Wirkerei und Strickerei

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

Marcus Oliver Weber / Klaus-Peter Weber

Wirkerei und Strickerei

Marcus Oliver Weber / Klaus-Peter Weber

Wirkerei und Strickerei

Technologien – Bindungen – Produktionsbeispiele

6., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage



Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISSN 1436-9354

ISBN 978-3-86641-299-6

© 2014 by Deutscher Fachverlag GmbH, Frankfurt am Main.

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.

Umschlag: Ingo Götze, Frankfurt am Main

Titelfotos vordere Umschlagseite:

Oben: Copyrights Marc Cain GmbH, 2014

Unten: Elke Dieterich, Frankfurt

Buchrückseite: Copyrights Marc Cain GmbH, 2014

Lektorat: Sabine Rock, Frankfurt am Main, www.druckreif-rock.de Satz: Fotosatz L. Huhn, Linsengericht

Vorwort zur 6., aktualisierten Auflage

Das vorliegende Fachbuch über die Strickerei und Wirkerei soll in die technischen und bindungstechnischen Grundlagen der Maschenwaren einführen und sowohl der Ausbildung als auch als Nachschlagewerk dienen.

Neben wichtigen maschentechnischen Definitionen werden grundlegende Kenntnisse über den Aufbau, die Arbeitsweise und die Mustereinrichtungen der Strick- und Wirkmaschinen vermittelt, die in der betrieblichen Praxis arbeiten. So werden neben modernen Verfahren auch Maschinen und Technologien dargestellt, die zurzeit nicht mehr gebaut werden, jedoch für die Maschenwarenfertigung immer noch sinnvoll im Einsatz sind.

Diese Auflage enthält gegenüber älteren Ausgaben ein weiteres Kapitel zu Garnen, das dem Zusammenspiel der Nadel- und Garnstärke in der Maschenbildung Rechnung trägt. In separaten Kapiteln werden Anwendungsbeispiele gegeben, die vom Entwurf oder Muster bis zur fertigen Ware den Kalkulationsprozess für den Stricker oder Wirker exemplarisch darstellen. Ergänzend zum Buch kann über eine Videoplattform eine Reihe erläuternder Videos angesehen werden (http://www.youtube.com/user/MarcusOliverWeber).

Das Buch soll allgemeingültige Aussagen über die Grundlagen der Maschentechnik, aber auch über die Entwicklung und die Vielfalt der Mustereinrichtungen machen und ihr Prinzip mit vielen Fotos und Funktionsbildern darstellen. Diese Neuausgabe enthält viele weitere Musterungen, die in letzter Zeit zunehmendes Interesse finden.

Weitergehende Kenntnisse über konstruktive Variationen und Details der Ausführungsformen vieler Wirk- und Strickmaschinenarten können in diesem Rahmen nicht erschöpfend behandelt werden. Das beschriebene Basiswissen kann durch Betriebsanleitungen aktueller Maschinentypen und durch Publikationen weiter vertieft und ergänzt werden. Die Inhalte wurden nach bestem Wissen recherchiert und erheben weder Anspruch auf Vollständigkeit, noch kann eine Gewähr für die Richtigkeit übernommen werden. Dieses Fachbuch wurde bereits mit fünf Auflagen an mehreren europäischen Hochschulen und Textilfachschulen als Lehrbuch anerkannt.

Marcus O. Weber

Klaus-Peter Weber

Mönchengladbach, im Frühjahr 2014

Inhalt

1 Fasern, Garne und andere Aufmachungen
1.1 Fasern

Textilien entstehen durch die Verarbeitung von Fasern oder Garnen. Fasern sind längliche Gebilde, in denen die Länge deutlich größer ist als das Äquivalent des Durchmessers.

Die geometrischen Fasereigenschaften, wie z. B. Länge oder Durchmesser, bestimmen wesentlich das spätere Textil. Auch die weiteren chemischen und physikalischen Eigenschaften der Fasern dominieren in vielen Anwendungsbereichen die Endeigenschaften der Textilien. Die textilen Rohstoffe lassen sich unterteilen in Rohstoffe natürlicher und Rohstoffe synthetischer Herkunft. Die Faserarten werden nach DIN 60001 (IS0 2076/6938) aufgelistet und weiter unterteilt.

Die Fasern natürlicher Herkunft werden als Naturfasern bezeichnet. Die häufigsten Naturfasern sind: Baumwolle (CO), Wolle (WO, WV) und Jute (JU). In höherwertiger Bekleidung wird weiterhin auch Leinen (LI), Seide (SE, ST), Kaschmir (WS), Mohair (WM) oder Angora (WA) verwendet.

Fasern können auch in separaten Herstellungsprozessen gewonnen werden. Sie nennen sich Chemiefasern. Die wichtigsten Chemiefasern sind: Polyester (PES), Polypropylen (PP), Polyamid (PA), Viskose (CV), Lyocell (CLY), Polyacryl (PAN), Kohlenstofffaser (CF), Glasfasern (organisch) (GF), Aramid (AR), Polyethylen (PE) und Elastan (EL). Die Chemiefasern unterteilen sich in organische und anorganische Chemiefasern, wobei sich die organischen wiederum in synthetische und cellulosische Rohstoffpolymere untergliedern lassen.

Die bedeutendsten Naturfasern sind Baumwolle und Wolle. Bei den Chemiefasern dominieren Polyester, Polypropylen, Polyamid und Polyacryl (vgl. Bild 1.1).


Bild 1.1: Weltweiter Faserverbrauch

(Source: PCI Fibres)

Die Kennzeichnung der Faserrohstoffe in textilen Produkten ist durch die EU in verschiedenen Verordnungen und in Deutschland im Textilkennzeichnungsgesetz geregelt. Insbesondere Bezeichnungen, Mischungen und neue Faserentwicklungen werden dabei berücksichtigt. Definitionen, Abkürzungen und weitere Bestimmungen werden für Chemiefasern durch das Bureau International pour la Standardisation des Fibres Artificielles (BISFA) erarbeitet.

1.2 Garne

Filamentgarne

Die schmelzgesponnenen Chemiefasern werden durch Spinndüsen in verschiedenen Querschnitten extrudiert. Durch die Düsenlöcher werden die Querschnitte der Filamente, wie z.B. rund, trilobal, oktalobal, hohl oder sternchenförmig, vorgegeben. Durch die Querschnittsform kann das Reflexionsverhalten des Lichtes auf der Faser verändert werden. Matteres oder glänzenderes Erscheinungsbild ist die Folge. Auch Hohlfasern und Filamente mit höherer Biegesteifigkeit in einer Vorzugsrichtung sind möglich.

Bei Polyester und Polyamid werden weiterhin Polymere mit Mattierungsmitteln als matt, halbmatt etc. angeboten. Das Polymer kann in der Viskosität für höhere (technische Garne) oder niedrigere Festigkeiten (textile Garne) eingestellt werden. Die Molekülkettenlängen bestimmen dabei die durch weitere Verstreckung erreichbaren Festigkeiten.

Für verschiedene Einsatzgebiete wird spinngefärbtes Polymer hergestellt. Das Ausgangspolymer wird vor dem Spinnen mit Farbstoffen (Masterbatch) gemischt und gemeinsam versponnen. Spinnfärbungen sind in der Regel dauerhafter und benötigen keine weiteren Färbeprozesse. Schwieriger werden die Produktion kleiner Auftragsmengen und die genaue Reproduzierbarkeit von Farbnuancen. Bei kleineren Auftragsmengen ist die Farbumstellung mit Reinigungsaufwand und ggf. Farbverschmutzungen verbunden. Für Standardfarben, wie z. B. bei schwarzen Sicherheitsgurten, ist das Spinnfärben die Standardtechnologie.

Stapelfasern

Die Fasern können in geschnittener Form (Stapelfasern) oder endlos (Filamente) hergestellt werden. Filamentgarne können aus nur einem Filament bestehen (das sogenannte Monofilament) oder auch aus mehreren Filamenten zu einem Multifilamentgarn zusammengefasst werden. Multifilamentgarne mit einer Filamentfeinheit unter 1 dtex werden auch als Mikrogarne bezeichnet.

Stapelfasern variieren in den Feinheiten zwischen 0,7 und 28 dtex bzw. als Regeneratfaser auch bis zu 40 dtex (vgl. Tab. 1.1). Die Schnittlängen können bei einer Baumwolltype von 32 mm bis 40 mm variieren, bei einer Langstapeltype bis 150 mm. Durch Reißkonvertieren lassen sich die Fasern auch in einer Faserlängenverteilung ähnlich der Naturfasern herstellen. Die weitere Verarbeitung erfolgt nach den entsprechenden Verfahren der Baumwoll-, Streichgarn- oder Kammgarnspinnerei. Die Garne können dabei gemischt und in gewünschten Anteilen dosiert werden.

Beispiele für schmelzgesponnene Filamentgarne:

PES 167 dtex f 36 sd tr tex HE

Textiles Polyester Multifilamentgarn in 167 dtex (150 den) mit 36 Filamenten, Filamentfeinheit = 167 dtex / 36 = 4,6 dtex

sd: semi dull / halbmattes (hm) Polymer

tr: trilobaler Querschnitt

tex HE: texturiert als hochelastisches Garn

PA 6 940 dtex f 140 gl rd Z60

Technisches Polyamid 6 Multifilamentgarn in 940 dtex mit 140 Filamenten,

Filamentfeinheit = 940 dtex / 140 = 6,7 dtex

gl: glänzendes Polymer ohne Mattierungsmittel

rd: runder Querschnitt

Z60: 60 Drehungen pro Meter in Z-Richtung

Beispiele für lösungsmittelgesponnene Filamentgarne:

Ecru CV 67 dtex f 24 dd S90 lobed

Ecru: Ungefärbt

Textiles Viskose Multifilamentgarn in 67 dtex mit 24 Filamenten

dd: deep dull /tiefmattes (tm) Polymer

S90: 90 Drehungen pro Meter in S-Richtung

 

lobed: gelappt

AR 840 dtex f 1000

Aramid Mikrofilament in 840 dtex mit 1000

Filamenten

Bei technischen Textilien sind die Eigenschaften der verschiedenen Garntypen für den Einsatz im Produkt entscheidend. Insbesondere auch die Präparation und andere chemisch-physikalische Veränderungen auf der Faseroberfläche gestalten die Eigenschaften.

Texturierung

Filamentgarne sind nach dem Spinnen glatt und werden für weitere Strecktexturierprozesse nicht vollverstreckt hergestellt. Die Bezeichnung hierfür ist:

Teilverstrecktes Spinnfilament

POY – pre oriented yarn

Durch Vollverstreckung oder Verstreckung in weiteren Prozessen kann ein ungekräuseltes Glattgarn hergestellt werden.

Ungekräuseltes Glattgarn

FOY – fully oriented yarn

FDY – fully drawn yarn

Die Garne können in weiteren Prozessen texturiert werden. Die Garne erhalten eine Kräuselung, wodurch das Garnvolumen zunimmt und der weiche textile Griff entsteht (Bild 1.2). Die wichtigsten Texturierverfahren sind Falschdraht-, Stauchkammer- und Luftblastexturierung. Entsprechend sind die Garnbezeichnungen:

Falschdrahttexturierung

DTY – draw textured yarn

Stauchkammertexturierung

BCF – bulk continuous filament

Luftblastexturierung

ATY – air jet textured yarn

Verschiedene Glatt- und Texturgarne können in einem Luftverwirbelungsprozess, auch als Tangleprozess bezeichnet, durch Verwirbelungspunkte miteinander verbunden werden. Im späteren Flächengebilde (Bild 1.3) sind diese Punkte nicht oder kaum erkennbar.


Bild 1.2: POY (unverstrecktes Glattgarn) und DTY (falschdrahttexturiertes Garn)


Bild 1.3: Gestrick (links) und Gewebe (rechts) mit texturiertem Garn und Elastan Monofilament

1.3 Stapelfasergarne

Stapelfasern werden durch die verschiedenen Spinnerei-Vorstufen der Kurzstapel-, Streichgarn- oder Kammgarnspinnerei geöffnet und parallelisiert.

Die parallelisierten Vorgarne oder Lunten werden dann nach dem Ringspinnverfahren, Rotorspinnverfahren oder alternativen Spinnverfahren gesponnen.

Ringspinnverfahren

Beim Ringspinnverfahren wird das parallelisierte und kompaktierte Vorgarn einem Streckwerk zur Verstreckung auf die gewünschte Endfeinheit zugeführt. Die Ringspinnmaschine kann über den rotierenden Kops dem Garn die notwendige Drehung geben.

Ringgarne haben bei Weitem den höchsten Marktanteil der Stapelfasergarne. Für besonders feine oder kritische Faserstoffe lassen sich am einfachsten stabile Spinnbedingungen finden. Das Ringspinnen ist am universellsten einsetzbar. Ringspinngarne lassen sich mit niedrigen Drehungen erzeugen. Die Garnoberfläche ist sehr gleichmäßig in der Faserdrehung und mit vielen offenen Faserenden (Haarigkeit) verbunden.

Eine Variante des Ringspinnens ist das Kompaktspinnen. Kompaktgarne zeichnen sich durch weniger Haarigkeit aus.

Rotorspinnverfahren

Das Rotorspinnen zählt zu den Spinnverfahren mit einem offenen Garnende. Die parallelisierten Faserbänder werden über eine gezahnte Auflösewalze bis zur Einzelfaser aufgelöst. Die Fasern werden dann durch einen Luftstrom weiter parallelisiert und in der Rotorrille abgelegt. Aus der rotierenden Rille werden die Fasern an einem rotierenden Garnende herausgezogen und über eine Abzugsdüse in Richtung Aufspulung transportiert. Durch das rotierende Garnende muss die Fasereinspeisung in regelmäßigen Intervallen durchflogen werden. Hierbei ergeben sich sogenannte Bauchbinden, die zum Teil in einem 90-Grad-Winkel zur Garnachse liegen. Die Faserenden der Bauchbinden zeigen entgegen der Garnabzugsrichtung in der Spinnmaschine.

Die Garndrehung wird durch die Abzugsgeschwindigkeit und -düse sowie durch die Rotordrehzahl beeinflusst.

Weitere Spinnverfahren wie Friktionsspinnen und Luftspinnen gewinnen zunehmend an Bedeutung.

1.4 Zwirne und andere Aufmachungen

Oft werden Garne vor der weiteren Verarbeitung in die Fläche gefacht, gezwirnt, kabliert, geflochten oder auch als Minirundgestrick (mit wenigen Nadeln) angeboten.

Fachen

Da die Feinheiten der Maschen bildenden Maschinen immer auch zur Garnfeinheit passen müssen, laufen in Strickmaschinen oft mehrere Garne in einen Fadenführer ein. Die zusammengefügten Garne haben keinen weiteren Fadenschluss und werden anschließend nur durch die Maschenstruktur zusammengehalten. Die Fachung an der Strickmaschine kann auch aus mehr als zwei Komponenten bestehen. Eine besondere Form der Fachung liegt an Strickmaschinen beim Plattieren vor (s. Musterungen der Strickmaschinen). Hierbei wird ein Garn so eingebracht, dass es nur auf einer Seite des Gestrickes in Erscheinung tritt.

Zwirnen

Neben dem Fachen könne Garne auch gezwirnt werden. Beim Ringzwirnen werden ähnlich dem Ringspinnen über eine Spindel zwei Komponenten miteinander verdreht. Neben dem Ringzwirnen wird aus wirtschaftlichen Gründen das Doppeldrahtzwirnen für feine und mittlere Garne viel benutzt. Zwirne lassen sich auch mehrstufig herstellen. In der Regel werden die Garndrehungen und die Zwirndrehungen in jeder Stufe entgegengesetzt eingebracht (Bild 1.4).


Bild 1.4: S-Garndrehung, Z-Zwirndrehung

Zwirne können auch in mehreren Stufen und durch mehr als zwei Komponenten entstehen. Für Artikel, wie z. B. Teppiche oder Reifen, werden kablierte Garne verwendet. Hierbei wird meist ein Filamentgarn um ein zweites Filamentgarn gedreht. Die Eigenschaften und das Erscheinungsbild ist ähnlich dem Zwirn. Effektzwirne können durch Zulauf verschiedener Komponenten mit variabler Geschwindigkeit in der Zwirnmaschine hergestellt werden. Effektzwirne zeichnen sich durch variable Garnquerschnitte, Garnfarben oder Schlaufen aus.


Bild 1.5: Garntabelle 1 (von oben nach unten)

Kammgarn 100% WO, Nm 30/2

Kammgarn 100% WO, Nm 20, 402 Tpm

Umwindegarn WO im Kern PES Filament Ummantelung, Nm 12, 395 Tpm

Siro-Effektgarn

OE-Rotorgarn 100 Prozent CO, Nm 50, 800Tpm

Mehrfachzwirn mit S und Z Drehung

Maschengarn (8 Nadeln im Zylinder)

Wirkgarn Franse mit geschnittenem Schuss


Bild 1.6: Garntabelle 2 (von oben nach unten)

DTY PES 150 dtex f 48 tr br verwirbelt

ATY PES 650 dtex f 216 sd rd

Knitdeknit PES 620 dtex f 192 tr br

DTY Melange PES 480 dtex f 174 sd rd

Geflecht UHMWPE 3 x 55 dtex

DTY PES 2 x 167 dtex f 36 sd rd + EL 44 dtex f 3

ATY AR 1100 dtex f 1000


Bild 1.7: Garntabelle 3 (von oben nach unten)

Kompakt-Ringgarn 100% CO, 15 tex, 1061 Tpm

Ringgarn 100% CO, Nm 38, 715 Tpm

Coregarn 100% CO, Nm 34 + EL 44 dtex, 675 Tpm

Kompakt-Core-Ringgarn CO 15 tex + EL 44 dtex, 1061 Tpm

OE-Rotorgarn 100% CO, Nm 50, 800 Tpm, alpha (metrisch) = 113

Geflechte können aufgrund der geringen Festigkeitsverluste und glatten Oberflächeneigenschaften in der Weiterverarbeitung für technische Artikel auch als Garne eingesetzt werden. Auch Kleinrundgestricke können für Garnkonstruktionen in modischen Anwendungen verwendet werden (vgl. Kapitel 4).

In den Garnansichten auf Seite 13 werden je Garn drei Vergrößerungen dargestellt (Bilder 1.5 – 1.7). Die Garndarstellungen können auch zum Erkennen und zur Klassierung vorhandener Garne verwendet werden.

1.5 Garneigenschaften

Die Garneigenschaften werden entsprechend dem späteren Verwendungszweck ausgewählt. So sind für modische Aspekte oder Tragekomfort wie beispielsweise in T-Shirts andere Eigenschaften notwendig als für technische Anwendungen wie z.B. Autohimmel oder Fischnetze.

Durch die Garne werden wesentliche Eigenschaften in der Fläche bestimmt. Für die Verarbeitung in der Strickerei und Wirkerei werden zusätzliche Anforderungen an die Garne gestellt. Die Garnfeinheit oder genauer der Garndurchmesser muss auf die gewählte Maschinen- und Nadelfeinheit abgestimmt sein (Tab. 1.1). In den Kapiteln zu den einzelnen Maschinen finden sich Tabellen, mit denen eine Garnauswahl zur Maschinenfeinheit vorgenommen werden kann.

Neben der passenden Garnfeinheit muss das Garn die notwendige Festigkeit für die Verarbeitung in der Maschenbildung aufweisen. Die Reißfestigkeit der Garne wird gemeinsam in Kraft-Dehnungs-Kennlinien bestimmt. Weitere wichtige Garneigenschaften, für die Verarbeitung zu Maschen:

– Biegesteifigkeit

– Dehnbarkeit

– Sprödigkeit oder Knotenfestigkeit

– Faden- oder Filamentschluss

– Garndrehung

– Kringelneigung


Tabelle 1.1: Faser- und Garnfeinheiten

Der Drehungskoeffizient (αm) von Baumwollgarnen für die Strickerei liegt üblich zwischen 65 und 90. Dabei werden die niedrigeren Drehungskoeffizienten für langstapelige Baumwolle verwendet. In der Weberei hingegen werden für kurzstapelige Baumwollen Drehungskoeffizienten bis zu 150 verwendet, wodurch sich auch ein deutlich härterer Griff in der Ware ergibt. Darüber hinaus ist höhere Drehung ein Kostenfaktor im Garn.


Bild 1.8: Kringelneigung

Gedrehte Garne und auch falschdrahttexturierte Filamentgarne haben ohne weitere Beruhigung durch Dämpfung eine Kringelneigung (vgl. Bild 1.8). Die Kringelneigung führt hier zu Störungen im Weiterverarbeitungsprozess. Gerade in der Strickerei können die Fadenspannungen sehr niedrig werden, sodass die Kringel sich beim Verstricken des Fadens nicht auflösen, sondern zum Bruch oder Fehler im Gestrick führen.

2 Grundlagen Maschenwaren
2.1 Textile Flächenkonstruktionen

In den textilen Flächengebilden gibt es verschiedene Konstruktionen. Am gebräuchlichsten sind:

• Vliesstoffe (vgl. Bild 2.1 oben),

• Gewebe (vgl. Bild 2.1 Mitte) und

• Maschenwaren (vgl. Bild 2.1. unten)


Bild 2.1: Vliesstoff, Gewebe und Maschenware

Im Gegensatz zu Geweben, die aus zwei rechtwinklig miteinander verkreuzten Fadensystemen (Bild 2.2) – Kette und Schuss – bestehen, werden Maschenwaren durch Maschenbildung aus einem Faden (Einfaden-Maschenware) nach der Einfadentechnik oder aus mehreren Fäden (Kettfaden-Maschenware) nach der Kettfadentechnik aufgebaut.


Bild 2.2: Gewebe, 1 = Kettfaden, 2 = Schussfaden

Je nach Verarbeitung des Fadens zu Maschen in Querrichtung (ein Faden) oder in Längsrichtung (Fadenkette) kann man grundsätzlich zwischen den in den Bildern 2.3 und 2.4 dargestellten Maschenwaren unterscheiden. Diese Maschenwaren sind bedingt durch den Aufbau dehnbarer als Gewebe, obgleich diese Dehnbarkeit durch zahlreiche Bindungselemente stark reduziert werden kann.

 

Die Elastizität der Maschenwaren ist allgemein sehr gut. Diese Eigenschaft ist weitestgehend von der Bindung und dem verwendeten Material abhängig.

Aufgrund der vielseitigen Eigenschaften werden Maschenwaren zurzeit in allen Gebieten, die den Einsatz textiler Flächengebilde erfordern, eingesetzt. Hier sind beispielsweise Bekleidung, Heimtextilien und technische Textilien vertreten.


Bild 2.3: Einfaden-Maschenware, 1 = Masche


Bild 2.4: Kettfaden-Maschenware, 1 = Masche