Die rote Arche

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Die rote Arche
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Die rote Arche

1  Die rote Arche

2  Impressum

Die rote Arche
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Mein Herz zersprang vor Wut. Ich hasste ihn.

„Was hast du dir dabei gedacht? Du weißt, wie verliebt ich in Victoria bin. Wie konntest du mir das antun? Du bist mein bester Freund, wie konntest du mich so verraten?“ Ich schaute ihn wütend an.

Er hob die Hände, um mich zu beruhigen. „Peace, jetzt komm mal runter. Was kann ich dafür, dass ich auch auf sie stehe? Sie ist nun mal das hübscheste Mädchen an der Schule. Und dazu noch intelligent. Das ist eine seltene Mischung. Abgesehen davon, redest du über nichts anderes als sie, wenn wir abhängen. Was erwartest du denn da? Ich bin auch nur ein Mann.“

„Ein Mann? Soll ich mal lachen? Was für ein Mann bist du, der seinen besten Freund hintergeht? Das ist so mies.“

Ich schluckte und merkte, dass ich den Rest meiner Beherrschung verlor. Meine rechte Faust ballte sich zusammen. Ich wollte ihn schlagen. Ich bekam kaum Luft. Mein ganzer Körper zitterte. Meine Augen füllten sich mit Tränen.

„Ich hasse dich.“

„Mensch, Peace. Sag so was nicht.“

„Ich hasse dich.“

Jetzt schrie ich es ihm in sein Gesicht. Dann merkte ich, wie mir schwindelig wurde, und ich mein Bewusstsein verlor.

I

Als ich erwachte, lag ich am Boden. Es war schon dunkel geworden. Mein ganzer Körper tat weh. Ich konnte mich nicht bewegen. Feuchte stieg aus dem Boden auf. Hatte es geregnet? Ich fühlte mit meiner Hand die Oberfläche. Ich lag auf Gras. Seltsam, wir waren doch auf dem Schulhof gewesen.

Langsam wurde ich mir meiner Umgebung gewahr. Der Vollmond stand über mir und beleuchtete ein kleines Wäldchen jenseits der Lichtung, auf der ich lag. Ich konnte nicht fassen, dass es schon dunkel war.

Schwerfällig richtete ich mich auf und stieß mit dem Hinterkopf gegen etwas Metallenes. Verdutzt drehte ich mich um. Hinter mir erhob sich eine mehrere Meter hohe, nach außen gewölbte Wand. Diese zog sich nicht nur in die Höhe, sondern erstreckte sich rechts und links von mir, anscheinend unendlich, in die Breite. Was zum Teufel war das?

Vorsichtig klopfte ich mit einem Finger gegen dieses immense Gebilde. Es klang hohl. Ich legte mein Ohr an die Wand und lauschte. Nichts.

Langsam wanderte ich in eine Richtung, immer entlang des Konstruktes, das kein Ende zu haben schien.

Ich lief Ewigkeiten, bis ich irgendwann ein leises Rauschen hörte, das immer stärker wurde, je weiter ich ging. Es hörte sich an wie ein Fluss. Ich mochte dieses Geräusch. Seit jeher faszinierten mich Gewässer. Stundenlang konnte ich dasitzen, diesem entspannten Gesäusel lauschen und nachdenken.

Jetzt gesellte sich der erste zaghafte Gesang eines Vogels zum leichten Rauschen des Wassers hinzu. Bald würde es dämmern.

Nach ein paar weiteren Metern hatte ich das Ende der metallenen Mauer erreicht. Gespannt schaute ich um die Ecke und sah, dass tatsächlich ein Fluss jenseits der Mauer floss. Vielmehr bemerkte ich, dass die Mauer zu einer Art Gebäude gehörte. Aus dem unteren Teil, dort wo die Grundmauer des Gebildes sein musste, ergoss sich das Gewässer.

Nun fragte ich mich das erste Mal ernsthaft, wo ich überhaupt war. Nie hatte ich in der Stadt dieses Gebäude gesehen oder davon gehört. Und ich kam viel herum. Jeden Tag erkundete ich mit den Jungs die Gegend. DAS hier wäre mir schon aus weiter Entfernung aufgefallen.

Ich näherte mich dem Flüsschen. Das Säuseln zog mich magisch an. Die Dämmerung schritt schnell voran, und ich konnte im klaren Gewässer schon gut einige größere Steine entdecken, über die sich das Wasser wälzte.

Plötzlich schreckte ich zurück. Ein übergroßer Fisch schnellte an einem Felsen entlang flussabwärts. Da, schon wieder. Dann kamen ganz viele. Ein ganzer Schwarm von regenbogenfarbenen Meerbarben zog vorbei. Ich erkannte sie sofort, obwohl sie normalerweise von rötlicher Farbe war. Mein Großvater hatte mit mir alle Meeresfische einstudiert.

Die Meerbarbe, wie kam sie in den Fluss? Und wieso war sie regenbogenfarben? Ich hielt meine Hand kurz ins Wasser, um es dann zu schmecken. Salzig. Na wenigstens. Ich hätte mir auch nur schwer erklären können, wie die Meerbarbe im Süßwasser überleben konnte. Aber von einem salzhaltigen Fluss hatte ich noch nie gehört. Das Meer war, abgesehen davon, hunderte Kilometer entfernt.

Noch immer schnellten die Fische an mir vorbei. Ich war begeistert, noch nie hatte ich so nah, so viele Meerbarben auf einmal gesehen. Ich konnte sie jetzt gut erkennen, denn die aufgehende Sonne erhellte die Landschaft. Außer, dass ein salzwasserhaltiger Fluss zu meinen Füssen floss, schien mir an dem Landstrich nichts ungewöhnlich. Um mich herum wuchsen einheimische Büsche und Bäume. Als mein Blick in die Ferne schweifte, erkannte ich nun auch die Kirchturmspitze unserer Stadt, jenseits des Wäldchens. Bei diesem Anblick fiel mir irgendwie ein Stein vom Herzen. Ich war also zu Hause. Dann kam mir wieder das Meer in den Sinn. Ich schüttelte den Kopf. Ich beschloss dem nachzuspüren.

Ich überquerte den Fluss über ein paar große, aus dem Wasser herausragende Steine, um das Gebäude von der anderen Seite zu betrachten. Wie bloß konnte ein salzhaltiger Fluss…? Als ich mich in Gedanken darüber umdrehte, traute ich meinen Augen nicht. Ich blickte auf eine riesige metallrote Meerbarbe, die inmitten einer Lichtung im Stadtwald, in einem salzwasserhaltigen Fluss stand.

Nun sah ich, wie aus dem Gebäude heraus ein paar Vögel in die Höhe flogen. Wirklich neugierig geworden, bewegte ich mich wieder auf den Riesenfisch zu.

Dort, wo der Fluss aus dem Gebäude herausfloss, musste doch eine Öffnung sein. Ich hoffte, einen Blick ins Innere zu erhaschen. Als ich langsam auf die Stelle zuging, bemerkte ich, dass sich einige Meter weiter in der Außenwand eine Glastür befand. War es am Ende leichter als ich dachte? Aufgeregt näherte ich mich der Tür. Als ich nur noch ein paar Meter entfernt war, ging sie geräuschlos automatisch auf.

Das Glas war in der Außenwand des Gebäudes verschwunden. Der Weg ins Innere war frei.

Jetzt war mir doch ein wenig mulmig zumute. Was würde mich erwarten? Immerhin wusste nicht einmal jemand, dass ich hier war. Kurz kam mir nun auch in den Sinn, dass meine Eltern sich sicherlich schon Sorgen machten, weil ich die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen war.

Sobald ich einen weiteren Schritt auf die Öffnung zu machte, hatte ich meine Zweifel schon vergessen.

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