Die Insurgenten. Die Chevreuse.

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Die Insurgenten. Die Chevreuse.
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Oliver Geischberg

Die Insurgenten. Die Chevreuse.

Roman.

Epubli.de

Impressum

Copyright: © 2015 Oliver Geischberg

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-7375-5354-4

Prolog an Charlotte.

Charlotte, ma chérie - ich führe Dich hier vor eine herrliche Darstellung der heiligen Familie - die Jungfrau Maria, das Jesuskind, der Nährvater Josef - Ich hoffe, Du denkst an die Lehre, die ich damit beabsichtige, tief in dein Herz einzugießen und von der ich Dich anflehe, sie weiterzugeben -.

Wie das Jesuskindlein hier beschirmt wird von den gutwilligen Eltern, die treu und selbstlos für es sorgen - sie wünschen ihm nur das Beste, eine Zukunft in Heiligkeit und Liebe. Es ist eine Alliebe, die hiermit in die Wege geleitet werden soll, es sind Tugenden. So soll die Welt werden, eine Liebe unter allen soll hergestellt werden, eine allgemeine Eintracht.

Sieh doch die Zuneigung im Gesichte der Madonna, ein mildes Lächeln, da sie das herrliche Leben des Kindes schon vorhersieht. Er wird durch das Heilige Land ziehen. Er wird ein Retter werden, ein Retter der Welt. Jünger und Jüngerinnen werden ihm folgen. Keine Sünde wird ihn beflecken. Man wird Zuflucht bei ihm suchen. Man wird seine Unterstützung anflehen. Es ist ihm schon vorherbestimmt.

Ihr makelloser Körper neigt sich gleichsam zum nackten Knäblein hin. Jung und alt, Mann und Frau sind in der Darstellung und in der Verehrung einträchtig vereint.

Das milde Lächeln der Madonna betört alle, die Christenheit folgt ihr und ihrer Liebe, ihrem Vorbild.

Inmitten der Heiligen Familie der Erlöser. Das Königtum Christi ist ihm schon in die Wiege gelegt. In der Wiege birgt die Jungfrau ihn warm, nichts kann ihn stören, keine Sünde widersagt der Seligkeit… Wie er in Seligkeit liegt, und die Engel singen dazu… Die Hirten mit dem Stabe warten darauf, dass er in der Krippe erscheint… Der Zimmermann mit dem langen Stabe baut dem Jesusknäblein ein Himmelbett, in dem er aufgehoben und glücklich ist.

Auch mein Name ist ja Marie, Marie de Rohan. Genauso ist auch meine Liebe zu Dir. Ich selber absolvierte das Sakrament zweimal in meinem Leben, kam so der Heiligen Familie, dem Erlöser näher.

Die Türen dieser Kathedrale, dieses Himmelreichs öffnen sich nun für uns. Es ist das Reich der Mutter Kirche. Sieh die roten Lichter im milden Schein, in der Dunkelheit.

Die Kirche trägt die Liebe weiter, ist von ihr durchdrungen und will alle umarmen und zu sich nehmen, in der Helligkeit und besonders in der Dunkelheit, wenn Mangel und Not ja so bedrängend sind. Die Kirche kämpft für sie. Dies ist eine entscheidende Lehre, die Du als eine der ersten empfangen wirst. Die Kirche ist überall vertreten, im ganzen Reiche - bei Hofe, an den Flüssen Seine, Indre… im Lande und in der Stadt. Bischöfe tragen die Liebe weiter und umarmen die, die bereit sind, die Liebe zu leben.

Du siehst hier ja die Tugenden der Jungfrau Maria. Es ist eine Offenheit, die alle aufnimmt. Sie bittet für alle in Not. Sie steht allen bei. Sie steht allen bereit. Sie nimmt niemanden aus - alle Stände kehren bei ihr ein, und ihr Herz ist offen für alle. Die katholische Welt vereint alle Stände in Umarmung. Adel, Klerus… sie schirmt und beschützt die Stände des allerchristlichsten Reichs. Wer klagt, wird von ihr gehört. Für Klagen hat sie ein offenes Herz.

Ihr goldenes Herz ist ja für alle sichtbar, alle drängen sich zu ihm, daran teilzuhaben. In allen christlichen Reichen weiß man, wie freigiebig sie mit Liebe ist. Die Flucht nach Ägypten verletzte ihre Hoheit… doch der zum König bestimmte Christus beschützte sie - in einer gleichsam entrückten Tat stand er den Eltern bei… Ohne Geld und in Bedrängnis rettete die Liebe sie aus Not. Die Jungfrau ist auf der Flucht, gleichsam auf Reisen, in der sie trotzdem nie den Mut sinken lässt und noch die Welt mit Güte unterstützte und befruchtete.

Sie öffnet ihren Schoß für die Geburt der Liebe. Blick auf, wie das Jesusknäblein so nackend und goldig in den Händen der Jungfrau liegt - der später erhöht werden wird - der Jungfrau, die empfing und trotzdem unbefleckt blieb!

In ihrem Schoße musste etwas Heiliges, Höheres entstehen. Das Kleine wuchs heran und die Welt spürte die Seligkeit. Das Kleine wurde nachher zum riesigen König der Welt, der Gnaden, der Seligkeiten.

In der Begegnung mit dem Nackenden wird das Himmelreich immer näher, immer offener, immer fließender, immer ekstatischer. Man sieht gleichsam schon Ekstatisches in der Zukunft nahen. Verzückung ist das Ergebnis.

Die bunten Farben der Darstellung zeigen Dir, wie freudig das Leben sein kann. Wonne und Zuneigung ist überall möglich, in allen Ländern der Christenheit, überwiegend in Frankreich und in Spanien, dessen Versöhnung ich mein Leben widmete. Wohin sie auch vom bösen Schicksal, von Nachstellungen der Missgünstigen und Gemeinen getrieben wird, es verbindet sich Bedrängnis mit Freude. Nie kann ihr Mut sinken, immer verbindet sie Liebe mit Hingabe und Offenheit für Bittsteller und Liebende, die zu ihr drängen.

Dein Leben steht jetzt vor Dir. Ich bestimme Dir Herrlichkeit bevor, ein Leben in Anbetung und Glanz. Es wird ein Prinz sein, der Dich ehelicht, ganz sicher. Ich sehe Dich ihn anlächeln. Ich bitte Dich, blicke unterwürfig und anbetend zu ihm empor. Alle

Glieder, die das Bild enthält, wird auch Dein Leben enthalten. Die nackende Erlösung, die Herrlichkeit, die Ergötzungen, die Liebe, den Halt.

Du wirst ebenfalls aus Elend und Missmut wieder in Herrlichkeit wiederauferstehen. Nicht einmal die Heiligen sind davor gefeit. Die Existenz der Jungfrau Maria ist eine Allegorie für das Dasein der Welt. Sie ist bedroht, das Böse verfolgte sie. Sie litt - aber auch Du wirst wiederauferstehen. Falls es Dir jemals an Gunst gebricht. Doch die Lehre, die Dir die Mutter gibt, ist: Suche Liebende und halte Dich an sie. Lebe Gebet und Hingabe.

Du benötigst Optimismus und Lebensfreude, wie Du es auch am Lächeln der Jungfrau siehst, die der Welt ihre Liebe schenkte, und von der die Kirche heute noch lebt. Nimm dir ein Vorbild an den geöffneten Armen und umfange die Welt.

Ich lebte die Tugend gegenüber der Königin Anna. Ich versuchte, Liebe, die im ganzen Universum zu finden ist, zu verwirklichen. Trotz mancher Abweisungen gab ich die Offenheit gegenüber ihr nicht auf. O Anna, himmlische Königin!, die Du im herrlichen Louvre lebtest, ich bezeugte Dir - und das darf ich ohne Scham wohl sagen - dieselbe Liebe wie die Marie dem Jesusknäblein. Wie ich ihr mein Leben widmete! Wie ich mich in Liebe aufgab!

Ich war mir sicher, dass diese Liebe mich reicher machen würde. Ich bemühte mich selbstlos, immer in ihrer Nähe zu sein. Ich begleitete sie ja überall hin! Ich gab und empfing, in der Nähe des Erhabenen ist das Leben seliger. Doch wie Christen hatte auch ich Undankbarkeit zu erleben. Einstens wurde mir die Liebe entzogen, wie viele Nächte verbrachte ich in Finsternis - Ich sah in ein Dasein ohne Liebe - Ich hatte zu kämpfen - ich schrie… Gott sei dank erschien zuweilen ein Erlöser, der mich nahm… der mir die Verbitterung vertrieb und der mir Freude und einen Glimmschein der Freude in die dunkle Nacht brachte.

Mon Charlotte, ma chérie, denke und sieh genau hin, wie auch im heutigen Frankenreiche die Erinnerung an die Erhabene Mutter hochgehalten wird - sieh die Verehrenden, die - auch gerade in Deiner Umgebung - sie vergöttern. Vergiss nicht, auf die Liebe in Deiner Umgebung genau zu achten. Wer verehrt Dich - wer ist bereit, sich Dir hinzugeben, wer gibt sein Selbst gern auf für Dich? Hier ist die Familie Guise, der wir angehören - sie regieren in Lothringen - sie hielten Treue zum römischen Papste, dem Hüter der Verehrung. Sieh den Glauben dieser Familie. Wir haben dort immer Schutz und Schirm zu erwarten. Denke daran, immer die Partei der Richtigen zu ergreifen - hänge Dich an die, die bereit sind, wie die Jungfrau die Liebe im Schoße zu tragen. Verhüte den Kontakt mit dem Lieblosen - wie viele Dynastien im christlichen Frankenreiche geben zu lieben vor - hassen dagegen...

Um Gottes Willen Charlotte! - wie mich eine Liebe erschüttert, empor reist! Wie ich jetzt in der Erinnerung an meine Beziehung zur Königin von Frankreich die Gesinnung der Heiligen Jungfrau nachfühlen kann! Wie Angelophanien, Schatz!, hatte ich Ekstasen der Seligkeit… Graf Holland, bei dem ich gleichsam selige Freude erfuhr, die mir Bitternis vertrieb, Buckingham, ein engelhaftes Antlitz, das mir eine Vorahnung des Paradieses eingab… Chalais, bei dem ich Offenheit und Hingabe lernte… Châteauneuf, dessen Arme mich umfingen wie Mauern einer erhabenen Kathedrale, eines bergenden Gotteshauses… Montaigu, dessen Liebe mich aus einer höllenhaften Verbannung riss… sie schienen mir zuweilen selbst wie Erhöhte…

Und nun, meine Liebe Charlotte, höre meinen erschütternden Lebensbericht.

Erstes Kapitel

Gütiger Himmel, nachdem sie doch mit ihren Augen so lange gebeten und gebettelt hatte, erklärte ich mich dazu bereit, die haarsträubenden Abenteuer meines Lebens zum besten zu geben. Welche Schläge hatte ich denn schon durchgemacht, wie hatte man mich aber auch schon verehrt! Herr, ich war sicher, dass Anna das Hören und Sehen verginge, wenn sie meine Erlebnisse vernähme. Ihr war ja diese Sehnsucht anzumerken, diese Unerfülltheit, diese Unbefriedigtheit, eine Art Hoffnung auf Lust und Abenteuer. Dies hatte wohl ihre Sehnsucht auf mich geweckt, die ich in Stürmen, Hass und Anfeindungen mich durch List, Gewandtheit und Überlegenheit auszeichnete. Sie sah dann mit geweiteten Augen zu, als ich erzählte: Als Prinzessin von Rohan auf die Welt gekommen, wuchs ich auf Schloss Couzières auf, unweit des Flusses Indre. Meinem Vater entwischte ich dauernd, und da mein Bruder mich bewunderte, verbrachte ich viel Zeit mit ihm, auf der Jagd und bei Spielen. Diese Zeit machte mich zu einem richtigen Wildfang, wir tobten durch Wald und Schloss, ich begann, stark zu werden, mich zu wehren und mir nicht alles gefallen zu lassen.

 

Wie ich immer ihre geweiteten Augen bemerkte, als ich ihr erzählte! Gott, wie ihr Gemahl, der König Ludwig, meiner Vermählung beiwohnte! Der Herzog von Luynes stand doch so hoch in seiner Gunst! Er war ja so angesehen, dass Ludwig ihn am liebsten anverwandt gesehen hätte. Als wir in den Hafen der Ehe einfuhren, bat Majestät den Herzog zu sich, empfing ihn in seinen persönlichen Gemächern, führte ihn in die Kapelle der Königin. Dort ließ es sich der Erzbischof von Tours nicht nehmen, uns den Ehesegen zu erteilen! Als die Königin meine Erzählung vernahm, waren ihre Augen wie ein glänzender Ozean!

Doch war ich auch gedemütigt! Doch wurde ich von Luynes auch wie ein Werkzeug benutzt! In seiner Feigheit, die ihn manchmal wie ein Frosch sich verbergen ließ, suchte er Bedrohungen zu entgleiten. Er hatte Mademoiselle de Vendôme begehrt, an der er jedoch zurückstieß. Er fürchtete sich vor der Abneigung ihrer Familie, und um einem Unglück zu entwischen, warb er um meine Zuneigung, und gewann sie.

„Gott!, wie wurden sie betrogen,“ antwortete Anna.

„Ich bemerkte seine Schlüpfrigkeit erst später, und mit seiner Flüssigkeit erkannte ich seine List.“

„Himmel“, rief sie, „wer so hoch steht wie Sie, hat die Pflicht, dem etwas entgegen zu setzen.“

Dann begann man bei Hofe, mich wegen meines Aussehens zu verleumden… Gott!, man beschuldigte mich, den Sturz Annas herbeigeführt zu haben, obwohl wir doch, in vollem Bewusstsein ihres Zustandes, mit aller Vorsicht sie durch den Saal geführt hatten. Obwohl Conti und ich sie führten, stolperte sie an einer Stufe, durch einen bösen Dämon verleitet. Welche Schmerzen, welches Leid musste sie wohl durchstehen, bis klar war, dass das Kind gestorben war. Sie verlangte dringend nach mir, wimmerte in Trauer: „Gott, ich habe meinen Beichtvätern alles Recht getan, ich habe den Willen Gottes ausgeführt, ich habe die Heiligen verehrt, warum stößt mir dies zu?“

Offenbar war man gewillt, mir die Schuld zu geben, um mich, die treueste Freundin der Königin von Hofe entfernen zu können. Ein Schock des Todes und eine Zeit tiefster Trauer begann dann, als mein erster Mann, der Herzog von Luynes, starb. Wie Anna, als ich erzählte, von meinem Schicksale tief gerührt, geschockt und betrübt mit ihren Augen mitging! Ich merkte, wie sie von meinem Geschicke und meiner Trauer verzweifelte, wie sie ein Mitleid rührte! Böse Mächte - ich sprach den Namen Ludwig, dessen Hass mich mein ganzes Leben lang verfolgen sollte, bis zu seinem Tode, nicht aus, da Anna davon erschüttert werden konnte - mich von Hofe zu entfernen suchte. An diese Angst denke ich heute noch! Anna war, als sie von diesem Unglück hörte, zu Tränen gerührt!

Aber die Liebe der Königin zu mir bestand! Wie wir den Zusammenhalt dann immer stärker fühlten! Wie wir uns dann immer besser zusammenfanden! Sie brauchte doch meine Unterstützung, als die den Thronfolger, den sie zu gebären hatte, verlor. Es forderte Majestät natürlich zu höchstem Zorn heraus. Sie fühlte doch die Ungerechtigkeit der Anschuldigungen, sprach ihre Solidarität mit mir aus. Durch meine Verbannung, den Schmerz im Unterleib, den Zorn des Gemahls verfiel sie in tiefste Trauer. Und auch ich litt zu der Zeit an den Ungerechtigkeiten des Regenten!

Nach dieser Erschütterung konnte in ihr doch auch nur ein Zorn entstehen, der, durch die Ungerechtigkeit genährt, die ihr ihr Gemahl dann antat, unbeherrschbar wurde. Sie zeigte mir dann ihre große Liebe! Ich musste es erdulden, dass der König seinen Hass auf mir entlud, konnte kaum noch schlafen, bis Anna begann, meine Ehre zu verteidigen. Sie schleuderte ihm ihren Widerspruch entgegen, sandte die Herzöge Chevreuse, Guise zu ihm, seine Schwäche auszugleichen, die ihn verleitete, mich in derartige Stürme zu stürzen.

Ludwig hatte also, in seiner Niedertracht, beschlossen, mich von Hofe entfernen zu lassen, also war ich ja berechtigt, mich zu wehren. Ich konnte nicht mehr anders, als mich bei jemandem einzuschmeicheln, der wiederum in der Gunst des Königs stand, und daher geschätzt wurde. Der Herzog von Chevreuse hatte meine reine Liebe ja vorher schon, trotz meiner Verheiratung, kennen gelernt. Gott!, er war auf die absonderliche Idee einer Wallfahrt zur schwarzen Madonna von Liesse gekommen, unweit von Paris bei Laon, und hatte auch noch einige Freunde dahin mitgenommen. Ich sandte ihm sofort jemanden hinterher und ließ ihm mitteilen, er solle die alberne Pilgerei zu dieser verrunzelten Jungfrau sofort sein lassen und nach dem Hofe kommen, da ich ihn heiraten müsse. Meine Stellung bei Hofe sei in höchster Gefahr, da ich verbannt werden solle.

Schneller als der Wind kehrte er zu mir zurück, ich nahm ihn zum Mann, und wir übertölpelten den König, der so weich wie Wasser war, durch meine List und Eile. Meine Verführungskraft, Aussehen und Attraktivität taten ein Übriges. Trotz eines Verbannungsbeschlusses des Königs und seines Ministers blieb ich bei Hofe.

Ich und die Königin fühlten dann eine Übereinstimmung, fast wie zwei Liebende. Ich scheue mich, den König nicht zu ehren, fühle eine Scham, ihn zu kritisieren, Charlotte, aber, Gott! wie er mich demütigte! Die Montmorency, eine vertrocknete, niemals ausgelassene Matrone, sprach ihre Trauer darüber aus, dass sie nicht mehr Oberhofmeisterin war; hintertrieb meine Berufung in dieses mit so vielen Ehren und solcher Nähe zur Königin verbundene Amt, die ich mir so bitter verdient hatte. Doch Anna äußerte sofort ihre Zuneigung zu mir. Tränen traten in ihre Augen: „Madame, es ist doch eines der höchsten Gefühle, Freund zu sein, sie können sich meiner Zuneigung sicher sein, und dass wir immer verbunden sein werden.“

Ich antwortete mit gerührtem Blicke: „Majestät, wie danke ich Ihnen, es ist meines Glückes Voraussetzung, ihre Wertschätzung zu erfahren. Welche Bangigkeit befällt mich bei dem Gedanken, verstoßen zu werden, ohne Freunde dazustehen.“ Ihre Miene entspannte sich nun, ich sah, wie sie mich fixierte. Gefühle lösten sich nun in ihr. „Aber Gott, wenn der König denn nun richtig entscheidet! Ich vertraue auf seine Weisheit! Ich hoffe, dass Gott, in seiner Klugheit, ihm die Gabe des richtigen Rates gibt, dass er das Richtige tut!“

Meine Augen waren voll Rührung. „Himmel, er muss doch den Wunsche seiner Gattin kennen! Er kann doch nicht gegen ihr Glück handeln! Was immer seiner Majestät zusteht!“

Ihre Augen leuchteten nun. „Kaum könnte ich es ertragen, eine Ungeliebte in meiner Nähe zu sehen. Immer würde ich vor Sehnsucht nach Ihnen, Herzogin, von einer Meerenge von Tränen, die mich benetzen, hinweggespült werden.“

Gott, ich hatte es erreicht, dass die Königin mir ihre Wertschätzung immer bezeugte. Ich merkte ihr ihre Liebessehnsucht ja an, an ihren leuchtenden und glutvollen Blicken sah ich ja, dass sie von meinen Abenteuern zu wissen begehrte, und ich gab bereitwillig nach.

Da kam ja, mit dem Vermählungszuge aus Edlen, Herzögen, Botschaftern, Emissären, Unterhändlern auch der Graf Holland. Als die Schiffe den Ärmelkanal überquerten, in Paris angelangt waren, um die Eheschließung der füreinander bestimmten Karl von England und Henriette-Marie von Frankreich abzuschließen. Gott, wie es in meinem Busen zu stürmen begann, wie ich den Grafen Holland erblickte! Und wie seine Augen mich anleuchteten! Und wie ich zurückstrahlte! Ich konnte mein Sehnen, mein Begehren kaum noch stillen! Unsere Verliebtheit war nicht mehr zu verbergen, und so drang Anna in ihrer Neugierde in mich, ihr zu berichten, sie wünsche daran teilzunehmen, um Freude zu empfinden. Ich kam in ihre Gemächer, ich fand sie unruhig hin- und herwandernd, dann hielt sie plötzlich inne, lief dann aber auf mich zu, riss mich am Ärmel meines Kleides und bekniete mich, „Madame - ich gestand Ihnen meine Sehnsucht, bitte - meine Neugierde kann ich nicht mehr ertragen, bitte, ich muss wissen, was Sie fühlen!“

Ich schlang meine Arme um sie, antwortete: „Auch mich drängt es, von dem Sturm, der mich erfasste, Ihnen zu berichten.“ Wir setzten uns, ihre Augen fixierten mich und ich schilderte, dass meine Fotze schon seit dem Zeitpunkte, da ich ihn zum ersten Mal sah, schon so nass wie ein Ozean war, dass ich nachts unstillbar ihn begehrte, dass sein Riemen so dick wie ein Schiffstau sei und dass er jetzt jede Nacht, unter wilden Bewegungen, in meinen Hafen einführe. Der Schein des Mondes beschütze uns, aber wir müssten leise sein, um kein Aufsehen zu erregen.

Tatsächlich versetzte der Lord mich in die höchsten Ekstasen, ich wollte mein Gemach gar nicht mehr verlassen, und wie liebte auch er das Vergnügen: Er bezirzte mich, er regte mich an, und wie viele Gedanken flossen aus seinem schönen Haupte.

Seine Anwesenheit war für mich wie ein Gewitter, ein wilder Sturm! Ich verfiel in Abwesenheiten, in denen ich mich nur in das Vereinte Königreich sehnte, ich verfiel in Ekstasen, wenn er mich küsste, ich machte Qualen durch, wenn er seine Arme um mich schlang. Es war ja meine erste große Liebe! Nie hatte ich bei dem Herzoge, mit dem ich verheiratet war, solche Zuneigung, Leidenschaft gespürt! Erst jetzt konnte ich meine erste große Erfüllung erleben. Seine Schnurren, die er erzählte, begannen immer mit einem Lächeln, und mit einem Strahlen der Augen. Dann erzählte er die Anekdote, wie ein befreundeter Edler einmal eine Abweisende zum Liebesgenuss angeregt habe: Er habe ihr vorgelogen, dass ihr Ehemann in des Edlen eigene Gattin verliebt sei uns sich unbemerkt mit ihr in einem Badhause treffen wolle. Die Abweisende habe daraufhin beschlossen, sich ebenfalls in dem Badhause einzufinden, um anstatt ihrer an dem Stelldichein teilzunehmen. Der Edle habe dies vorausgesehen. Der Graf Holland habe dabei den Part des Badhausbetreibers einnehmen müssen, was er ganz ausgezeichnet und mit hoher Lust versah. Die Abweisende kam nun also in das Etablissement in der Gewissheit, dort ihren Mann vorzufinden und sich an die Stelle der vermeintlichen Buhlerin zu schleichen. Der Graf wies ihr einen dunklen Raum an, wo sich allerdings nicht der Gatte der Dame, was sie natürlich in ihrer Eifersucht nicht ahnte, sondern der dem Grafen befreundete Edle befand. Sie gab sich ihm in der größten Lust hin, da sie sich einbildete, ihren Mann für seine Untreue zu strafen, dabei jedoch in den Armen des Edlen lag, der sich über seine Eroberung freute, und ich konnte nicht anders, als mir einzupissen vor Lachen. Wie begeisterte er mich, ich war immer der Meinung gewesen, ich kennte viele Geschichten, aber welche Riesenzahl kannte er! Als sich dann in meine Hafeneinfahrt eine Flut ergossen hatte, und wir beide völlig übermüdet und kraftlos dalagen, fragte er mich: „Kann denn die Königin Sie auch anregen, erheitern, Abwechslung verschaffen?“

Das brauchte ich ja nun nicht mehr, denn ich habe ja dich, dachte ich, und ich antwortete: „Es gibt Gesellschaftsdamen, die der Königin Ablenkung verschaffen.“

Ich verstand nicht ganz, ich sah ihn etwas fragend an, und dann erkundigte er sich weiter: „Genießen Majestät denn eigentlich die Festtage, die sich gerade in Paris abspielen?“

„Ja natürlich“, sagte ich, „freut sie sich über die Vermählung, durch die die füreinander Bestimmten nun zueinander kommen.“

„Und was bereitet denn der Königin meisten Vergnügen?“ Und er fragte weiter, indem er mich fester in seine Arme nahm und küsste, „Was bereitet Madame denn am allermeisten Vergnügen?“

Ich überlegte fieberhaft, was ihm denn die Auskünfte, die er von mir wünschte, nützen könnten, war es denn eine Intrige, die er beabsichtige?, und ich antwortete ihm einigermaßen ratlos. „Die Königin, wie ich bestätigen kann, liebt das Theater.“

Seine Fragerei ging aber nahtlos weiter, und er wollte erfahren, ob ich denn sicher sei, dass die Königin den König denn wirklich unaussprechlich liebe, und mein Sinnen, endlich hinter seine Wünsche zu kommen, wurde dadurch unterbrochen, dass er mich küsste. Ich war mir sicher gewesen, dass es niemandem gelingen könnte, ich zu überlisten, also auch ihm nicht, Gott!, dann merkte ich plötzlich ein Gefühl der Erregung in mir, einen Sturm, ein Ahnen.

„Die Königin ist ja,“ wie ich sagte, „durch Sakrament verheiratet, und der Respekt davor ist ihr das Höchste. Ihr Glaube geht so tief“, versicherte ich ihm, „da sie schon von Kindheit an davon überzeugt wurde.“

Dann fing er an, vom Herzog von Buckingham zu schwärmen, dem Vertrauten des englischen Königs, dem bei Hofe die Herzen aller Verliebten zuströmen, der unaussprechlich schön war, und der bald, an den Unterhandlungen teilzunehmen, bei Hofe eintreffen würde.

 

„Gott!“, rief ich, „Gott, welcher Gedanke, welcher Genieblitz“, und, da ich endlich, was mir in meiner Benommenheit bis jetzt schwer gefallen war, verstand, küsste ich ihn vielmals. „Herrgott!“, rief ich ihm zu, „welch göttlicher Plan!“, und wie ich ihn bewunderte! Ich erlebte dann einen Momente des herrlichsten Glücks, als ich mir ausmalte, wie wir Anne und den Herzog von Buckingham zu Verliebten machen würden, und der Graf befeuerte meine Phantasie noch, so dass ich von dem Gedanken ganz besessen wurde! Noch heute denke ich, Charlotte!, mit dem höchsten Vergnügen daran! Er nahm mich in den Arm, und bat mich: „Bedenken Sie, welchen Gefallen Sie Ihrer Freundin, wenn Sie ihr den Herzog von Buckingham vorstellten, tun würden.“

Ich konnte mich der Sehnsucht nicht erwehren, den Entschluss gleich auszuführen, ich begann, unter Zuständen von Nervosität zu leiden und musste erregt hin- und hergehen, zitterte; dann konnte ich mich kaum noch bewegen; dann ging ich zur Königin, ich beklagte ihr eine Krankheit, sah, dass sie sofort erschrak, betroffen war. Madame, was ist Ihnen, fragte sie erschüttert, mit geweiteten Augen. „Gott, ich leide an einer Krankheit, die mich zerstört,“ sagte ich, die Königin umarmte mich sofort. „Es ist eine Sehnsucht! Es ist eine Sehnsucht!“ Ich zeigte meine unruhigen Glieder; sie wollte mich nicht mehr loslassen. Ich klagte: „Himmel, es ist, seit dem ich den Grafen kenne, sehen Sie, alles wirft mich, alles ist unruhig; ich kann meine Glieder, große Teile meines Leibes nicht mehr kontrollieren.“ Sie hielt mich immer noch; sie suchte Worte des Trostes, mich aber schüttelte eine Krankheit. Dann stimmte sie in mich ein: „Herr, ich wusste nichts über die Macht der Sehnsucht; wie ich Ihnen nur helfen kann;“ dann ließ sie mich kurz, blickte zur Seite; fuhr fort: „Gott, ich dachte, auch wenn einen etwas verzehrt, das Wünschen sei beherrschbar; durch Gebete und Abstinenz flieht die Anfechtung; doch wie ich sehe, sind sie machtlos.“ „Liebste,“ antwortete ich, „auch wenn ich Schuld trage, auch wenn ich sie ganz sicher fühle, bin ich doch machtlos, es ist ein Sehnen, von dem mir schon zu Beginn, als ich den Lord sah, ein Dämon sagte, dass ich es nicht überwinden könne; ein Herrlicher!“, fuhr ich fort, „ist er, dem ich nicht widerstehen kann.“ Sie drehte kurz ihre Pupillen. „Ich denke nun anders, da ich sie leiden, ihre Gesundheit zerstört sehe, über bestimmte Vorfälle der Vergangenheit; auch als man über meinen Gatten, Ludwig, und Sie sprach.“

Ich senkte meine Augen. „Auch ich trage Schuld,“ sagte ich mit verweinten Augen, „doch in einem Momente der Liebe, der uns alle augenblicklich bezirzen kann, haben wir uns nicht mehr in der Macht. Aber Gott gibt uns die Möglichkeit der Beichte, und ich werde sie nutzen,“ schluchzte ich, riss mich aus ihrer Umarmung und stürzte davon. „Ich wünsche, dass ihre Krankheit weichen möge, und bete,“ rief sie mir noch hinterher.

Gott!, war mir die Komödie gelungen, die zu spielen ich mir vorgenommen hatte! Ich hatte alles vorausgesehen, was jetzt geschehen würde: Hubertine, mein Zöfchen, hatte ich vorher ihren Part angewiesen, sie solle sich alles, was geschähe, in ihr Gedächtnis einprägen; Gott, wie erregt ich war! Es war die Rolle meines Lebens! Dann rief ich den Graf, dem ich vorher eingeschärft hatte, was er tun müsse; es lief das Stück in der Art ab, wie ich es mir vorher ausgedacht hatte: Rasend vor Sorge lief Majestät zu meinem Gemache, mir Teilnahme zuzusprechen; durch die Türe hörte sie laute Schreie; als sie mir Stützung anbieten wollte, sollte sie Hubertine, die ihren Part herrlich spielte, zum Schein zurückhalten; „Bleiben Sie! Bleiben Sie! Madame ist leidend!“

„Lassen Sie mich zu ihr! Ich bin ihr Hilfe, Karitas schuldig!“, rief sie und riss die Türe auf. Da Hubertine sie zu hindern versuchte, öffnete sich die Tür einen Spalt, und die Königin konnte sehen, wie der herrliche Seefahrer, vor Nässe schon triefend, sich die Kleider vom Leib riss, in allergrößter Drangsal seinen Kiel in meinen Leib senkte und los schwamm, als wollte er eine ganze Meerenge auf einmal überqueren. Es waren übermenschliche Manneskräfte, die entbunden wurden, es ging ein Sturm über mich hin; mehrmals wurde mir schwarz vor Augen. Siebenmal fand diese erregende Meerfahrt statt! Ich meinte, es ginge eine Sturmflut über mich nieder! Danach war ich wie tot, konnte gerade noch dem Lord, der mich über und über küsste, zuflüstern: „Wir haben den Fisch an der Angel!“, dann rief ich mein Zöfchen. Ich instruierte sie, zum Gemach der Königin zu springen, die Bediensteten zu fragen, was sich ereignet hätte; sie brachte dann die Nachricht, man habe alles beobachtet und genau registriert. Hubertine sei durch eine Tapetentüre Zeugin von allem geworden, die Königin war wie benommen, wie in Ohnmacht auf ihr Bett gefallen, habe sich unentwegt an Rock und Ärmeln gerissen, dann die Arme in den Nacken gestreckt.

Ich schilderte dem vor Hitze triefenden Grafen, was sich zugetragen hatte, und er bekannte: „Ich kann die Spannung, die das bevor stehende Eintreffen der Herzogs in mir auslöst, kaum noch ertragen, er ist einer der schönsten Männer des vereinten Königreichs, der Herrscher verehrt ihn gleichsam, und ich selbst wurde von zahlreichen Bewunderinnen gebeten und bedrängt, die Aufmerksamkeit des Herrlichen auf sie zu lenken und ihm Botschaften zuzustecken. Ich habe auch einige Male die Ehre gehabt, von ihm das Vertrauen zu erhalten, als Postillon d’Amour in galanten Angelegenheiten ihm dienen zu dürfen.“

Dann langte der Begehrte in Frankreich an! Dann traf das ein, was so viele heiß ersehnten! Ein Schiff legte am Seinekai an, der Erwartete war über den Ärmelkanal und den Fluss aufwärts gesegelt, und Hofdamen, Adelige, Prinzessinnen und Gräfinnen säumten das Ufer. Wie viele neugierige Blicke waren auf ihn gerichtet! Dann brachte man ihn in den Palaste, die Tore öffneten sich und man empfing ihn mit offenen Armen.

Himmel, Gott! Welche Dramen machte ich durch! Welche Zustände machte ich durch! Ich begann, um meine ohnehin schon angegriffene Gesundheit zu fürchten. Der Graf und ich waren natürlich höchst gespannt, wie die Herrscherin, die wir vorher schon so heiß gemacht hatten, auf den Herzog reagiere. Ich bemühte mich, bei jedem ihrer Treffen zugegen zu sein. Ich war natürlich schon geübt, jede ihrer Gesten, jede ihrer Bewegungen zu deuten.

Doch sie schenkte ihm Zuneigung! Doch sie schien ihn gar zu lieben! Ich konzentrierte meine ganze Aufmerksamkeit auf das Gespräch, und ich sah, wie ihre glutvollen Augen ihn fixierten. Er fesselte sie, indem er erzählte, dass er auf der Überfahrt einen Sturm erlebt habe, der ihn fast getötet habe, und ihre Augenlider waren geweitet vor Angst. Ihr Blick folgte ihm fortwährend, und wurde dann heller, heiterer, ihr ganzes Antlitz wurde liebevoller. Ich saß neben ihr, fixierte sie, und hörte genau zu, als Buckingham von seinen jungen Jahren sprach, die er am französischen Hofe verbracht habe. „Wie viele frohe, glückliche, spielerische Stunden verbrachte ich dort“, sagte er, und ich dachte, hoffentlich sagt Anna jetzt nichts falsches. Ich feuerte sie so mit meinen Gedanken noch an! Und wie wunderbar, wie willig sie ihnen folgte!

„Und wie viele Sehnsüchte ließ ich auch dort zurück“, fuhr er fort, und Anna antwortete mit feuchten Augen: „Auch ich erinnere mich des Zaubers, der über einer Kindheit liegt“, „Es ist alles Heiterkeit“, ergänzte er, und sie fuhr fort, „es sind anmutige Freundschaften, in der Rückschau ist alles in ein gleißendes Licht getaucht.“ Das machst Du ja ganz wunderbar, dachte ich, und Buckingham erwiderte ihr: „Ich erinnere mich eines Spiels, in dem es darum ging, Ringe über in den Boden gestoßene Pfähle zu werfen, in dem es darum ging, genau zu treffen, es war nahe von Wasserspielen, und auch blinde Kuh.“