Free

Eine verhangnisvolle Erbschaft

Text
iOSAndroidWindows Phone
Where should the link to the app be sent?
Do not close this window until you have entered the code on your mobile device
RetryLink sent

At the request of the copyright holder, this book is not available to be downloaded as a file.

However, you can read it in our mobile apps (even offline) and online on the LitRes website

Mark as finished
Font:Smaller АаLarger Aa

Wir setzten uns in eine grasbedeckte Aushöhlung des Felsens, wobei wir auf den gewaltigen, grauen Ozean sahen. Das Tageslicht begann zu schwinden, als ich die Geschichte hörte, die mich zu Roland Camerons Frau machen sollte.

Kapitel 4

"Meine Mutter starb, als ich noch ein Säugling war", begann er. "Mein Vater war, solange ich mich erinnern kann, immer hart zu mir. Mir wurde erzählt, ich sei ein merkwürdiges Kind mit meinen eigenen seltsamen Gewohnheiten. Mein Vater haßte an den Persönlichkeiten und Gewohnheiten der Personen, die um ihn herum waren, alles, was kräftig ausgeprägt war und alles, was nicht gewöhnlich war. Er selbst lebte nach Regeln; und er beschloß, daß sein Sohn seinem Beispiel folgen sollte. Ich wurde in der Schule strenger Disziplin ausgesetzt, und ich wurde später im College sorgfältig beobachtet. Wenn ich auf mein früheres Leben zurückblicke, kann ich keine Spuren von Glück erkennenen und finde keine Anzeichen von Zuneigung. Eine traurige Ergebenheit in ein hartes Schicksal, ein müdes Wandern über unfreundliche Straßen – das ist meine Lebensgeschichte, im Alter von zehn bis zwanzigJahren.

Ich verbrachte einen Herbsturlaub an den Seen von Cumberland; und dort traf ich zufällig eine französische Dame. Das Ergebnis diesesTreffens entschied mein ganzes späteres Leben.

Sie bekleidete die Stelle eines Kinderfräuleins im Haus eines wohlhabenden Engländers. Ich hatte häufig Gelegenheit, sie zu sehen. Es machte uns in der Gesellschaft des anderen Spaß. Ihre geringe Erfahrung war seltsamerweise wie die meine. Zwischen uns herrschte eine perfekte Harmonie von Denken und Fühlen. Wir liebten uns, oder dachten zumindest, wir liebten uns. Ich war noch keine einundzwanzig und sie war noch nicht achtzehn, als ich sie bat, meine Frau zu werden.

Ich kann meine Torheit jetzt verstehen und darüber lachen oder mich darüber beklagen, zu was mich meine Laune gerade treibt. Und doch muß ich mich bemitleiden, wenn ich auf mich in dieser Zeit zurückschaue- ich war so jung, so hungrig nach ein wenig Zuneigung, so müde meines einsamen Lebens ohne Freunde. Nun, alles in der Welt ist relativ. Ich würde bald diesem Leben ohne Freunde nachtrauern, schmerzlich nachtrauern, so unglücklich es auch war.

Der Arbeitgeber des armen Mädchens entdeckte unsere Verbindung durch seine Frau. Er setzte sich sofort mit meinem Vater in Verbindung.

Mein Vater hatte nur ein Wort zu sagen – er bestand darauf, daß ich ins Ausland gehe und es ihm zu überlassen, mich von meiner absurdenVerpflichtung während meiner Abwesenheit zu entbinden. Ich antwortete ihm, daß ich in ein paar Monaten alt genug war und ich fest entschlossen war, das Mädchen zu heiraten. Er gab mir drei Tage, um diesen Entschluß zu überdenken. Ich blieb bei meinem Entschluß. Eine Woche später wurde ich von zwei Ärzten für geisteskrank erklärt; und wurde von meinem Vater in eine Irrenanstalt gesteckt.

War es eine Tat der Geisteskrankheit von dem Sohn eines Gentleman mit großen Erwartungen, einem Kinderfräulein die Heirat vorzuschlagen? Ich muß schon sagen, der Himmel ist mein Zeuge, ich weiß von keiner anderen von mir begangenen Tat, die meinen Vater und die Ärzte berechtigen könnte, mich in Gewahrsam zu nehmen.

Ich war drei Jahre in dieser Irrenanstalt. Es wurde amtlich berichtet, daß mir die Luft nicht zuträglich war. Ich wurde für weitere zwei Jahre in eine andere Irrenanstalt in einem entlegenen Teil Englands gebracht. Die besten fünf Jahre meines Lebens wurde ich mit Verrückten zusammengetrieben – und mein Verstand hat es überlebt. Den Eindruck, den ich auf Sie, auf Ihren Vater, auf Ihren Bruder und auf alle Ihre Freunde mache, ist, daß ich ebenso vernünftig bin wie der Rest meiner Mitmenschen. Dränge ich zu einer übereilten Folgerung, wenn ich von mir behaupte, daß ich ein gesunder Mensch bin und schon immer war?

Am Schluß dieser fünf Jahre willkürlicher Gefangenschaft in einem freien Land, zum Glück für mich – Ich schäme mich, es zu sagen, aber ich muß die Wahrheit sagen – zum Glück für mich starb mein erbarmungsloser Vater. Seine Treuhänder, denen ich nun übergeben wurde, hatten etwas Mitleid mit mir. Sie konnten dieVerantwortung, mir meine Freiheit ganz zu gewähren, nicht übernehmen.Aber sie gaben mich in die Obhut eines Chirurgen, der mich in seinen privatenLandsitz aufnahm und der mir freie Bewegung in der frischen Luft erlaubte.

Ein Jahr dieser neuen Lebensweise stellte den Chirurgen zufrieden, und es stellte jeden zufrieden, der das geringste Interesse an mir hatte, so daß ich vollkommen dazu bereit war, meine Freiheit zu genießen. Ich wurde von allen Beschränkungen befreit und mir wurde erlaubt, bei einem meiner nahen Verwandten zu leben, in genau demselben Landstrich, wo sich mein unheilvolles Treffen mit dem französischen Mädchen sechs Jahre zuvor ereignet hatte.

Teil 2

Kapitel 1

"Ich lebte glücklich in dem Haus meines Verwandten, zufrieden mit den gewöhnlichen Jagden eines Landedelmanns. Die Zeit hatte mich schon lange von meiner jungenhaften Verliebtheit in das Kinderfräulein geheilt. Ich konnte mit vollkommener Ruhe wieder die Wege entlanggehen, die ich mit ihr gegangen war, den See besuchen, auf dem wir zusammen gesegelt waren. Als ich zufällig hörte, daß sie in ihrem Land geheiratet hatte, konnte ich ihr alles mögliche Glück wünschen, mit der nüchternen Freundlichkeit eines unbeteiligten Freundes. Was für ein seltsamer Faden der Ironie läuft durch das Gewebe des einfachsten Menschenlebens! Die erste Liebe, für die ich mich so aufgeopfert und ich so gelitten hatte, wurde mir nun in ihrem wahren Licht enthüllt, als eine vorübergehende Einbildung eines Jungen!

Drei Jahre friedlicher Freiheit vergingen; eine Freiheit, die ich, nach dem unbestrittenen Zeugnis respektabler Zeugen, nie mißbrauchte. Nun, diese lange und glückliche Zeit kam, wie alle Zeiten, zu ihrem Ende – und dann fiel das große Unheil meines Lebens auf mich. Einer meiner Onkel starb und hinterließ mir als Erbe sein ganzes Vermögen. Ich allein bekam unter Ausschluß der anderen Erben nicht nur ein hohes Einkommen, das auf die Landgüter zurückzuführen war, sondern auch siebzigtausend Pfund Bargeld.

Die abscheuliche Verleumdung, durch die erklärt wurde, ich sei verrückt, wurde nun von jenen Schuften wiederbelebt, die Interesse daran hatten, zwischen mich und meine Erbschaft zu treten. Vor einem Jahr wurde ich in die Anstalt zurückgeschickt, in der ich zuletzt gefangengehalten wurde. Der Vorwand, mich einzukerkern, wurde schnell in einem "Akt derGewalttätigkeit" (wie es genannt wurde), gefunden, den ich in einem flüchtigen Ausbruch von Zorn begangen hatte, und welcher zu keinen schwerwiegenden Ergebnissen geführt hat. Nachdem sie mich in die Anstalt gebracht hatten, fuhren die Verschwörer fort, ihr Werk zu beenden. Ein Gutachten, ich sei irrsinnig, wurde gegen mich vorgebracht. Die Kommission wurde von einem einzigen Kommisar gehalten, ohne eine Jury und ohne dieAnwesenheit eines Anwalts, um meine Interessen zu vertreten. Durch dieEntscheidung eines einzigen Mannes wurde ich für unzurechnungsfähig erklärt. Die Verwahrung meiner Person ebenso wie die Verwaltung meines Vermögens wurden Leuten anvertraut, die unter den Verschwörern ausgewählt wurden, die mich für verrückt erklärt hatten. Ich bin hier aufgrund der Gunst des Anstaltsbesitzers, der mir Ferien an der See zugestanden hat, und der mir menschlicherweise meine Freiheit anvertraut hat, wie Sie sehen können. Mit kaum 30 Jahren bin ich des freien Gebrauchs meines Geldes und der freien Verwaltung meiner Angelegenheiten beraubt. Mit kaum 30 Jahren bin ich offiziell für lebenslang verrückt erklärt!"