Die Pueblo-Kulturen

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3.1.6.6. Die Großhäuser (ab ca. 1250 bis 1400/1450 u.Z.)

Der erste Europäer im Hohokam-Raum, Padre Eusebio Kino, berichtete, dass er 1694 7 bis 8 Großhäuser der Hohokam gesehen oder ihm über so viele zuverlässig berichtet wurde. Von diesen Großhäusern sind wesentliche Reste nur noch in Form der Ruine des Großhauses von Casa Grande erhalten. Vier Großhäuser wurden bis heute archäologisch belegt: Casa Grande, Pueblo Grande, La Ciudad und Las Colinas. Eventuell kann auf dem großen Mound von Mesa Grande auch ein Großhaus gestanden haben, bei Los Hornos wurde von einem mehretagigen Bau ähnlich dem Big house von Casa Grande gesprochen und Los Muertos wurden ebenfalls Bauten mit bis zu vier Etagen zugeschrieben. Ähnlich Casa Grande waren diese Großhäuser große, mehretagige Adobebauten, die auf einer Moundbasis standen. Nach den wenigen bekannten Daten sind aber die großen Plattformmounds keine Standorte für die Großhäuser. Beide baulichen Erscheinungen sind räumlich und offensichtlich auch funktionell voneinander getrennt. Die Moundbasis war aber kein großer Mound, sondern nur eine innerhalb der „Adobe-Grundmauern“ durchgeführte Bodenaufschüttung (bei dem Großhaus von Casa Grande ca. 2,5 m), auf der dann die folgenden Etagen mit Boden- und Dachflächen aufgestockt wurden. Das Großhaus von Casa Grande (Bauabschluss in den frühen 1300er Jahren u.Z.) hatte vier Etagen, auch das Großhaus von Pueblo Grande (errichtet wahrscheinlich in den 1300er Jahren u.Z.) hatte eventuell drei bis vier Etagen. Letzteres ist aber nicht direkt belegbar. Leider wurden das Großhaus von Pueblo Grande und auch der größte Ballspielplatz dieser Stätte während der Siedlungsausbreitung von Phoenix zerstört. Das vorhandene Wissen beruht nur auf frühen Erkundungsaussagen.

Beim Großhaus von Pueblo Grande bestand jede Etage aus mehreren Räumen, deren Wände mit feinem weißem Putz bedeckt waren. In einem der Räume enthielten die Wände Ätzungen von Menschen, Tieren und Blitzen, was auf den spirituellen Charakter dieses Raumes hinweist. Die Nutzung des Großhauses wurde irgendwann einmal unterbrochen, so dass über eine längere Zeit stärkere Verfallserscheinungen am Gebäude auftraten. Danach gab es Ausbesserungen und Umgestaltungen, bevor es nach einer weiteren Nutzungszeit irgendwann in den 1400er Jahren endgültig verlassen wurde und durch Witterungseinflüsse verfiel. Die Lage des Pueblo Grande Großhauses ca. 800 m nördlich des großen Plattformmounds kann darauf hindeuten, dass im späteren Teil der klassischen Periode zwei unterschiedliche oder separate politische Einheiten in Pueblo Grande existierten oder aber auf getrennte Funktionen dieser zwei Bauwerke hinweisen.

3.1.7. Handwerksproduktion und Kunsthandwerk

Die Hohokam be- und verarbeiteten Stein, Knochen, Molluskenschalen, Ton, Holz, Fasern und sicher auch Tierhäute. Als Material benutzten sie örtliche Vorkommen oder im Rahmen von Interaktionen erworbenes Material. Damit produzierten sie ein breites Spektrum von Werkzeugen, Haus-Küchen-Geräten und Schmuck. Ihre Arbeitsergebnisse waren sowohl künstlerisch als auch funktional beachtenswert. Eine Metallgewinnung und -verarbeitung war ihnen unbekannt, da sie nicht die dafür erforderlichen hohen Temperaturen erzeugen konnten. Archäologische Belege für Produkte aus leicht vergänglichem organischem Material sind sehr spärlich und damit in ihrer Darstellung extrem unterrepräsentiert. Die Verallgemeinerung von Einzelstücken ist problematisch und hinterfragungswürdig.

Die meisten Werkzeuge und Schmuckstücke dienten der persönlichen Nutzung oder zum Gebrauch in der Sippe/Gemeinschaft. Einige Personen waren vielleicht zeitweilig als Spezialisten tätig und stellten Produkte her, die bei Interaktionen weitergegeben bzw. ausgetauscht wurden, da sie den Eigenbedarf der HerstellerIn oder der Gemeinschaft überschritten. Es ist möglich, dass bestimmte Gemeinschaften/Personengruppen durch Kenntnis von Rohstoffquellen und deren Ausnutzung/Abbau zu Spezialisten in der Materialbeschaffung für eigene und fremde Bedürfnisse wurden. Die folgende Darstellung ist nach Produktgruppen gegliedert.

3.1.7.1. Werkzeuge, Waffen, Fallen

Zur Herstellung dieser Produkte wurden Stein, Knochen, Keramik, Holz, Fasern/Haare und Haut/Leder genutzt, wobei die organischen Stoffe absolut unterrepräsentiert oder ihr Einsatz gar nur zu vermuten ist.

Steinwerkzeuge sind, ausgehend von ihrer Fertigungstechnik, in zwei Kategorien zu unterteilen, in die Abschlag- und die Grundsteinwerkzeuge. Die Abschlagwerkzeuge wurden aus amorphen und feinkristallinen Gesteinsmaterial wie Hornstein, Feuerstein, Chalcedon, Quarzit, Basalt, Obsidian und Jaspis durch absplitternde Schläge oder Drücke auf den Materialkörper gefertigt. Auf diese Weise wurden Messer, Schaber, Bohrer und Projektilspitzen hergestellt. Außerdem wurden große handgeführte plattige Schiefermesser für die Wildpflanzenernte gefertigt. Projektilspitzen wurden meist aus Feuerstein oder aus Hornstein geschlagen. In Pueblo Grande war die Hälfte aller gefundenen Spitzen aus Obsidian, das aus 10 lokal unterschiedlichen Quellen im Abstand von 80 bis 225 km von der Fundstelle stammte. Das begehrteste Obsidian stammte aus den Sauceda Mountains, die 110 km südöstlich von Pueblo Grande bei Gila Bend lagen. Ob diese Stücke ertauscht wurden oder durch Sammlerexpeditionen vor Ort aufgelesen oder abgebaut wurden, ist nicht zu beantworten. Die frühen Projektilspitzen der Hohokam waren die besten und schönsten Spitzen, die im Südwesten gefertigt wurden. Sie waren relativ groß im Ausmaß, mit Widerhaken und sehr spitzwinkligen Flanken und waren wunderbar aussehende Waffen. Diese Projektilspitzen waren eindeutig von Spezialisten gefertigt. Spätere Projektilspitzen waren im Ausmaß kleiner und gewöhnlich dreieckig geformt. Ein Teil der gefundenen Spitzen war offensichtlich nur als Bestattungsbeigabe (keine Gebrauchspuren) gefertigt worden. Die Grundstein-Werkzeuge (Grundstein = aus Blocksteinen gearbeitet) waren aus porösem Lavamaterial wie Bläschen-Basalt gefertigt und wurden für die Herstellung von Manos und Metaten (Mahlwerkzeuge) genutzt. Gut polierte Steinäxte wurden aus Diorit und anderem Flussgeröll mit abrasiven Verfahren (Abschleifen) hergestellt. Diese Äxte waren mit Holzhandgriffen versehen und waren effektiv beim Fällen der Wüstenbäume, wie Mesquite, als Baumaterial. Andere Grundstein-Steinwerkzeuge waren Mörser und Stößel, polierte Steine, Hämmer, Lote/Gewichtssteine (?), Spinnwirtel, Handfeilen und Pfeilschaftglätter. Oft waren diese steinernen Werkzeuge nur Werkstücke, die mit anderen Werkzeugteilen wie Handgriffen, Heften und Schäften verbunden waren. Für diesen Verbund wurden Sehnen, Fasern, Riemen und auch Klebstoffe (Harz, Pech u.ä.) genutzt.

Aus Knochenmaterial wurden Ahlen, die beim Korbflechten und bei der Lederbearbeitung benötigt wurden, und auch Nadeln für Näharbeiten hergestellt. Weit verbreitet waren Ahlen aus den Beinknochen von Rotwild, es wurden aber auch die Knochen von Hasen, Hunden und manchmal von Waschbären verwendet. Keramische Werkzeuge waren große Topfscherben, die zu Schab- und Grabzwecken verwendet wurden. Vereinzelt wurden auch keramische Spinnwirtel hergestellt. Aus Holz wurden Grabstöcke, Pflanzstöcke, Schäfte für Waffen, Griffe für Werkzeuge, Bögen als Waffe und Drillwerkzeug, Paddel/kleine Holzplatten zur Topfformung, Schlagwaffen und Pfeilspitzen zur Vogeljagd hergestellt. Holz war sicher auch beim Bau von Webvorrichtungen im Einsatz. Fasern wurden zur Herstellung von Schnüren unterschiedlicher Stärke genutzt, die unter anderem zur Befestigung und Verbindung von Werkzeugteilen dienten. Werkzeuge nur aus Fasern waren Netze unterschiedlicher Art, die zur Kaninchenjagd und als Fischnetze eingesetzt wurden. Der Einsatz von Leder und Fell ist wahrscheinlich, aber archäologisch kaum belegbar.

Zum Abschluss dieses Abschnitts soll noch ein Hinweis auf ein weiteres mögliches Instrument der Hohokam erfolgen, für das es jedoch keinen Nachweis gibt, auf ein mögliches Wasserfahrzeug oder eine Schwimmhilfe. Der Mittel- und der Unterlauf des Gila und des Salt River und auch seiner Nebenflüsse sind, vielleicht nicht unbedingt in der Überschwemmungszeit, auch mit einfachen Flößen und Schilfbündelbooten gut zu befahren. Auch auf den Hauptkanälen wäre sein Einsatz vorstellbar. Der Einsatz von Wasserfahrzeugen für Fischfang und Personentransport ist gut vorstellbar. Hierbei wird auch an die Züge zum Golf von Kalifornien gedacht, die mit einem einfachen Schilfboot den Gila River hinab schneller und kraftsparender durchzuführen wären als mit einem Fußmarsch über Oasenstätten durch die Wüste. Dies wäre nur dem Rückweg vom Golf ins Hohokam-Kernland vorbehalten, da die Fahrt flussauf mit Schilfbooten wie sie die Seri von der Golfküste sicher bereits zu Zeiten der Hohokam-Kultur hatten, wahrscheinlich ungünstiger gewesen wäre.

3.1.7.2. Kleidung/Textilien

Hohokam-Textilien sind wegen der Empfindlichkeit des Materials nicht gut erhalten. Man fand Überreste von Textilien in Höhlen, aber auch Gewebeabdrücke auf ehemals weichen Tonflächen. Trotzdem reichen die Belege dafür aus festzustellen, dass die Hohokam die Kenntnisse und Fähigkeiten für eine komplexe Webtechnik besaßen. Beweise für das Verspinnen von Pflanzenfasern liefern die aufgefundenen vielen Spinnwirtel aus Stein und Keramik. Im Wesentlichen aus Baumwolle wurde ein breites Spektrum von Kleidungsstücken hergestellt, wie Decken, Lendenschurze, Männer- und Frauenröcke, Hüte oder Turbane und Männerhemden. (Die Kleidungsbelege stammen von plastischen und bildlichen Darstellungen!) Außer Baumwolle wurden auch Agavefasern zum Weben von Gürteln und Flechten von Seilen verwendet. Die Fasern anderer Pflanzen wurden für die Herstellung von Sandalen und zum Flechten von Matten genutzt. Schilf diente zur Herstellung von Matten.

 

3.1.7.3. Behälter und Gefäße

Die ältesten Behältnisse waren aus Fruchtschalen (Kürbis, Flaschenkürbis) und tierischem Material (Haut, Leder, Blasen) mit hohem Vergänglichkeitsgrad, danach folgten Körbe in unterschiedlicher Fertigungstechnik aus brauchbaren lokalen Pflanzenfasern/Pflanzenteilen. Die nachweisbaren Hohokam-Körbe waren typische Wulstringkörbe und wurden aus Weidenfasern und Pfeilkraut hergestellt. Bei Ausgrabungen wurden Stücke von verkohlten Körben freigelegt. Sehr viel später wurden Beutel auch aus textilem Gewebe gefertigt. Auch Behältnisse aus Holz (Schalen u.ä.) sind anzunehmen. Den Artefaktschwerpunkt stellen keramische Gefäße und ihre „unverwüstlichen“ Überreste dar. Für rituelle Zwecke wurden mittels abrasiver Verfahren auch Gefäße aus Stein hergestellt.

Der am weitesten verbreitete Typ von Artefaktbeweisen der Hohokam-Kultur sind die Überreste von deren Töpferei. Die Töpferinnen verwendeten lokalen Ton mit Sand, Steingrus und anderen Tempermitteln vermischt. Letztere dienten dazu, den Ton beim Brennprozess vor dem Zerspringen und Zerbrechen zu bewahren. Die Töpferei produzierte wasserdichte, ungezieferresistente Behälter für die Vorratshaltung, ausreichend hitzeresistente Töpfe zum Kochen der Nahrung direkt über dem Feuer und auch Urnengefäße zur Aufnahme von Kremationsresten.

Von der Hohokam-Töpferei gab es drei Typen: glatte, rote und die am meisten bekannten rot auf lederbraunem Untergrund (red-on-buff) verzierten Stücke.

Die Töpfe wiesen eine breite Varietät bezüglich der Form und der Größe auf, einschließlich Krügen (jar), Schüsseln, Krügen (Pitcher), Schöpfkellen und Platten. Die Größe der Gefäße reichte von Miniaturen bis zu großen Krügen, sog. Ollas, von denen einige bis zu 95 l und mehr fassen konnten. Die Hohokam dekorierten ihre Töpfe mit einer Vielzahl von Mustern, viele von ihnen waren geometrisch, aber auch die Darstellung von Tieren und Menschen war weit verbreitet.

Beim Aufbau der zeitlichen Chronologie der Hohokam-Kulturabfolge haben die Archäologen öfter über jeden Wechsel im Töpfereistil gestritten. Die Wechsel im Hohokam-Töpfereistil waren meist am Dekor (d.i. Farbe der Bemalung und Untergrund) zu erkennen, obwohl einige Wechsel auch im Fertigungsprozess begründet waren. Die Stilbestimmung dient nicht nur zeitlichen Einordnungen, sondern auch den Nachweisen von Interaktionen.

Die Redware Keramik wurde erstmals etwas nach 400 u.Z. produziert und die erste bemalte Töpferware, die red-on-gray Keramik (Vorgänger von red-on-buff), wurde ab 650 u.Z. hergestellt. Ab der Colonial Period (ca. 750 u.Z.) schufen die Hohokam wunderbar bemalte Gefäße. Die Gefäße waren mit roten Malstrichen auf dem lederfarbenen Grund geschmückt worden oder mit einem leichten Tonüberzug (Slip) versehen. Die Colonial Period red-on-buff Keramik war handwerklich ausgezeichnet und künstlerisch mit einer Myriade von geometrischen Mustern und mit Darstellungen von Menschen, Säugetieren, Reptilien, Fischen, Vögeln und auch Blumen geschmückt worden.

Die Töpfe der späten Pionierzeit und die der Colonial Period wiesen auch eine Reihe von eingravierten, parallel umlaufenden Rillen an der Außenseite oberhalb der gemalten Muster auf. Die Colonial Period Töpferei, die in den Hohokam-Fundstätten, einschließlich Pueblo Grande, ausgegraben wurde, ist mit einer Dekoration bemalt, die menschliche Figuren bei verschiedenen Aktivitäten darstellt. Die Menschen halten sich an den Händen und tanzen, bucklige Figuren mit Tragriemen über ihrer Stirn tragen Lastkörbe auf ihrem Rücken, mit Federn geschmückte bucklige Flötenspieler, die wahrscheinlich den mythischen Kokopeli darstellen, spielen Musik und andere Menschen halten Pfeil und Bogen, die auf Tiere wie das BighornSchaf oder Rotwild gerichtet sind. All das war meisterhaft mit roten Linien auf den lederfarbenen Untergrund der Töpfe gemalt. Auf anderen Gefäßen sind Wesen aus der natürlichen Umwelt der Hohokam dargestellt. Alle waren von den Töpferinnen in einer fließenden Bewegung widergegeben worden. Fischschwärme schwebten, Hunde oder Coyoten standen mit sprungbereit erhobenen Köpfen, aufgerollte Klapperschlangen waren bereit zuzustoßen, Schildkröten krochen, Vogelscharen flogen und Wasservögel hielten Fische in ihrem Schnabel.

Während der Sesshaftigkeitsperiode (ca. 900 bis 1150 u.Z.) wurden sehr große Mengen von Gefäßen hergestellt, was einen Anstieg ihrer rituellen Wichtigkeit quantitativ belegt. In dieser Zeit wurden auch verstärkt Ballspielplätze gebaut und Plattformmounds erlangten allmählich ein spirituell spürbares Gewicht. Im 12. Jahrhundert verschlechterte sich die Qualität der Hohokam red-on-buff Töpferei spürbar und es wird ein Abfall in der langen Keramiktradition sichtbar. Seit dieser Zeit entwickelten die Hohokam TöpferInnen ihre Geschicklichkeit in der Herstellung von polierter redware Keramik in den Varietäten von angenehmen Formen und Größen. Redware Gefäße waren speziell bevorzugt als Urnen oder Aschegefäße. Sie wurden zwischen den Dörfern weitergegeben. In der klassischen Periode wurde die traditionelle Red-on-Buff Keramik seltener und die Dekors änderten sich radikal. Es ist eine starke Veränderung in der Ikonographie von gegenständlichen Mustern zu geometrischen zu verzeichnen. Auch die künstlerische Fertigung und Gestaltung von Steingefäßen und Paletten verflachte. Offensichtlich waren die spirituellen Vorstellungen der Hohokam und ihre rituell-künstlerischen Bearbeitungen in eine inhaltliche Krise oder Veränderung geraten und fanden deshalb nicht mehr zu ihrer früheren starken Ausdruckskraft. Die Übernahme von spirituellen Anregungen und künstlerischen Ausdrucks- und Arbeitsweisen aus dem von den Hohokam geräumten Tonto Becken, wo sich ab 1150 /1200 u.Z. die Salado-Kultur mit starken Einflüssen aus dem nördlichen Anasazi-Gebiet und dem östlichen Mogollon-Gebiet entwickelte, ist deshalb eine verständliche Konsequenz für die Hohokam. In der klassischen Periode taucht ab 1300 u.Z. in den Hohokam-Stätten eine relativ große Menge von polychromen Gefäßen (schwarze, weiße und rote Farben) aus der Salado-Kultur des östlichen Tonto-Becken auf, was auf entsprechende Interaktionen mit den Menschen dieses Kulturgebietes und auch auf ideelle Übernahmen durch die Hohokam hindeutet. Dieser Wechsel im Töpfereistil korrespondiert mit einer allgemeinen Veränderung in der Hohokam-Kultur während der klassischen Periode.

3.1.7.4. Schmuck, Ritualgegenstände

Wie bei den Werkzeugen dominieren auch bei den spirituell-rituell inspirierten Artefakten jene, die aus „unzerstörbarem“ Material gefertigt worden waren. Dem entsprechend einseitig ist das aufzeigbare Bild über das Spektrum solcher Gegenstände, die aus Stein, Knochen, Molluskenschalen und Keramik bestehen. Gegenstände aus Holz, Fasern, Federn und Haut/Leder waren sicher auch vorhanden, sind aber nur in Ausnahmen nachzuweisen.

Ein geeignetes Steinmaterial zur Herstellung von Ringen, Auflagen, Nasen- und Lippenstöpseln und Figuren war oft Argillit, ein roter, weicher und gut zu bearbeitender Tonschiefer. Drei bekannte Argillit-Rohstoffquellen für das Salt-Gila-Becken waren das Upper Verde Valley, das Upper Tonto Becken und eventuell das Tucson Becken. Weitere wichtige Materialien waren Serpentinit und Glimmer. Der im Hohokam-Gebiet nicht vorkommende Türkis war ebenfalls eine sehr geschätzte Steinart, die zu Perlen, Anhängern und Mosaik-Stücken verarbeitet wurde. Die in Pueblo Grande gefundenen Türkise kamen aus mindestens fünf verschiedenen Quellen von Ost-Arizona und New Mexico. In Snaketown (Gila River) wurden auch Türkise aus Südkalifornien gefunden.

Gleichfalls aus Stein (z.B. Schiefer, Basalt) wurden auch Figuren, Figurinen, Gefäße und skulpturierte Gefäße hergestellt. Hervorzuheben sind Räuchergefäße (aus Grundstein) und Paletten (aus Schiefer). Alle hier genannten plastischen Gestaltungen haben auch die entsprechenden keramischen Pendants.

Neben den genannten Steingegenständen waren solche aus Molluskenschalen wesentlich. Die Hohokam waren Meister in der Schmuckherstellung aus marinen Molluskenschalen. Solcher Schmuck wurde auch den Toten mitgegeben, was darauf schließen lässt, dass es sein persönliches, eventuell spirituell bedeutendes Eigentum war.

Für die Schmuckherstellung wurden die Schalen von mehr als 30 Molluskenarten – sowohl Warmwassermuscheln aus dem Golf von Kalifornien als auch Kaltwassermuscheln von der Pazifikküste – verwendet. Die am meisten genutzten Arten waren die Glycymeris gigantea, Laevicardium, Olivella dama, Pectin und Conus. In Pueblo Grande wurden bei den Ausgrabungen Tausende von Schalenschmuckstücken gefunden. Obwohl einige von ihnen sicher vor Ort gefertigt worden waren, gibt es keinen Beleg dafür, dass dieser Standort eine nennenswertes Produktionsstätte dieser Schmuckart war. Wer fertigte dann den Schmuck?

Die Hohokam nutzten verschiedene Techniken oder Produktionsverfahren für die Herstellung von Schalenschmuck (shell jewelry). Eine Technik war das Ätzen. Große Schalen (meist Laevicardium) wurden mit einer abdeckenden (meist Erdpech- oder Harz-) Schutzschicht in der Gestalt eines geometrischen Musters oder eines Tieres versehen und dann in die schwach saure Flüssigkeit vergorener Früchte des Saguaro-Kaktus eingetaucht. Die nicht abgedeckten Flächen der Muschelschale wurden von der Säure abgeätzt, während die geschützten Bereiche nach der Entfernung der Schutzschicht erhaben stehen geblieben waren. Oft wurde die Schale dann noch mit roten, grünen oder blauen Farben bemalt.

Durch Ausschneiden und Abmahlen/Abreiben/Abschleifen von Schale an Schale oder Schale an Stein wurden Perlen, Ringe, Halsschmuck, Anhänger, Klimperer (kleine glockenähnliche Objekte aus marinen Muscheln) und Tierfiguren (speziell Frösche, Eidechsen und Vögel) hergestellt. Kleine Muscheln und/oder Schneckengehäuse wurden durchbohrt und aufgefädelt als Halsketten und Anhänger genutzt. Hervorzuheben ist auch die Gestaltung von Schalen durch entsprechend zugeschliffene und aufgeklebte kleine Türkisstücke zu Mosaikschmuckstücken.

Aus Knochen und Schildkrötenpanzern wurden Musik- bzw. Rhythmusinstrumente wie Raspeln, Flöten/Pfeifen (aus Vogelknochen) und Rasseln gefertigt.

Außer der Herstellung von Gefäßen unterschiedlichster Art war ein spirituell wichtiger Zweig der Keramikherstellung die Anfertigung von Figuren und Figurinen aus gebranntem Ton. Die ersten Keramikfiguren im Südwesten wurden bereits in der Desert Archaic Period um 800 v.d.Z. hergestellt. Hier bieten sich Analogien zu den mesoamerikanischen weiblichen Figurinen der formativen Periode an, die dort mit bodenbauerischen Fruchtbarkeitsritualen in Verbindung gebracht wurden, für die aber im Südwesten wahrscheinlich (?) noch die entsprechenden Grundlagen fehlten. Die Hohokam-Figuren stellten sowohl Menschen als auch Tiere dar.

Anthropomorphe Figuren, sowohl männliche als auch weibliche, wurden in vielen Formen hergestellt und zeigten wichtige Details über die Hohokam-Menschen. Die Figurinen hatten oft Körperverzierungen wie Körperbemalung und zeigten Kleidungsstile, die die zeitgenössischen Hohokam-Menschen widerspiegelten. Andere Figurinen trugen anscheinend am Arm und der Schulter Polster und können Hohokam-Ballspieler dargestellt haben. Zoomorphe Figuren stellten Tiere dar, die auch in der Hohokam-Umwelt existierten wie Hunde, Bergschafe und Rotwild. Ein Versteck/Hort von sieben Keramikhundefiguren aus der Sesshaftigkeitsperiode (900 bis 1150 u.Z.) wurde in einem Grubenhausfußboden in Pueblo Grande gefunden. Diese Menschen- und Tierfiguren waren ein künstlerischer Ausdruck spiritueller oder zeremonieller Bedürfnisse.

Zu erwähnen ist hier noch, dass bestimmte Tongestaltungen auch als Steinarbeiten auftraten wie z.B. Paletten, einfache Schalen sowie figurative Räuchergefäße. Sogar die Kupferschellen hatten offensichtlich nachgeahmte keramische Pendants. Über mögliche keramische Perlen gibt es keine Hinweise.

Spezielle hölzerne Artefakte sind Holzstöcke oder -stäbe, die u.a. in Pueblo Grande in Verbindung mit der Bestattung männlicher oder weiblicher Leichen gefunden wurden. Drei von diesen Stäben waren blau bemalt und stellten wahrscheinlich eine Art von Abzeichen oder Statusmarke dar.

 

Bei den rituell wichtigen Objekten müssen noch zwei erwähnt werden, auch wenn sie nichts mit den handwerklich-gestalterischen Fähigkeiten der Hohokam zu tun haben. Dies sind aus Mesoamerika stammende Kupferschellen, medial ständig erwähnt, aber insgesamt nur in so geringer Anzahl gefunden, dass ihre Apostrophierung als ein wichtiges Handelsgut absolut gegenstandslos ist. In der Großsiedlung Pueblo Grande wurde bei 1000 freigelegten Bestattungen nur eine einzige Kupferschelle in einem Abfallhaufen, nicht in einer Bestattung gefunden. In der Stätte Snaketown wurde im Boden eines Grubenhauses eine Schnur mit 28 Kupferschellen (aus der Zeit von 900 bis 1150 u.Z.) gefunden. Als zweites wichtiges Importobjekt werden Papageien genannt. Auch sie spielten wahrscheinlich nur in der frühen Hohokamzeit vereinzelt eine Rolle als Schamanenvogel. Es gibt aber keine Belege für eine gewichtige Rolle im Kult wie bei den Menschen im Casas Grandes Bereich ab 1200 u.Z. Beide Objekte sind also für die Hohokam-Kultur insgesamt absolut nebensächlich. Das gleiche ist auch für die oft erwähnte Nutzung von Papageienfedern zu vermuten.

Spirituell und gegebenenfalls auch rituell wichtig sind zeichnerische Darstellungen der Hohokam auf Felswänden und entsprechenden Flächen einzelner Felsblöcke. Sie schufen ein breites Spektrum von Felszeichnungen (Petroglyphe = eingepickerte Bilder und Piktographe = aufgemalte Bilder). Petroglyphen sind die am weitesten verbreiteten Hohokam-Felsbilder. Piktographe verwittern an ungeschützten Stellen sehr schnell. Aus diesem Grund wurde auch nur eine geringe Anzahl von Hohokam-Piktographen gefunden. Alle Gebirgszüge rund um das Salt River Valley tragen Hohokam-Petroglyphen, speziell die South Mountains, die 6,5 km südlich von Pueblo Grande liegen. Hohokam-Petroglyphen gibt es auch in den McDowell Mountains, den Superstition Mountains, den White Tank Mountains und in den Phoenix Mountains.

Die Hohokam nutzten eine breite Varietät von Bildern und Zeichen in ihrer Felskunst, sowohl geometrische als auch repräsentative. Viele von ihnen erschienen auch schon auf der red-on-buff Keramik. Die geometrischen Zeichen umfassen Kreise, Spiralen, Kreuze, Meanderlinien und andere Elemente. Repräsentationsbilder umfassen Tiere, Vögel, Schlangen und Menschen. Viele der Menschen-Petroglyphen stellen Bewegungsaktivitäten dar wie Tanz, Flötenspiel oder Jagd. Geometrische und repräsentative Bilder wurden oft zusammen gefunden und machten die Szenen auf eine spezielle Art präsent. Einige Menschen halten Objekte in ihren Händen und tragen Haarschmuck/Kopfschmuck.

Über die Bedeutung und den Zweck der Felszeichnungen wurde viel diskutiert und gestritten. Der Hohokam-Felskunst wird eine mnemotechnische Bedeutung unterstellt (die Erinnerung unterstützend), um Ereignisse ähnlich den Pima-Kalenderstöcken aufzuzeichnen. Einige Felskunstdarstellungen könnten Clan- oder Totemsymbole, Pfadmarkierungen, Grenzmarkierungen oder Territorialzeichen sein. Meist sind sie eine Art von zeremonieller oder religiöser Darstellung. Petroglyphen und Piktographe können heilige Orte gekennzeichnet haben und wurden eventuell als Teil eines schamanistischen Rituals geschaffen so wie eine Heilungszeremonie oder Visionssuche. Einige der Menschen, Vögel und Tiere, die in der Hohokam-Felskunst eingeschlagen/eingepickert wurden, spielen auch in der Pima-Mythologie eine herausragende Rolle.

Die Hohokam-Felskunst erforderte für ihre Herstellung oft einen erheblichen Aufwand an Zeit und Energie und einige Wandbilder der Felskunst sind in praktisch unzugänglichen Gebieten hoch an Cliffwänden oder in Höhlen angebracht worden. Dieser Aufwand belegt die große Bedeutung der Felskunst für die Hohokam.