Exkursionsdidaktik

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Sportexkursionen und sportliche Aktivitäten auf Exkursionen: Sportliche Aspekte sind häufig ein gewollter Bestandteil unterschiedlicher Exkursionstypen. Besonders auf Klassenfahrten kommt ihnen eine gesteigerte Bedeutung zu, da Schüler dadurch zur Bewegung im Freien animiert werden. Möglich ist zum einen die Verknüpfung mit anderen Inhalten, z. B. in Form einer Wander- oder Radexkursion. Andererseits können sportliche Einlagen, wie Schwimmen, Ball- oder Fangspiele, zwischendurch für Auflockerung sorgen. Im Fach Sport stehen dagegen sportliche Aktivitäten im Mittelpunkt. Einen Sonderfall nehmen zudem Exkursionstypen ein, die von vorneherein mit einer bestimmten sportlichen Aktivität einhergehen, beispielsweise Segeltörns, Skifreizeiten, längere Radtouren oder Fernwanderungen. Aber auch bei nicht sportbezogenen Exkursionen kann es sinnvoll sein, einfach einen Ball für zwischendurch mitzunehmen.



Sprachreisen und interkultureller Kompetenzerwerb: Sprachreisen dienen meist nicht nur dem Fremdsprachenerwerb, sondern auch in starkem Maße dem Erwerb von interkulturellen Kompetenzen. Dies kann durch Kennenlernspiele und gemeinsame Aktivitäten, z. B. Stadtrallyes mit ausländischen Schülern und Studierenden, unterstützt werden. Eine Vorbereitung auf solche Exkursionen ist durch die Schaffung von Brief- und Mailfreundschaften möglich. Eine besondere Bedeutung kommt zudem dem Wohnen bei Gastfamilien zu. Bestehende Kontakte, wie Schul- oder Städtepartnerschaften, sollten genutzt werden.





4.4Konstruktivistische Methoden



Eine konstruktivistische Didaktik zeichnet sich im Grundsatz durch die Offenheit des Lernprozesses aus (Neeb 2012, Böing & Sachs 2007, Dickel 2004). Die Lernenden erschließen sich dabei das Wissen induktiv und ohne ein von vorneherein festgelegtes Lernziel. Ziel ist eine eigene Bedeutungskonstruktion mit einer möglichst geringen Beeinflussung durch den Exkursionsleiter (Prinzip der Subjektzentrierung; Dickel & Glasze 2009). Damit geht auch eine gewisse Ergebnisoffenheit einher, weshalb sich konstruktivistische Konzepte nicht für alle Arten von Exkursionen eignen oder aber nur als Ergänzung sinnvoll sind, insbesondere dann, wenn der thematische Schwerpunkt einer Exkursion sehr eng gefasst ist (Böing & Sachs 2007). Methodisch bauen konstruktivistische Exkursionskonzepte meistens auf der Erkundung eines Raums mit allen Sinnen oder auf einer Spurensuche auf (Tab. 4.3). Dabei können Konzepte unterschieden werden, die entweder fast vollkommen ohne Vorgaben auskommen (radikal konstruktivistisch) oder lediglich lockere Richtungsweisungen und/oder eine Problemstellung enthalten (gemäßigt konstruktivistisch). Dabei findet nicht nur eine aktive, ergebnisoffene Wissenskonstruktion, sondern bei handlungsorientierten Elementen auch eine Methodenkonstruktion statt. Der Selbstbestimmungsgrad der Lernenden ist äußerst hoch, was auch gleichzeitig mit einer hohen Aktivität der Lernenden einhergeht. Jeder befasst sich mit individuell verschiedenen Gegenständen im Raum und reflektiert diese auf komplett individuelle Weise oder kommt auf unterschiedliche Weise zum Ziel einer Problemstellung. Die Frage- und Problemstellung kann im Vorfeld selbstständig durch die Lernenden formuliert werden.




Tab. 4.3 Kennzeichen der konstruktivistischen Option

lerntheoretische Verortung

konstruktivistisch

vorwiegende Methodik

Partner- und Kleingruppenarbeit

Lernprozess

selbstständig, sehr hoher Selbstbestimmungsgrad, hohe Aktivität der Lernenden

Lernziele

problemlösungsorientiert, aktive Wissens- und Methodenkonstruktion





In der Praxis eignen sich konstruktivistische Konzepte besonders gut als Einstieg in ein Thema oder zur Erkundung eines Raums (z. B. Wald, Steinbruch, Bachufer, Stadt/-viertel, Museum, Monument). Anders als bei traditionellen Konzepten, bei denen ein Exkursionsleiter „fertiges“ Wissen vermittelt oder feststehende Methoden angewendet werden sollen (z. B. bei einer Gewässeranalyse), interpretieren die Teilnehmer einen Raum selbst (vgl. Böing & Sachs 2007: 37). Ergebnisoffen heißt, dass das, was am Ende dabei herauskommt, äußerst fruchtbar für den Lernprozess einer ganzen Gruppe sein kann. Manche Lehrende sind nach der erstmaligen Erprobung dieser Methode vom Resultat überrascht und unerwartet begeistert. Andererseits kann es aber auch passieren, dass die Übung misslingt, wenig oder gar nichts dabei herauskommt und dass sich die Teilnehmer im schlechtesten Fall langweilen oder vollständig ausklinken. Wichtig ist daher eine zwar allgemein gehaltene, aber deutlich formulierte Aufgabenstellung/Arbeitsanweisung. Auch ohne eine klare Zeitvorgabe kommt man in den meisten Fällen nicht aus. Ab diesem Punkt sollte sich die Lehrperson dann aber weitgehend im Hintergrund halten und nur bei wirklichen Problemen eingreifen. Eine Gliederung des konstruktivistischen Lernprozesses kann nach Albrecht & Böing (2006) durch Einstiegs- und Ausstiegsbögen erfolgen, mit deren Hilfe die individuelle lebensweltliche Ausgangssituation (z. B. „Was erwarte ich?“) und der Stand nach der „Entdeckung“ (z. B. „Was hat mich am meisten beeindruckt?“, „Was will ich noch wissen?“) gesichert werden können.



Nach Abschluss der Durchführungsphase soll auf jeden Fall eine Ergebnissicherung und Reflexion erfolgen. Dabei sind beispielsweise folgende Fragen von Bedeutung (vgl. Dickel 2004):





 „Was habe ich gemacht?“



 „Wie habe ich das gemacht?



 „Warum habe ich das so und so gemacht?“



 „Welche Grundannahmen hatte ich?“





Auch in der Rückschau auf eine Exkursion sind konstruktivistische Ansätze sinnvoll, die dabei weit über die eigentliche thematische Vorgabe hinausgehen können und sich z. B. auch mit interkultureller Kommunikation u. Ä. befassen können.





Konstruktivistische Exkursionskonzepte und ausgewählte Methoden





 Spurensuche (nach Hard 1993a, Isenberg 1987, Dickel 2004, Böing & Sachs 2007): Die Lernenden begeben sich in einem bestimmten Raum auf die Suche nach „Spuren“ zu bestimmten, vorgegebenen Sachverhalten oder Phänomenen, dokumentieren diese und formulieren daraus eine Fragestellung, die durch eine Recherche vor Ort oder im Nachhinein beantwortet wird. Zur Auswertung sind folgende Fragen möglich: Welche Bedeutung hat die Spur für den Gegenstand oder Raum? Was macht die Spur zu einer Spur? Was verrät die Spur über einen selbst?



 Graphen von Aktionsräumen (nach Rhode-Jüchtern 2006a und Böing & Sachs 2007): Die Lernenden bewegen sich eine Zeit lang ohne nähere Aufgabenstellung innerhalb eines Raumes und erhalten gegebenenfalls eine topographische Karte oder einen Stadtplan zur Orientierung. Danach tragen sie den abgelaufenen Weg in die Karte ein und versehen ihn mit auffälligen Raumobjekten, Highlights, Örtlichkeiten oder Adjektiven, die den Raum charakterisieren. Danach können die subjektive Wahrnehmung von Räumen und unterschiedliche Raumkonzepte (vgl. Kap. 2.1) diskutiert werden.



 Fiktive Raumwahrnehmungsübungen (nach Rhode-Jüchtern 2006b und Böing & Sachs 2007): Die Lernenden gehen ein Stück zu Fuß und versetzen sich an einem Exkursionsort in die Raumwahrnehmung verschiedener Personen oder Bevölkerungsgruppen hinein (z. B. in einem Park in einen Jogger, ein Elternteil mit Kind, einen Hundebesitzer, ein spielendes Kind). Am Schluss steht eine Reflexion, die sich z. B. mit den Aktionsräumen einzelner Akteure und möglichen Konflikten beschäftigt.



 Wahrnehmungskartenskizzen (nach Dickel 2004 und Böing & Sachs 2007): Die Lernenden erhalten eine Karte eines Raums, in dem sie sich bewegen, und tragen getrennt voneinander alle visuellen, akustischen oder olfaktorischen (riechbaren) Reize ein. Zur Reflexion erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse.



 Streifenkarten (nach Hüttermann 2005 und Böing & Sachs 2007): Die Lernenden tragen den zurückgelegten Fahr- oder Fußweg während einer Exkursion in eine Karte ein und versehen ihn mit persönlichen Auffälligkeiten. Möglich ist es auch, Besonderheiten mit farblich unterschiedlichen Stecknadeln zu kennzeichnen (Ohl 2007).



 360-Grad-Drehung (nach Herse 2006 und Böing & Sachs 2007): Ein Lernender dreht sich langsam um die eigene Achse und zählt dabei seine Eindrücke auf. Diese können von einer weiteren Person protokolliert und anschließend reflektiert und verglichen werden.



 „Blind durch den Raum“ (nach Dittmann 2009 und Ohl & Neeb 2012): Einem Lernenden werden die Augen verbunden. Dann wird er vorsichtig durch einen ausgewählten Raum, z. B. ein Stadtviertel bzw. eine Straße oder einen Wald, geführt. Der Fokus liegt dabei auf dem Gehör. Entweder berichtet er bereits währenddessen von seinen Eindrücken, die von anderen protokolliert werden, oder er sichert diese hinterher selbstständig. Die Reflexion erfolgt durch den Vergleich zwischen den Eindrücken der „Blinden“ und der „Sehenden“ bzw. unterschiedlicher „Blinder“. Die Methode folgt dem Ansatz der Vielperspektivität, bei dem sich die Teilnehmer in die Raumperspektive anderer Raumakteure hineinversetzen sollen (vgl. Dickel & Glasze 2009, Ohl & Neeb 2012).



 Tracking (nach Kurth 2009): Eine Kleingruppe verfolgt das Verhalten unterschiedlicher Akteure im Raum, z. B. von Passanten in der Fußgängerzone oder im Park, und fertigt ein kurzes Protokoll dazu an. Zum Schluss wird das Raumverhalten unterschiedlicher Personengruppen verglichen. Möglich ist dasselbe auch mit Tieren, z. B. Vögeln oder Insekten.

 



 Beobachtungs- und Suchaufgaben: Die Lernenden beobachten unter Vorgabe eines Themas oder Überbegriffs bestimmte Sachverhalte oder Gegenstände in einem Raum und/oder sammeln dazu bestimmte Artefakte (z. B. Strandsteine, Blätter oder Abfälle, Abb. 4.6). In einem zweiten Schritt können diese nach selbst gewählten Kriterien geordnet oder klassifiziert werden.



 Chronologie: Die Lernenden beobachten einen Raum und überlegen, welche Gegenstände oder Landschaftsteile zuerst da waren, welche danach folgten und welche vermutlich zuletzt hinzugekommen sind. Die einzelnen Punkte werden in chronologischer Reihenfolge untereinander geschrieben und durchnummeriert. Zwischen den einzelnen Punkten können mittels Pfeilen mögliche Argumente notiert werden, die zu der jeweiligen Altersannahme führen.



 Foto-Rallye: Schüler und Studierende verfügen heutzutage fast durchgängig über fotofähige Mobilgeräte und sind im Bereich der digitalen Fotografie versiert. Hier bieten sich daher leicht durchführbare Foto-Rallyes an, in deren Verlauf bestimmte Sachverhalte, Spuren oder persönliche Eindrücke im Gelände gesammelt und festgehalten werden können. Am besten eignen sich dazu Kleingruppen, bestehend aus zwei bis fünf Personen. Die Methode kann zudem mit anderen Ansätzen verquickt werden. Wichtig ist jedoch in jedem Fall eine anschließende Ergebnisauswertung, die über das Herumzeigen der Fotos auf „briefmarkengroßen“ Bildschirmen hinausgeht. Besser ist stattdessen die Zusammenstellung der Fotos in Form von Präsentationen oder Fotocollagen.










Abb. 4.6 Das Sammeln und Bestimmen von Strandsteinen an der Ostseeküste bei Flensburg





4.5Kombinationsmöglichkeiten



Eine bedeutende Möglichkeit und Chance liegt in der Kombination von unterschiedlichen Exkursionstypen und eingesetzten Methoden. So können handlungsorientierte Arbeitsexkursionen mit konstruktivistischen Methoden verknüpft werden, wodurch Lernprozesse und zu entwickelnde Kompetenzen beider Bereiche miteinander kombiniert werden. Eine Kartierung kann beispielsweise konstruktivistische Methoden (z. B. eine Spurensuche oder Foto-Rallye) beinhalten, sodass durch den Einsatz und die Verknüpfung verschiedener Methoden Synergieeffekte sowie der vielfältige Methodenwechsel gewinnbringend genutzt werden können. Solche Kombinationsvariationen sind ebenso mit einer problemorientierten Überblicksexkursion oder der klassischen „Fahrt ins Blaue“ möglich. Die Kombinationsmöglichkeiten sind zudem von zahlreichen Komponenten, wie z. B. dem Exkursionsort und der Altersstruktur der Teilnehmergruppe, abhängig.



So kann beispielsweise eine Exkursion in einen Wald als Überblicksexkursion beginnen, um den Raum für die Gruppe zu erschließen. Im weiteren Exkursionsverlauf können dann Aspekte und Methoden einer handlungsorientierten Arbeitsexkursion eingeplant werden, die beispielsweise die Integration einer Gewässeruntersuchung – an der die Teilnehmer aktiv beteiligt sind und bei der sie eigenständig Gewässerproben analysieren – ermöglichen. Ebenso kann diese Standorterkundung mit konstruktivistischen Methoden, wie z. B. einer einleitenden Spurensuche an diesem Gewässer, kombiniert werden. Logischerweise ist ein hoher konstruktiver Anteil im Rahmen einer Exkursion nicht mit einer Gruppe umsetzbar, die über wenig bis gar keine Exkursionserfahrung in diesem Bereich verfügt. Das Exkursionsende hat dann wieder eher Überblickscharakter, indem unter Einbezug und Beteiligung der Teilnehmer die Ergebnisse bzw. Erfahrungen zusammengefasst und reflektiert werden.



Die Kombination unterschiedlicher Exkursionstypen und Methoden ist allein schon deshalb sinnvoll, weil auf diese Weise Abwechslung gegeben ist und das Vorhandensein unterschiedlicher Lerntypen angemessen berücksichtigt werden kann. Auch wenn es einen erhöhten Zeit- und Vorbereitungsaufwand erfordert, sind solche Kombinationsmöglichkeiten empfehlenswert und anzustreben, nicht zuletzt deshalb, weil sie den unterschiedlichen Fähigkeiten der Teilnehmer in optimaler Weise gerecht werden.





Fächerübergreifende Nutzung virtueller außerschulischer Lernorte mittels Google Earth



(von Peer Egtved)



Die Geschichtsdidaktikerin Pleitner zählt „virtuelle Schauplätze im Netz“ – beispielsweise Orte, die mithilfe von Google Earth angesteuert werden – ebenfalls zur Kategorie der außerschulischen Lernorte. Pleitner argumentiert, dass die virtuelle Welt in keiner Verbindung zur realen Umgebung der Schule steht (Pleitner 2012: 292). Im Politikunterricht können beispielsweise internationale Konflikte mithilfe von Google Earth visualisiert werden. So kann die Lehrkraft Konflikte und ihre Austragungsräume (z. B. Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer, Einsatz der Bundeswehr in Mali, Krieg in der Ukraine) geographisch visualisieren, ohne wirklich vor Ort zu sein.



Auch die in Google Earth vorinstallierten Layer sind von Interesse für den Unterricht in unterschiedlichen Fächern. Mehrere Unterorganisationen der Vereinten Nationen, aber auch diverse NGOs (Nichtregierungsorganisationen) haben Google Earth mit Informationslayern ausgestattet. Klickt man das Menü „Globales Denken“ an, dann öffnen sich beispielsweise die „Millenniumsziele der Vereinten Nationen“, das „United Nations Environment Programme“, „WaterAid“, „WWF-Schutzprojekte“, das „United State Holocaust Museum“, „UNICEF Wasserprojekte“, „Greenpeace“ oder der „Global Heritage Fund“. Weitere Layer können in Google Earth geladen werden.



Ein vorsichtiger Umgang ist nötig bei Fotos, die selbstständig durch private Nutzer hochgeladen wurden. Sie werden in der Regel nicht nachträglich verifiziert. Streetview, ein umstrittener Google Earth-Service, zeigt mittlerweile die Straßenansicht zahlreicher europäischer, amerikanischer und asiatischer Großstädte. Google Earth verlinkt außerdem auf Texte in Wikipedia. Auch hier gilt, wie bei den Fotos, dass sich Schüler und Studierende kritisch mit dieser Quelle auseinandersetzen sollten, da Veränderungen daran für jeden jederzeit möglich sind.



Sogar ganze Themenfelder können mittels außerschulischer Lernorte in Google Earth nachgezeichnet werden. Will man beispielsweise im Politikunterricht das Gesetzgebungsverfahren des Bundes nachverfolgen, kann dieses mithilfe der Street View-Ansicht Google Earth geschehen. So kann der Weg von der Ausarbeitung des Gesetzesvorschlages in den jeweiligen Ministerien, über die erste, zweite und dritte Lesung im Bundestag, die Abstimmung im Bundesrat, bis zur Inkraftsetzung durch die Unterschrift des Bundespräsidenten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt durch Google Earth abgebildet werden. Obwohl den Lernenden dadurch zwar nur ein ganz formaler Weg der Gesetzgebung veranschaulicht wird, kann dies bereits zu einem besseren Lernerfolg führen, weil der Unterricht dadurch aufgelockert und spannender gestaltet wird.



Das Angebot von Google Earth ermöglicht zwar nicht das Verlassen des Klassenraumes, aber es verhilft zu einem „virtuellen Besuch“ eines außerschulischen Lernortes; Lehrende und Lernende können damit interaktiv Regionen und Gebäude aufsuchen, die sich außerhalb des Klassenraums befinden. Darunter fallen nicht nur Orte in städtischen Räumen, sondern auch Naturräume aller Art (z. B. Nationalparks, Gebirge, Gewässer, Küstenabschnitte u. v. m.). Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.








Abb. 4.7 Screenshot Google Earth mit Layer „Millenniumsziele der Vereinten Nationen“






5Praxis-Szenarien



Bei jeder Exkursion, egal ob diese wenige Stunden oder mehrere Wochen umfasst, bedarf es einerseits einer guten organisatorisch-praktischen als auch einer gezielten didaktisch-inhaltlichen Vorplanung. Am Anfang stehen jedoch immer die Wahl eines Exkursionsziels und eine geeignete, möglichst übergreifende Fragestellung, die durchaus stärker gegliedert sein darf.



Vor Beginn des organisatorischen Teils sollte geprüft werden, ob die Exkursion anhand der formulierten Ansprüche überhaupt umsetzbar ist. Dies ist vom Zeit- und Kostenrahmen, von der zu überwindenden Fahrtstrecke, von der Gruppengröße und anderen Faktoren abhängig. Danach müssen parallel zueinander einzelne Standorte mithilfe erster Vorstellungen zur thematischen und didaktischen Vorgehensweise geplant werden. Denn davon ist nicht zuletzt die Wahl der Unterkünfte abhängig (vgl. Klein 2015).



Als Unterkunft eignen sich vor allem Jugendherbergen oder Hostels, aber auch Zeltplätze, sofern dies umsetzbar erscheint. Bei langen Exkursionen sollte jedoch ein Mindeststandard vorhanden sein, da ansonsten wichtige Voraussetzungen für Sicherheit, Gesundheit und effektives Arbeiten unterwegs nicht gegeben sind. Beispielsweise sind auch solide Hotels oder Pensionen mit gutem Standard in manchen Ländern vergleichsweise preisgünstig. Schon während der Vorplanungen sollte geprüft werden, ob die körperliche und psychische Verfassung aller Teilnehmer die Vorgehensweise rechtfertigt und ob sich z. B. verhaltens- oder lernauffällige Schüler in der Gruppe befinden (vgl. Ohl & Neeb 2012).



Neben der vorab formulierten Themenstellung benötigt jede Exkursion einen inhaltlichen Rahmen, der durch eine Einführung zu Beginn, ein Zwischenfazit nach jedem Einzelstandort und ein Gesamtfazit am Schluss gekennzeichnet ist (vgl. Klein 2015: 51). An die Einführung schließt sich eine Problemanalyse mit Hypothesenbildung an, die in die eigentliche thematische Bearbeitung überleitet, und sich nach den unterschiedlichen didaktischen Konzepten richtet (vgl. Haubrich et al. 1997: 210). Häufig beginnen Exkursionen – insbesondere in der Schule und im Hochschulstudium – mit der Erarbeitung einer Problem- bzw. Fragestellung inkl. Hypothesenbildung. Um die postulierten Hypothesen zu überprüfen bzw. die Fragestellung zu beantworten, bedarf es der Exkursion selbst. Damit gilt die Hypothesenbildung als notwendiger Baustein im Rahmen eines „forschenden Lernens“ und zugleich als didaktische Legitimation. Besonders bei Schülerexkursionen ist dennoch häufig die Hilfestellung der Lehrkraft vonnöten. Bei Gruppenarbeiten sollte man sich aber weitestgehend im Hintergrund halten (vgl. Haubrich et al. 1997: 201; Klein 2015: 51).



Ein typischer Aspekt geographischer Exkursionen – und von solchen in anderen Fächern – ist der Einsatz von Karten, Plänen, Schnitten unterschiedlichen Maßstabs und Schaubildern vor Ort. Diese Materialien können sowohl im Frontalunterricht als auch durch Schüler-Expertengruppen oder zur Unterstützung von Beobachtungs- und Kartieraufgaben genutzt werden. Auch die Entwicklung von Modellen und die Fixierung von Arbeitsergebnissen auf einem mittelformatigen Papierbogen, z. B. einem Zeichenblock, ist eine Methode, die zumindest bei kleineren Gruppen gut funktioniert. Möglich ist es auch, die Exkursionsteilnehmer selbst eine Vor-Ort-Zeichnung (z. B. Landschaftsschnitt, Boden-Catena ), ein Kausalmodell oder eine Mindmap anfertigen zu lassen. Auch das Anlegen ganzer Sketchbooks (Skizzenbücher) während mehrtägiger Exkursionen ist möglich.



Gerade der Ergebnissicherung während einer Exkursion kommt eine große Bedeutung zu. Jahrzehntelang war das klassische Protokoll das Mittel der Wahl (vgl. Klein 2015: 49) (siehe Kap. 6.12). Es hat den Vorteil, dass damit eine einfache Bewertung der Einzelleistungen eines Lernenden möglich ist. Außerdem sind die Teilnehmer dazu angehalten, sich während der Exkursion und danach bei der Erstellung des Protokolls noch einmal intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen. Wichtig ist jedoch gerade während längerer Exkursionen, dass die Protokollführung eines Einzelnen auf Teile der Exkursion beschränkt wird. Teilabschnitte können z. B. thematisch oder zeitlich voneinander abgegrenzt werden. Es ist aber auch möglich, Protokolle in abgewandelter Form verfassen zu lassen, z. B. mithilfe vorgefertigter Fragebögen, nach Einzelaspekten, thematisch oder rein nach Standorten.



Alternativ sind auch thematische Ausarbeitungen zu bestimmten regionalgeographischen Themen, Ergebnisdarstellungen von einzelnen Exkursionsteilen (z. B. Beobachtungsaufgaben, Mediensammlungen, wie Portfolios oder Mindmaps) möglich, die später als Prüfungsleistung gewertet werden (vgl. Klein 2015: 50).

 



Auch zu Referaten während einer Exkursion bestehen unterschiedliche Meinungen. Meist wird davon abgeraten. Besser geeignet sind vorbereitete Kurzbeiträge von sogenannten Experten, also Lernenden, die sich auf ein bestimmtes Thema vorbereitet haben. Diese können auch mithilfe weiterführender Aufgaben, z. B. mit fragebogengestützten Rallyes oder kurzen Beobachtungspausen, ergänzt werden.



Arbeitsexkursionen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, ein breites didaktisches Methodenspektrum (siehe Kap. 6.11) einzusetzen, was nicht nur zum Lernerfolg beiträgt, sondern auch soziale Aspekte fördert. Möglich sind z. B. ergeb