Weiterbildung an Hochschulen

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Literatur

Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (2014). Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) vom 20. Juni 2014. Zugriff am 22.8.2017 unter https://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2016/689.pdf.

Europäische Kommission (2001). Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen. Brüssel. Zugriff am 12.3.2017 unter https://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/memode.pdf.

Hanft, A.; Brinkmann K.; Kretschmer S.; Maschwitz A. & Stöter J. (2016). Organisation und Management von Weiterbildung und Lebenslangem Lernen an Hochschulen. Münster u. a.: Waxmann.

Kamm, C.; Schmitt, S.; Banscherus, U. & Wolter, A. (2016). Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt: Marktposition und Teilnehmerstruktur. Ergebnisse einer sekundäranalytischen Untersuchung. In: Wolter, A.; Banscherus, U. & Kamm, C. (Hrsg.). Zielgruppen Lebenslangen Lernens an Hochschulen. Münster u. a.: Waxmann, 137–164.

Schläfli, A. & Sgier, I. (2014). Weiterbildung in der Schweiz (3., vollständig überarbeitete Aufl.). Bielefeld: Bertelsmann.

SKBF (2014). Bildungsbericht Schweiz 2014. Aarau: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung.

Teil 1: Zur Situation der Weiterbildung an Hochschulen

André Schläfli und Irena Sgier Weiterbildung in der Schweiz und in Europa Aktuelle Situation, Verortung der Hochschulen und Perspektiven
Einleitung

In den letzten Jahren hat das Thema lebenslanges Lernen an Bedeutung gewonnen. Lebenslang zu lernen gilt als Bedingung für persönliche Entwicklung und beruflichen Erfolg. In öffentlichen und politischen Debatten zu Fragen wie Arbeitslosigkeit, Fachkräftemangel, Migration oder Umweltzerstörung werden die Lernfähigkeit und Lernbereitschaft von Erwachsenen mittlerweile ebenfalls als relevante Elemente wahrgenommen. Das zeigt sich auf nationaler wie auf internationaler Ebene: Politikerinnen und Politiker bezeichnen Weiterbildung als Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Länder und ganzer Regionen wie der EU. In der Schweiz stehen zurzeit beispielsweise die Strategie zur Armutsbekämpfung oder die digitale Strategie des Bundes zur Debatte. Als mögliche Antwort auf diese Herausforderungen wird unter anderem Weiterbildung genannt.

Dieser Beitrag umfasst zwei Teile: Der erste widmet sich aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen in der Weiterbildung, im zweiten Teil konzentrieren wir uns auf das Verhältnis der Hochschulen zur Weiterbildung.

Was ist unter Weiterbildung zu verstehen?

Bis vor 20 Jahren wurde klar zwischen Erwachsenenbildung, Fortbildung und Weiterbildung unterschieden. Als sich in den 1990er-Jahren das Paradigma des lebenslangen Lernens durchzusetzen begann (vgl. Kraus 2001), wurde die Unterscheidung dieser Begriffe zunehmend unscharf (s. unten Abschnitt »Was ist lebenslanges Lernen?«). So ersetzte beispielsweise die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) den Begriff Lehrerfortbildung durch den Begriff Lehrerweiterbildung. Die Schweizerische Vereinigung für Erwachsenenbildung (SVEB) wurde 2001 zum Schweizerischen Verband für Weiterbildung, behielt mit der Abkürzung SVEB aber die Erinnerung an den Begriff Erwachsenenbildung bei. Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass die Begriffe Erwachsenenbildung und Weiterbildung in der Schweiz inzwischen als synonym gelten. Wichtig geworden ist dafür die Unterscheidung zwischen der formalen Bildung, der nicht-formalen Bildung und dem informellen Lernen (vgl. Kasten).

Lernformen: formal, nicht-formal, informell

»Im Zusammenhang mit lebenslangem Lernen (lifelong learning) hat sich die Unterscheidung von drei Lernformen eingebürgert (UNESCO, OECD und Eurostat):

1.Die formale Bildung umfasst alle Bildungsgänge der obligatorischen Schule, der Sekundarstufe II [berufliche Grundbildung oder allgemeinbildende Schulen] und der Tertiärstufe [höhere Berufsbildung, Hochschulabschlüsse oder Doktorate].

2.Die nicht-formale Bildung umfasst die Lernaktivitäten im Rahmen einer Schüler-Lehrer-Beziehung außerhalb des formalen Bildungssystems. [Dazu gehören beispielsweise Kurse, Konferenzen, Seminare oder Privatunterricht.]

3.Das informelle Lernen umfasst Aktivitäten, die explizit einem Lernziel dienen, aber außerhalb einer Lernbeziehung stattfinden. [Dabei handelt es sich beispielsweise um das Lesen von Fachliteratur oder das Lernen von anderen Personen am Arbeitsplatz.]

Ist von Weiterbildung die Rede, sind in der Regel nicht-formale Bildungsaktivitäten gemeint. […]«

Quelle: BFS (2016)

Heute wird Weiterbildung im deutschsprachigen Raum in der Regel als non-formale Bildung bezeichnet. Durchgesetzt wurde diese Definition auf internationalen Druck von Organisationen wie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur). Inzwischen ist die Unterscheidung zwischen formaler und non-formaler Bildung und informellem Lernen in ganz Europa üblich, wobei die Begriffe nicht überall dasselbe bedeuten. So gehören beispielsweise Grundkompetenzen in manchen Ländern zum formalen System, in anderen (wie der Schweiz) aber zum non-formalen. Unterschiede bestehen bei empirischen Daten und Teilnahmequoten auch auf methodologischer Ebene. So erfassen die statistischen Ämter non-formale Bildung unterschiedlich breit und beziehen beim Berechnen der Weiterbildungsquoten teilweise auch das informelle Lernen ein. Aus diesem Grund sind Ländervergleiche trotz relativ einheitlicher Terminologie mit Vorsicht zu interpretieren; das gilt auch für die im internationalen Vergleich sehr hohe Weiterbildungsquote in der Schweiz.

Das Bundesamt für Statistik erfasst die Teilnehmerstatistik (Mikrozensus Aus- und Weiterbildung [MZB]) mit diesen Begriffen, um den internationalen Anforderungen der EU-Statistik (Eurostat) zu entsprechen und die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. Am Beispiel der Statistik und der Terminologie wird deutlich, wie stark die Entwicklung der Weiterbildung in der Schweiz von internationalen Faktoren beeinflusst wird. Weiterbildung lässt sich nicht mehr nur auf nationaler Ebene definieren. Bei den Schwerpunkten und der Ausrichtung der Weiterbildung in der Praxis bleiben die länderspezifischen Eigenheiten aber bestehen.

Die internationale Definition von Weiterbildung hat ihre Spuren auch auf Gesetzesebene hinterlassen. Das Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG), das seit 1. Januar 2017 in Kraft ist, definiert Weiterbildung trotz dezidierten Widerstands aus der Weiterbildungsszene offiziell als nicht-formale Bildung (WeBiG Art. 3): »Weiterbildung ist strukturierte Bildung außerhalb der formalen Bildung (nicht-formale Bildung).« Der Weiterbildung steht jetzt die formale Bildung gegenüber, die staatlich geregelt ist und zu entsprechenden Abschlüssen führt. Als »strukturiert« gilt Bildung namentlich, wenn sie in organisierten Kursen, mithilfe von Lernprogrammen und in einer definierten Lehr-Lern-Beziehung erfolgt; zur strukturierten Bildung gehören neben Kursen auch Angebote wie Tagungen, Kongresse und Workshops.

Die Weiterbildung ist ein äußerst heterogenes Feld ohne klare Konturen, in dem sich zahlreiche unterschiedliche Akteure bewegen. Die Angebote reichen von Kursen im Lesen und Schreiben für Erwachsene über Computer- und Sprachkurse bis hin zu Managementkursen und hoch spezialisierten Kursen für Akademikerinnen und Akademiker. Alle diese Angebote – einschließlich des gesamten Weiterbildungsangebots der Hochschulen – gehören seit der Einführung des Weiterbildungsgesetzes zur non-formalen Bildung.

Im Gegensatz dazu umfasst der formale Bereich Bildungsgänge der obligatorischen Schule, der Sekundarstufe II (Berufsfachschule und Gymnasium) und der Tertiärstufe (höhere Berufsbildung, Hochschulabschlüsse).

Das informelle Lernen bezieht sich auf den Erwerb von Kompetenzen außerhalb strukturierter Bildung. Informelles Lernen spielt im Alltag eine wichtige Rolle. Erwachsene lernen täglich neue Dinge dazu, sei dies in der Familie, im Austausch mit Kollegen am Arbeitsplatz, bei Freizeitaktivitäten und bei der Freiwilligenarbeit oder mithilfe von Büchern, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Social Media und anderen technischen Hilfsmitteln. Das informelle Lernen ist ein entscheidender Bestandteil der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens aller Altersgruppen.


Abbildung 1: Lebenslanges Lernen (eigene Darstellung)

Was ist lebenslanges Lernen?

Der bereits mehrfach erwähnte Begriff des lebenslangen Lernens hat zwei wichtige Besonderheiten, die das Lernen Erwachsener in ein neues Licht rücken: Erstens wird die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Lebensphasen fallen gelassen – das lebenslange Lernen umfasst die gesamte Lebensspanne einer Person. Damit rückt der Mensch stärker in den Fokus als strukturelle oder bildungssystematische Aspekte. Wer die Perspektive des lebenslangen Lernens einnimmt, fragt mehr nach dem Lernprozess und nach lebensweltlichen Bezügen als danach, in welchen Strukturen das Lernen stattfindet. Aus dieser Optik ist es irrelevant, ob das Lernen als formale Ausbildung, als non-formale Weiterbildung oder als informelles Lernen deklariert wird.

 

Wichtig wird demgegenüber zweitens die Erkenntnis, dass fast alles, was lernbar ist, in jedem beliebigen Alter gelernt werden kann und dass Lernprozesse einen Bezug zum Leben des Lernenden haben – beziehungsweise haben sollten, denn persönlich Bedeutsames wird in allen Lebensaltern und auf allen Lernstufen besser gelernt. Das gilt für Sprachen und für neue Informations- und Kommunikationstechnologien genauso wie für Persönlichkeitsbildung, handwerkliche und intellektuelle Kompetenzen oder für die Aneignung von neuem Wissen.

Dieser Logik folgen die UNO und die UNESCO denn auch in ihren Millenniums-Entwicklungszielen (Millennium Development Goals [MDG]) und in den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals [SDG]) sowie in der aktuellen Agenda Bildung 2030, die auch diese Entwicklungsziele umfasst (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission et al. 2016). In deren Zentrum stehen Inklusion und Chancengleichheit sowie der Zugang zu qualitativ guter Bildung, wobei diese Anliegen konsequent im Ansatz des lebenslangen Lernens für alle verankert sind. Neu sind diese Ziele an sich nicht – die UNESCO engagiert sich seit Langem dafür. Sie werden heute aber deutlich stärker gewichtet und weiter gefasst als früher. Die bisherige Fokussierung auf die schulische Bildung von Kindern wird abgeschwächt, während im Gegenzug sowohl die Bildungsarbeit mit Erwachsenen als auch die frühkindliche Bildung stärker gewichtet und gefördert werden sollen als bisher.

Weiterbildungslandschaft Schweiz

Die Weiterbildung hat in der Schweiz ein Marktvolumen von rund 5,4 Milliarden Franken pro Jahr. Rund 85 Prozent der Angebote stammen von privaten Anbietern (vgl. BFS 2014, S. 15). Das gesamte Weiterbildungsangebot ist mit rund 100 000 Kursen und über zwei Millionen Teilnehmenden pro Jahr sehr vielfältig. Dabei kommen die verschiedensten didaktischen Methoden und Formate zum Zug: vom Kurzworkshop über den Fernstudienkurs bis zum modularen mehrsemestrigen Lehrgang und dem virtuellen Seminar oder MOOC (Massive Open Online Course). Zu den Anbietern gehören Weiterbildungsorganisationen, Hochschulen, Organisationen der Arbeitswelt, Betriebe, Berufsfachschulen, Non-Profit-Organisationen, selbstorganisierte Gruppen oder selbstständige Trainer und Trainerinnen mit kleinen Firmen. Dieses heterogene Gebilde ergänzt und erweitert das nationale Bildungssystem (für einen Überblick zur Weiterbildung in der Schweiz vgl. Schläfli & Sgier 2014).

Das Weiterbildungssystem stellt eine Vielzahl von Abschlüssen bereit, von Inhouse-Zertifikaten über Nachdiplomstudien bis zum Verbands- und Branchenzertifikat. Mit Ausnahme des Sprachbereichs gibt es dafür kein Bezugssystem, das übergreifend die Einordnung und einen Niveauvergleich ermöglichen würde. Für den Sprachbereich bietet der Europäische Referenzrahmen (GER) eine Niveaueinteilung sowie einen Orientierungsrahmen für die Einordnung und den internationalen Vergleich der Abschlüsse (vgl. GER o. J.). Im Übrigen fehlt es an Transparenz und an staatlichen Regelungen für die Weiterbildung.

Im Vergleich zum Ausland verzeichnet die Schweiz einen relativ geringen Anteil an Hochschulabsolventinnen und -absolventen (ca. 23 % der erwachsenen Bevölkerung). Die Mehrheit der Jugendlichen absolviert eine Berufslehre, rund 20 Prozent von ihnen bilden sich nach der Lehre weiter. Beliebt sind auch die Abschlüsse der höheren Berufsbildung. Wer über eine Berufsmatura verfügt, hat außerdem Zugang zu den Fachhochschulen.

Gar keinen Abschluss hat in der Schweiz rund jeder Sechste: 12 Prozent der Erwerbsbevölkerung zwischen 24 und 64 Jahren haben nach der obligatorischen Schule keinen weiteren Bildungsabschluss erworben (BFS Bildungsindikatoren), wobei dieser Anteil bei jüngeren und in der Schweiz aufgewachsenen Personen deutlich tiefer liegt.

Mit dem bereits erwähnten neuen Weiterbildungsgesetz hat die Weiterbildung ihren Platz im schweizerischen Bildungssystem erhalten (vgl. SBFI 2016). Wie im Folgenden beschrieben wird, hat sich die Schweiz für ein Rahmengesetz entschieden, das nicht primär ein Finanzierungsgesetz ist, sondern den Weiterbildungsbereich über Spezialgesetze bezüglich Qualität, Professionalisierung, Wettbewerb und Chancengleichheit beeinflussen soll.

Weiterbildungsgesetz (WeBiG)

Das WeBiG stellt einen Versuch dar, die unterschiedlichsten Ausrichtungen und Förderungsweisen der verschiedenen Bundesämter besser zu koordinieren und abzugleichen. Als Rahmengesetz macht das WeBiG vor allem einheitliche Vorgaben zur Förderung der Weiterbildung in den rund 80 Spezialgesetzen, die (wie das Berufsbildungsgesetz) nebenbei Bestimmungen zur Weiterbildung enthalten. In diesem Rahmen investiert der Bund jährlich rund 600 Millionen Franken in die Weiterbildung, etwa die Hälfte für Bildungsmaßnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Die vom WeBiG zusätzlich genannten Fördermaßnahmen werden nur unterstützenden oder ergänzenden Charakter haben und – als Beitrag zur Chancengleichheit – insbesondere:

die Gleichstellung von Frauen und Männern vorantreiben,

den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen Rechnung tragen,

die Integration von Ausländerinnen und Ausländern erleichtern und

den Wiedereinstieg ins Berufsleben fördern.

Konkret können Bund und Kantone zum Beispiel Verfahren der Qualitätssicherung und der Qualitätsentwicklung unterstützen, um bei den Bildungsgängen und Abschlüssen Transparenz zu schaffen. Auch kann das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) Organisationen der Weiterbildung finanziell unterstützen. Diese Dachorganisationen, zu denen auch der SVEB gehört, haben die Aufgabe, über die Weiterbildung zu informieren, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, im Rahmen von Netzwerken die Koordination in der Weiterbildung zu übernehmen und Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie zur Entwicklung der Weiterbildung umzusetzen. Über den Erfolg der Maßnahmen führt das SBFI ein Monitoring durch.

Der Beitrag zur Chancengleichheit besteht in erster Linie in der Förderung der Grundkompetenzen. Bund und Kantone haben auf der Grundlage des WeBiG den Auftrag, Erwachsenen den Erwerb und den Erhalt von Grundkompetenzen zu ermöglichen. Zu diesen zählen im Rahmen des WeBiG Lesen und Schreiben in einer Landessprache, Alltagsmathematik und die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), nicht aber soziale, politische oder alltagspraktische Fähigkeiten. In der Schweiz haben rund 800 000 Personen Defizite in den Grundkompetenzen, was es ihnen erschwert, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten und an Gesellschaft und Kultur teilzunehmen (vgl. Notter et al. 2006, S. 9).

Da das WeBiG ein Rahmengesetz ist, gelten seine Grundsätze inklusive des Wettbewerbsartikels auch für die Hochschulen. Die Hochschulen haben sich im Gesetzgebungsprozess erfolgreich dafür eingesetzt, die Umsetzung der Grundsätze des WeBiG in ihrer Zuständigkeit zu behalten (vgl. Art. 2.2 WeBiG). Die Umsetzung und Implementation des WeBiG erfolgt für die Hochschulen deshalb über das Hochschulförderungsgesetz.

Darstellung des Weiterbildungsgesetzes (WeBiG)

Weiterbildung (WB) als nicht-formale Bildung Rahmengesetz WeBiG


Abbildung 2: Das »Gebäude« Weiterbildungsgesetz mit seinen fünf Grundsätzen (eigene Darstellung)

Internationale Entwicklungen

Wie im übrigen Bildungsbereich macht sich auch in der Weiterbildung seit Mitte der 1990er-Jahre eine ausgeprägte Tendenz zur Internationalisierung bemerkbar. Obwohl nicht EU-Mitglied, hat die Schweiz stark von den europäischen Forschungs- und Bildungsprogrammen profitiert. Möglich wurde dies, weil der Bund die schweizerische Bildung aktiv in die wichtigsten internationalen Prozesse, insbesondere in die Bologna-Reform und den Kopenhagen-Prozess, eingebunden hat. Der Kopenhagen-Prozess verfolgt für die Berufsbildung ähnliche Ziele wie der Bologna-Prozess für die Hochschulen. Das Ziel besteht darin, die Vergleichbarkeit, Durchlässigkeit und Transparenz von Qualifikationen und Abschlüssen europaweit sicherzustellen. Neben Transparenz soll dieser Prozess auch die individuelle Mobilität innerhalb der EU fördern. Ein wichtiger Teil des Kopenhagen-Prozesses ist der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) (vgl. Europäische Kommission 2008), auf dessen Basis die einzelnen EU-Länder ihre eigenen nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) (vgl. SBFI o. J.a) definieren. Der EQR ist ein Referenzinstrument, das eine Übersetzungsfunktion zwischen den verschiedenen nationalen Bildungssystemen innehat. Er ist integral angelegt, bezieht sich also auf die allgemeine Bildung, die Berufsbildung und die akademische Bildung. In der Schweiz ist das SBFI für den Kopenhagen-Prozess zuständig. Der NQR befindet sich seit 2016 in der Umsetzung. Hierzulande beschränkt er sich im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern allerdings auf die formale Berufsbildung. Das Anliegen von Fachkreisen, auch die Weiterbildung in den NQR einzubeziehen, wurde vom Bund bisher abgelehnt.

Für die Weiterbildung waren neben der EU weitere internationale Organisationen von Bedeutung, darunter die OECD, die als Wirtschaftsorganisation verschiedene Länderberichte zu Bildungsthemen publiziert hat, darunter auch Länderberichte zur Schweiz. Seit einigen Jahren werden mit der Studie PIAAC (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) groß angelegte internationale Vergleichsstudien zur Erfassung grundlegender Kompetenzen durchgeführt. Leider hat sich die Schweiz bisher gegen eine Teilnahme entschieden, sodass wir uns beispielsweise im Bereich Grundkompetenzen immer noch auf die ALL-Studie der OECD aus dem Jahr 2003 berufen müssen (vgl. Notter et al. 2006, S. 6). Diese besagt unter anderem, dass 800 000 Erwachsene in der Schweiz Schwierigkeiten haben, einfache Texte zu lesen und zu verstehen. Wie sich diese Problematik seither entwickelt hat, wurde in der Schweiz bislang nicht untersucht.

Wichtige Ansatzpunkte für die internationale Entwicklung der Weiterbildung liefert neben der OECD auch die UNESCO. Diese hat ihre Aktivitäten im Bereich Weiterbildung in den letzten Jahren wieder intensiviert und publiziert mit den GRALE-Berichten (Global Reports on Adult Learning) in periodischen Abständen aufschlussreiche, auf nationalen Berichten der UNESCO-Mitgliedstaaten basierende Reports über weltweite Entwicklungen der Erwachsenenbildung (vgl. UNESCO 2009, 2013, 2016). Der erste von bislang drei GRALE-Berichten der UNESCO wurde an der CONFINTEA-Konferenz (Conférence Internationale sur l’Education des Adultes) von 2009 im brasilianischen Belém verabschiedet. Die Schweiz war immer mit einer offiziellen Delegation in den alle zwölf Jahre stattfindenden CONFINTEA-Konferenzen vertreten und wurde auch in die GRALE-Reports einbezogen. Die Schlussfolgerungen der Reports betreffen unter anderem die Rahmenbedingungen und Gesetzesgrundlagen, den Zugang zum Lernen und die Sensibilisierung für lebenslanges Lernen, aber auch die Professionalisierung der Weiterbildung oder Themen wie politische Bildung, Menschenrechtsbildung, Umwelt, Gesundheit oder Friedenskultur.

Solche internationalen Entwicklungen beeinflussen die Diskussionen und Entwicklungen der Weiterbildung in der Schweiz. Für die NGOs spielen außerdem europäische Netzwerke eine entscheidende Rolle. An erster Stelle ist hier der europäische Verband für Erwachsenenbildung (EAEA) zu nennen. Dieser bringt wichtige Anliegen der Weiterbildung bei den Gremien der EU ein. Er engagiert sich zudem über Netzwerke und Projekte für länderübergreifende Entwicklungen der Erwachsenenbildung sowie dafür, dass alle relevanten Akteure sich mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen.

 

Eine wichtige Rolle spielen europäische Netzwerke auch für die an den Hochschulen angesiedelte Weiterbildung. Die wichtigsten Netzwerke sind hier EUCEN (European University Continuing Education Network) und ESREA (European Society for Research on the Education of Adults).

Diese Netzwerke fördern den internationalen Austausch, organisieren Konferenzen und tragen zur Realisierung vielfältiger Projekte bei, so beispielsweise beim Forschungsprojekt BeLL (Benefits of Lifelong Learning), bei dem in zehn Ländern, darunter die Schweiz, untersucht wurde, welche Wirkungen allgemeine Erwachsenenbildung aus Sicht der Kursteilnehmenden entfaltet.

Neu hinzugekommen ist in den letzten Jahren die internationale Plattform EPALE (Electronic Platform for Adult Learning in Europe), eine von der EU-Kommission unterstützte Plattform für Erwachsenenbildung (vgl. Europäische Kommission o. J.). Die im Aufbau befindliche mehrsprachige Plattform bietet Informationen zu einem breiten Spektrum an Themen. Dazu beitragen können Akteure aus allen europäischen Ländern.

Die meisten industrialisierten Länder verfügen über gesetzliche Grundlagen für die Weiterbildung. Allerdings variieren diese sehr stark. So können beispielsweise in den skandinavischen Ländern auch selbstorganisierte Gruppen (sogenannte Study Circles) Moderatoren beiziehen, deren Einsatz mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Organisationen, die ausschließlich Weiterbildung anbieten, werden subventioniert. In Deutschland haben die verschiedenen Bundesländer eigene Gesetze, wobei in erster Linie die Volkshochschulen unterstützt werden.