Der schwarze Kakadu

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Der schwarze Kakadu
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Der schwarze Kakadu

Von Fritz Rabensteiner

Inhalt

Auf die übliche Seitenangabe wird hiermit verzichtet. Seien sie spontan. Lassen sie sich überraschen. Schlagen sie eine x-beliebige Seite auf und fangen sie an zu lesen. Niemand hindert sie daran. Brechen sie mit den bürgerlichen Konventionen, seien sie ein Rebell. Machen sie Eselsohren in ihr Buch. Auch ins E-Book.

Vorwort

Bringt es was, wenn ich jetzt ein Vorwort schreibe? Kann ich dann mehr für das Buch verlangen? Eher nein.

Also Freunde, Vorwort entfällt. Beschwerden an den Verlag.

Auch die persönliche Anrede, wie Du oder Sie, wird bei mir nicht groß geschrieben. Das war hier das letzte Mal. Nicht etwa aus mangelnder Höflichkeit, ich mag einfach nicht.

Noch was. Ich gendere nicht. Binnen-I werden sie auch keines finden. Beschwerden an die Gleichstellungsbeauftragte.

Der 18-Stufen-Plan

Ich habe neulich im Fernsehen einen Bericht über ein Altersheim in Osttirol gesehen, wo sie Rollator-Tanzen anbieten. Acht Frauen stehen im Kreis und klammern sich an ihren Rollatoren fest. Zwei Männer sind im Raum. Einer bedient den Plattenspieler, der andere ist Notfallsanitäter. Und dann geht es los. Einen Schritt nach vorne, einen zurück. Und immer mit der Hand schön fest auf der Bremse, damit sie durch die Fliehkraft nicht aus dem Zimmer rollen. Wahnsinn. Schnitt. Neue Einstellung. Jetzt sitzen sich die Frauen gegenüber, also vier gegen vier, und werfen sich unter größter Mühe Bälle zu. Bälle trifft es jetzt nicht ganz. Es sind so Dinger, mit denen Kinder am Strand spielen. Plastikhaut zum Aufblasen. Angeblich wäre diese Übung gut für die Koordination. Wenn der Tag kommt, an dem ich Mühe habe einen Luftballon zu fangen, der mit zwei Stundenkilometern auf mich zugeschossen kommt, dann hänge ich mich auf. Ich fürchte allerdings, das wird dann ohne fremde Hilfe nicht mehr möglich sein. Ich muss Vorsorge treffen, zumal ich bereits in einem Alter bin, wo man seine Dinge regeln sollte. Vor ein paar Monaten war ich beim Hausarzt um meine Bestandteile prüfen zu lassen. Alles bestens, sagte er, überall im grünen Bereich. Das ist natürlich ein Stück weit beruhigend, allerdings kann sich das in meinem Alter sehr schnell ändern und zack, schon ist der erste Schaden da. Und dann noch einer, und noch einer, und dann ist es zu spät, um eigenständig handeln zu können. Ich habe mir daher einen 18-Stufen-Plan zurecht gelegt, den ich ehrlich und konsequent abarbeite und der mir rechtzeitig zu verstehen gibt, hoppla, jetzt ist der Ernstfall eingetreten, es wird Zeit auf den Stuhl zu steigen. Sie können diesen Plan 1:1 übernehmen oder nach ihren Wünschen abändern. Wichtig ist nur, dass sie den Absprung nicht verpassen. Und sollten wir uns mal im Altersheim begegnen, dann sage ich es jetzt schon in aller Deutlichkeit: Ich tanze nicht. Niemals, und unter keinen Umständen.

Stufe 1: Ich suche meine Brille, obwohl ich sie trage.

Stufe 2: Ich werde Großvater.

Stufe 3: Ich gehe in Rente.

Stufe 4: Im Bus wird mir ein Platz angeboten und ich nehme ihn auch dankbar an.

Stufe 5: Ich vergesse meinen PIN-Code und zahle wieder bar.

Stufe 6: Meine Enkeltochter erklärt mir mein neues Seniorenhandy.

Stufe 7: Meine Urlaubsreisen finden im Umkreis von 30 Kilometern statt.

Stufe 8: Ich setze mich in meinem eigenen Auto auf den Beifahrersitz.

Stufe 9: Ich sehe einen Heimatfilm mit Hansi Hinterseer ohne mich zu übergeben.

Stufe 10: Mein Frau und ich haben vor zwei Jahren den Beischlaf eingestellt. Wir merken es aber erst jetzt.

Stufe 11: Ich sehe jungen Frauen hinterher, weiß aber nicht warum.

Stufe 12: Ich trage einen Notfallknopf.

Stufe 13: Ein Puzzle darf nicht mehr als vier Teile haben.

Stufe 14: Ich befinde mich in einer Phase zwischen gepflegt aussehen und gepflegt werden.

Stufe 15: Ich tanze mit meinem Rollator.

Stufe 16: Ich nässe mich ein, weil ich es nicht rechtzeitig auf die Toilette schaffe.

Stufe 17: Ich nässe mich ein, weil es mir egal ist.

Stufe 18: Wenn ich morgens erwache, kacke ich zuerst. Danach stehe ich auf.

Bodybuilding

Jeder Mensch hat Ecken und Kanten. Ich nicht. Ich habe Rundungen. Deshalb trage ich mich ernsthaft mit dem Gedanken, ein Fitnessstudio aufzusuchen. Aber ich will nur geschmeidig werden wie ein Panther und nicht aussehen wie jemand, der beim Umzug behilflich sein könnte. Doch so ein Vorhaben bedarf einer sorgfältigen Planung, damit die Sache auch ein Erfolg wird.

Montag: Ich habe das Fitnessstudio gegoogelt. Der Erstkontakt ist hergestellt.

Dienstag: Bin heute am Studio vorbeigefahren. Es steht noch. Regelmäßiger Kontakt ist wichtig. Und langsam beginnen. Alexa, mach Sport für mich.

Mittwoch: Ich gehe zu Fuß zum Studio um mich auf die Strapazen einzustimmen. Die Trainingsräume befinden sich im ersten Stock. Der Lift ist kaputt aber die Treppe funktioniert. Am Empfang hängt ein Schild: ‚Falls ihnen die Hanteln zu schwer sind, geben sie dem Personal Bescheid. Die Mädchen helfen ihnen gerne‘. Um einer Depression vorzubeugen, entscheide ich mich für ein Probe-Abo. In drei Monaten werde ich mir selber dankbar sein. Sport wird mir das Gefühl geben, dass ich nackt besser aussehe. Wodka allerdings auch.

Donnerstag: Die erste Trainingseinheit ist vorbei. Ich kann mich zwar kaum noch bewegen und habe vor Müdigkeit Augenringe wie ein Panda, aber ich bin stolz darauf, dass ich es bis zum Ende durchgezogen habe. Der Trainer meint, jetzt sollten alle aufgewärmt sein. Als ich wieder Luft bekomme, frage ich ihn:

„Was kommt jetzt?“

„Bauch und Rücken.“

„Ihr habt einen Grill da?“

Freitag: Klar kostet das Probe-Abo Geld und daher sollte ich auch hingehen, damit es sich lohnt. Andererseits habe ich aber auch die Couch bezahlt.

Montag: Eine gesunde Ehe lebt von gemeinsamen Interessen. Ich frage meine Frau:

„Schatz, kommst du mit ins Fitnessstudio?“

„Bin ich dir etwa zu dick?“

„Du musst nicht, wenn du nicht willst.“

„Jetzt bin ich also faul?“

„Reg dich doch nicht auf, Schatz.“

„Ach, hysterisch bin ich auch noch.“

„Das meine ich doch nicht.“

„Eine Lügnerin bin ich also auch noch.“

„Bleib doch einfach zu Hause.“

Habe ich auch gemacht.

Dienstag: Mein Trainer sagt, er habe noch nie jemand so schwitzen gesehen wie mich. Ich habe nicht geschwitzt, ich habe geweint.

Mittwoch: Im Studio ziehe ich viele neidische Blicke auf mich. Sollen die sich doch ihre eigene Pizza mitnehmen.

Donnerstag: Die Frutti di Mare auf der Pizza waren älter als gedacht. Auf der Hantelbank lasse ich einen ziehen und der nächste drängt schon nach. Einen Tornado kann man nicht stoppen. Um Aufsehen zu vermeiden gehe ich auf die Toilette. Doch dank der brillanten Akustik der Kloschüssel ertönt das Nebelhorn der Titanic.

Freitag: War eben eine Stunde auf dem Ergometer. Konditionell überhaupt kein Problem. Beim nächsten Mal trete ich auch in die Pedale. In zehn Minuten soll das Sixpack-Training beginnen. Aber niemand hat Bier mitgebracht. Die verarschen mich doch hier.

Montag: Ich habe eben gelesen, dass man bei einer Stunde ruhigen Sitzens 73 Kalorien verbraucht. Ich habe meinen Sport gefunden. Danach lege ich mich auf den Boden um ein paar Situps zu machen und schlafe dabei ein.

Dienstag: Das Fitnessstudio wurde geschlossen. Jetzt steht da ein Restaurant. Am Ende siegt doch immer das Gute.

Bauer sucht Frau

Sie werden als ‚zärtliche Ziegenhirten‘ oder ‚schüchterne Schweinebauern‘ anmoderiert, doch ein ehemaliger Bauern-Kandidat packt jetzt aus: „Die Frauen wurden mir zugeteilt, ich hatte keine freie Wahl.“ Der Sender dementiert. Was ist da los? Ich hoffe doch sehr, dass da alles mit rechten Dingen zugeht. Muss wohl, denn ein anderer Ex-Kandidat sagt: „Ich hatte nach der Sendung zum ersten Mal Sex. Es war gar nicht so schlimm“. Na also, das klingt doch gut. Hat sich seine Teilnahme schon mal ausgezahlt. Seit 2005 gibt es ein Gesetz, das Sex mit Tieren verbietet. Und seit 2005 gibt es ‚Bauer sucht Frau‘. Ich glaube nicht an Zufälle. Da hatte eindeutig die Landwirtschaftskammer ihre Finger im Spiel. Egal. Doch was macht die Sendung so erfolgreich? Ganz einfach. Es ist die immer wiederkehrende, gleichbleibende Handlung, um die Zuseher nicht unnötig zu irritieren. Das Programm ist heute voll gut, sagen sie dann, und merken nicht, dass sie seit zwei Stunden in den Mülleimer starren. Dieses Konzept, eine Erfindung des Privatfernsehens, gilt übrigens auch für ‚Schwiegertochter gesucht‘. Im alten Ägypten hat man Gehirne mit Haken durch die Nase entfernt. Derselbe Effekt kann heute damit erzielt werden, indem man zehn Minuten RTL2 schaut. Müsste ich mich zwischen ATV und RTL2 entscheiden, ich würde die Darmspiegelung nehmen. Aber auf meine Meinung kommt es nicht an, ich bin nicht repräsentativ für diese Sender. Aber zurück zu ‚Bauer sucht Frau‘. Im Grunde ist es eine Mischung zwischen einem Viehmarkt und dem Gesellschaftsspiel ‚Zwei Doofe – ein Gedanke‘. Ziel der Sendung ist es, ein paar unbedarfte Landwirte mit einer unbestimmten Anzahl notgeiler Frauen zu verkuppeln. Dabei sind alle Mittel erlaubt. Knebelverträge verhindern ein vorzeitiges Aussteigen der Kandidaten. Den Bauern wird mit dem Veterinäramt gedroht, den Frauen mit dem Gesundheitsamt. In der ursprünglichen Variante wurden Paare per Zufallsgenerator zusammen gespannt. Dazu wurde eine Wiese in weiße Quadrate unterteilt und diese mit den Namen der Bauern beschriftet. Danach wurden Kühe aufgetrieben, die die Namen der brunftigen Kandidatinnen trugen. Und dann ‚rinne wah plü‘, wie die Landwirte sagen. Anschließend musste nur noch darauf gewartet werden, in welches Quadrat die Kühe kacken würden. Und schon war mittels Darmentleerung das glückliche Paar ermittelt. Das hatte etwas Archaisches. Doch in Summe erwies sich dieses Prozedere als zu ungenau, weil die Kühe nicht immer den Sinn des Spieles verstanden hatten. Eine Kuh ist nun mal kognitiv eingeschränkt und nur sehr schwer zu dressieren. Die hält sich nicht an Regeln, sondern kackt einfach irgendwo hin. Entweder neben die vorgesehenen Quadrate oder auf die Schuhe des Kameramanns. Das kostet Geld und ist nicht schön. Um das zu vermeiden, werden die Opfer jetzt einfach einander zugeordnet. Der Sender gibt sich dabei größte Mühe, die Paare so gegensätzlich wie möglich auszusuchen, um durch die Inkompatibilität möglichst quotenbringende Konflikte herauf zu beschwören. Je abartiger die Paarung, desto besser. Manchen Frauen sieht man danach die Verzweiflung an wenn sie feststellen, dass ihren Zukünftigen das Wort Somodie quasi in Leuchtbuchstaben auf der Stirn steht. Doch Vertrag ist Vertrag. Frauen, die sich auf ein derartiges Abenteuer einlassen, müssen damit rechnen, in Gummistiefeln über den Küchentisch gelegt zu werden. Aber man wächst mit seinen Aufgaben. Die nächsten Tage sind dadurch bestimmt, dass die Frau in die wichtigsten Arbeiten auf einem Bauernhof eingewiesen wird. Sie legt überall Hand an. Im Stall genauso wie am Ziegenhirten. Während dieser Zeit wird sie immer wieder nach ihren Eindrücken befragt, wobei der Kameramann darauf achtet, das Gesicht in Nahaufnahme zu zeigen, damit man die rot unterlaufenen Augen sehen kann. Und man sieht in diese und weiß: Die fragt sich, warum Melkeimer unten zu sind. Bei manchen Menschen stelle ich mir die Frage: Was will die Natur uns damit sagen? Ein Kondom zur rechten Zeit hätte vieles verhindert. Insgesamt muss sie drei Wochen ohne bleibende Schäden überstehen. Danach wird der Spieß umgedreht und der Bauer fährt in seinem besten Blaumann auf dem Traktor in die Stadt, um das 21. Jahrhundert kennenzulernen. Das ist für ihn ein Kulturschock. Er stellt fest, dass man außer mit einem Löffel auch noch mit anderen Gerätschaften essen kann und zum Schneuzen ein Taschentuch verwendet wird, entgegen seiner bisherigen Gewohnheit, ein Nasenloch zuzuhalten und durch das andere den Rotz in die Ecke der Bauernstube zu schleudern. Und dann muss sich die Frau entscheiden ob sie bei Geißenpeter bleiben will, oder in den Gemeindebau zurückkehrt. Doch bevor sie ihre Entscheidung verkündet, geht es ab in die Werbung. Und jetzt die Eine-Million-Euro-Frage. Warum macht man bei einer solchen Sendung mit? Die Gage kann es nicht sein, so viel wird da nicht gezahlt. Macht es Spaß so gedemütigt zu werden? Vielleicht liege ich falsch und es wäre doch besser, mich als Idiot durchs Leben zu schlagen um der Evolution eine Pause zu ermöglichen. Ich habe es eine Zeit-lang versucht, aber der Markt ist hart umkämpft. Ich hatte keine Chance. Da habe ich Menschen kennengelernt, wenn die gesprochen haben wusste ich sofort, die haben sich heute morgen die Schuhbänder nicht selbst gebunden. Auch Arbeitskollegen. Die haben ein leeres Blatt kopiert, um einen Schmierzettel zu haben. Da hab ich mich manchmal gefragt ob die wirklich so blöd sind, oder extra Unterricht dafür genommen haben.

 

Ich hatte einen Bekannten, die Betonung liegt auf hatte, von dem ich wusste, dass er sich gerne ‚Bauer sucht Frau‘ ansieht. Ich fragte ihn:

„Warum siehst du dir diesen Dreck eigentlich an?“

„Ich muss lachen, wenn ich einen Idioten sehe.“

„Stört dich das nicht beim Rasieren?“

Gourmet-Gespräch 1

„Heute gibt’s wieder Luxus pur, mein Schatz hat Wein und Käse gekauft. Eine Verköstigung wie bei den Geissens.“

„Was hat er denn genau gekauft?“

„Wein und Käse, sagte ich doch.“

„Ja, aber was für einen Wein und was für einen Käse? Da gibt es doch verschiedene.“

„Ah, ok. Also er hat einen roten Spätburgunder gekauft und einen Gouda Jung.“

„Hoppla, also Spätburgunder kann ja ganz gut sein. Aber Gouda Jung? Na ja, irgendwo muss man ja anfangen.“

„Warum bist du jetzt so herablassend? Wir fangen nicht an, das ist bereits unser dritter Abend. Und wir haben inzwischen Ahnung von gutem und teurem Käse.“

„Ja, sorry, aber Gouda Jung ist halt wirklich kein besonderer Käse. Hast du schon mal einen gegessen, der richtig böse riecht? Die sind manchmal wirklich teuer und schmecken ausgezeichnet.“

„Ja, das hab ich, und ich weiß, wie teuer die sind. Ich habe kürzlich einen Camembert gegessen, da war sogar Schimmel drauf und der hat auch gestunken. Und der hat mir voll geschmeckt. Also tu nicht so, als ob ich keine Ahnung hätte.“

„Das war nicht meine Absicht. Aber Camembert stinkt eigentlich kaum.“

„Du Klugscheisser, du hast keine Ahnung. Der Käse von Camembert stinkt voll.“

„Also wenn er stinkt ist er überreif und nicht mehr gut. Solange er nur riecht, ist er gut bekömmlich. Gib doch zu, dass du neu auf dem Gebiet bist. Das ist doch keine Schande.“

„Du kannst mich mal, ich bin nicht neu.“

„Ach ja? Schön. Hast du schon mal den Käse von Zehe probiert? Der stinkt ganz besonders. Den empfehle ich dir von Herzen. Allerdings weiß ich nicht, ob er dir schmecken wird.“

„Den kenn ich auch schon und der war voll lecker.“

„Tatsächlich? Du hast Zehenkäse gegessen?“

„Ja.“

„Glückwunsch. War der auch von deinem Freund?“

„Natürlich, von wem denn sonst.“

Gourmet-Gespräch 2

„Das Restaurant ist top. Ich hatte da mal Käsespätzle. Und einmal ein Putenschnitzel. Das war echt gut.“

„Also Jägerschnitzel würde ich nicht nehmen. Ich find’s unnötig, Tiere zu jagen.“

„Dann nimm doch eines nach Wiener Art. Aber was soll das bringen? Schnitzel ist Schnitzel.“

„Weil die Jäger die Tiere tot schießen. Das finde ich scheiße. Ein normales Schnitzel mit Pommes schmeckt genauso gut.“

„Das Jägerschnitzel ist ja nicht von Jägern, das nennt man einfach so wegen der Zubereitung. Oder glaubst du, dass ein Zigeunerschnitzel von Zigeunern geliefert wird?“

„Was sonst, die müssen ja auch von irgend etwas leben.“

Der Furz

Es ist ein äußerst unangenehmes Thema, aber da alle Menschen davon betroffen sind, lohnt sich eine nähere Betrachtung um Sinn und Wesen dieses täglichen Naturereignisses zu ergründen. Frauen schweigen meist dazu, wir müssen aber konzedieren, dass sie weniger oft furzen als Männer. Sie können den Mund nicht lange genug halten um den nötigen Druck aufzubauen. Und wenn sie dennoch einen fahren lassen, dann schieben sie es den Männern in die Schuhe. „Wie kannst du nur vor mir furzen?“ Am besten sagen sie dann: „Entschuldige bitte, ich wusste nicht, dass du vor mir dran warst“. Oder die Mädels laufen ins Bad, knallen die Tür und man hört einen vernichtenden Furz. Danach kommen sie wieder heraus und sagen: „Ich hatte was im Auge.“ Aber Männer gehen ohnehin entspannt an die Sache heran und entwickeln manchmal sogar einen sportlichen Ehrgeiz um die Konkurrenz zu übertrumpfen. Heringe können bis zu sieben Sekunden furzen. So kommunizieren sie miteinander. Genau wie Männer. Wir müssen davon ausgehen, dass es außerirdisches Leben gibt. Deshalb hat die NASA vorgesorgt und die interstellaren Raumsonden Voyager 1 und 2 mit Datenplatten ausgestattet, auf denen sich Bild- und Toninformationen über die Erde befinden. Unsere Koordinaten, diverse Grußbotschaften, Fotos und Filme, Tiergeräusche, Blitz, Donner, Musik berühmter Komponisten, eine Ansprache des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim und eine Beschreibung des Furzes. Darin heißt es: Der Furz ist ein gewollter, aber missglückter Versuch dem Hinterteil das Sprechen beizubringen. Er stärkt das Wohlbefinden, scheitelt die Haare und stinkt, damit die Schwerhörigen auch etwas davon haben. Ende der Botschaft. Ich finde, das ist eine treffende Beschreibung. Es gäbe natürlich noch einiges mehr, aber so eine Datenplatte hat nun mal eine beschränkte Speicherkapazität. Lassen sie uns den Rest ergänzen. Der Furz ist der Soundcheck des Körpers und hat sich im Laufe der Evolution einen fixen Platz erkämpft. Im Zwischenmenschlichen, in der Wirtschaft oder auch in der Kunst. Und in den verschiedensten Kulturen. Ein altes indianisches Sprichwort lautet: Wenn man seinen Furz wieder riechen kann, ist die Erkältung vorbei. Und schon hat man den Medizinmann gespart. Sehr heikel wird es im zwischenmenschlichen Bereich. Der größte Schritt in einer Beziehung ist nicht der erste Kuss, sondern der erste Furz. Vor allem die Reaktion darauf. Aber das beschränkt sich nicht nur auf Paare. Auch innerhalb einer Gruppe muss man Fingerspitzengefühl beweisen. Da ist es hilfreich, wenn man eine passende Erklärung parat hat. Wenn sie im Bus einen fahren lassen, dann sagen sie: „Ich bin zwar Torwart, aber der war unhaltbar“. Glauben sie mir, da haben sie die Lacher auf ihrer Seite. Auch die Wirtschaft hat sich des Themas angenommen und nutzt es auf perfide Weise. Allen voran IKEA. Das Gebläse am Eingang ist ein aphrodisierender Elch-Furz, der die Kunden in völligem Unterbewusstsein Teelichter kaufen lässt. Fahrschulen gehen ebenfalls subtil an die Sache heran. „Gas geben und die Kupplung langsam kommen lassen“. „Wie langsam?“ „Wie einen Furz im Theater.“ Und selbst die Medizin wird umdenken müssen. Millionen Menschen kämpfen mit Luft im Bauch und greifen verzweifelt zu Joghurtprodukten. Das bringt doch nichts. Leute, gebt euch nicht auf. Lernt furzen. Und die wichtigste Regel: Lachen sie. Denn aus einem traurigen Arsch kommt niemals ein fröhlicher Furz.

Damit ist die Botschaft ins All komplett.

40 Chinesen

Mittwoch, 12:03 Uhr

Ich bin mal wieder auf dem Weg Richtung Nürburgring. Das 24-Stunden-Rennen steht an. Kurz hinter Stuttgart klingelt es heftig an meinem Schließmuskel. Ein Schild neben der Autobahn verrät mir, dass es bis zur nächsten Raststation noch 25 Kilometer sind. Ich gebe meinem Opel die Sporen. Hinter mir blitzt es.

Mittwoch, 12:07 Uhr

Mich erreichen zwei Mitteilungen, fast gleichzeitig.

Erstens: Mein Navi schlägt mir eine Ausweichroute vor. Ich lehne den Vorschlag ab. Jetzt ist keine Zeit für Sightseeing.

Zweitens: Der Verkehrsfunk auf SWR3 teilt mir mit, dass sich in meiner Fahrtrichtung ein Unfall ereignet hat. Es hätte sich bereits ein Stau gebildet.

In Panik schalte ich den Turbo dazu und trete das Gaspedal bis zum Anschlag durch.

Mittwoch, 12:15 Uhr

Ich sehe das Stauende auf mich zukommen. In Deutschland kennt man keine Rettungsgasse. Ich weiche daher auf den Pannenstreifen aus und behalte das Tempo bei.

Mittwoch, 12:21 Uhr

Endlich biege ich auf den Rastplatz ein und parke direkt hinter einem polnischen Reisebus, der, grob geschätzt, 40 Chinesen ausspuckt. Ich schließe mein Auto ab und sprinte Richtung Sanifair. Vor dem Automaten krame ich hektisch nach Münzen. Habe genau 20 Cent im Sack.

Mittwoch, 12:25 Uhr

Mit zusammengekniffenen Arschbacken und hervorstehenden Augen stehe ich an der Kasse und warte auf mein Wechselgeld. Ich rase zurück zum Automaten. Vor dem stehen jetzt, grob geschätzt, 40 Chinesen, die noch nie etwas von Sanifair gehört haben.

Jetzt wird es richtig eng. Das Gedränge an meiner Warenausgabe wird immer heftiger. Ein großer Räumungsverkauf kündigt sich an. Die Panik und die Bilder im Kopf sind für Nichtbetroffene nur schwer zu beschreiben. Dies würde jetzt auch den Rahmen sprengen. Daher ein kleines Rätsel. Finden sie Wortpaare, die nicht zusammen passen.

Erstens: Sommer – Hitze Zweitens: Winter – Kälte Drittens: Hammer – Nagel Viertens: Chinesen - Sanifair

Mein chinesischer Sprachschatz beschränkt sich auf Hähnchen süß-sauer und knusprige Ente. Aus unerfindlichen Gründen fällt mir plötzlich Inspektor Derrick ein. Ich zeige den Asiaten meinen Personalausweis und sage mehrmals laut ‚Polizei‘. Die Erhebung zur Amtsperson zeigt augenblicklich Wirkung. Man lässt mich durch.

Mittwoch, 12:31 Uhr

Geschafft. Endlich. Keine Sekunde zu früh. Ab jetzt ist es Sache des Klärwerks. Die Hose hätte das Volumen mit Sicherheit nicht verkraftet. Deshalb ein kurzer Schlenker ins Sanitätshaus. Ich habe mich in einem Supermarkt in Miami in die Hygieneabteilung verirrt. Da habe ich Sachen gesehen, dass wollen sie gar nicht lesen. Erwachsenenwindeln mit einer Gallone Fassungsvermögen. Das sind fast vier Liter! Nicht mal unser Aquarium hat so viel Wasser. Wer solche Windeln trägt, hat mit dem Leben abgeschlossen. Also, jetzt noch schnell den Wagen versorgen. Seine 300 PS haben mir schließlich den Tag gerettet. Nach knapp 30 Liter Super hat er genug. Walter Röhrl, der legendäre Rallye-Weltmeister, bringt das Verhältnis Mann - Auto auf den Punkt: „Man kann ein Auto nicht wie ein menschliches Wesen behandeln – ein Auto braucht Liebe“. Ich gehe zur Kasse und lege noch einen Schokoriegel auf den Tresen. Das Lesegerät verlangt meine Karte und ich gebe den Code ein. Eine Minute später fädle mich entspannt in den Verkehr auf der A8 ein. Wenn es gut läuft bin ich in knapp vier Stunden am Nürburgring. Auch „Die grüne Hölle“ genannt. Es hätte nicht viel gefehlt und der Tag wäre für mich zur braunen Hölle geworden.

 

Freitag, 11:00 Uhr

Bei mir zu Hause klingelt es an der Wohnungstür. Meine Frau macht auf. Vor ihr stehen zwei Polizisten. Das ist per se kein gutes Zeichen. Natürlich könnte es sein, dass das gechipte Haustier überfahren wurde und jetzt die amtliche Todesnachricht überbracht wird. „Dürfen wir reinkommen? Sie sollten sich setzen“. Aber wir habe kein Haustier und meiner Frau fällt ein, dass ich ein 24-Stunden-Rennen fahre. Der Nürburgring, insbesondere die Nordschleife, genießt bei den Witwen der Fahrer keinen guten Ruf. Als meine Frau aus ihrer Ohnmacht erwacht, teilt ihr einer der Beamten mit, dass wegen Tank-betrug nach mir gefahndet wird. Das ist nicht schön, aber doch eine gewisse Erleichterung. Aus diesem Wochenende können folgende Erkenntnisse gewonnen werden:

Erstens: Halten sie immer genügend Münzen vorrätig. Bei Sanifair mindestens 70 Cent.

Zweitens: Chinesen haben Respekt vor der Polizei.

Drittens: Geben sie beim Bezahlen immer die Nummer ihrer Zapfsäule bekannt. Sonst wird nämlich nur der Schokoriegel berechnet.

Viertens: Brille aufsetzen, Betrag kontrollieren, Code eingeben. Von dieser stringenten Reihenfolge sollte auch in Extremsituationen nicht abgewichen werden.

Die Kameras an der Tankstelle haben meinen Weg zur Kasse aufgezeichnet, wodurch mein Wille zur Bezahlung eindeutig bewiesen war. Das Verfahren wurde eingestellt. Der Blitz hinter Stuttgart brachte mir einen Punkt in Flensburg. Beim 24-Stunden-Rennen wurde ich zweiter in meiner Klasse.

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