in einem modernen Wohngebäude, an der Ecke Long Meadow Road und Perry William Drive an. In der Vorstadt standen früher nur Einfamilienhäuser, die allerdings irgendwann um 2160 herum fast komplett plattgemacht wurden und durch moderne Wohnhäuser und Apartmentgebäuden

ersetzt wurden. Matts Apartmenthaus war sechsstöckig, eine Seltenheit. Die meisten Gebäude in Langley waren zwei- oder dreistöckig.

Er parkte seinen Wagen in der Tiefgarage und ging zu seiner Wohnung.

Matt schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. Ein kleiner Flur führte in die Küche mit angeschlossenen Wohn- und Essbereich. Ein kleines Bad lag links von der Haustür und sein Schlafzimmer rechts.

Matt hängte seine Jacke an den Haken und ging in seinen Wohnraum. Eine große, weiße Wand war dort, wo eigentlich ein Fernseher sein sollte. Er ging zu der Wand und hängte die Akte in die Mitte. Dann schrieb er mit Edding Grund für den Mord darunter.

Kurz betrachtete Matt den leeren Aktendeckel, dann ging er zu seinem Laptop, der auf dem Küchentisch lag und fuhr ihn hoch. Er loggte sich in das Netzwerk des IBI ein und griff auf die neuesten Dateien im Mordfall Akte, wie er ihn nannte, zu. Das einzige, was er fand, waren Bilder des Toten und des Tatortes. Also druckte Matt sie aus und hängte sie an die Wand. Mit roten Strichen verband er das Bild des Opfers mit der

Akte und dem Tatort. Er setzte ein Fragezeichen unter das Opfer und neben die Akte, dann ging er ins Bett.

Erde 7.2.2209

IBI-Hauptquartier, Langley 6:12 EZ

Matt betrat das Büro seines Teams und schaute sich um. Noch war keiner da. Ihr Büro war nicht sonderlich groß, der größte Teil wurde durch vier Schreibtische eingenommen. Auf jedem stand ein Computer mit Holomonitor. Zusätzlich lagen auf Ivorys Schreibtisch noch ein Laptop und ein Pad, während Michaels penibel aufgeräumt war. Nur James und Matts Schreibtisch waren ein absolutes Chaos. An einer Wand hing ein Holoschirm.

Matt setzte sich an seinen Schreibtisch und starrte auf den leeren Holoschirm. Kurze Zeit später betrat Michael den Raum.

„Morgen Boss. Gestern über den Fall nachgedacht?“, fragte er direkt.

„Morgen. Nicht wirklich. Ich hab nur die Mindmap erstellt. Alles dreht sich um die Akte“, antwortete Matt.

Michael setzte sich an den Schreibtisch, der Matt gegenüber stand.

„Ich werde dann mal den Admiral weichklopfen. Gestern war er nicht mehr zu erreichen“, sagte Michael. Er nahm das Telefon in die Hand und begann zu telefonieren. Offenbar war der Admiral nicht sehr erfreut über die Bitte, da Matt hören konnte, wie er hitzig antwortete, auch wenn er die Worte nicht verstand.

„Hören Sie, Sir. Ich weiß, dass das die höchste Geheimhaltungsstufe ist, aber einer ihrer Männer wurde ermordet und wir sind für den Fall zuständig. Außerdem haben wir ihn mit einer leeren Geheimakte gefunden. Wir müssen wissen, was der Inhalt war“, antwortete Michael ebenfalls hitzig.

Kurz war gar nichts zu hören, dann antwortete Baker.

„Danke, Sir! Sie haben uns gerade unsere Arbeit erleichtert“, sagte Michael und legte das Telefon auf. „Der Admiral schickt den kommandierenden Offizier des Toten vorbei. Trotzdem weiß er nicht, welche Akte verschwunden ist. Und es könnte bis zu vierzehn Tage dauern, herauszufinden, welche fehlt.“

„Na toll. Wir werden hier an jeder Ecke aufgehalten“, stöhnte Matt.

In dem Moment betrat James gemeinsam mit Ivory Kirk das Büro. Ivory war die Spezialistin des Teams. Es gab kaum ein Rechner, den sie nicht knacken konnte. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden.

„Morgen Boss“, grüßten beide.

„Morgen. Setzen, Lagebesprechung“, sagte Matt. Die beiden setzten sich an ihre Schreibtische. Matt schaltete den Holoschirm an. Er zeigte eine digitale Nachahmung der Mindmap, welche er gestern Abend erstellt hatte. Matt stand auf und ging zum Schirm.

„Gestern wurde ein toter Soldat auf dem Dach des Convention Center gefunden, erschossen mit einem Compoundbogen. Bei dem Soldaten wurde eine leere Akte mit der Geheimhaltungsstufe Top Secret gefunden. Außerdem war er wahrscheinlich auf Spice“, erklärte Matt die Lage. „Der Inhalt der Akte war wahrscheinlich das Mordmotiv, allerdings weiß das UNSC nicht, um welche Akte es sich handelt. Auch ist die Identität des Soldaten für uns nicht geklärt, bis dessen CO hier ist. Wir warten noch auf die Obduktion durch Tiberius und die abschließende toxikologische Untersuchung.“

Matt schaute in die Runde.

„Der Killer war wahrscheinlich Profi und angeheuert“, schlussfolgerte Ivory.

„Das habe ich mir auch schon gedacht. Und deswegen soll James die Datenbank nach Morden mit dieser Waffe durchsuchen. Das Labor wird versuchen, herauszufinden, wo der Pfeil herkommt. Sobald wir das Ergebnis haben, wird Ivory den Käufer identifizieren. Michael und ich werden uns mit dem CO unterhalten und den Militärflachpfeifen vom UNSC Druck machen bezüglich der Akte“, verteilte Matt die Aufgaben.

Sofort setzte James sich an den PC und durchsuchte die Datenbank. Ivory stand auf und ging in das forensische Labor im Keller. Matt und Michael gingen auf den Flur. Mehrere Agents gingen gerade dort entlang.

„Hat der Admiral gesagt, wann der Offizier kommt?“, fragte Matt.

„Nein, nur das er ihn bald schickt.“

„Gut, dann gehe ich zu Tiberius. Der sollte mittlerweile mit der Autopsie fertig sein.“

Matt ging den Flur runter zu den Aufzügen. Michael folgte ihm. Die beiden fuhren in den Keller und gingen einen kurzen Flur entlang. Die Gerichtsmedizin war eine große Halle, mehrere Obduktionstische standen in der Mitte. An der hinteren Wand waren die Kühlfächer. Alles war klinisch weiß gehalten und steril. Selbst das Licht sah steril aus. Auf dem ersten Tisch lag die Leiche des toten Soldaten. Sie war schon zugenäht. Tiberius stand mit seinem Assistenten daneben.

„Morgen Matt. Du bist garantiert wegen der Autopsie hier.“

„Das bin ich.“

Matt stellte sich an den Tisch und betrachtete das Gesicht des Soldaten. Er war ein junger Mann gewesen, vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt. Kurz wurde Matt von Mitleid ergriffen, er schob es aber schnell beiseite.

„Die Todesursache war eindeutig der Pfeil, er hat sein Herz komplett durchbohrt und aus der Brust wieder ausgetreten. Der Pfeil muss also mindestens mit einer Geschwindigkeit von 150 Metern pro Sekunde gehabt haben.“

Tiberius hob den linken Arm des Toten und zeigte auf das Handgelenk.

„Du hattest recht. Unser Toter hat Spice genommen und das nicht wenig. Ich habe etwa fünf Milligramm pro Liter Blut gefunden, was heißt, dass er außerordentlich high war. Und er hat es intravenös am Handgelenk genommen, was ich sehr verwunderlich finde. Dort wäre die Einstichstelle doch zuerst gefunden worden. Vielleicht wollte er sich aber auch ein Ende setzen und musste sich Mut spritzen.“

„Ich glaube eher, dass er etwas mit der Akte vorhatte. Vielleicht verkaufen“, meinte Matt.

„Was ich aber viel interessanter finde, ist das hier.“ Tiberius zeigte auf mehrere Blutergüsse an der Schläfe und im Bauchbereich.

„Die Blutergüsse deuten vermutlich auf einen Kampf hin, da ich auch leichte Abschürfungen an dem Handknöcheln gefunden habe. Die Blutergüsse könnten auch von einem Übungskampf stammen, allerdings hatte seine Gegner wahrscheinlich ein Hass auf ihn und der Aufseher auch.“

Michael starrte gebannt auf die Blutergüsse.

„Ich bezweifel, dass es ein Übungskampf war. Wahrscheinlich hat er sich mit jemandem geprügelt, oder hat etwas im Einsatz abbekommen“, sagte er.

„Denke ich auch“, stimmte Matt zu. „Sonst noch etwas?“

„Nein.“

„Wir werden dann jetzt gehen.“

Tiberius legte die Leiche mithilfe seines schweigsamen Assistenten auf eine Liege und brachte ihn in das Kühlfach. Matt drehte sich um und die beiden verließen die Forensik.

Auf dem Gang stieß Matt fast mit Ivory zusammen, welche gerade mit einem Pad in der Hand das Labor verlassen hatte.

„Oh, Entschuldigung. Ich hab dich nicht gesehen“, sagte Matt direkt. Die drei gingen zum Fahrstuhl.

„Macht nichts. Wir konnten bestimmen, woher der Pfeil stammt. Er wurde in einer kleinen Fabrik in Hartford, Connecticut hergestellt. Ich werde jetzt den Verkaufsweg zurückverfolgen, allerdings kann es sein, dass die Spur im Sande verläuft“, sagte Ivory.

„Such trotzdem. Wir können jede Spur gebrauchen.“

„Mach ich.“

Der Fahrstuhl öffnete sich und sie stiegen ein. Matt drückte den Knopf für das Erdgeschoss

„Wieso das Erdgeschoss?“, fragte Ivory überrascht. „Unser Büro ist im ersten.“

„Ich weiß. Ich will unseren Besucher empfangen.“

Der Fahrstuhl hielt und Matt stieg mit Michael aus. Eine große Empfangshalle lag vor ihnen. Geschäftig liefen Agents durch die Halle. Zwei Wachmänner standen vor dem Eingang. In den Boden war das Zeichen des IBI eingelassen worden, die Erde, um welche sich die Worte Protect und Serve rankten. Auf dem äußeren Kreis um die Erde standen die Worte International Bureau of Investigation.

Matt ließ sein Blick durch die Halle schweifen, bis er einen Militär in Zivilkleidung entdeckte. Der Mann war farbig und etwa zwei Meter groß. Er stand mit dem Rücken zu ihnen, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Eine Kappe bedeckte sein Kopf. Matt fiel auf, dass der Mann ungewöhnlich muskulös war, selbst für den Soldaten einer Spezialeinheit. Er tippte auf einen Klon. Matt ging zu ihm und räusperte sich.

Überrascht drehte der Soldat sich um. Matt fiel sofort der Bart an dem Kinn des Soldaten auf.

„Entschuldigen Sie, ich bin Special Agent Matteo Credo und das ist Special Agent Michael Gordon“, sagte Matt und zeigte auf sich und Michael.

„Oh, ich glaube auch“, antwortete der Soldat.

„Sehr witzig“, meinte Matt. „Diesen Witz muss ich mir jedes Mal anhören. Wer sind Sie, wenn ich fragen dürfte.“

Matt war der Kerl jetzt schon unsympathisch.

„Lieutnant Commander Jacob Cabot, CO des toten Soldaten. Haben Sie irgendwo einen abhörsicheren Raum für die Unterhaltung?“

Matt kam der Name bekannt vor, er wusste aber nicht, woher.

„Ja, folgen Sie uns bitte.“

Michael ging voran zu den Konferenzräumen. Sie kamen durch einen langen Gang, der zu einer unscheinbaren Tür führte. Michael öffnete sie. Dahinter lag ein großer Raum, in dessen Mitte ein großer Tisch stand. Holoschirme bedeckten die Wände. Die drei setzten sich an das hintere Ende des Tisches.

„Dann schießen Sie mal los, dieser Raum ist absolut sicher“, sagte Matt.

„Wird hier aufgezeichnet?“, fragte Jacob.

„Ja, verlangen die Vorschriften“, antwortete Michael.

 

„Dann müsst ihr kurz eure Vorschriften missachten oder ich sage nichts.“

Matt dachte kurz nach. Captain Msubarra würde ihn zwar zur Schnecke machen, aber er stimmte zu. „Aufzeichnung pausieren. Autorisierung Matteo Credo, Alpha-Charlie-Zulu“, befahl er.

Aufzeichnung pausiert, blinkte auf dem größten Bildschirm auf.

„Okay, alles was ich jetzt sagen werde, wird diese Wände niemals verlassen. Falls noch weitere Personen in die Ermittlung involviert sind, sollten Sie sie holen“, sagte Jacob.

Matt kam das ganze ein wenig komisch vor, aber er stand auf und verließ den Raum. Draußen funkte er Ivory und James an: „Könntet ihr beide bitte mal in den Konferenzraum kommen“, sagte Matt.

„Alles klar“, antworteten die beiden.

Zwei Minuten später saß das ganze Team im Konferenzraum. Jacob saß am Kopf des Tisches und begann noch einmal: „Alles, was ich jetzt sagen werde, wird diese Wände niemals verlassen. Ihr müsst mir euer Wort geben, dass ihr Schweigen werdet, auch eurem Captain gegenüber. Die nachfolgenden Informationen unterliegen der höchsten Geheimhaltungsstufe, offiziell gibt es sie gar nicht.“

„Ich denke, ich kann für das ganze Team sprechen, dass wir schweigen werden“, sagte Matt und blickte in die Runde. Alle nickten zustimmend.

„Okay. Euer Toter war Sergeant Laurence Headburns, Teil der Delta Force, A-Schwadron.“

Jetzt machte die Geheimhaltung für Matt Sinn. Die Delta Force war seit jeher die geheimste Truppe des Militärs, seit dem Dritten Weltkrieg hatte sich das nur verstärkt.

„Wir waren auf der Jagd nach einem Terroristen namens Murdock.“

Jacob holte ein Pad heraus und legte es in die Mitte des Tisches. Es zeigte einen jungen Arcarianer mit roter Bemalung. Seine Schnauze stand leicht offen und entblößte die scharfen Reißzähne. Seine Knochenauswüchse am Kopf waren spitzgepfeilt und sahen aus wie Hörner. Insgesamt hatte er etwas sehr Raubtierhaftes, wie jeder Arcarianer.

„Er steht im Verdacht, mehrere Anschläge auf der Erde zu planen und verbreitet im Internet Hetzvideos gegen die Menschheit. Wir hätten den Kerl fast auf Karandum geschnappt. Headburns hatte dabei eine große Rolle gespielt, denn er hatte seinen Aufenthaltsort herausgefunden. Leider ist uns der Dreckskerl dabei entwischt. Wahrscheinlich hat sich Murdock Headburns entledigt, da er ihm zu gefährlich wurde.“

„Das heißt, wir arbeiten gerade an einem Anti-Terror Fall?“, fragte James.

„Sehr wahrscheinlich“, sagte Jacob.

„Das gibt dem Fall eine interessante Wendung“, meinte Matt. „Wir haben noch ein paar Fragen. Wussten Sie, dass Headburns Drogen nimmt?“

Entsetzen war auf Jacobs Gesicht zu sehen.

„Das kann ich nicht glauben. Headburns war einer meiner besten Männer. Der nimmt keine Drogen.“

„Die toxikologische Untersuchung sagt aber etwas anderes. Wir haben eine hohe Dosis Spice in seinem Blut gefunden, eine Droge, die das Schmerzempfinden betäubt und die Wahrnehmung schärft.“

„Oh Scheiße, Headburns du Idiot!“, rief Jacob und stand abrupt auf. „Das würde erklären, wieso er selbst nach dem Splittertreffer weiterrannte.“

„Splittertreffer? Was für ein Splittertreffer?“, fragte Michael.

„Bei unserem Einsatz auf Karandum schlug eine Splittergranate vor ihm ein. Mehrere Splitter trafen ihm vorrangig an Kopf und Bauch. Zu

seinem Glück hatte er eine Schutzrüstung an. Jeder normale Soldat wäre vor Schmerz liegen geblieben, aber Headburns stand wieder auf und rannte weiter. Ich hatte mir keine Gedanken deswegen gemacht.“

Michael schien zu derselben Erkenntnis zu kommen, wie Matt.

„Kann es sein, dass er versucht hat, die Splitter mit der Hand abzufangen? Wir haben Abschürfungen an seinen Handknöcheln gefunden“, fragte er.

„Nein, die Abschürfungen stammen von einem Faustkampf mit einem der Terroristen.“

Matt überlegte kurz, ob es noch etwas gab, was er fragen könnte. Da fiel ihm die Akte ein. Er holte ein Pad aus seiner Jackentaschen und rief das Bild der Akte auf. Dann zeigte er sie Jacob.

„Dies wurde bei Headburns gefunden. Es war leer. Wissen Sie, was er mit einer Akte wollte?“

Jacob überlegte kurz. „Sie wollen Headburns ernsthaft Landesverrat unterstellen?“, fragte er mehr überrascht als wütend. „Auch wenn er Drogen genommen hat, die Menschheit hat er sicher nicht verraten.“

„Wir unterstellen ihm nichts. Sie unterstellen ihm gerade Verrat. Trotzdem, wissen Sie, was das für eine Akte ist und was er damit wollen könnte?“

„Keine Ahnung. Alle Akten sehen gleich aus, nur eine kleine Nummer auf der Innenseite lässt auf den Inhalt schließen. Und was er damit vorgehabt haben könnte? Ebenfalls keine Ahnung.“

Matt steckte das Pad wieder ein und stand auf.

„Danke für Ihre Zeit, Commander. Wenn wir Fragen oder eine Spur haben, melden wir uns bei Ihnen.“

„Danke, ich muss zurück zu meiner Einheit. Wenn wir Murdock haben, erfahrt ihr es als Zweite.“

Und wer als Erster?, fragte Matt sich.

Jacob verließ schnellen Schrittes den Konferenzraum. Matt schaute ihm kurz hinterher, dann wandte er sich seinem Team zu.

„James, hast du ähnliche Fälle gefunden?“, fragte er.

„Ja, aber wir sollten das oben besprechen“, sagte er.

„Wenn du meinst.“

Die vier verließen ebenfalls den Konferenzraum und gingen in ihr Büro. Dort versammelten sie sich um den großen Holoschirm.

„Also, es gab vier ähnliche Fälle, bei denen Menschen mit einem Compoundbogen ermordet wurden.“

James blendete Bilder der Opfer und Pfeile ein.

„Die Pfeile wiesen jedes Mal diese seltsamen Löcher auf, durch die ein Pfeifen erzeugt wurde. Verdächtig wurde in jedem Fall Haythem Loyd, konnte aber nie gefasst werden.“

Das Bild eines Italieners erschien. Er war etwa Ende dreißig und hatte schulterlanges, schwarzes Haar.

„Ich habe schon eine Fahndung nach ihm herausgegeben.“

„Danke. Ivory, was hast du?“

„Der Pfeil stammt aus einer kleinen Fabrik in Hartford, Connecticut. Ich habe den Verkauf von einem dutzend solcher Pfeiler bis zu diesem Mann zurückverfolgen können.“

Ein jung aussehender Afrikaner erschien neben dem Bild von Haythem.

„Aboyeye Mbeke. Er ist kein unbeschriebenes Blatt. Waffenhandel in zwanzig Fällen, Drogenschmuggel in mindestens vierundachtzig und mehrfache schwere Körperverletzung. Den Kerl suchen wir seit zehn Jahren. Das UNMIA geht davon aus, der er die Terroristen vor dem Dritten Weltkrieg mit schwerem Gerät beliefert hat, er wird also auch noch wegen Menschenrechtsverletzungen, Kriegstreiberei, Hochverrats, Terrorismus und Unterstützung von Terrorismus gesucht. “

„Der sieht aus, als wäre er zwanzig oder einundzwanzig“, warf Michael. „Dann muss er ja schon mit acht oder neun Waffen geschmuggelt haben.“

„Früh übt sich“, meinte James.

„Lasst euch nicht täuschen. Der Mann hat mehrere OPs hinter sich. Wahrscheinlich ist er zwischen fünfzig und fünfundfünfzig Jahren alt.“

„Moment. Nur wahrscheinlich?“, fragte Matt.

„Viel ist nicht über ihn bekannt. Er ist ein Phantom. Unwahrscheinlich, dass wir ihn finden werden.“

„Achso, versuch trotzdem dein Bestes. Eine Frage noch. Haben die Überwachungskameras irgendwelche verdächtigen Personen gefilmt?“

„Nein, wahrscheinlich ist der Schütze durch einen Seiteneingang rein und ist den Kameras ausgewichen“, antwortete Ivory.

„Gut. Michael du suchst nach dem Aufenthaltsort von Haythem. James, du kommst mit mir. Wir

werden mal dem UNSC und Baker in Atlas-City ein Besuch abstatten.“

„Alles klar“, sagte James erfreut. Er nahm sein Rucksack und setzte ihn sich auf. Michael und Ivory setzten sich an ihre Schreibtische und begannen mit der Recherche.

Gemeinsam verließen Matt und James das Gebäude und gingen zu Matts Wagen. James setzte sich auf den Beifahrersitz, während Matt auf dem Fahrersitz Platz nahm. Mit einem Brüllen sprang das Auto an und fuhr los.

Matt bog vom Parkplatz ab und fuhr zu einem Raumhafen in Washington. Kurz nachdem sie Langley verlassen hatten, schaltete Matt seine Musik an: Lucifer von XOV.

„So alte Lieder hörst du?“, fragte James verwundert.

„Natürlich. Du etwa nicht?“

„Nein, ich bevorzuge Hannah Dougman.“

„Bitte. Komm mir nicht mit solch modernen Quatsch. Die klingt schrecklich.“

„Du hast doch keine Ahnung“, lachte James.

Den Rest der Fahrt redeten sie über Musik und welche besser sei; modern oder alt. Sie schafften es nicht, sich zu einigen. Nach etwa einer Viertelstunde kamen sie an dem kleinen Raumhafen, oder besser Flughafen an. Matt parkte den Wagen und die beiden stiegen aus. Der Flughafen war ein kleines Gebäude mit einer Glasfront. Die beiden betraten das Gebäude. Im Innern war einiges los. Menschen und Aliens kamen und gingen zu den Gates, andere warteten. Matt ging zu einem Ticketschalter und kaufte zwei Tickets nach Atlas-City. Der Flug würde in zwanzig Minuten gehen. Matt ging zu James zurück.