Klaska und die Anwältin

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Klaska und die Anwältin
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Klaska und die Anwältin

1  Klaska und die Anwältin

2  Impressum

3  Das Buchteam

4  Vorwort

5  Liebe, Hochzeit, Beruf und Leben

6  Die Veränderungen

7  Die Wahrheit kommt ans Licht

8  Ernst Kiesmann verstirbt und die kriminellen Machenschaften beginnen

9  Wenn ein Rädchen ins andere greift

10  Frauen und der Kuchen aus Geld

11  Detektiv Klaska wird erneut beauftragt

12  Zahlen, Menschen, Absprachen, Betrug und neue Erkenntnisse

13  Der Irrsinn einer Vollmacht. Ein kleines, aber sehr wichtiges Kapitel

14  Die Begegnung und erste gemeinsame Schritte

15  Die Veränderung

16  Erste gemeinsame Ermittlungen

17  Eine zufällige Entdeckung

18  Der Fall muss geklärt werden

19  Berlin und Hamburg

20  Berlin, Hamburg, Freiburg, lauter neue Informationen

21  Die Suche nach dem Weingut

22  Ermittlungen verlagern sich nach Bayern in den Chiemgau

23  Klarheit in den Bergen

24  Wie geht es nun weiter?

25  Die Nachricht

26  Der Showdown der Justizbehörden oder besser: Recht muss Recht bleiben

27  Buchteam: Amelie Hauptstock

28  Buchteam: Simone Hilgers

29  Buchteam: Sabine Deifuß

Klaska und die Anwältin

Der Fall Anna K.

- Ein romantischer Kriminalroman -

von Jörg Przystow

Impressum

Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, Unternehmen und Vereinigungen sind

zufällig und nicht beabsichtigt.

In Deutschland gibt es eine sehr große Zahl von Opfern aus Straftaten, die keinen

finanziellen Ausgleich und keine Unterstützung erfahren. Dabei geht es nicht nur

um Kriminalität, sondern auch um die Anwendung von Gewalt. Um diese Menschen

kümmert sich der „WEISSER RING e.V.“ und genau für diese Organisation möchten wir einen Teil des Verkaufserlöses des Buches spenden. Weitere Informationen finden Sie auf:

www.weisser-ring.de

2. Auflage März 2021

Alle Rechte vorbehalten.

Das Buchteam

Autor: Jörg Przystow

Schwerte (www.klaska-buecher.de)

Lektorat, Korrektorat:

Amelie Hauptstock, hauptwort,

Dortmund (www.hauptwort.com)

Grafikdesign, Umschlaggestaltungt:

Simone Hilgers ArtWork,

Dortmund (www.simonehilgers.de)

Rechtliche Beratung:

Kanzlei Sabine Deifuß,

Schwerte (www.kanzlei-deifuss.de)

Vorwort

Jörg Przystow meinen Freund nennen zu können, bedeutet mir sehr viel. Viele Jahre lang haben wir als Künstler und Moderator zusammen bei Veranstaltungen auf der Bühne gestanden. Jörg bereicherte diese Momente nicht nur durch seine spontanen und eloquenten Moderationen, sondern ab und zu auch durch seine anrührenden Gedichte, was mir immer sehr imponierte.

Umso interessierter war ich, als ich eines Tages von ihm erfuhr, dass er ein Buch geschrieben hatte. Einen Roman, eine Art Krimi mit einer großen Liebesgeschichte. Mit großer Neugier tauchte ich bei „Klaska und die Anwältin“ ab in die Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren, einem Privatermittler und einer Anwältin, die gemeinsam den Betrugsfall einer durch eiskalte Abzocker in eine bedauerliche Lebenslage geratene Industriellenwitwe aufklären. Menschliche Werte wie Zwischenmenschlichkeit und Respekt spielen dabei eine wichtige Rolle, wie ich es auch aus dem Leben des Autors kenne. Authentisch, echt und mit unbestechlichem Auge fürs ermittlerische Detail entwickelt Jörg den Fall Anna K. Das Buch ist dabei nicht nur ein Krimi, sondern auch eine Geschichte über die Beziehung zweier Menschen, die sich auf wundervolle Weise ergänzen und ihr gemeinsames Ziel nie aus den Augen verlieren.

„Klaska und die Anwältin“ ist ein realistischer Roman, bei dem Liebhaber vieler verschiedener Genre auf ihre Kosten kommen werden. Das Erstlingswerk von Jörg Przystow lässt dabei direkt auf eine Fortsetzung hoffen. Der gemeinsame Weg des perfekten Teams von Polizist Ben Klaska und Anwältin Julia Richter scheint unausweichlich vorprogrammiert. Ich freue mich bereits, die beiden bei ihren kommenden Fällen weiter kennenlernen zu können!

Gunther Gerke

Unterhaltungskünstler

Liebe, Hochzeit, Beruf und Leben

Anna Kiesmann, im Mai 1941 geboren, kam als Tochter eines Kaufmanns in Castrop-Rauxel zur Welt. Den Krieg erlebte sie entsprechend als Kind. Wie es in diesen Jahren so war, hieß es lernen, mit den wenigen Dingen im Leben klar zu kommen. Es reichte für das normale Leben, Luxusgüter waren Träumerei. Wer es schaffte, eine Schulbildung zu bekommen und es verstand, die Wichtigkeit einer abgeschlossenen Ausbildung zu erkennen, der konnte etwas werden.

Anna ging ihren Weg. Mit Fleiß absolvierte sie die Schule und merkte bereits da, dass ihre Neigung darin bestand, anderen Menschen etwas auf liebevolle Weise beibringen zu wollen. So war der Berufsweg, auch eine Form von Berufung, schnell vorgezeichnet und Anna schloss ihre Ausbildung zur Lehrerin für höhere Schulbildungen an der Universität in Freiburg erfolgreich ab. Bereits in dieser Zeit lernte sie Ernst kennen, ihren späteren Mann.

Für Anna, die schnell ein festes Arbeitsverhältnis hatte und somit über ein regelmäßiges Einkommen aus der Staatskasse verfügte, war es eine Selbstverständlichkeit, ihren zukünftigen Ehemann während seines Studiums zu unterstützen. Die Hochzeit fand im Februar 1961 statt. Zu dieser Zeit hatte Ernst sein Studium als Ingenieur der Agrarwissenschaft gerade beendet. Nach dem Studium in Düsseldorf und einigen Jahren Berufserfahrung in anderen Unternehmen seiner Branche hatte Ernst extra den Chefposten bei der Spezialfirma für Industrieanlagen in Castrop-Rauxel übernommen. Ein Unternehmen mit großen Wachstumsgedanken, welches auf dem Weg zum Branchenführer war, spezialisier u. a. auf besondere Schweißnähte. Er hatte sich sicher auch mit Mühe und sehr viel persönlichem Engagement für diese Position empfohlen.

Finanziell waren Anna und Ernst mit der Zeit absolut unabhängig geworden und hätten ein sorgenfreies Leben führen können, denn auch Anna war erfolgreich und mittlerweile zur Schuldirektorin befördert worden.

Es gehörte sich aber, auf eine glückliche Ehe mit angesehenen Berufen Kinder zu planen, um den Status einer glücklichen Familie auch nach außen hin zu zeigen. Nach mehreren Versuchen wurde Anna schwanger und die Freude war zunächst groß, denn nun war das gemeinsame Leben nahezu perfekt.

Dieser Zustand sollte allerdings nicht lange anhalten.

Nach nur wenigen Wochen der Vorfreude auf ein gemeinsames Kind kam es bei Anna zu einer Fehlgeburt, die die medizinische Diagnose zur Folge hatte, dass sie nie mehr eine Schwangerschaft erleben würde. Erschütternd, Spuren hinterlassend, ein Einbruch in das bisher so sorgfältig geplante Leben von Anna und Ernst. Was nützte da das gerade vor einigen Monaten neu bezogene Heim am Sorpesee im schönen Sauerland? Was nützte ihnen da noch das mit Liebe gestaltete Kinderzimmer? Aufgrund der Größe des Hauses waren weitere Zimmer vorhanden, in denen Geschwister aufwachsen sollten. Alles geplatzte Träume, von jetzt auf gleich unmöglich geworden.

Anna flüchtete sich in ihren Beruf. Auch Ernst hatte sich auf Familienzuwachs sehr gefreut. Die Gründung einer richtigen Familie, eben mit Kindern, war auch sein Traum vom erfüllten Leben. Ernst wollte aber auch seine sexuellen Neigungen ausleben. Mit seiner Frau hatte er nie darüber gesprochen. Die Liebe, die beide damals zusammengebracht hatte, veränderte sich nun Tag für Tag und Anna erkannte für sich schnell den Grund. Es waren die fehlenden Kinder. Diesen Wunsch konnte sie weder sich selbst noch ihrem Mann erfüllen.

 

Die Veränderungen

Die ersten Veränderungen in ihrer Beziehung traten ein, der Weg führte sie voneinander weg, weil beide in der Ehe nicht mehr das finden konnten, was sie sich gewünscht hatten. Sie sprachen nicht offen miteinander und suchten keine gemeinsamen Lösungen. Anna und Ernst nahmen getrennte Wege und verloren sich dabei. Gespräche führten sie kaum noch und wenn, dann aneinander vorbei. Es fehlte dieser Kick, dieses Gefühl von Geborgenheit, Nähe, sich auf den Partner freuen, wenn dieser von der Arbeit oder einer Reise zurückkehrte. In einer Zeit, wo das Thema Trennung/Scheidung noch verpönt war, musste so eine Lebensveränderung möglichst lange für Außenstehende unbemerkt bleiben.

Versuchen wir doch, zum besseren Verständnis, Ernst ein wenig zu beschreiben. Er war ein gutaussehender Mann, etwas stabiler, von großer Statur, dunkle Haare und einem Kinnbart, den er immer mindestens zweimal in der Woche bei seinem Stammfrisör formen und schneiden ließ. Makellos kam Ernst daher; maßgeschneiderte Kleidung und Parfüm gehörten zu seinem Markenzeichen, wobei er die Düfte an jedem Wochentag wechselte. War es dieses gesamte Erscheinungsbild, was ihn auch für andere Frauen interessant machte?

Natürlich merkt ein Mann in den besten Jahren und einer Führungsposition, wenn Frauen in seinem beruflichen und privaten Umfeld ihm Offerten machen. So war es wohl nur eine Folge aus der unglücklich gewordenen Ehe mit Anna und dem versagten Kinderwunsch, dass Ernst sich auf seine Sekretärin einließ. Bei ihr fand er Nähe, Streicheleinheiten, die er von Anna nicht mehr bekam. Seine Lust wurde wieder befriedigt und es war ihm nach ersten, leichten Gewissensbissen auch egal, ob Anna sein Tun bemerken würde. Wie in Trance flüchtete sich Ernst in weitere

Beziehungen, teilweise zeitgleich, mit anderen Frauen, von denen natürlich keine von der jeweils anderen wusste.

Das blieb der eigenen Frau irgendwann nicht mehr verborgen und um keine Ausrede gelten zu lassen, suchte Anna nach einem Detektiv. Sie vertraute sich einer Freundin an und bat um Hilfe. Ihr selbst fehlten die Erfahrungen. Woher sollte sie wissen, ob der Detektiv sich nicht direkt an ihren Mann wenden würde, um auf diese Art mehr Geld rauszuschlagen? Ihre Freundin Elisabeth hatte einen Bekannten bei der Polizei, der den Namen eines zuverlässigen Ermittlers für solche Fälle in Erfahrung bringen konnte.

Es kam der Tag, den Anna wohl nicht mehr vergessen würde. In einem Café in Castrop-Rauxel traf sie sich mit Ben Klaska, dem empfohlenen Detektiv aus Dortmund. Noch vor dem Café überlegte Anna umzukehren und die Sache fallen zu lassen. Tausend Gedanken gingen ihr durch den Kopf, doch schließlich war der Mann doch auf ihren Wunsch extra nach Castrop gekommen. In ihrem Haus an der Sorpe war es ihr zu auffällig, denn Nachbarn reden ja bekanntlich, meistens hinter vorgehaltener Hand.

Soll ich Ernst selbst zur Rede stellen? Was wird, wenn ich Bestätigung bekomme? Wie wird Ernst reagieren, wenn er von meinem Vorgehen erfährt und durch die Ermittlungen in die Enge getrieben wird? Was wird überhaupt aus meinem Leben? Ist vielleicht auch alles nur meine Einbildung? Nach kurzem Zögern betrat sie das Café und erkannte Klaska sofort. Er saß bereits an einem kleinen Tisch am Fenster, von dem aus man auf die Straße blicken konnte. Er trank einen Kaffee und dazu ein Glas Wasser, sah gepflegt aus, erfüllte also so gar nicht das Bild, was Anna vorher von so einem Menschen gehabt hatte. Höflich stand er auf, begrüßte sie und bot ihr einen Platz an.

Das Eis war gebrochen. Die Schwere, die Anna in sich vorher noch verspürt hatte, war wie weggeflogen. Anna ließ sich kurz seinen beruflichen Werdegang erklären und erfuhr, dass Klaska viele Jahre als Hauptkommissar bei der Polizei gearbeitet hatte.

Wenn es einer verstand, vertrauliche Atmosphäre zu schaffen, dann war es dieser Detektiv. Er machte sich keine Notizen, nein, er hörte sich in aller Ruhe an, welche Gedanken Anna zu diesem Schritt veranlasst hatten. Klaska fiel ihr nicht ins Wort und sie genoss es, frei erzählen zu können, senkte dabei häufig den Blick zum Boden, weil es ihr doch ein wenig peinlich war, diesen Schritt zu gehen.

„Frau Kiesmann, es ist völlig in Ordnung, wenn sie Ihre Gefühle mir gegenüber zeigen, ich merke doch, wie sehr Ihre Schilderungen Sie mitnehmen“, reagierte Klaska auf die Blicke.

Anna versuchte, sich zu erklären. „Verzeihen Sie mir bitte meine Gefühlsausbrüche, aber mein Leben zieht gerade im Schnelldurchlauf an mir vorbei.“

Am Ende des etwa 1,5-stündigen Gesprächs sagte Privatermittler Klaska zu, den Auftrag zu übernehmen. „Ich wickele meine Aufträge gerne professionell ab, mit schriftlicher Bestätigung an Sie und natürlich einer ordentlichen Rechnung.“ Anna fand das offensichtlich sehr gut und es gab ihr das Gefühl, an den richtigen Ermittler geraten zu sein.

„Das ist mir angenehm so, aber wenn Sie einen Vorschuss benötigen, wäre das für mich auch in Ordnung.“

„Bei Ihnen sicher nicht, Frau Kiesmann“, antwortete Klaska.

Draußen vor dem Café verabschiedeten sich die beiden und man vereinbarte ein nächstes Treffen in einer Woche, wieder an einem Freitag, aber dann an einem anderen Treffpunkt. Ein kleines Bistro in Schwerte, einer kleinen Stadt an der Ruhr, sollte es sein, von Castrop gut 25 Minuten entfernt. Hier dürften sie wohl eher nicht erkannt werden. Anna hatte einfach Angst, durch ihr privates Umfeld oder aus dem Kreis der Firma entdeckt zu werden. Wenn man dort mitbekommen würde, was sie gerade unternahm, dann würde sie sicher zur Zielscheibe von vielen Menschen und genau das würde ihre Psyche nicht verkraften. Schwerte kannte sie, weil sie dort mal eine Weiterbildung für Schulleiter und Schulleiterinnen besucht hatte. Später hatte sie sich dann noch mal dort mit einer Kollegin getroffen, um sich in Sachen Schule auszutauschen.

Wie die nun folgende Woche für Anna war, kann man sich vorstellen.Gedanken über Gedanken und sorgfältige Beobachtungen ihres Ehemannes Ernst, der eh nur noch selten im gemeinsamen Haus an der Sorpe anwesend war. Termine waren sein Standardargument, gepaart mit notwendigen Reisen für das Unternehmen, welches mehr und mehr wuchs und deutlich gesteigerte Umsätze generierte. Das Unternehmen stand vor dem Börsengang und machte Millionenumsätze. Offensichtlich hatte Ernst Kiesmann da ein Erfolgskonzept in die Tat umgesetzt.

Die Wahrheit kommt ans Licht

Es war Freitag, der 5. Januar, als es zum Treffen mit Detektiv Ben Klaska im Bistro in Schwerte kam. Schlechtes Wetter, Nieselregen, offensichtlich die richtige Atmosphäre für ein weiteres Treffen, in dem es wieder um Recherchen im dunklen Umfeld von Ernst Kiesmann gehen sollte. Das Bistro, oder eher das Café, war nett eingerichtet und sie setzten sich an einen kleinen Tisch in der Ecke. Anna hatte den Platz ausgewählt. Sie wollte einfach nicht auf dem Präsentierteller sitzen.

„Ist es Ihnen hier recht?“, fragte sie Klaska, der zustimmte.

Nachdem sie sich beide einen Tee bestellt hatten, fragte Klaska: „Wollen Sie wirklich wissen, was ich ermittelt habe?“ Ein schnelles „Ja!“, kam Anna über die Lippen. Sie wollte möglichst ebenso schnell wieder diesen Treffpunkt verlassen. Wohl fühlte sie sich nicht. Klaska berichtete dann, ohne jede Notiz aus seiner Jacke zu holen, dass Ernst Kiesmann ständig wechselnde Beziehungen zu mehreren Frauen unterhielt und teilweise diese Damen auch mit auf Reisen nahm und sie als „Frau Kiesmann“ vorstellte.

Anna war geschockt. So extreme Schilderungen des Detektivs hatte sie nicht erwartet. Dass es vielleicht die Sekretärin war, ja das hatte sie eventuell erwartet, aber nicht auch noch andere Frauen.

„Haben Sie Namen für mich?“, fragte sie Klaska.

„Sicher, aber belasten Sie sich doch bitte nicht auch noch mit den Namen. Was bringen Ihnen die Namen? Wahrscheinlich würden die Damen auch sowieso leugnen, Kontakt zu Ihrem Mann zu haben, wenn Sie von Ihnen darauf angesprochen werden“, reagierte Klaska.

„Ich habe das Gefühl, aktiv werden zu müssen, irgendetwas zu unternehmen, mich zu wehren. Verstehen Sie das wenigstens?“, fügte Anna hinzu.

„Sicher kann ich das nachvollziehen, aber ich möchte Sie auch schützen und nicht einfach nur meine Informationen abgeben und Sie dann leidvoll zurücklassen“, antwortete Klaska.

Klaska merkte deutlich, wie seine Ergebnisse die Seele von seiner Auftraggeberin trafen und er berührte kurz ihre Hände, die leicht zitternd auf dem Tisch lagen. „Bleiben Sie doch zunächst mal ganz ruhig, Sie haben doch nun einen Wissensvorsprung und können überlegen, wie Sie vorgehen möchten. Zu schnell ist Porzellan zerschlagen, aber noch mal, ich verstehe ihre Überlegungen.“

Anna bedankte sich und hatte einen Umschlag mit der vereinbarten Summe vorbereitet, den sie auf den Tisch legte.

„Sie hätten auch gerne überweisen können“, betonte Klaska.

„Ist so doch sicher auch in Ordnung“, antwortete sie. „Weitere Ermittlungen möchte ich aber vorerst bitte nicht.“

„Melden Sie sich einfach bei mir, wenn ich Ihnen noch mal helfen kann.“

Mit diesen Worten Klaskas und einem freundlichen Handschlag verabschiedeten sich die beiden und Anna Kiesmann machte sich auf den Weg nach Hause. Wieder durchblitzten Gedanken Annas Welt. Wieder wusste sie nicht, wie sie es anstellen sollte, ihren Ernst zur Rede zu stellen.

In dieser Nacht kam Ernst mal wieder nicht nach Hause. Wo er war, wusste sie nicht. Sie schlief schlecht bis in den Morgen hinein, fasste aber einen Entschluss. Anna wollte die Scheidung, dessen war sie sich nach Klaskas Ermittlungen sicher. Ihre Pensionierung stand bevor, nur noch wenige Tage im Berufsleben einer Schuldirektorin und deshalb wollte sie anfangen, vor diesem Tag aufzuräumen.

Gegen 19 Uhr kam Ernst dann endlich nach Hause. Er war gut drauf, scherzte und erzählte, wie viele Menschen wieder mal versucht hätten ihm zu erklären, was er doch in der Firma anders machen sollte. Ernst wirkte gelöst, fast überdreht. Mit welcher Frau war er aktuell zusammen? Dazu hatte ihr Klaska nichts gesagt oder wahrscheinlich bewusst sein Wissen darum für sich behalten, um sie nicht noch mehr zu verletzten. Diese Frage beschäftigte Anna dennoch immer wieder.

„Setz dich hin“, sagte sie zu ihm.

Ein Tonfall, den er bislang von seiner Frau noch nicht kannte, ließ ihn aufhorchen. „Was willst du von mir?“, wollte er wissen.

Dann schoss Anna alle gewonnenen Erkenntnisse ab, ohne Luft zu holen, wie ein Maschinengewehr mit Dauerfeuereinstellung. Stellte man sich Ernst als Zielscheibe vor, wäre dieser von 1 bis 10 überall durchlöchert gewesen. Am Ende war Anna erschöpft. Sie hatte kaum noch Kraft, sich auf den Beinen zu halten. Er, der sonst so sprachgewandte Firmenchef, war einige Sekunden ohne jede Reaktion. Doch dann versuchte er Erklärungen zu finden und unternahm den kläglichen Versuch, Anna etwas von „Einbildungen“, zu erzählen. Als er merkte, damit nicht durchzukommen, sagte er nur schlichtweg: „Du spinnst doch, trink dir lieber einen Schnaps und schau weiter aus dem Fenster, dann wirst du vielleicht wieder klar im Kopf!“

Übler hätte er nicht reagieren können und deshalb klang hart und bestimmt folgender Satz durch den Raum: „Ich will die Scheidung!“, schrie Anna, aber es war gleichzeitig wie eine Befreiung, wie eine Last, die tonnenschwer von ihr fiel.

Das traf Ernst wie einen Herzinfarkt, obwohl er diesen noch nicht erlebt hatte, aber so stellte er es sich vor. Sollte er Anna die Wahrheit sagen? Was würde das bedeuten? Noch mehr Ärger, als er nun schon offensichtlich sowieso hatte? Ernst reagierte falsch.

Er schrie Anna an, sagte ihr, dass er ein Haus ganz in der Nähe vor Jahren gekauft und dort mit einer Frau gelebt habe und dass es eine enge, schöne und reizvolle Beziehung sei. „Diese Frau gibt mir endlich Gefühle, auch wenn du meinst, nur mein Geld sei ausschlaggebend!“

„Wir haben uns doch schon lange auseinandergelebt, was willst du also noch in dieser Ehe verharren?“, erwiderte Anna.

Gegenseitige Vorwürfe durchquerten den Raum und am Ende verlangte Anna, dass Ernst sein „Weiberhaus“, sofort verkaufen und die Beziehung zu dieser „Dame“ beenden solle. Dann würde sie ihm noch einmal eine Chance geben, schließlich hätten sie doch auch gute Zeiten gehabt.

 

„Wann sollen die denn gewesen sein?“, fragte Ernst sichtlich durcheinander nach. „Ein Kind hast du mir auch nicht geschenkt!“, ergänzte er.

Dieser Satz traf Anna mitten ins Herz. Dieser ohnehin seit Jahren vorhandene Vorwurf setzte ihr zu. Wer diese Frau war, wollte sie gar nicht mehr wissen. „Spar dir jede weitere Erklärung, handele jetzt, sonst ziehe ich die Scheidung durch!“

Ernst verließ das Haus und rief noch irgendwas ins Treppenhaus. Verstanden hat es Anna nicht. Sie redete sich ein, dass es „Ich regele das!“, gewesen sein könnte.

Tatsächlich verkaufte Ernst zwei Wochen später das „Weiberhaus“, wie es Anna genannt hatte, und beendete in den Tagen nach der Aussprache oder besser gesagt, nach der Entdeckung seiner Liebeleien durch Anna die Beziehung zu der anderen Frau. Aber hatte er wirklich vor, sich für Anna ganz zu ändern? Konnte er von anderen Frauen lassen?

Nein, natürlich schaffte er es nicht. Immer wieder verschaffte sich Ernst Freiräume und traf sich weiter mit anderen Frauen. „Lass es uns versuchen“, hatte er seiner Frau zwar gesagt, aber wahrscheinlich wollte er nur die hohen Ausgleichsbeträge, die bei einer Scheidung mit Sicherheit angefallen wären, vermeiden.

„Wenn du es ehrlich meinst, stimme ich zu, denn es liegt mir daran, mit dir wieder auf einen guten Weg zu kommen!“, war ihre Reaktion auf sein scheinheiliges Angebot.

Einige Monate vergingen, in denen Ernst sein lustvolles Treiben weiter aufrechterhielt und tatsächlich glaubte, seine Frau würde an sein Versprechen der Veränderung glauben. Doch Anna, zwischenzeitlich als Lehrkraft in Pension, reichte endlich die Scheidung ein, denn es war ihr auch ohne Detektiv nicht verborgen geblieben, was Ernst mit ihr für ein doppeltes Spiel trieb. Ernst zog endgültig aus dem gemeinsamen Haus am Sorpesee aus und lebte mit seiner neuen Geliebten im sauerländischen Schmallenberg zusammen.

Ohne Vorwarnung meldete sich eines Tages eine Dame bei Anna, die Ernst offensichtlich irgendwann in den letzten Jahren mit seiner Art der finanziellen Großzügigkeit gegenüber der Frauenwelt beglückt hatte, nach dem Motto: „Meine Firma, mein Haus, mein Geld, meine Möglichkeiten“, um sich interessant zu machen. Sie sagte Anna, dass ihr Ernst eine lange Zeit zu ihr eine sehr intime Beziehung unterhalten habe und jetzt über Umwege festgestellt habe, dass der liebe Ernst verheiratet ist und deshalb sei nun eine Entschädigung fällig. Diese Dame hatte auch konkrete Vorstellungen, die sich etwa in der Preisklasse eines guten Mittelklassefahrzeugs bewegten. Dafür würde sie dann schweigen. Darauf ging Anna natürlich nicht ein, warum auch, denn sie war durch Ernsts jahrelange Beziehungen zu anderen Frauen genug gekränkt worden. Sie ließ diese Dame einfach abblitzen und entgegnete: „Wenden Sie sich doch direkt an meinen Noch-Ehemann. Ich lasse mich doch nicht von Ihnen erpressen!“

Anna war stinksauer und fragte sich, was sie noch so alles zu ertragen habe, was wohl noch an Überraschungen auf sie zukommen würde. Sie musste einfach mutig sein und die Scheidung einreichen, auch wenn sie keinen Ehevertrag hatten, weil das damals noch nicht so in Mode war. Vielleicht war das sogar eine gute Ausgangsposition für sie, obwohl sie von ihrem eigenen Geld gut leben konnte. Lange genug war sie den untersten Weg gegangen, hatte sich demütigen lassen, hatte ihre eigene Wertschätzung verloren und viel zu lange die Fehler nur bei sich gesucht. „Damit muss Schluss sein!“, sagte sie sich immer und immer wieder in Gedanken, wie ein laufendes Uhrwerk.

Regelmäßig traf sie sich jetzt mit ihrer Freundin Elisabeth, suchte Rat und irgendwie auch Ausreden, es am Ende doch nicht zu tun.

„Mach es endlich, geh deinen Weg, ich stehe dir bei!“, sagte ihr die Freundin.

Sie kannte Anna so viele Jahre, hatte vieles mitbekommen und ihr zu diesem Schritt schon vor langer Zeit geraten. Es verging dennoch viel Zeit und jede von ihnen führte ihr eigenes Leben. Anna zurückgezogen, nachdenklich, auf eine Lösung wartend, von wo auch immer diese kommen könnte. Den entscheidenden Schritt verschob sie immer und immer wieder. Anna wartete auf ein Zeichen, woher dieses auch kommen würde, aber die Entscheidung sollte möglichst das Schicksal für sie treffen.