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B. Gegenüberstellung der Besteuerungskonzeption

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(1) Einzelunternehmen: Da Einzelunternehmen keine eigenständige Rechtsfähigkeit besitzen, können zwischen dem Einzelunternehmen und seinem Inhaber keine schuldrechtlichen Verträge abgeschlossen werden. Aufgrund des Einheitsprinzips ergeben sich keine Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Steuerbelastung durch Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge.

Abb. 3.14: Besteuerung eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags in Abhängigkeit von der Rechtsform des Unternehmens [18]


Einkommen- und Körperschaftsteuer Gewerbesteuer
Einzelunternehmen keine Veränderung: schuldrechtlicher Vertrag zwischen einem Einzelunternehmen und seinem Inhaber nicht möglich (Einheitsprinzip) • Einkommensteuer (Normaltarif) • Gewerbesteuer, abgeschwächt durch Steuerermäßigung nach § 35 EStG
Personengesellschaft grundsätzlich keine Veränderung: Vergütung wird den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet (Mitunternehmerkonzeption) • Einkommensteuer (Normaltarif) • Gewerbesteuer, abgeschwächt durch Steuerermäßigung nach § 35 EStG
Kapitalgesellschaft Trennungsprinzip
• Einkommensteuer (Normaltarif)
± Einkommensteuer anstatt Nebeneinander von Körperschaftsteuer und Abgeltungsteuer sESt < 36,04%: Entlastung sESt = 36,04%: keine Veränderung sESt > 36,04%: Mehrbelastung + keine Gewerbesteuer
Legende: + Vorteil (Minderung der Gesamtsteuerbelastung) ± Auswirkung auf die Gesamtsteuerbelastung unbestimmt sESt Einkommensteuersatz
Vergleichsbasis: Leistungen werden auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erbracht (Ausschüttungsfall)

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(2) Personengesellschaften: Bei Personengesellschaften werden die schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und den Gesellschaftern auf der ersten Stufe (Gesellschaftsebene) wie Verträge zwischen der Personengesellschaft und fremden Dritten anerkannt. Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung (Gesellschafterebene) werden allerdings die von der Personengesellschaft an ihre Gesellschafter gezahlten Vergütungen dem gewerblichen Bereich zugerechnet (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG). Aufgrund der Mitunternehmerkonzeption können bei Personengesellschaften durch Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge weder im Bereich der Einkommensteuer noch bei der Gewerbesteuer Steuerersparnisse erzielt werden. Durch Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge ändert sich lediglich die Verteilung der Gewinne zwischen dem Gesamthandsbereich (gesellschaftsrechtliche Beziehungen) und dem Sonderbetriebsvermögen (schuldrechtliche Leistungsbeziehungen). Die Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschafter bleibt unverändert. Insoweit kommt es zu einer Gleichbehandlung mit Einzelunternehmen, bei denen schuldrechtliche Verträge zwischen dem Einzelunternehmen und seinem Inhaber nicht abgeschlossen werden können. Für steuerplanerische Zwecke bedeutet dies, dass die aufgrund eines Geschäftsführungsvertrags an den Gesellschafter gezahlten Vergütungen wie die Beteiligung am Gewinn der Personengesellschaft besteuert werden. Gegenüber der Regelbesteuerung kommt es zu keiner Veränderung.[19]

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(3) Kapitalgesellschaften: Bei Kapitalgesellschaften stellen Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge ein bedeutsames Instrument der Steuerplanung dar. Soweit die schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern wie zwischen fremden Dritten abgewickelt werden, mindern die an die Gesellschafter entrichteten Entgelte den Gewinn der Kapitalgesellschaft (Trennungsprinzip). Auf Ebene der Gesellschafter werden die empfangenen Vergütungen nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien einer der sieben Einkunftsarten zugeordnet. Diese Grundsatzentscheidung führt dazu, dass bei der Rechtsform „Kapitalgesellschaft“ insbesondere Geschäftsführungsverträge dazu eingesetzt werden können, um Ertragsteuerersparnisse zu erzielen.

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Bei der Analyse, ob sich durch den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags mit einem Gesellschafter die Gesamtsteuerbelastung der Rechtsform „Kapitalgesellschaft“ reduzieren lässt, sind zwei Effekte miteinander zu vergleichen:


Die Belastung mit Körperschaftsteuer (Gewinn der Kapitalgesellschaft) und ermäßigter Einkommensteuer (Abgeltungsteuer auf die Dividenden des Gesellschafters) wird durch die persönliche Einkommensteuer des Gesellschafter-Geschäftsführers (Normaltarif) ersetzt. Bei niedrigen Einkommensteuersätzen ergeben sich hieraus bei Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags Entlastungen. Bei einem persönlichen Einkommensteuersatz von über 36,04% steigt die Steuerbelastung. gesellschaftsrechtlicher Bereich Geschäftsführungsvertrag sKSt×(1+sSolZ) + (1–sKSt×[1+sSolZ])×sAbgSt×(1+sSolZ) = sESt×(1+sSolZ) bei sKSt = 15%; sSolZ = 5,5% und sAbgSt = 25% gilt 0,15×1,055 + (1–0,15×1,055)×0,25×1,055 = sESt×1,055 0,15 + (1–0,15×1,055)×0,25 = sESt 0,15 + 0,84175×0,25 = sESt 0,3604 = sESt 36,04% = sESt
Das von der Kapitalgesellschaft gezahlte Gehalt mindert die gewerbesteuerliche Belastung. Dieser Vorteil ist definitiv, weil auf Ebene des Gesellschafters das Gehalt nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

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In der Höhe, in der eine Geschäftsführungsvergütung bezahlt wird, entfallen auf Ebene der Kapitalgesellschaft die Körperschaftsteuer, der Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer. Auf Ebene des Gesellschafters summiert sich die Belastung des Gehalts mit Einkommensteuer (Normaltarif) und Solidaritätszuschlag auf 47,48%, sofern für den Gesellschafter der Spitzensteuersatz von 45% gilt:

Abb. 3.15: Ertragsteuerbelastung eines Geschäftsführungsvertrags bei Kapitalgesellschaften


Ebene der Kapitalgesellschaft
Gewinn vor Geschäftsführungsvergütung und vor Steuern 100,00
Geschäftsführungsvergütung – 100,00
= Gewinn vor Steuern 0,00
Gewerbesteuer (keine Hinzurechnung des Gehalts) sGewSt 0,00
Körperschaftsteuer sKSt 0,00
Solidaritätszuschlag = Körperschaftsteuer × 5,5% sKSt × sSolZ 0,00
= Gewinn nach Steuern 0,00
Steuerbelastung auf Ebene der Kapitalgesellschaft sKapGes = sGewSt + sKSt×(1+sSolZ) 0,00
Dividende (= Gewinn der Kapitalgesellschaft nach Steuern) 0,00
Ebene des Gesellschafters
Dividende 0,00
Geschäftsführungsvergütung 100,00
tarifliche Einkommensteuer (zB Spitzensteuersatz) = Geschäftsführungsvergütung × 45% = 100,00 × 45% sESt – 45,00
Solidaritätszuschlag = festgesetzte Einkommensteuer × 5,5% = 45,00 × 5,5% sESt × sSolZ – 2,48
= Einkünfte nach Steuern 52,52
Steuerbelastung auf Ebene des Gesellschafters auf die Geschäftsführungsvergütung sESt × (1+sSolZ) 47,48
Gesamtsteuerbelastung sESt × (1+sSolZ) 47,48

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Im Zahlenbeispiel stimmen die Geschäftsführungsvergütung und die aus Leistungsbeziehungen mit Außenstehenden erzielten Gewinne betragsmäßig überein. Eine derartige Gehaltsvereinbarung würde als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden.[20] Der gewählte Berechnungsansatz gibt also insoweit eine unrealistische Konstellation wieder. Der Ansatz einer geringeren Vergütung würde hinsichtlich der Vorteilhaftigkeitsaussage die gleichen Ergebnisse liefern, allerdings könnten die Effekte des Abschlusses eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags nicht mehr so deutlich herausgearbeitet werden, weil nebeneinander die Besteuerung der Geschäftsführungsvergütung und des Gewinns der Kapitalgesellschaft berechnet werden würde. Die vorstehenden Berechnungen sind also wie folgt zu interpretieren:


Ergeben die Berechnungen, dass das Geschäftsführungsgehalt geringer belastet wird als die von einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne, ist die Vergütung möglichst hoch anzusetzen. Bei der Festsetzung der Obergrenze sind die Kriterien einer verdeckten Gewinnausschüttung zu beachten.
Ist die Besteuerung des Geschäftsführungsgehalts höher als die von einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne, ist der Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags nicht zu empfehlen.

Dritter Teil Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl › Siebter Abschnitt Veränderung der Gesamtsteuerbelastung durch Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführungsvertrags › C. Belastungsvergleich

C. Belastungsvergleich

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(1) Rechtsformvergleich: Für die Analyse wird die Gesamtsteuerbelastung eines Geschäftsführungsvertrags bei einer Variation des Einkommensteuersatzes zwischen 0 und 45% berechnet und mit der Situation verglichen, in der kein Geschäftsführungsvertrag abgeschlossen wird. Eine Auswertung der Abb. 3.16 von links nach rechts zeigt, dass das an den Gesellschafter gezahlte Geschäftsführungsgehalt bei Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften nahezu gleich besteuert wird. Rechtsformabhängige Unterschiede ergeben sich nur insoweit, als bei Personengesellschaften eine effektive Gewerbesteuerbelastung bzw -entlastung auftritt. Die bei Kapitalgesellschaften durch den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags erreichte Gewerbesteuerersparnis ist also für den Rechtsformvergleich kaum relevant. Bei Personengesellschaften unterliegt zwar das Geschäftsführungsgehalt der Gewerbesteuer. Diese Gewerbesteuer wird jedoch durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG weitgehend neutralisiert. Da bei Einzelunternehmen keine schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinem Inhaber bestehen können, gelten für die Rechtsform „Einzelunternehmen“ die gleichen Aussagen wie für Personengesellschaften.


Belastung des Geschäftsführergehalts
Einzelunternehmen, Personengesellschaften sGewSt – s§ 35EStG×(1+sSolZ) + sESt×(1+sSolZ)
Kapitalgesellschaften sESt×(1+sSolZ)

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Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400% ergibt sich für Personenunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften ein geringfügiger Vorteil von 0,04 Prozentpunkten. Die Belastung des Gehalts mit Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag ist rechtsformunabhängig: sESt × (1+sSolZ). Bei Personenunternehmen ergibt sich bei einem Hebesatz von 400% eine geringfügig effektive Gewerbesteuerentlastung: sGewSt – s§ 35EStG×(1+sSolZ) = 3,5%×400% – 3,5%×3,8×(1+5,5%).

Abb. 3.16: Steuersatzeffekte von Geschäftsführungsverträgen in Abhängigkeit vom Einkommensteuersatz


Einzelunternehmen, Personengesellschaft (1) Kapitalgesellschaft (2) Rechtsformdifferenz (3) = (2) – (1)
Vergleichsbasis: gesellschaftsrechtlicher Bereich (Ausschüttungsfall) 0,00% bis 47,44% 29,83% bis 48,33% +29,83% bis +0,89%
Geschäftsführungsvertrag 0,00% bis 47,44% 0,00% bis 47,48% ±0,00% bis +0,04%
Veränderung durch Geschäftsführungsvertrag ± 0,00% – 29,83% bis– 0,85% – 29,83% bis– 0,85%
Legende zu Spalte 3: + Vorteil von Personenunternehmen – Vorteil von Kapitalgesellschaften ± kein Unterschied zwischen den Rechtsformen

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(2) Veränderung der Gesamtsteuerbelastung bei der Rechtsform „Kapitalgesellschaft“: Bei Einzelunternehmen sind keine schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen mit dem Inhaber möglich, sodass sich insoweit keine Ansätze für steuerplanerische Überlegungen ergeben. Bei Personengesellschaften wird das Geschäftsführungsgehalt dem gewerblichen Bereich zugerechnet. Das Gehalt wird damit in gleicher Weise besteuert wie der Gewinnanteil, dh die Gesamtsteuerbelastung verändert sich nicht.

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Wird das Unternehmen als Kapitalgesellschaft geführt, empfiehlt es sich insbesondere bei niedrigen Einkünften, einen Geschäftsführungsvertrag abzuschließen (Abb. 3.16 von oben nach unten ausgewertet). Die gewerbesteuerlichen Vorteile werden durch den positiven Steuersatzeffekt bei der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer verstärkt. Je höher der persönliche Einkommensteuersatz ist, umso mehr geht der Steuersatzvorteil im Rahmen der Körperschaft- und Einkommensteuer zurück. Ab einem persönlichen Einkommensteuersatz von 36,04% ist die Belastung des Geschäftsführungsgehalts mit Einkommensteuer höher als die Belastung von Gewinnen einer Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer und der Dividenden mit der 25%igen Abgeltungsteuer.


Einfluss auf die Steuerbelastung bei Kapitalgesellschaften
ausgeschüttete Gewinne sGewSt + sKSt×(1+sSolZ) + (1–sGewSt–sKSt×[1+sSolZ])×sAbgSt×(1+sSolZ)
Geschäftsführungsvertrag sESt × (1+sSolZ)

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Unter Einbezug der Gewerbesteuer kann bei Kapitalgesellschaften durch den Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags häufig eine Minderung der Gesamtsteuerbelastung erreicht werden. Der Steuersatzvorteil geht zwar mit einem Anstieg des Einkommensteuersatzes zurück. Beim Spitzensteuersatz von 45% ist der Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags jedoch vorteilhaft, wenn der Gewerbesteuerhebesatz mindestens 367% beträgt:


ausgeschüttete Gewinne = Geschäftsführungsvertrag
sGewSt + sKSt×(1+sSolZ) + (1–sGewSt –sKSt×[1+sSolZ])×sAbgSt×(1+sSolZ) = sESt × (1+sSolZ)
bei einem Körperschaftsteuersatz von 15%, einem Solidaritätszuschlagsatz von 5,5% und einer Abgeltungsteuer von 25% gilt
sGewSt + 0,15825 + (1–sGewSt –0,15825)×0,26375 = sESt × 1,055
0,73625×sGewSt + 0,3802616 = sESt × 1,055
sGewSt = sESt×1,4329566 – 0,5164843
da sGewSt = Hebesatz×Steuermesszahl, ergibt sich bei einer Steuermesszahl von 3,5%
Hebesatz = (sESt×1,4329566 – 0,5164843)/0,035
Hebesatz = sESt×40,941617 – 14,7566694
bei sESt=45% gilt
Hebesatz = 3,6670587
Hebesatz 367%

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Bei einem Einkommensteuersatz von 42% ist der Abschluss eines Geschäftsführungsvertrags bereits ab einem Gewerbesteuerhebesatz von 244% zu empfehlen.[21] Da der Gewerbesteuerhebesatz auf mindestens 200% festzusetzen ist, ist bei einem Einkommensteuersatz von 40% oder weniger die Gesamtsteuerbelastung bei einem Geschäftsführungsvertrag generell niedriger als bei Gewinnausschüttungen, dh der Situation ohne Geschäftsführungsvertrag.