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Othello

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Sie senkte das Glas; ein Wölkchen von getäuschter Erwartung und Trauer lagerte sich unter den blonden Locken, die schönen Bogen der Brauen zogen sich zusammen und ließen ein kaum merkliches Fältchen des Unmuts sehen. Die feinen seidenen Wimpern senkten sich wie eine durchsichtige Gardine herab, sie schien zu sinnen, sie zeichnete mit der Lorgnette auf die Brüstung der Loge.—Sind es vielleicht seine Chiffern, die sie in Gedanken versunken vor sich hinschreibt? Wie bald wird sie vielleicht dem Namen fluchen, der jetzt ihre Seele füllt!

Dem Major traten unwillkürlich Tränen in die Augen, als er Sophie betrachtete. "Noch ahnet sie nicht, was ihrer wartet", dachte er, "aber nie, nie soll sie erfahren, wie elend der war, den sie liebte." Der Gedanke an diesen Elenden bemächtigte sich seiner aufs neue; er drückte die Augen zu, verfluchte die menschliche Natur, die durch Leichtsinn und Schwäche aus einem erhabenen Geist, aus einem tapfern Mann einen ehrvergessenen, treulosen Betrüger machen könne.

Der Major hat oft gestanden, daß einer der schrecklichsten Augenblicke in seinem Leben der gewesen sei, wo er im ersten Zwischenakt 'Othellos' in die fürstliche Loge kam. Es war ihm zu Mut, als habe er selbst an Sophien gefrevelt, als sei er es, der ihr Herz brechen müsse. Der Gedanke war ihm unerträglich, sie arglos, glücklich, erwartungsvoll vor sich zu sehen und doch zu wissen, welch namenloses Unglück ihrer warte. Er trat ein; ihre Blicke begegneten ihm sogleich; sie hatte wohl oft nach der Türe gesehen. Mit hastiger Ungeduld übersah sie einen Prinzen und zwei Generale, die sich ihr nahen wollten, sie winkte den Major heran. "Haben wir jetzt unsern 'Othello'?" sagte sie; "Sind Sie nicht auch glücklich, erwartungsvoll?—doch einen unserer Othelloverschworenen sehe ich nicht", flüsterte sie leiser, indem sie leicht errötete; "der Graf ist sicherlich hinter den Kulissen, um recht warmen Dank zu verdienen, wenn er alles recht schön machen läßt?"

"Verzeihen Euer Hoheit", erwiderte der Major, mühsam nach Fassung ringend; "der Graf läßt sich entschuldigen, er ist schnell auf einige Tage verreist."

Sophie erbleichte; "verreist, also nicht in der Oper? Wohin riefen ihn denn so schnell seine Geschäfte? O, das ist gewiß ein Scherz, den Sie beide zusammen machen", rief sie, "glauben Sie denn, er werde nur so schnell weggehen, ohne sich zu beurlauben? Nein, nein, das gibt irgend einen hübschen Spaß. Jetzt weiß ich auch, woher mir ein gewisses Briefchen zukam."

Der Major erschrak, daß er sich an dein nächsten Stuhl halten mußte.

"Ein Briefchen!" fragte er mit bebender Stimme, eine schreckliche Ahnung stieg in ihm auf.

"Ja, ein zierliches Billetchen", sagte sie und ließ neckend das Ende eines Papiers unter dem breiten Bracelet hervorgehen, das ihren schönen Arm umschloß. "Ein Briefchen, das man recht geheimnisvoll mir zugesteckt hat. Ich sehe es Ihnen an den Augen an, Sie sind im Komplott. Ich habe noch keine Gelegenheit gefunden, es zu öffnen, denn einen solchen Scherz muß man nicht öffentlich machen, aber sobald ich in mein Boudoir komme—"

"Durchlaucht! ich bitte um Gottes willen, geben Sie mir das Billet", sagte der Major, von den schrecklichsten Qualen gefoltert; "es ist gar nicht einmal an Sie, es ist in ganz unrechte Hände gekommen."

"So? um so besser; das gebe ich um keine Welt heraus, das soll mir Aufschluß geben über die Geheimnisse gewisser Leute! An eine Dame war es also auf jeden Fall; es ist wirklich hübsch, daß es gerade in meine Hände kam."

Der Major wollte noch einmal bitten, beschwören, aber der Prinz fuhr mit seinem Kopf dazwischen, die beiden Generale fielen mit Fragen und Neuigkeiten herein, er mußte sich zurückziehen. Verfolgt von schrecklichen Qualen, ging er zu seiner Loge zurück, er preßte seine Augen in die Hand, um die Unglückliche nicht zu sehen, und immer wieder mußte er von neuem hinschauen, mußte von neuem die Qualen der Angst, die Gewißheit des nahenden Unglücks mit seinen Blicken einsaugen.

Die Diamanten am Schlosse ihres Armbandes spielten in tausend Lichtern, ihre Strahlen zuckten zu ihm herüber, sie drangen wie tausend Pfeile in sein Herz. "Welchen Jammer verschließen jene Diamanten! Wenn sie im einsamen Gemach diese Bänder öffnet, öffnet sie nicht zugleich die Pforte eines grauenvollen Frevels? Ihr Puls schlägt an diese unseligen Zeilen, wie ihr Herz für den Geliebten pocht; wird es nicht stille stehen, wenn das Siegel springt und das ahnungslose Auge auf eine furchtbare Kunde fällt?"

Desdemona stimmte ihre Harfe; ihre wehmütigen Akkorde zogen flüsternd durch das Haus, sie erhob ihre Stimme, sie sang—ihren Schwanengesang. Wie wunderbar, wie mächtig ergriffen diese melancholischen Klänge jedes Herz; so einfach, so kindlich ist dieses Lied, und doch von so hohem tragischem Effekt! Man fühlt sich bange und beengt, man ahnt, welch grauenvolles Schicksal ihrer warte, man glaubt den Mörder in der Ferne schleichen zu hören, man fühlt die unabwendbare Macht des Schicksals näher und näher kommen, es umtauscht sie wie die Fittiche des Todes. Sie ahnet es nicht; sanft, arglos wie ein süße Kind sitzt sie an der Harfe, nur die Schwermut zittert in weichen Klängen aus ihrer Brust hervor, aus diesem vollen, liebewarmen Herzen, für das der Stahl schon gezückt ist. Sie flüstert Liebesgrüße in die Ferne nach ihm, der sie zermalmen wird; ihre Sehnsucht scheint ihn in ihre Arme zu rufen, er wird kommen— sie zu morden; sie betet für ihn, Desdemona segnet ihn der ihr den Fluch gibt.

Der Major teilte seine Blicke zwischen der Sängerin und Sophien. Sie lauschte in Wehmut versunken auf das Lieblingslied, eine Träne hing in ihren Wimpern, sie weinte unbewußt über ihr eigenes Geschick; die Akkorde der Harfe vorschwebten, Sophie sah sinnend, träumend vor sich hin. "Wenn ich einst sterbe, soll es mein Schwanengesang sein", klang es in der Erinnerung des Majors; "wahrlich! sie hat wahr gesagt", sprach er zu sich, "es war der Schwanengesang ihres Glückes." Othello trat auf. Sophiens Aufmerksamkeit war jetzt nicht mehr auf die Oper gerichtet, sie sah herab auf ihr Armband, sie spielte mit dem Schloß; ein heiteres Lächeln verdrängte ihre Wehmut, ihre Blicke streiften nach der Loge des Majors herüber—er strengte angstvoll seine Blicke an—Gott im Himmel, sie schiebt das unglückselige Papier hervor und verbirgt es in ihr Tuch—er glaubt zu sehen, wie sie heimlich das Siegel bricht—verzweiflungsvoll stürzt er aus seiner Loge den Korridor entlang. Er weiß nicht warum, es treibt ihn mit unsichtbarer Gewalt der fürstlichen Loge zu, er ist nur noch einige Schritte entfernt—da hört er ein Geräusch in dem. Haus, man kommt aus der Loge, Bediente und Kammerfrauen eilen ängstlich an ihm vorüber, eine schreckliche Ahnung sagt ihm schon vorher, was es, bedeute, er fragt, er erhält die Antwort. "Prinzessin Sophie ist plötzlich in Ohnmacht gesunkenen!"

9

Düster, zerrissen in seinem Innern, saß einige Tage nach diesem Vorfall der Major Larun in seinem Zimmer. Seine Stirne ruhte in der Hand, sein Gesicht war bleich, seine Augen halb geschlossen, der sonst so starke Mann zerdrückte manche Träne, die sich über seine Wimpern stehlen wollte. Er dachte an das schreckliche Geschick, in dessen innerstes Gewebe ihn der Zufall geworfen; er sah alle diese feinen Fäden, die, wenigen Augen außer ihm sichtbar, so lose sich anknüpften; er sah, wie sie weiter gesponnen, wie sie verknüpft und gedoppelt zu einem nur zu festen Netz um ein zartes, unglückliches Herz sich schlangen. Unbesiegbare Bitterkeit mischte sich in diese trüben Erinnerungen; sein alter Waffenfreund, ein so glänzendes Meteor am Horizont der Ehre, ein so braver Soldat und jetzt ein Elender, Ehrvergessener, der, ohne nur entfernt einen andern Ausgang erwarten zu können, mit allen Künsten der Liebe die unbewachten Sinne eines kaum zur Jungfrau erblühten Kindes betörtet. In diese Gedanken mischte sich das Bild dieses so unendlich leidenden Engels, mischte sich die Angst vor einer Szene, welcher er in der nächsten Stunde entgegengehen sollte. Eine angesehene Dame, die Oberhofmeisterin der Prinzessin Sophie, hatte ihn diesen Nachmittag zu sich rufen lassen. Sie entdeckte ihm ohne Hehl, daß Sophie von einer schweren Krankheit befallen sei, daß die Ärzte wenig Hoffnung geben, denn sie nennen ihre Krankheit einen Nervenschlag. Sie sagte ihm weiter, die Prinzessin habe ihr alles gesagt, sie habe ihr kein Wort dieses strafbaren Verhältnisses verschwiegen. Sie wisse, daß in der Residenz nur ein Mensch lebe, der jenen Grafen Zronievsky näher gekannt habe, dies sei der Baron von Larun. Mit einer Angst, einem Verlangen, das an Verzweiflung grenze, dringe die Unglückliche darauf, mit ihm ohne Zeugen zu sprechen. Die Oberhofmeisterin wüßte wohl, wie sehr dies gegen die Vorschriften laufe, welche die Etikette ihr auferlegen, aber der Anblick des jammernden Kindes, das nur noch dies eine Geschäft auf der Erde abmachen zu wollen schien, erhob sie über die Schranken ihrer Verhältnisse, sie wagte es, dem Major den Vorschlag zu machen, diesen Abend unter ihrer Begleitung heimlich zu der Kranken zu gehen.

Der Major hatte nicht nein gesagt. Er wußte, daß er ihr nichts Tröstliches sagen könne, er fühlte aber, wie in einem so tiefen Gram das Verlangen nach Mitteilung unüberwindlich werden müsse.

Aber was sollte er ihr sagen? Mußte er nicht befürchten, von ihrem Anblick, von den trüben Erinnerungen der letzten Tage so bestimmt zu werden, daß sein lauter Schmerz sie noch unglücklicher machte? Er war noch in diese Gedanken versunken, als ihm gemeldet wurde, daß man ihn erwarte; die alte Oberhofmeisterin hielt in ihrem Wagen vor dem Hause; er setzte sich schweigend neben ihre Seite.

"Sie werden die Prinzessin sehr schlecht finden", sagte diese Dame mit Tränen; "ich gebe alle Hoffnung auf. Ich kann mir nicht denken, daß in der Unterredung mit Ihnen, Herr Baron, noch etwas Rettendes liegen könne. Wenn Sie ihr keinen Trost geben können, so verlischt sie uns wie eine Lampe, die kein Öl mehr hat, um ihre Flamme zu nähren; und wollten Sie ihr Trost, Hoffnung geben, so sind diese Gefühle in ihren Verhältnissen von so unnatürlicher Art, daß ich beinahe wünschen müßte, sie möge eher sterben, als ihrem Hause Schande machen."

 

"Also werde ich ihr den Tod bringen müssen", sagte der Major bitter lächelnd;—"weiß man in der Familie um diese Geschichten? Was denkt man von der Krankheit?"

"Wie ich Ihnen sagte, Herr Baron; die Familie, der Hof und die Stadt weiß nicht anders, als daß sie sich erkältet haben muß; die törichten Leute bringen auch noch die fatale Oper ins Spiel und lassen sie am 'Othello' sterben. Was wir beide wissen, weiß sonst niemand; es gibt einige Damen, die dieses Verhältnis früher ahnten, aber nicht genau wußten."

"Und doch fürchte ich", entgegnete der Major, indem er seinen durchdringenden Blick auf die Dame an seiner Seite heftete, "ich fürchte, sie stirbt an einem sehr gewagten Bubenstück. Man hat dieses Verhältnis geahnt, nachgespürt, es wurde zur Gewißheit, man suchte eine Trennung herbeizuführen, man spürte die Verhältnisse des Grafen aus—"

"Glauben Sie?" sagte die Oberhofmeisterin blaß und mit bebenden Lippen, indem sie umsonst versuchte, den Blick des Majors auszuhalten.

"Man forschte diese Verhältnisse aus", fuhr der Major fort; "man suchte ihn von hier wegzuschrecken, indem man ihm drohte, der Prinzessin zu sagen, daß er verheiratet sei. Bis hieher war der Plan nicht übel; es gehörte einem solchen Elenden, daß man nicht gelinder mit ihm verfuhr. Aber man ging weiter; man wollte auch die unglückliche Dame schnell von ihrer Liebe heilen, man machte sie mit dem Geheimnis des Grafen bekannt, man glaubte, sie werde alles über Nacht vergessen. Und hier war der Plan auf die Nerven eines Dragoners berechnet, aber nicht auf das Herz dieses zarten Kindes."

"Ich muß bitten, zu bedenken", entgegnete die Oberhofmeisterin mit ihrer früheren Kälte, aber mit flehenden Blicken, "daß dieses zarte Kind eine Prinzessin des fürstlichen Hauses ist, daß sie erzogen wurde, um mit Anstand über solche Mißverhältnisse wegzugehen. Sollte wirklich irgend ein solcher Plan vorhanden gewesen sein, so kann ich die Handelnden nicht tadeln, sie haben wahrhaftig geschickt operiert -"

"Sie haben ihren Zweck erreicht, sie wird sterben", unterbrach sie der Major.

"Ich hätte meinen Zweck erreicht? mein Herr, ich muß bitten—"

"Sie?" sagte Larun mit gleichgültiger Stimme; "von Ihnen, gnädige Frau, sprach ich nicht, ich sagte: sie, die Handelnden, die Operierenden."

Die alte Dame biß sich in die Lippen und schwieg. Wenige Augenblicke nachher waren sie an einer Seitenpforte des Palais angelangt. Ein alter Diener führte sie durch ein Labyrinth von Korridoren und Treppen. Endlich wurden die Gänge breiter, die Beleuchtung auf elegantere Art angebracht, der Major bemerkte, daß sie in den bewohnteren Flügel des Schlosses gelangt seien. Der Alte winkte in eine Seitentüre. Der Weg ging jetzt durch mehrere Gemächer, bis in einen Salon, der wohl zu den Appartements der Prinzessin gehören mochte, als die Oberhofmeisterin dem Major zuflüsterte, er möchte einstweilen in einem Fauteuil sich gedulden, bis sie ihn rufen lasse.

Nach einer tödlich langen Viertelstunde erschien sie wieder. Sie sagte ihm, daß nach dem ausdrücklichen Willen der Kranken er allein mit ihr sein werde; sie selbst wolle sich als 'Garde de Dame' an die Türe setzen, wo sie gewiß nichts hören könne, wenn man nicht gar zu laut spreche. Übrigens dürfe er nicht länger als eine Viertelstunde bleiben. Der Major trat ein. Das prachtvolle Gemach mit seinen schimmernden Tapeten und goldenen Leisten, die reiche Draperie der Gardinen, die bunten Farben des türkischen Fußteppichs taten seinem Auge wehe, denn das Gemüt will ein leidendes Herz, einen kranken Körper nicht mit den Flittern der Hoheit umgeben sehen. Und wie groß war der Kontrast zwischen diesem Glanz der Umgebung und diesem zarten, lieblichen Kind, das in einem einfachen, weißen Gewand auf einer prachtvollen Ottomane lag.

Der Eindruck, den ihre Züge, ihre Gestalt, ihr ganzes Wesen zum erstenmal auf ihn gemacht hatten, kehrte auch jetzt wieder in die Seele des Majors. Es war ihre einfache, ungeschmückte Schönheit, ihre stille Größe, verborgen hinter dem Zauber kindlicher Liebenswürdigkeit, was ihn angezogen hatte. Wohl blendete ihn damals der Glanz der frischen, jugendlichen Farben, die lebhaft strahlenden Augen, jenes gewinnende, huldvolle Lächeln, das ihre feinen rosigen Lippen umschwebte. Ein Nachtfrost hatte diese Blüten abgestreift; aber gab ihr nicht diese durchsichtige Blässe, diese stille Trauer in dem sinnigen Auge, dieser wehmütige Zug um den Mund, der nie mehr scherzte, eine noch erhabenere Schönheit, einen noch gefährlicheren Zauber? Der Major stand einige Schritte von ihr stille und betrachtete sie mit tiefer Rührung. Sie winkte ihm nach einem Taburett, das zu ihren Füßen stand, sie sprach, ihre Stimme hatte zwar jenes helle Metall verloren, das sonst ihre heiteren Scherze, ihr fröhliches Lachen ertönen ließ, aber diese weichen, rührenden Töne drangen tiefer.—"Es wäre töricht von mir, Herr Baron", sprach sie, "wollte ich Sie lange in Ungewißheit lassen, warum ich Sie rufen ließ. Ich weiß, daß der Graf Sie, als seinen besten Freund, von einem Verhältnis unterrichtet hat, das nie hätte bestehen sollen.– Erinnern Sie sich noch des Abends in 'Othello'? Ich sagte Ihnen von einem Billet, das ich bekommen habe, ich erinnere mich, daß Sie mir es wiederholt abforderten; warum haben Sie das getan?"

"Warum, fragen Euer Durchlaucht? weil ich den Inhalt ahnte, zu wissen glaubte."

"Also doch!" rief sie, und eine Träne drang aus ihrem schönen Auge; "also doch! Ich hielt Sie, seit dem ersten Augenblick, wo ich Sie sah, für einen Mann von Ehre; wenn Sie die Verhältnisse des Grafen wußten, warum haben Sie ihn nicht bälder entfernt, warum mir nicht den Schmerz erspart, ihn verachten zu müssen?"

"Ich kann bei allem, was mir heilig ist, bei meiner Ehre schwören", entgegnete der Major, "daß ich kaum eine Stunde, bevor ich zu Eurer Durchlaucht in die Loge trat, diese Verhältnisse durch ein Papier erfahren habe, das durch Zufall, statt in des Grafen Hände, in die meinigen kam. Als ich den Grafen darüber zur Rede stellen wollte, hatte er schon Nachricht davon bekommen und war abgereist. Ich ahnte aus gewissen Winken, die jenes Briefchen enthielt, daß auch Sie nicht verschont bleiben würden; umsonst versuchte ich das unglückliche Blättchen Eurer Durchlaucht abzuschwatzen."

"Sie glauben also an diese Erfindung?" fragte Sophie, indem ihre Tränen heftiger strömten; "ach, es ist ja nur ein Kunstgriff gewisser Leute, die ihn von uns entfernen wollten. Lesen Sie dieses Billet, es ist dasselbe, das ich erhielt; gestehen Sie selbst, es ist Verleumdung!"