Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik

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Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik
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Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik

Ein Handbuch

Daniela Caspari/Friederike Klippel/Michael K. Legutke/Karen Schramm (Hrsg.)

A. Francke Verlag Tübingen

© 2018 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

www.francke.de • info@francke.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen

ePub-ISBN 978-3-8233-0026-7

Inhalt

  1. Zur Orientierung 1.1 Zur Zielsetzung dieses Handbuchs 1.2 Zugriffe 1.3 Auswahl und Funktion der Referenzarbeiten 1.4 Entstehung des Handbuchs

 2. Grundfragen fremdsprachendidaktischer Forschung2.1 Was ist Forschung? Und was beeinflusst sie?2.2 Was ist fremdsprachendidaktische Forschung? Und welches sind ihre zentralen Forschungsfelder?Forschungsfelder2.3 Welche Gütekriterien gelten für fremdsprachendidaktische Forschung?

 3. Forschungstraditionen der FremdsprachendidaktikWer forscht?Was wird erforscht?Wie wird geforscht?3.1 Historische Forschung3.1.1 Die Anfänge fremdsprachendidaktischer historischer Forschung um 19003.1.2 Fremdsprachendidaktische historische Forschung nach 19453.1.3 Forschungsdesiderata und forschungsmethodische Entwicklungen3.2 Theoretische Forschung3.2.1 Typen und Funktionen theoretischer Forschung3.2.2 Meilensteine theoretischer Forschung3.2.3 Theorie und Empirie3.3 Empirische Forschung3.3.1 Begriffsklärung3.3.2 Quantitatives und qualitatives Paradigma3.3.3 Quantitative Daten und statistische Auswertungen3.3.4 Qualitative Daten und interpretative Auswertungen3.3.5 Mixed methods3.3.6 Fazit und Ausblick

 4. Forschungsentscheidungen4.1 Texte, Daten und Dokumente als Forschungsgrundlage4.1.1 Texte als Forschungsgrundlage4.1.2 Dokumente als Forschungsgrundlage4.1.3 Daten als Forschungsgrundlage4.1.4 Texte, Dokumente und Daten im Verbund: zwei Beispiele4.1.5 Organisation und Überprüfbarkeit der Belege4.2 Prototypische Designs4.2.1 Fallstudie4.2.2 Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST)4.2.3 AktionsforschungAktionsforschung in der Fremdsprachendidaktik4.2.4 Fazit4.3 Sampling4.3.1 Begriffsklärung und Einführung4.3.2 Sampling in der quantitativen Forschung4.3.3 Sampling in der qualitativen Forschung4.3.4 Fazit4.4 Triangulation4.4.1 Begriffsklärung4.4.2 Datentriangulation4.4.3 Methodentriangulation4.4.4 ForscherInnentriangulation4.4.5 Theorientriangulation4.4.6 Fazit4.5 Der zweite Blick: Meta-Analysen und Replikationen4.5.1 Einführung4.5.2 Durchführung von Meta-Analysen4.5.3 Replikationsstudien4.5.4 Anwendung in Studien4.5.5 Fazit4.6 Forschungsethik4.6.1 Begriffsklärung4.6.2 Gestaltung von Forschungsbeziehungen4.6.3 Freiwilligkeit der Teilnahme4.6.4 Vertraulichkeit der Daten4.6.5 Wissenschaftliches Fehlverhalten4.6.6 Fazit

 5. Forschungsverfahren5.1 Grundsatzüberlegungen5.2 Gewinnung von Dokumenten, Texten und Daten5.2.1 Dokumentensammlung5.2.2 Textzusammenstellung (für theoretische Arbeiten)5.2.3 Beobachtung5.2.4 Befragung5.2.5 Introspektion5.2.6 Erheben und Erfassen von Lernersprache und Korpuserstellung5.2.7 Erfassen von unterrichtsbezogenen Produkten5.2.8 Testen5.3 Aufbereitung und Analyse von Dokumenten, Texten und DatenAufbereitungAnalyse5.3.1 Analyse historischer Quellen5.3.2 Hermeneutische Verfahren5.3.3 Grounded Theory und Dokumentarische Methode5.3.4 Inhaltsanalyse5.3.5 Typenbildung5.3.6 Diskursanalytische Auswertungsmethoden5.3.7 Analyse von Lernersprache5.3.8 Korpusanalyse5.3.9 Statistische Verfahren – Einleitung5.3.10 Deskriptiv- und Inferenzstatistik5.3.11 Exploratorische und konfirmatorische Faktorenanalysen

 6. Etappen im Forschungsprozess: Erfahrungen und Empfehlungen6.1 Von der Idee zur Forschungsfrage6.1.1 Wie finde ich ein Thema?6.1.2 Wie formuliere ich eine Forschungsfrage?6.1.3 Wie hängen Thema, Forschungsfrage und Forschungsmethode zusammen?6.2 Wechselspiele zwischen Theorie und Praxis6.2.1 Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der fremdsprachendidaktischen Forschung6.2.2 Das Theorie-Praxis-Verhältnis im Forschungsdesign6.2.3 Weitere Dimensionen6.2.4 Konsequenzen6.3 Literaturüberblick und Forschungsstand6.3.1 Was? Merkmale und Funktionen Literaturüberblick6.3.2 Wie? Schritte und Verfahren6.3.3 Wann? Entwurf und Revision6.4 Gestaltung des Designs6.4.1 Von der Forschungsfrage zum vorläufigen Design-Entwurf6.4.2 Revisionen und Präzisierungen des Designs6.4.3 Fazit6.5 Prozessplanung und -steuerung6.5.1 Planung komplexer Arbeitsprozesse6.5.2 Steuerung komplexer Arbeitsprozesse6.6 Zusammenfassung und Diskussion der Erträge6.6.1 Erträge empirischer Arbeiten6.6.2 Erträge theoretischer und historischer Arbeiten6.6.3 Fazit: das Schlusskapitel6.7 Präsentation von Forschung6.7.1 Präsentationen während des Forschungsprozesses6.7.2 Präsentationen nach der Fertigstellung der Arbeit6.8 Betreuung von Forschungsarbeiten6.8.1 Wechselseitige Erwartungen an das Betreuungsverhältnis6.8.2 Praktische Hinweise

 7. ReferenzarbeitenDarstellung der Referenzarbeit Arras, Ulrike (2007). Wie beurteilen wir Leistung in der Fremdsprache?1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung und Datenauswertung4. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Biebricher, Christine (2008). Lesen in der Fremdsprache1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung4. Datenauswertung5. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Doff, Sabine (2002). Englischlernen zwischen Tradition und Innovation1. Thema und Forschungsfragen2. Zusammenstellung der Dokumente3. Interpretation der Dokumente4. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Ehrenreich, Susanne (2004). Auslandsaufenthalt und Fremdsprachenlehrerbildung1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung4. Datenauswertung5. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Hochstetter, Johanna (2011). Diagnostische Kompetenz im Englischunterricht der Grundschule1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung und Datenauswertung4. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Marx, Nicole (2005). Hörverstehensleistungen im Deutschen als Tertiärsprache1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenauswertung4. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Özkul, Senem (2011). Berufsziel Englischlehrer/in1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbearbeitung4. Datenauswertung5 . ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Schart, Michael (2003). Projektunterricht – subjektiv betrachtet1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung4. Datenauswertung5. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Schmenk, Barbara (2002, 2009). Geschlechtsspezifisches Fremdsprachenlernen?1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenauswertung und -interpretation4. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Schmidt, Torben (2007). Gemeinsames Lernen mit Selbstlernsoftware im Englischunterricht1. Thema und Forschungsfragen2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung4. Datenauswertung5. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit Schwab, Götz (2009). Gesprächsanalyse und Fremdsprachenunterricht1. Thema und Forschungsfrage2. Datenerhebung3. Datenaufbereitung4. Datenauswertung5. ErgebnisseLiteraturDarstellung der Referenzarbeit: Tassinari, Maria Giovanna (2010). Autonomes Fremdsprachenlernen1. Thema und Forschungsfragen2. Phasen des Forschungsprozesses und Datenerhebung3. Datenaufbereitung und Datenauswertung4. ErgebnisseLiteratur

 

  8. Fremdsprachendidaktische Forschung im Kontext 8.1 Kontext Fach 8.2 Kontext Universität bzw. Hochschule 8.3 Kontext Lehrerbildung 8.4 Kontext Bildungs-, Kultur- und Sprachenpolitik 8.5 Kontext Wirtschaft 8.6 Kontext Gesellschaft und Fazit

  Die Autorinnen und Autoren

  Sachregister

1. Zur Orientierung

Daniela Caspari/Friederike Klippel/Michael K. Legutke/Karen Schramm

1.1 Zur Zielsetzung dieses Handbuchs

Forschung ist genuiner Bestandteil von WissenschaftWissenschaft. Wie und wozu in einzelnen Wissenschaften Forschung betrieben wird, hat viel mit den jeweils herrschenden Grundannahmen und Erkenntnisinteressen zu tun. Junge Wissenschaften orientieren sich in ihren Forschungsmethoden zu Beginn an Nachbardisziplinen, und es ist ein Zeichen der erfolgten Etablierung, wenn sie eigene Forschungsansätze heranbilden. Die Fremdsprachendidaktik ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft. Sie kann sich allerdings auf eine ausgedehnte Geschichte von Lehr-/Lern-Praxis in ihrem Feld berufen, so dass das Nachdenken über die Vermittlung und das Erlernen von Sprachen eine lange Tradition hat, in die wir uns mit diesem Band einordnen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich für die Erforschung der vielfältigen Kontexte, Praxen und Prozesse des Lehrens und Lernens fremder Sprachen ein bestimmtes Repertoire an Forschungsansätzen herausgebildet. Es ist das Ziel dieses Handbuches, umfassend in diese fremdsprachendidaktische Forschung einzuführen und dabei alle grundlegenden Ansätze systematisch zu berücksichtigen. Bei der Verwendung des Begriffs FremdsprachendidaktikFremdsprachendidaktik als Sammelbegriff für Sprachlehr- und Sprachlernforschung, für unterrichtsbezogene Zweitspracherwerbsforschung, für Fremdsprachenforschung und für Zweitsprachendidaktik lehnen wir uns an die Auffassung von Gnutzmann/Königs/Küster (2011: 7) an, dass „die Entwicklungen, die den Ansprüchen und Forderungen der Sprachlehrfoschung ja weitgehend gefolgt sind, dazu geführt [haben], dass man dem Begriff ‚Fremdsprachendidaktik‘ aufgrund seiner längeren Geschichte und der eingetretenen Veränderungen durchaus den Vorzug geben kann“. Auch wenn sich dieses Handbuch auf die deutschsprachige Fremdsprachendidaktik konzentriert, so haben wir doch die internationale Entwicklung in allen Teilen des Handbuchs im Blick.

Es geht uns dabei zunächst einmal um eine Darstellung des aktuellen Standes der Forschungsmethodologie und um praktische Hilfen für den ForschungsprozessForschungsprozess. Wir möchten sowohl denjenigen Informationen und Hilfestellung geben, die in die Forschung einsteigen, als auch diejenigen unterstützen, die wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten betreuen und selbst forschend tätig sind. Weiterhin wollen wir dazu anregen, sich über Forschung, Forschungsverfahren und -ansätze nicht nur aus der Sicht einer guten handwerklichen Gestaltung von Forschungsprozessen zu informieren, sondern auch über allgemeine Aspekte von Forschung in unserem Feld nachzudenken. Wenn sich die hier entworfene Systematik auch für die Einordnung zukünftiger Forschungsarbeiten als hilfreich erweist, wäre ein wichtiges Anliegen erfüllt. Noch weitreichender ist die Hoffnung, dass Leser_innen des vorliegenden Handbuchs es als Einladung begreifen, die Gesamtentwicklung der Fremdsprachendidaktik auf einer Metaebene zu reflektieren und kritisch zu begleiten.

Im Unterschied zu den bisher vorliegenden forschungsmethodischen Grundlagenwerken der Fremdsprachendidaktik setzt sich dieser Band deshalb zunächst mit den Grundfragen fremdsprachendidaktischer Forschung (Kapitel 2) auseinander und stellt sodann die historische, die theoretische und die empirische Forschungstradition in der Fremdsprachendidaktik dar (Kapitel 3), wobei auch wichtige Meilensteine fremdsprachendidaktischer Forschung erfasst werden. Stärker handwerklichen Charakter nimmt das Handbuch ab Kapitel 4 an, in dem grundsätzliche Forschungsentscheidungen erörtert werden, wie beispielsweise die Forschungsgrundlage in Form von Texten, Daten und Dokumenten, das Design, das Sampling, die Triangulation oder ethische Fragen.

Das Kernkapitel des Bandes (Kapitel 5) stellt eine große Palette unterschiedlicher Forschungsverfahren zur Datengewinnung und -auswertung vor; hier wurden die Teilkapitel von ausgewiesenen Expert_innen für das jeweilige Verfahren verfasst. Die überblicksartigen Dachkapitel 5.1 zu Grundsatzüberlegungen in Bezug auf diese Forschungsverfahren, 5.2 zur Gewinnung von Dokumenten, Texten und Daten und 5.3 zu deren Aufbereitung und Analyse sollen jeweils Orientierung in der beachtlichen Vielfalt fremdsprachendidaktischer Forschungsverfahren bieten.

Die Etappen des ForschungsprozessForschungsprozesses, die von der Idee für ein Dissertationsprojekt bis zur Publikation der abgeschlossenen Studie dargestellt werden und die auch Fragen der Betreuung betreffen, sind Thema von Kapitel 6, das auf der langen und breitgefächerten Betreuungserfahrung der Autor_innen in unterschiedlichen fremdsprachendidaktischen Fächern basiert und sich deshalb auch im Duktus und der Verweisdichte von den anderen Kapiteln des Handbuchs deutlich unterscheidet.

Kapitel 7 präsentiert zwölf ausgewählte Dissertationen, die in diesem Handbuch an vielen Stellen als Referenzarbeiten dienen. Da Wissenschaft von der Auseinandersetzung mit bisherigen Forschungsergebnissen und -verfahren bzw. vom entsprechenden Diskurs darüber lebt, erscheint es uns vorteilhaft, die forschungsmethodischen und -methodologischen Fragen immer wieder auch mit Bezug auf solche konkreten Arbeitserfahrungen zu thematisieren und zu illustrieren.

Ein Blick auf die gesellschaftlichen und (bildungs-)politischen Kontexte fremdsprachendidaktischer Forschung steht am Ende des Bandes (Kapitel 8) und soll dazu beitragen, dem oben skizzierten Anliegen, auch einen analytischen Blick auf die Gesamtentwicklung der Fremdsprachendidaktik zu ermöglichen, gerecht zu werden.

An dieser kurzen Vorstellung der einzelnen Kapitel wird deutlich, dass dieses Handbuch in der Absicht erstellt wurde, unterschiedlichen Lesergruppen zu dienen: Es wendet sich gleichermaßen an diejenigen, die einen systematischen Überblick über fremdsprachendidaktische Forschungsmethoden zu gewinnen suchen, und an diejenigen, die sich zu spezifischen Forschungsverfahren informieren möchten.

1.2 Zugriffe

Ein Handbuch wird man in der Regel nicht wie einen Roman lesen. Es ist auch nicht wie ein Roman geschrieben, in dem man die späteren Kapitel nur versteht, wenn man die vorangehenden kennt. Ein Handbuch dient vor allem dem gezielten Nachschlagen von Informationen, die auf dem aktuellen Stand präsentiert werden. Viele Elemente des Handbuches unterstützen einen transparenten Zugriff: So finden sich zu Beginn jedes Großkapitels einleitende Passagen; in allen Kapiteln des Handbuchs gibt es zahlreiche Querverweise; viele Kapitel enthalten zudem kommentierte Leseempfehlungen.

Ein Novum sind die informativen Grafiken, die vor allem die Teilkapitel zu den Forschungsentscheidungen (Kapitel 4) und Forschungsverfahren (Kapitel 5) illustrieren. In enger Abstimmung mit den jeweiligen Autor_innen und den Herausgeber_innen hat Kristina Peuschel Kernelemente und -prozesse einzelner Verfahren grafisch umgesetzt. Die Grafiken vermögen die Lektüre eines Kapitels nicht zu ersetzen, sie erleichtern jedoch das Erkennen der wesentlichen Zusammenhänge und – insbesondere für visuelle Lerner_innen – auch das Behalten. Besonders geeignet erscheinen uns die Grafiken zur Unterstützung von Methodenseminaren oder Doktoranden-Kolloquien zu sein, wenn ein Überblick über die zentralen Elemente einzelner Forschungsmethoden gegeben wird.

1.3 Auswahl und Funktion der ReferenzarbeitReferenzarbeiten

Dass die in einem Forschungshandbuch angesprochenen forschungsmethodischen Fragen und Aspekte an Beispielen dargestellt und erläutert werden, ist in der internationalen Forschung gute Tradition. Dass dies durch ein ganzes Buch hindurch vorzugsweise an zwölf ausgewählten Dissertationen, so genannten Referenzarbeiten, geschieht, ist eine Besonderheit dieses Buches. Auf die in Kapitel 7 durch die Forscher_innen selbst vorgestellten Studien wird in den einzelnen Kapiteln des Buches immer wieder Bezug genommen. Sie stehen exemplarisch für zentrale Forschungsfelder und Themen der Fremdsprachendidaktik. Sie repräsentieren bestimmte Erhebungs- und Auswertungsverfahren und sind überzeugende Beispiele für das funktionale Zusammenspiel von Forschungsinteresse, Forschungsfrage, Design und Forschungsmethode(n) sowie für eine transparente und klare Darstellung des Forschungsprozesses und der Ergebnisse.

Um der Vielfalt der fremdsprachendidaktischen Forschung und den unterschiedlichen Realisierungsformen bestimmter DesignDesignprototypischess und Formate Rechnung zu tragen, wird in jedem Kapitel dieses Forschungshandbuches zusätzlich auf viele andere Studien zurückgegriffen. Gleichwohl stellen die Referenzarbeiten in ihrer Gesamtheit relevante Entwicklungen der Forschungsmethodik in den Fremdsprachendidaktiken der letzten Jahre sowie einen repräsentativen Ausschnitt der Fremdsprachendidaktik als Forschungsdisziplin in dieser Zeitspanne dar. Unsere Wahl fiel auf Dissertationen, weil sie einen bedeutenden Anteil an der gesamten fremdsprachendidaktischen Forschung stellen und die Verfasser_innen und deren Betreuer_innen von Dissertationen die Hauptzielgruppe dieses Buches sind.

Für die Auswahl der Arbeiten haben wir eine Reihe von Kriterien angelegt: Die Arbeiten wurden zwischen 2002 und 2011 veröffentlicht und unter den in der Fremdsprachendidaktik bislang üblichen Bedingungen realisiert, d.h. es handelt sich ausschließlich um Studien, die als Einzelarbeit ohne übergreifende Projektkontexte entstanden sind. Sie sind forschungsmethodologisch als Ganzes gelungen und zumindest in Einzelaspekten vorbildlich. Außerdem folgen sie dem Primat der Gegenstandsangemessenheit, d.h. sie sind vom Gegenstand und einer klaren Forschungsfrage her entwickelt worden. Sie entsprechen den gängigen Gütekriterien (s. Kapitel 2) und zeichnen sich durch die Passung von Forschungsfrage und Methodik, durch ein systematisches, forschungsökonomisches Vorgehen sowie durch Klarheit der Darstellung aus. Für die Aufnahme in ein Forschungshandbuch sind zudem ein angemessenes Reflexionsniveau hinsichtlich der Forschungsmethodologie und -methodik sowie ein sinnvolles Verhältnis von forschungsmethodischer Reflexion (‚Aufwand‘) und inhaltlichen Ergebnissen (‚Ertrag‘) unabdingbar.

Aus den vielen Arbeiten, die diesen Kriterien genügen, wurden zwölf nach dem Prinzip maximaler Variation ausgewählt, um in der Gesamtheit eine möglichst große Breite hinsichtlich folgender Kriterien zu erreichen:

 Forschungstraditionen (historisch, theoretisch-konzeptionell, empirisch-qualitativ, empirisch-quantitativ);

 Forschungsfelder (z.B. Professionsforschung, Lernforschung, Begegnungsforschung, Kompetenzforschung etc.) (s. Kapitel 2);

 Settings (natürlich – arrangiert – experimentell, mit/ohne Intervention);

 Erhebungsinstrumente;

 Verfahren der Datenauswertung;

 (Fremd-)Sprachen;

 Forschungspartner_innen (Lehrkräfte, Studierende, Schüler_innen unterschiedlicher Schulformen, Lerner_innen aus außerschulischen Kontexten);

 

 Grad der forschungsmethodischen Komplexität (von eher schlicht bis sehr komplex);

 Grad der thematischen Breite (von sehr fokussiert bis sehr weit).

Zudem wurden Besonderheiten, wie z.B. die besonders gründliche Reflexion der Forscher_innenrolle, die Art der Kombination von Theorie und Empirie bzw. von qualitativen und quantitativen Verfahren oder der Prozesscharakter der Studie, berücksichtigt sowie auch Designs, die einen besonderen Erkenntnisgewinn speziell für fremdsprachendidaktische Fragestellungen versprechen.

Trotz dieser Kriterien ist die nach langen Recherche-, Lese- und Diskussionsphasen gemeinsam getroffene Auswahl natürlich subjektiv, denn selbstverständlich gibt es auch außerhalb dieses Samples eine Reihe hervorragender Forschungsarbeiten. Insbesondere dann, wenn es zu einem Design oder einem bestimmten Forschungsverfahren zahlreiche überzeugende Arbeiten gab, fiel die Auswahl schwer. Insgesamt will die vorliegende Auswahl das gesamte methodische Spektrum fremdsprachendidaktischer Forschung in seiner Vielfalt dokumentieren.

Um sich schnell und unaufwändig einen Eindruck von den ausgewählten Studien verschaffen zu können, wurden die Verfasser_innen gebeten, ihre Dissertation unter forschungsmethodischer Perspektive selbst vorzustellen. Die in Kapitel 7 zu findenden Darstellungen erlauben es, die einzelne Arbeit als Ganzes verstehen und insbesondere den jeweiligen inhaltlichen Bezug zwischen Forschungsinteresse, Forschungsfrage und eingesetzten Methoden nachzuvollziehen sowie die wichtigsten Ergebnisse zu erfahren. So können in den einzelnen Kapiteln des Forschungshandbuches direkt spezifische Aspekte und Details dieser Arbeiten angesprochen werden. Wir danken den Autor_innen, dass sie sich auf diese neue Textsorte „Darstellung der Forschungsarbeit“ eingelassen haben.