Churning

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Einleitung und Begriff des Churning





Einleitung und Begriff des Churning



Das Glück ist eine leichte Dirne,



Und weilt nicht gern am selben Ort

 “



1





Dieser Vers kann insbesondere auf Börsenspekulationsgeschäfte uneingeschränkt Geltung beanspruchen, sind Spekulationsgewinne doch leider meist „wie gewonnen, so zerronnen“. Nicht in jedem Falle aber sind Gewinne und Verluste Resultate des Treibens von Bulle und Bär. Oft ist es auch – um im Tierreich zu bleiben – schlicht ein schwarzes Schaf gewesen.



2





In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts etablierte sich in Deutschland abermals der mit Schließung der letzten Rohstoffterminbörse 1971 in Bremen wenige Jahrzehnte vorher in der Bundesrepublik eingestellte Warenterminhandel. So nahmen 1998 gleich mehrere Terminbörsen ihre Arbeit auf. Beispielhaft sei EUREX, seit 2012 ein Unternehmen der Deutsche Börse Group, genannt, die im September 1998 aus der Fusion der im Januar 1990 gegründeten Deutsche Terminbörse (DTB) und der zur SWX Swiss Exchange gehörenden Swiss Options and Financial Futures Exchange AG (SOFFEX) hervorging. Die Warenterminbörse Hannover nahm ihre Arbeit im April 1998 auf und fusionierte mit der Dekrebo München zur Risk Management Exchange (RMX), deren Börsenterminhandel im August 2009 wieder eingestellt und an die EUREX nach Frankfurt am Main verlegt wurde. Als letztes sei die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig genannt, die einen Marktplatz für Energie und energienahe Produkte bietet und im Jahre 2002 aus einer Fusion der Leipzig Power Exchange (LPX) und der European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Frankfurt a. M. hervorgegangen ist.



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Die erneute Etablierung des Warenterminhandels in der Bundesrepublik Deutschland ging einher mit einer Vielzahl von Gesetzesnovellierungen, die einzig oder zumindest auch zu diesem Zwecke initiiert wurden. So lag der Börsenrechtsreform von 1989 zum Beispiel die Motivation zugrunde, die Voraussetzung zur Schaffung der Deutschen Terminbörse und „notwendigen Rahmenbedingungen für einen effizienten und volumenstarken Handel“ an selbiger sowie einen funktionierenden Terminmarkt im Allgemeinen zu schaffen. Dies sollte unter anderem durch die Änderung des § 53 BörsG a.F. dahingehend geschehen, dass die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information eingeführt und mithin der Termin- sowie Differenzeinwand eingeschränkt wurden. Die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information ergänzte die statusorientierte, also die an die Kaufmannseigenschaft anknüpfende Börsentermingeschäftsfähigkeit. Bis dahin war es nämlich ausschließlich möglich, wirksame und rechtlich durchsetzbare Kontrakte zwischen Kaufmännern zu schließen. Mit dieser Novellierung konnten aber nun Privatanleger börsengeschäftsfähig werden, wenn sie schriftlich über die Bedingungen und die spezifischen Risiken des Geschäfts informiert wurden. Nur wenn diese Informierung des Privatanlegers ausblieb, konnte er noch etwaigen Forderungen aus dem Geschäft mit dem Termineinwand begegnen, §§ 52, 55 BörsG a.F. „Der mündige Bürger damit in die Lage versetzt, seine wirtschaftlichen Dispositionen uneingeschränkt in eigener Verantwortung zu tätigen, wenn ihm bei seinen Dispositionen ausreichende Erkenntnismöglichkeiten und Entscheidungsgrundlagen an die Hand gegeben wurden“. Mit der dadurch bedingten Öffnung des Terminmarktes für Privatpersonen trat dann auch die gewünschte Reaktion, nämlich die Zunahme von Termingeschäften unter Beteiligung von Privatanlegern, ein. Die Möglichkeit der Börsengeschäftsfähigkeit kraft Information des § 52 Abs. 2 BörsG a.F. bestand gemäß § 52 Abs. 3 BörsG a.F. aber nicht für den Warenterminhandel, wiederum mit Ausnahme von Edelmetallen. Dies war wohl Folge dessen, dass mit der Börsengesetznovelle von 1989 vorrangig die Voraussetzungen der DTB geschaffen werden sollten. Aber auch mit der DTB gab es noch keinen Warenterminhandel in der Bundesrepublik, weshalb mit dieser Regelung wohl einzig der ausländische Warenterminhandel diskriminiert wurde. Privatanlegern blieb deshalb nur die Teilnahme am ausländischen Warenterminhandel.



4





Mit Streichung der §§ 50-70 BörsG a.F. durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz von 2002, das selbige Ziele wie die Börsengesetznovelle von 1989 und jenes verfolgte, die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland im europäischen Kontext und innerhalb der global vernetzten Finanzmärkte weiter zu stärken, wurden die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information wieder als „international unüblich und kompliziert“ abgeschafft und die terminrechtlichen Bestimmungen in das Wertpapierhandelsgesetz verlagert, welches durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz von 1994 neu geschaffen wurde. Privatanleger konnten Verbindlichkeiten aus dem Börsentermingeschäft nunmehr überhaupt nicht mehr mit dem Termin- respektive Differenzeinwand begegnen, wenn sie nicht kraft beruflicher Qualifikation oder Information die Börsentermingeschäftsfähigkeit erlangt hatten, was entscheidend für die Stellung des deutschen Börsenterminmarktes im internationalen Vergleich war. Aufklärungspflichtverletzungen vermögen nunmehr nicht mehr die Rechtswirksamkeit des Geschäfts zu beeinträchtigen, sondern können lediglich Schadensersatzansprüche zur Folge haben.



5





Nicht erst durch die erneute Etablierung des Handels mit Warentermingeschäften in Deutschland kamen aber unlautere Geschäftspraktiken unter Ausnutzung börsenunerfahrener Anleger auf. Auch zuvor war es Privatanlegern ja bereits möglich, Warentermingeschäfte an ausländischen Börsen zu tätigen. Eine speziell im Warenterminbereich verankerte Vorgehensweise unredlicher Finanzdienstleister und Broker war und ist es nach wie vor, unter Ausnutzung einer erteilten Vollmacht oder faktischen Kontrolle, das Depot eines Kunden objektiv exzessiv und wirtschaftlich sinnlos, entgegen den Anlagezielen und zu Lasten der Gewinnchancen des Anlegers ausschließlich zu dem Zweck umzuschichten, das Gebührenaufkommen zu steigern. Dieses Phänomen wird gemeinhin mit dem Begriff Churning etikettiert. Phänomenologisch wichtig ist, dass von Churning nicht bereits bei Vornahme eines einzelnen – also auch nicht schon beim ersten – Geschäfts gesprochen werden kann. Vielmehr vermag erst eine Gesamtheit von Geschäften das Phänomen Churning zu bilden.



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Das aus dem amerikanischen Kapitalanlagerecht stammende Lexem des Churning wird zumeist mit Provisionsschneider- oder -schinderei, aber auch mit Ausplündern, Kontoplünderung über Spesen, Rein- und Rausschicken, Drehen, Wälzen, Spesen- oder Gebührenreiterei, Provisionsmanipulation und Warenterminschwindel frei übersetzt. Wörtlich übersetzt bedeutet Churning so viel wie „Buttern“. Die Semasiologie entstammt der Butterherstellung, bei der die Milch so oft bewegt wird, dass die Butter abgeschöpft werden kann und ausschließlich die Magermilch zurückbleibt. In den Sinngehalt der Provisionsschinderei transferiert, steht das Ausgangsprodukt der Milch stellvertretend für das Depot des Anlegers, die entnommene Butter für die berechneten Provisionen und die letztlich verbleibende Magermilch für das reduzierte Depot.



7





Bekannt wurde Churning vor allem im Zusammenhang mit Geschäften an der Warenterminbörse, ist in Deutschland aber mittlerweile sowohl bei Finanztermingeschäften als auch im Wertpapierbereich verbreitet. Praktisch am häufigsten ist Churning wohl bei der Verwaltung von Anlegerkonten, aber auch bei Fonds, Pools oder Sammelkonten auszumachen. Beim Churning handelt es sich nicht etwa um einen neuen (Straf-)Tatbestand, sondern um die „rechtstatsächliche Erfassung eines rechtswidrigen Sachverhalts“. Aufgrund des kapitalmarkttypischen Aspekts ist Churning dem Kapitalmarktstrafrecht zuzuordnen.



8





Entscheidende und später noch en détail aufzuzeigende, objektive Merkmale sind vor allem das Vorliegen einer Vollmacht oder faktischen Kontokontrolle, eine hohe Cost-to-Equity-Rate und Turn-Over-Rate (bei Kassageschäften) oder Commission-to-Equity-Rate (bei Termingeschäften) sowie ein hoher Prozentsatz von Day-Trades. Subjektiv ist erforderlich, dass der Täter die Spesen schindet, um sein Gebührenaufkommen und nicht das Anlagevermögen zu mehren.



9





Strafgerichtlich wurde der Sachverhalt des Churning bis dato noch nicht aufbereitet. Zumindest lassen sich keine veröffentlichten Entscheidungen ausmachen. Gerichtliche Ausführungen finden sich allein im Rahmen zivilrechtlicher Fragestellungen und zwar im Hinblick auf Schadensersatzansprüche insbesondere aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 respektive § 266 StGB sowie § 31 WpHG oder § 826 BGB. Das Gros der Literatur äußerte sich in nämlicher Weise mit Ausnahme weniger, knapper Stellungnahmen zur Strafbarkeit nach § 263 StGB und § 266 StGB sowie einer monografischen Veröffentlichung, die sich in Gänze der Strafbarkeit des Churning widmet. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Auswirkungen fanden bislang allerdings noch keinerlei Erwähnung. Alle Erscheinungen lassen allerdings eine dezidierte, systematische Darstellung sämtlicher, entscheidungserheblicher Indizien vermissen. Zudem sind neue Erkenntnisse bezüglich einiger Indizien von Churning aufgekommen, die bislang noch nicht mit der Aufmerksamkeit wahrgenommen wurden, die ihnen im Hinblick auf deren Gewicht bei der Indizierung von Churning zukommen sollten. Aber auch die bisherige dogmatische Aufarbeitung einer etwaigen Einschlägigkeit der Phänomenologie der Spesenschinderei, insbesondere hinsichtlich des Untreue- aber auch des Betrugstatbestandes, ist wenig befriedigend.

 



10





Die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Einordnung der Spesenschinderei soll im Rahmen dieser Arbeit in der Weise angegangen werden, dass zuvorderst der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund insbesondere von Termin- und Kassageschäften dargestellt wird (Teil 1. [

Rn. 11 ff.

]), bevor die Phänomenologie (Teil 2. A. [

Rn. 48 ff.

]) und mit Churning potentiell einhergehenden Verhaltensweisen (Teil 2. B. [

Rn. 50 ff.

]) beleuchtet werden. Anschließend wird der Nachweis von Churning anhand der einzelnen Indizien erörtert (Teil 3. [

Rn. 63 ff.

]). Im Anschluss wird in den Schwerpunkt der Arbeit, die vertiefte Prüfung der Straf- (Teil 4. [

Rn. 117 ff.

]) und Ahndbarkeit (Teil 5. [

Rn. 390 ff.

]) der Spesenschinderei eingestiegen. Sodann werden in einer Stellungnahme (Teil 6. [

Rn. 438 ff.

]) die Ergebnisse bewertet. Schlussendlich wird eine knappe Handlungsempfehlung für den Praktiker zur Vermeidung des Churning-Vorwurfs (Teil 7. [

Rn. 442 ff.

]) angeboten.





Anmerkungen









Heinrich Heine

 1851, 1. Vers des Mottos, das dem 2. Buch »Lamentazionen« des Gedichtszyklus »Romanzero« vorangestellt ist. Vollständig abgedruckt in: Windfuhr (Hrsg.), Heinrich Heine, Historisch kritische Gesamtausgabe der Werke, Bd. 3/1 S. 78.









Ebner

 Kriminalistik 2007, 681; sehr instruktiv dazu

Bröker

 S. 151 f.









Dannhoff

 DWiR 1992, 273.









Holl/Kessler

 RIW 1995, 983;

Binder

 ZHR 169 (2005), 329 (332 f.);

Schlüter

 Rn. 60.









Binder

 ZHR 169 (2005), 329 (332 f.).









Binder

 ZHR 169 (2005), 329 (333) m.w.N.









Binder

 ZHR 169 (2005), 329 (333).









Begr. RegE, BT-Drucks. 11/4177, S. 9.









Holl/Kessler

 RIW 1995, 983, zur Kritik dazu siehe die zahlreichen Nachweisen bei

Binder

 ZHR 169 (2005), 329 (334 m. Fn. 15).









Dannhoff

 DWiR 1992, 273 (275).









Dannhoff

 DWiR 1992, 273 (275) m.w.N.









LK-

Tiedemann

 § 263 Rn. 49;

Bröker

 S. 151 f.









Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), vom 21.6.2002, BGBl. I, Nr. 39, S. 2010, in Kraft seit 1.7.2002.









Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) vom 26.7.1994, BGBl. I, S. 1749.









Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 64;

Binder

 ZHR 169 (2005), 329 (334);

Schlüter

 A. Rn. 90.









Claussen-

Ekkenga

 § 7 Rn. 86.









Schlüter

 A. Rn. 105.









So z.B. bei

BGH

 WM 1999, 2249; NJW 1995, 1225 (1226);

OLG Frankfurt

 Urt. v. 3.4.2003 16 U 81/97, vorgehend

LG Frankfurt

 Urt. v. 10.3.1997 2/21 O 343/87, nachgehend

BGH

 NJW 2004, 3423 = ZIP 2004, 1699 = WM 2004, 1768 mit Anm.

Barta

 BKR 2004, 433,

Zeller

 LMK 2005, 39 und

Nassall

 jurisPR-BGHZivilR 38/2004 Anm. 5;

Rössner

 RPK 1987, 449 ff.; MK-StGB-

Dierlamm

 § 266 Rn. 192;

Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517; Park-

Zieschang

 Teil 3 Kap. 2 Rn. 51; Schimansky/Bunte/Lwowski-

Kienle

 § 111 Rn. 23;

Gramlich/Mai

 WuB I G 9.-1.02; Schwintowski/Schäfer-

Schäfer

 § 19 Rn. 55;

Junker

 S. 113;

Nestler

 S. 3 f.;

Jäger

 MDR 2010, 903 beschreibt Churning als „eine Art Wertpapierdienstleistung, die nicht darauf zielt, dem Anleger Gewinn(-chancen) zu eröffnen. Sie wird ausschließlich im Eigeninteresse erbracht.“









Nestler

 S. 206.









BGH

 WM 1995, 100;

OLG Düsseldorf

 Urt. v. 28.11.2001 15 U 82/01; weitere Rechtsprechungsnachweise bei

Imo

 S. 988 ff.;

Bröker

 S. 38;

Schmidt

 Kriminalistik 1981, 18 (21);

Koch

 JZ 1980, 704 (708);

Imo

 S. 684;

Otto

 Die strafrechtliche Bekämpfung unseriöser Geschäftstätigkeit, S. 34;

Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517.









Birnbaum

 wistra 1991, 253 (254);

Wach

 Rn. 461.









Imo

 S. 684.









Hopt

 S. 480;

v. Ungern-Sternberg

 ZStW 88 (1976), 653 (666).









Park-

Zieschang

 Teil 3 Kap. 1 Rn. 97.









Bröker

 S. 38.









BGH

 NJW 1995, 1225 (1226);

OLG Karlsruhe

 EWiR § 826 BGB 1/99, 211.









Schimmelpfeng-Marktforschungs-Institut (Hrsg.), S. 70 f.









Büchting/Heussen-

Arendts

 § 34 Rn. 99.









Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517.









Dieses Bild verwenden

Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517 zurückgeführt auf Richter Goldberg in dem Urteil Miley v. Oppenheimer and Co. Inc., 637 F.2d 318 (5th Cir. 1981).









Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517 (1518).









Hagemann

 S. 407;

Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517 (1518).









Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517 (1518);

Rössner

 RPK 1987, 449 (463).









Park

 JuS 2007, 621 (622).









BGH

 BKR 2012, 78 (81); NJW-RR 2005, 558; 2004, 203; 2000, 51; NJW 2004, 3423;

KG Berlin

 WM 2012, 594; BeckRS 2011, 17869; BKR 2006, 504;

KG Berlin

, Urt. v. 27.8.2009 4 U 137/06; Urt. v. 15.10.2008 24 U 95/06;

OLG Düsseldorf

 BeckRS 2012, 20548; 2011, 06515; 2011, 14374; 2011, 14728; 2011, 14737; 2011, 18578; 2011, 06517; 2011, 02529; 2011, 07642; 2011, 068111; 2011, 05923; 2011, 05925; 2011, 22155; 2010, 19419; 2010, 28267; 2010, 24857; 2010, 24852; 2010, 03609; 2010, 30488; 2009, 14700; 2009, 18292; 2009, 87938; 2008, 19577; 2008, 03761; 2008, 03762; 2008, 03760; 2007, 65084; 2006, 15053; 2006, 01648; 2001, 17472;

OLG Düsseldorf

 Urt. v. 25.7.2003 I 22 U 21/02; Urt. v. 20.2.2002 I 15 U 218/01;

OLG Frankfurt

 BeckRS 2006, 501;

OLG Jena

 BeckRS 2011, 15980;

LG Düsseldorf

 BeckRS 2011, 03261; 2011, 06518; 2011, 15979; 2011, 19515; 2011, 06516; 2011, 22776; 2010, 06232; 2009, 26878; 2008, 24419; 2006, 01648; 2006, 14131;

LG Duisburg

 BeckRS 2010, 30491;

LG Meiningen

 BeckRS 2011, 15981;

LG Mönchengladbach

 BeckRS 2011, 12241.









So z.B.

Wach

 Rn. 474 ff.;

Arendts

 S. 64 ff.; MK-BGB-

Wagner

 § 826 Rn. 83;

Hilgard

 WM 2006, 409 (413);

Rössner/Arendts

 WM 1996, 1517 (1524 ff.);

Barta

 BKR 2004, 433 (435 f.).









Statt aller

Mölter

 wistra 2010, 53 (59); MK-StGB-

Dierlamm

 § 266 Rn. 192; Park-

Zieschang

 Teil 3 Kap. 1 Rn. 97 ff.; Park-

Zieschang

 Teil 3 Kap. 2 Rn. 51 ff.;

Bröker

 S. 38 ff., 101;

Birnbaum

 wistra 1991, 253 (255 f.).









Nestler

 passim.






Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund





Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund



Inhaltsverzeichnis





A.



Die Termingeschäfte







B.



Die Kassageschäfte







C.



Der Over-The-Counter-Markt (OTC-Markt)







D.



Die zentralen Finanzdienstleistungen des WpHG





11








Um die einzelnen Facetten der Straf- und Ahndbarkeit von Churning im Einzelnen verstehen und nachvollziehen zu können, ist zum einen eine Darstellung des kapitalmarkt- und börsenrechtlichen Hintergrundes der Termin- (Teil 1. A. [

Rn. 12 ff.

]) und Kassageschäfte (Teil 1. B. [

Rn. 22 ff.

]) und zum anderen die Definition der einzelnen, am Markt angebotenen Dienstleistungen (Teil 1. D. [

Rn. 32 ff.

]) unumgänglich. Nur kurz aufgegriffen werden soll der Over-The-Counter-Markt (Teil 1. C. [

Rn. 31

]).







Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund

 › A. Die Termingeschäfte






A. Die Termingeschäfte



12





Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Finanztermingeschäfte standardisierte Verträge, die von beiden Seiten erst zu einem späteren Zeitpunkt – mehr als zwei Börsentage nach Vertragsschluss in Deutschland und bis zu fünf Börsentage im Ausland –, dem Ende der Laufzeit, zu erfüllen sind und einen Bezug zu einem Terminmarkt haben. Der Preis des Termingeschäfts ist mittel- oder unmittelbar vom Preis eines in § 2 Abs. 2 Nr. 1-5 WpHG aufgeführten Basiswertes abhängig, weshalb sie auch als Derivate bezeichnet werden. Das Termingeschäft kann grundsätzlich durch ein entsprechendes Gegengeschäft liquidiert werden. Von standardisierten Verträgen wird deshalb gesprochen, weil der Vertragsgegenstand, zum Beispiel bei Warentermingeschäften die Lieferung oder Abnahme einer Ware, nach Qualität, Menge und Preis feststeht. Bilanzrechtlich handelt es sich bei Termingeschäften bis zum Erfüllungszeitpunkt der rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten um schwebende Geschäfte. Die besondere Gefährlichkeit der Finanztermingeschäfte besteht in dem hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt, durch den der Anleger zur Spekulation auf eine günstigere, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises verleitet wird, die die Auflösung des Terminengagements ohne Einsatz eigenen Vermögens durch ein gewinnbringendes Glattstellungsgeschäft ermöglichen soll. Ferner birgt das Finanztermingeschäft das Risiko der Hebelwirkung und des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals sowie die Gefahr, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen. Finanztermingeschäfte können als Fest- (I. [

Rn. 13

]) und Optionsgeschäfte (II. [

Rn. 16

]) vorliegen.

 



Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund

 ›

A. Die Termingeschäfte

 › I. Die Festgeschäfte






I. Die Festgeschäfte



13





Grundlage des Termingeschäfts als Festgeschäft (auch Festpreisgeschäft, unbedingtes Termingeschäft oder Futures und bei Waren Direktgeschäft genannt) ist der Terminkontrakt, der als Terminkaufs- oder Terminverkaufsvertrag ausgestaltet sein kann. Die Vertragsparteien verpflichten sich, ihre bei Vertragsschluss unbedingt eingegangenen Verbindlichkeiten über den Kauf oder Verkauf einer bestimmten Menge eines Basiswertes zu einem jetzt festgelegten Preis zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen. Basiswerte (Underlying) für Finanztermingeschäfte können gemäß § 2 Abs. 2 WpHG unter anderem Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Waren, Edelmetalle, Zinssätze oder andere Erträge, sowie Devisen sein. Festgeschäfte sind darüber hinaus standardisiert und werden an einem organisierten Markt gehandelt. Eine Kaufverpflichtung wird in der Fachsprache als „Long“ und eine Verkaufsverpflichtung als „Short“ bezeichnet, deren gegenseitiger Ausgleich die Glattstellung ist. Das Festgeschäft begründet unbedingte Leistungspflichten der Vertragspartner, weshalb der Verkäufer zur unbedingten Lieferung und der Käufer zur unbedingten Kaufpreiszahlung verpflichtet sind. Die Ertragsmöglichkeiten hängen beim Käufer eines Festgeschäfts davon ab, inwieweit der Kurs des Basiswertes über den Basispreis steigt und sind demnach unbegrenzt. Dem gegenüber steht aber auch ein unbegrenztes Verlustrisiko, das davon abhängt, inwieweit der Kurs des Basiswertes unter den Basispreis fällt.



14





Wer eine Kaufverpflichtung eingeht, muss diese Position, wenn er an einer tatsächlichen Lieferung kein Interesse hat, vor dem vereinbarten Liefertermin durch eine Verkaufsverpflichtung glattstellen und umgekehrt. Gewinne ergeben sich aus Kursdifferenzen, das heißt der Preisdifferenz zwischen dem Kontraktwert zum Zeitpunkt des Kaufs und zum Zeitpunkt des Verkaufs. Eine Besonderheit ist, dass bei Errichtung einer Terminposition nicht sofort der gesamte Preis zu bezahlen, sondern lediglich die Hinterlegung eines Einschusses (Margin) fällig ist, dessen Höhe in der Regel bei 10 % des Kontraktwertes zum Zeitpunkt des Einstiegs liegt. Dies hat eine Hebelwirkung („Leverage-Effekt“) insofern zur Folge, als dass der Gewinn respektive der Verlust anhand des vollen Kontraktwertes berechnet wird, was ein zusätzliches Risiko dieser Geschäfte bedeutet. Bei Kassageschäften hingegen, die in der Regel sofort zu erfüllen sind, wirken sich die Wertänderungen des Basiswertes nicht so stark aus. Entwickelt sich der Kurs gegen den Spekulanten, muss er seinen Einschuss notfalls bis zur Höhe des vollen Kontraktwertes erhöhen (sogenannte Nachschusspflicht). Absichern kann sich der Anleger in diesen Fällen nur durch eine Stop-Order respektive Stop-Loss-Order, wonach der Finanzdienstleister respektive der Broker spätestens zu einem bestimmten festgelegten Kurs aussteigen muss. In Extremfällen kann dies allerdings ausgeschlossen sein, wenn an der jeweiligen Börse Höchstschwankungen erreicht sind und der Handel in diesem Fall