Die Pueblo-Kulturen

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3.1.6.3. Die Wasserreservoire

Hohokam-Menschen erbauten und nutzten auch Wasserreservoire. Neben kleinen Anlagen im Bereich der riverinen Niederlassungen - teilweise mit Kanalanschluss - wurden auch große Reservoire in den flussfernen Trockengebieten angelegt. Der Kenntnisnahme und der wissenschaftlichen Erkundung letzterer wird aber erst in jüngerer Zeit verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl der Sachverhalt der Existenz solcher Anlagen bereits sehr lange bekannt ist, aber Archäologen haben auch nur begrenzte finanzielle Mittel zur Erfüllung ihrer wissenschaftlichen Neugier.

Diese ganzjährig Wasser liefernden Reservoire waren die primäre Lebensbasis für die Errichtung und den Erhalt von dauerhaften Niederlassungen mit Feldern und Bodenbauaktivitäten. Diese Dörfer stellten praktisch Oasen im Trockengebiet dar. Ein Teil dieser Oasendörfer – große Niederlassungen mit Plattformmounds, zahlreichen Adobe-Behausungen, Abfallhaufen und ausgedehnten bodenbauerisch genutzten Flächen – entstand nach 1100 u.Z. und belegt den Drang oder Zwang, bis dato marginale Flächen dem Bodenbau zu erschließen. Solche Anlagen und Siedlungen lagen im Wüstenbereich zwischen dem Tucson- und dem Phoenix-Becken sowie im Bereich des Santa Rosa Wash.

Es gab jedoch im Bereich des Organ Pipe National Monument bereits ältere, aber offensichtlich nur temporär genutzte kleine Niederlassungen aus der Zeit von 775 bis 975 u.Z., die als Camps auf einer Hohokam-Beschaffungsroute für Muschelschalen von der Küste des Golfes von Kalifornien interpretiert wurden. In diesen Campstätten wurde Red-on-Buff Keramik aus dem Phoenix-Becken gefunden. Diese Niederlassungen wurden wahrscheinlich sukzessiv permanent bewohnt und erfuhren in der Klassischen Periode (1150 bis 1400 u.Z.) eine Zunahme der Bevölkerungsanzahl und eine größere Veränderung im Hohokam Niederlassungsmuster. Es entstanden größere Gemeinschaften. Eine dieser Hohokam-Gemeinden bestand z.B. aus einer Dorfanlage, die mit dem Reservoir, den Abfallhügeln, den Röstgruben und den Grubenhäusern (Haus in der Grube) eine Fläche von 105 ha bedeckte. Dieses Dorf wurde von einer Anzahl von kleineren Dörfern umgeben, von denen eines einen Kanal hatte, zu dessen möglicher Funktion keine Aussage vorliegt. Im Gegensatz zu Hohokam-Standorten der klassischen Zeit in anderen Bereichen gibt es in der Organ Pipe Region keine Beweise für übertägige Adobebauwerke, Plattformmounds oder Compounds. Während der klassischen Zeit erloschen die Interaktionen dieser Dörfer mit dem Phoenix-Becken und die Verbindungen zum Tuscon-Becken verstärkten sich.

Es ist anzunehmen (Aussagen liegen dazu nicht vor!), dass die ersten Oasennutzungen durch die Hohokam an natürlichen Bodeneinsenkungen entstanden, die durch wasserführende Schichten permanent mit Wasser versorgt wurden, wobei der Wasserspiegel entsprechend der Verdunstung und dem Grundwasserzustrom schwankte. Das Vorhandensein von aquatischer Fauna und von Pollen spezieller Pflanzen wasserreicher Gebiete deuten an, dass diese Teiche oder kleinen Seen Rückstandsräume wasserreicherer Zeiten waren. Die Nutzung dieser Orte durch schweifende Menschengruppen ist eine natürliche Erscheinung. Dass solche Orte von den erd- und wasserbauerfahrenen Hohokam eventuell technisch erweitert oder gestaltet wurden und, initiiert von solchen natürlichen Oasenräumen, an günstigen Orten neue Einsenkungen bis zu erreichbaren wasserführenden Schichten einschließlich von Erfassungsanlagen zum Auffangen von abfließendem Oberflächenwasser gegraben wurden, ist dann nur eine logische Schlussfolgerung. Die Anlage der Dämme ist im Wesentlichen nur eine Aufhäufung des ausgehobenen Erdmaterials. Inwieweit wenigstens der Dammfuß aus wasserstauendem bindigen Boden bestand oder eine solche Außenschicht als Versickerungsschutz bekommen hatte, ist mangels konkreter Angaben nicht zu beantworten. Die Dämme und ihr wahrscheinlich geförderter Bewuchs haben aber sicher als Windschutz dämpfend auf die windgeförderte Verdunstung gewirkt. Reservoire, die nur vom aufgefangenen Oberflächenwasser hätten existieren wollen, wären unter den Bedingungen der Sonora-Wüste ohne Grundwasserzufluss nicht ganzjährig wirksam gewesen. Die Nutzung wie auch der Bau und die Erweiterung solcher wasserspendenden Anlagen lag im Erfahrungsschatz der Hohokam. Die Tiefe und das Volumen einer solchen Anlage, die Wasserergiebigkeit und die Nutzungsmöglichkeiten des Wassers hingen ganz von den konkreten geologisch-hydrologischen und topographischen Bedingungen ab.

3.1.6.4. Die Ballspielplätze (750/775 bis 1150/1250 u.Z.)

Ein Kennzeichen der Hohokam-Kultur sind spezielle Erdbauanlagen: eingetiefte Zeremonialplazas. Sie bestanden aus einer eingemuldeten ovalen bis elliptischen Fläche, deren Erdaushubmassen – analog dem Kanalbau – zu mehr oder minder hohen flachen seitlichen Begrenzungswällen aufgehäuft wurden, die sich an den „spitzen“ Enden des Ovals aber nicht berührten. Im Gebiet zwischen Tucson und Flagstaff wurden bis jetzt mehr als 250 solcher Anlagen in 160 größeren Wohnstandorten entdeckt. 40% der gefundenen und als „Ballspielplätze“ bezeichneten Anlagen liegen im Phoenixbecken. Diese Plätze sind aber über das gesamte Hohokam-Gebiet verteilt. Davon sind bis jetzt nur wenige ausgegraben und erforscht worden. Die Gesamtzahl liegt aber noch höher, da z.B. die entsprechenden – mindestens 8 – Anlagen aus dem nördlichsten zeitweise von den Hohokam bewohnten Gebieten im Wupatki-Becken hier noch nicht mit erfasst wurden. Im Wupatki-Becken wurden Ballspielplätze erst nach 1070 u.Z. von den eingewanderten Hohokam errichtet, deren Nutzung spätestens bis 1300 u.Z. mit dem Verlassen dieser Niederlassungen eingestellt wurde. An Hand der wenigen erforschten Anlagen dieser Art ergeben sich folgende Aussagen:

Ca. 206 Ballspielplätze wurden hauptsächlich zwischen 750 und 1000 u.Z. benutzt. Zwischen 1150 und 1250 u.Z. erlosch die rituelle und säkulare Rolle dieser Plätze und die Aktivitäten auf ihnen und in ihrer Umgebung erloschen ebenfalls. Eine Ausnahme stellt nur die relativ isolierte, nördlichste Gruppe von Ballspielplätzen im Bereich von Wupatki auf dem Colorado Plateau dar. Im Süden wurden nach 1250 u.Z. wahrscheinlich keine Ballspielplätze mehr gebaut. Die Konzentration der Ballspielplätze lag im Phoenix- und im Tucson-Becken.

Die meisten hatten eine Umwallung aus Erdstoffen, es gab aber auch Umwallungen aus Gesteinsbrocken, die an den Außenseiten der Aufwallung mauerartig gestapelt waren (z.B. in der Rock Ball Court Site) und auch wenigstens eine Anlage (in Wupatki), deren Umfassung aus einem Gesteinsmauerring mit Erdhinterfüllung bestand. Der einzige im Mogollon-Gebiet errichtete Hohokam-Ballspielplatz aus der Zeit zwischen 1000 und 1150 u.Z. befindet sich in der Stove Canyon Site in der Nähe des Point of Pines Pueblos und war durch eine große ovale Eintiefung gekennzeichnet, die von einer größeren Anzahl von großen Basaltblöcken umgeben war. Die Längsachse des Platzes hatte eine grundsätzliche Nord-Süd-Orientierung. Die Eintiefung beträgt ca. 0,5 m unter die ursprüngliche Erdoberfläche. Der Boden der Eintiefung besteht aus geglättetem weißgelbem Lavazersatz des weichen, verwitterten oberen Teils eines natürlichen Felsuntergrundes. Die Grabarbeit war für die Erbauer kein nennenswertes Problem, ihre Grubenhäuser waren auch in diese Schicht eingetieft worden. Alle Umgebungsartefakte deuten auf einen starken Hohokam-Einfluss. Es ist anzunehmen, dass die Verwendung dieser unterschiedlichen Materialien keiner speziellen Idee, sondern einer Anpassung an die lokalen geologischen Bedingungen und/oder traditionellen Baumethoden mit Steineinsatz geschuldet war.

Die Spielfläche der „Ballspielplätze“ war geglättet, mit Caliche überzogen/versiegelt (ggf. bis in die Caliche-Schicht gegraben) und stellte eine flache, symmetrische, konkave, schüsselförmige Muldenoberfläche dar, die sich leicht aufwärts zu den Kanten des Platzes hinaufzog und dann relativ steil an den Aufschüttungen anstieg. An jedem Ende des „Ballspielplatzes“ waren sich verengende Öffnungen in der Umwallung freigelassen, die als „Tore“ gedient haben könnten, in die die Spieler möglicherweise die Gummi- oder Steinbälle zu platzieren hatten, oder als eine flache Rampe, durch die die RitualteilnehmerInnen den Innenraum betraten. Im nordwestlichen Ballspielplatz von Pueblo Grande waren Steinmarken in den Boden ungefähr in der Mitte des Platzes vor den möglichen „Toren“ eingelassen, um evtl. mögliche Spielzonen (?) zu markieren. Es gab aber auch ein Beispiel mit einer Markierung aus aufrecht stehenden Pfosten.

Die Hohokam-Ballspielplätze waren unterschiedlich in ihrer Größe und hatten eine durchschnittliche Länge von 24,5 bis 35 m und eine Breite von 15 m. Die Aufwallungen waren meist bis 3 m hoch. Die Vertiefungen erreichten im Maximum 2,44 bis 3,66 m, die geglättete Freifläche des Platzes lag bei 630 bis 840 m². Der größte aufgefundene Ballspielplatz liegt in Snaketown, 32 km südlich von Pueblo Grande. Er hat die Form einer ovalen Schüssel, geformt von zwei parallelen Aufschüttungen. Die Erdwälle sind etwa 60 m lang und 33 m weit auseinander. Die Seitenwallhöhe misst 2,5 m. Die Seitendämme trafen sich nicht an den Enden, sie liefen am Boden aus. Die eigentliche Spielfläche wies eine Länge von 55 m und eine Breite von 19 m (= 1045 m²) auf. In Snaketown wurden Gummibälle ähnlich denen von Mesoamerika gefunden, allerdings nicht im Kontext des Ballspielplatzes.

Unstrittig ist im Allgemeinen, dass diese Orte von lokaler und überregionaler spiritueller Bedeutung waren und sakralen und gegebenenfalls auch säkularen Zeremonien und Aufgaben dienten. Die von Mesoamerika und durch zweifellos vorhandene materielle und ideelle Kontakte der Hohokam nach Mesomerika inspirierte archäologische Bezeichnung „Ballspielplatz“ ist als Absolutum in den Literaturquellen festgeschrieben und in weiteren Ausarbeitungen sprachlich wegen seiner Knappheit kaum noch zu vermeiden. Die Bezeichnung „Ballspielplatz“ ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine extreme Verknappung nur einer möglichen ursprünglichen Funktion, wenn nicht gar eine Fehlinterpretation dieser Anlage. Trotzdem wird im Weiteren - mangels einer besseren Bezeichnung - mit diesem Begriff gearbeitet werden.

 

Die ursprüngliche Bautechnologie ist meistens analog den Arbeitsgängen beim Kanalbau. (In Wupatki, wo der Ballspielplatz erst zwischen 1120 und 1200 u.Z., also gegen Ende der Ära des Baues und der Nutzung dieser Anlagen, entstand, ist dies aber nicht der Fall. Hier wirkte offensichtlich der Einfluss der Anasazi mit der Errichtung von Steinmauern beim Pueblobau.) Diese Bauweise würde die Anlage primär als eine spirituell umgewandelte, spezifische Form eines Kanals oder als eines Wasserreservoires/Brunnen darstellen. Selbst die Interpretation dieser Anlagenform als eine Erdvulva, die die befruchtende Himmelsflüssigkeit in ihrer wasserdichten Einmuldung auffängt und für eine bestimmte Zeit entsprechend der vorhandenen Wassermenge und den Verdunstungsbedingungen aufbewahrt, hat angesichts der zur „Geburtsstunde“ (ab 750/775 u.Z.) dieser Anlagen sicher noch bestehenden starken weibbezogenen Spiritualität eine gewisse Plausibilität. Es gab auch die - allerdings strikt abgelehnte - Bezeichnung „Badeanstalt“ für die bauliche Anlage. Ob die gefundenen „Spielfeldmarkierungen“ (in den verputzten Boden eingelassene Steine) für die direkte Durchführung einer Zeremonie oder als eine Marke für einen niederschlagsabhängigen Wasserstand in der Mulde dienten, ist nur spekulativ zu beantworten. Als sicher ist anzunehmen, dass die auf dem „Ballspielplatz“ zu bestimmten Terminen, die durch astronomische und/oder klimatische Ereignisse bestimmt wurden, von Weibern und/oder Männern durchgeführten Zeremonien im Wesentlichen der Fruchtbarkeit und dem Wasser galten. Es ist auch zu vermuten, dass sich der Charakter der dort vollzogenen Zeremonien und/oder die natürlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen im Laufe der Jahrhunderte so veränderten, dass diese Anlagen im Zeitraum 1150/1250 u.Z. - nach knapp 500 Jahren - ihre spirituelle und soziale Bedeutung verloren und nicht mehr genutzt wurden. Dies deutet auf einen Wandel in der Spiritualität und in der Zeremonialität, verbunden mit gesellschaftlichen Veränderungen hin (Patriarchalisierung, Hierarchisierung?). Die gesellschaftliche Rolle der Ballspielplätze wurde durch die, wenigstens teilweise mit Adobebauten bestückten, Plattformmounds ersetzt. Die Anzahl dieser Mounds war – allerdings auch durch die Reduzierung der Anzahl der Niederlassungsplätze - weit geringer als die der Ballspielplätze.

Dieser Übergang ist bei der großen Stätte Pueblo Grande im Phoenix Bereich gut zu erkennen. Der nordwestliche Ballspielplatz von Pueblo Grande ist der einzige freigelegte dieser Stätte, die wahrscheinlich 2 bis 3 solcher Anlagen enthielt. Der größte Ballspielplatz wurde während der Siedlungsentstehung/-ausbreitung des heutigen Phoenix überbauend zerstört. Der nordwestliche Ballspielplatz wurde um 950/1000 u.Z. erbaut, ist relativ klein (25 x 11,5 m) und hat eine Nord-Süd-Orientierung. Um 1100 u.Z. gab es zwei kleine Mounds ca. 200 m südlich des Ballspielplatzes, die später - um 1200 u.Z. - durch Überbauung in dem großen Plattformmound von Pueblo Grande aufgegangen sind. Um 1200 u.Z. wurde der Ballspielplatz aufgegeben und nur noch als Abfallplatz genutzt. Der große, rechteckige Mound wurde zum Zentrum der Siedlung, die im Durchmesser 1,6 km maß.

Dass bei zeremonialen Tänzen und Spielen auf diesen „Ballspielplätzen“ gegebenenfalls auch Kugeln aus Stein und/oder einer gummiartigen Substanz verwendet wurden (vereinzelt wurden solche – allerdings nicht im Kontext der Ballspielplätze – von den Archäologen gefunden), ist durchaus möglich, aber kein Grund, diese Hohokam-Zeremonialfläche mit einem hypnothisierten Blick auf eindeutige Ballspielplätze der Maya und anderer mesoamerikanischer Völker ebenfalls als Ballspielplatz zu apostrophieren, obwohl einige bildliche Darstellungen der Hohokam (Figurinen, menschliche Figuren aus der Keramikmalerei und aus der Felskunst) Ähnlichkeiten mit mesoamerikanischen Ballspielern aufweisen. Diese formale Ausstattungsähnlichkeit muss aber keinesfalls zwangsläufig auf einen Hohokam-Ballspieler hinweisen. Dagegen hat der eigentliche „Ballspielplatz“ der Hohokam architektonisch – bis auf den Sachverhalt einer speziell markierten Zeremonialfläche - nichts mit einem mesoamerikanischen Pendant gemein. Vieles spricht dafür, dass die Hohokam „ihren Ballspielplatz“ nach eigenen Vorstellungen und nicht mesoamerikanische Beispiele nachahmend aufbauten und nutzten. Man kann diese Anlage von ihrer spirituellen Bedeutung her vielleicht mit den Kivas der Anasazi vergleichen, da sonst für diese Zeit keine speziellen, erkennbaren Zeremonialräume nachgewiesen werden konnten. Nur einige sehr große Grubenhäuser wurden als solche interpretiert.

Die mesoamerikanischen Formen werden dagegen bei den Ballspielplätzen der Casas Grandes Mogollon (errichtet um bzw. nach 1200/1250 u.Z.) angetroffen. Diese Plätze wurden aber erst gebaut, nachdem bei den Hohokam die „Ballspielplätze“ „aus der Mode gekommen“ waren. Indizien sind gut, aber deren Verknüpfung oft spekulativ. Es ist hier nicht die Stelle, den vielfältigen Spekulationen und Beschreibungen über die eventuelle mögliche Nutzung der Hohokam-Ballspielplätze nachzugehen.

Die Größe der Anlage und das dort investierte Arbeitsvermögen lässt auf eine – offensichtlich den Bedürfnissen entsprechende – überkommunale Aktivität bei Bau und Nutzung schließen, die die Integration dieser Menschen förderte und Kontrollmöglichkeiten für die Sicherung der Lebensgrundlagen der beteiligten Gemeinden und Menschen schuf. Die Ballspielplätze sind ein gemeinschaftlicher Kommunikationsknotenpunkt für Spiritualität und Wirtschaft. Die Orte mit Ballspielplätzen hatten offensichtlich eine zentrale Rolle im Niederlassungsgeflecht. Es gab auch Ortschaften mit mehr als einem Ballspielplatz. Die meisten hatte das Dorf Buena Vista mit fünf solchen Plätzen. Wenn in einem Niederlassungsbereich mehrere genutzte Ballspielplätze bestanden, dann deutet dies gegebenenfalls auf die Aktivität und Wirksamkeit unterschiedlicher Zeremonialgruppen/Schwesternschaften/Bruderschaften/Bünde.

Ungefähr im 13. Jahrhundert hörten die Hohokam auf, Ballspielplätze zu bauen und zu nutzen. An ihre Stelle traten im eingeschränkten Maße (weniger Mounds als Ballspielplätze) die Plattformmounds, teilweise mit Adobepueblobauten. Dies deutete auf spürbare Veränderungen im Sozialsystem der Hohokam, einige sehen darin auch das Ergebnis einer Reduzierung der Kontakte zu Mesoamerika, andere einen Einfluss der Salado-Kultur.

3.1.6.5. Die Plattform-Erdmounds (ab ca. 800 bis 1400/1450 u.Z.)

Zwischen 700 und 750 u.Z. wurden in den Hohokam-Niederlassungen entstandene Abfallhaufen mit Sand oder mit einer Schlammschicht abgedeckt/versiegelt. Diese bautechnisch „veredelten“/verbesserten Hügel wurden zur Keimzelle der späteren Plattformmounds (im Wesentlichen in der klassischen Periode). Um 750/775 u.Z. entstanden die frühesten Plattformmounds - vorerst einfache Anhäufungen, manchmal auch gestaltete Abfallhaufen, die mit einer Caliche-Schicht überdeckt/versiegelt worden waren. Diese Aufhäufungen wurden formalisiert und begannen, einen spezifischen Platz/Rolle innerhalb der Siedlung in der Nähe des Kanals einzunehmen. Alle Vorläufer der Mounds aus der Klassikzeit sind entsprechend den sie erbauenden und/oder gestaltenden Siedlungsgemeinschaften entlang von Flussläufen bzw. Kanälen gefunden worden.

Die Plattformmounds waren normalerweise 0,9 bis 3,0 m hohe rechteckige Bauwerke mit calicheverputzter flacher Oberfläche, geneigten Seiten und einer Grundfläche von einigen 10 bis einigen 100 m². Die Mounds trugen in der vorklassischen Zeit offensichtlich ein Gebäude nach Hohokam-Art aus Pfosten und Buschwerk mit Schlammverputz, einen „Tempel“. Die Moundoberflächen können (auch) als Tanz- oder Zeremonialflächen gedient haben.

Die frühen Abfallhaufen als künstliche Erhebungen gaben den Menschen in der sehr ebenen Gegend einen wenn auch geringfügigen Hochstand und gestatteten damit einen besseren Überblick über die umliegende Landschaft. Durch ihre prominente Oberflächenlage boten sie auch bei einer weitreichenden, schweren Überschwemmung einen attraktiven trockenen Platz, der durch die Caliche-oder Steinumwandung stabilisiert wurde. Viele Wissenschaftler glauben aber, dass die Idee der Plattform-Mounds von Mexiko nach dem Norden kam. Die ersten Mounds erschienen annähernd zur gleichen Zeit wie die „Ballspielplätze“. Dieser Sachverhalt lässt darauf schließen, dass bei der Entstehung der frühen Mounds spirituell-zeremonielle Gründe wahrscheinlich keine nennenswerte Rolle spielten – dafür waren die Ballspielplätze geschaffen worden. Die Anzahl der Ballspielplätze war wesentlich größer als die der Mounds. Zur „Blüte“ der Moundzeit in der Klassischen Periode von 1100/1150 bis 1400/1450 u.Z. war aber auch die Anzahl der Siedlungen gegenüber der früheren „Ballspielplatz-Zeit“ stark zurückgegangen.

Die ersten Mounds hatten ursprünglich einen runden Grundriss. Erst später, mit der bewussten Anlage, bekamen sie einen rechteckigen Grundriss, wurden im Allgemeinen auf 1 bis 3 m aufgehöht und hatten eine Länge bis zu 30 m. Die Endgröße des Mounds wurde – ausgehend von einer ursprünglichen Moundkonfiguration - durch raumzellenartige Anbauten mit Verfüllmassen aus Boden und aus Bauschutt abgerissener Bauten erreicht. Inwieweit die Einbringung von Abrissmaterial in den Mound nur eine pragmatische Verfüllmethode oder auch vor allem eine rituelle Bestattungsform für säkular und/oder spirituell verbrauchte/„gestorbene“ Bauwerke war, ist nur spekulativ zu beantworten. Vereinzelt wurden im Mound auch Bestattungen - wahrscheinlich prominenter (durch Grabbeigaben nicht belegbar!) Personen – vorgenommen.

Der größte bekannte Mound, der von Pueblo Grande, erbaut bzw. endgültig gestaltet zwischen 1150 und 1200 u.Z., ist eine bautechnische Zusammenfassung von zwei früheren Mounds, die um 1100 u.Z. erbaut worden waren.

Der endgültige Mound mit einer Nord-Süd-Ausrichtung wurde zu verschiedenen Zeiten von unterschiedlichen Wissenschaftlern in seinen Ausmaßen eingeschätzt bzw. vermessen. Die Länge schwankt dabei zwischen 70,1 bis 92,4 m, die Breite zwischen 30,5 bis 49,7 m und die Höhe zwischen 2,7 und 7,3 m. Das Volumen wird dem entsprechend zwischen 7.300 und 30.800 m³ angegeben. Soviel nur zur Zuverlässigkeit und Treffsicherheit von wissenschaftlichen Quellen. Zutreffend ist wahrscheinlich eine Grundfläche von 90 x 49 m bei einer Höhe von 7,5 bis 9 m. Das Volumen beträgt ca. 30.000 bis 35.000 m³. Der Arbeitsaufwand für die Errichtung des gesamten Mounds wurde auf ca. 70.000 Personentage eingeschätzt. Ohne die Richtigkeit dieser Angaben zu garantieren, illustrieren sie zumindest annähernd die Größenordnung dieses Hohokam-Bauwerks. Der Mound wurde vollständig durch eine 2 m hohe und 1 m breite Mauer umschlossen. Vom Gesamtbauwerk ist nur die Südhälfte archäologisch untersucht, ausgegraben und rekonstruiert worden.

Die schräge Außenhülle des Mounds von Pueblo Grande bestand aus einer 0,9 bis 1,2 m starken Steinstützmauer. Auch im Innern des Mounds sind Steinwände gefunden worden. Dies ist nicht verwunderlich, da der endgültige Mound u.a. zwei frühere in sich vereint. Es wird aber hierbei nicht von der bekannten mesoamerikanischen Überbauungstechnik ausgegangen, sondern nur einer im Wesentlichen bautechnischen Vereinigung über die Grundfläche. Auf Grund dieses Sachverhaltes wird eingeschätzt, dass ca. 15 bis 20% der Gesamtmasse des Mounds aus Steinen besteht.

Der größere Steinanteil im Pueblo Grande Mound sind ausgehärtete Calichestücke, ein Material, dass sich beim Austrocknen zu einem weichen Stein verhärtet, relativ abriebfest ist und einen grob quaderförmigen Habitus hat. Es gibt mehrere Ausbruch-/Aushubstellen von diesem Material nördlich des Mounds, wo auch für die Restaurierungsarbeiten Material gewonnen wurde. Flusssteine traten nur vereinzelt in den Wänden auf und sind wegen ihrer abgerundeten Form für den Trockenmauerbau ungünstig. Es wurden auch kleine Granitquader und Sandsteinplatten verwendet.

 

Die Füllung des Mounds besteht im Wesentlichen aus einem Lehmmaterial, das sich nach einem wahrscheinlich unverdichteten Einbau durch die Einwirkung von Niederschlägen und allgemeinen menschlichen Aktivitäten verdichtet hat. Nicht näher zu spezifizieren sind die Mengen von eingebautem Bauschutt (Wandmaterial, Verputzmaterial und sogar Dachteile) alter abgerissener Gebäude. Wenn auch einige Materialentnahmegruben entdeckt wurden, so hat Pueblo Grande sicher noch weitere unentdeckte in der Umgebung des Mounds. Mesa Grande hatte z.B. u.a. eine Aushubgrube im Nordosten ihres Mounds in etwa 30 bis 40 m Abstand.

Auf dem im Pueblo Grande Plattformmound aufgegangenen früheren, um 1100 u.Z. entstandenen Süd-Mound standen, mit den Eingängen zueinander, zwei Grubenhäuser. Diese Grubenhäuser können zwei unterschiedliche Verwandtschafts- oder Sozialgruppen repräsentiert haben. Im Laufe der Zeit „wuchsen“ durch Erweiterungen und Überarbeitungen die beiden ursprünglichen Mounds zu einem großen zusammen. Auch dieser wurde periodisch erweitert und modifiziert, bis er seine heute sichtbare Form erreichte. Die auf dem Mound errichteten Bauwerke wurden zu irgendwelchen Zeitpunkten erbaut und auch wieder abgerissen. Gründe für den Bau oder den Abriss und für die Zeitpunkte derselben konnten bisher archäologisch nicht belegt werden. Die Ausgrabungen belegten eine große Anzahl von Räumen, Hofflächen und anderen interessanten architektonischen Erscheinungen. An der Südostecke des Mounds wurde ein astronomisch ausgerichtetes Gebäude freigelegt, bei dem durch den Lichteinfall durch bestimmte Wandöffnungen der Zeitpunkt der Sommersonnenwende erkannt werden konnte. Interessant ist, dass mit einem entsprechend gestalteten Gebäude auf dem Mound von Mesa Grande, dem zweitgrößten der Hohokam, auf der Südseite des Salt River der Zeitpunkt der Wintersonnenwende bestimmt werden konnte. (Dieser Mound hatte eine Länge von 50 m, eine Breite: 33 m und eine Höhe von fast 15 m (?) [unter Einrechnung der Schuttreste des Großhauses?], andere Quellen sprechen von einer Moundgrundfläche von ca. 100 x 50 m und einer Höhe von 8 bis 9 m = 30.000 bis 35.000 m³ Volumen.)

Beim Nordwestviertel des Pueblo Grande Plattformmoundkomplexes wurde eine Gruppe von Adobebauten direkt an die Basis des Mounds gebaut. Einer von diesen Räumen war zwei Etagen hoch. Dieser Irrgarten von Räumen hatte wenige Zutrittsstellen (d.h. Türöffnungen), was den Eindruck erweckt, dass die Bewegung von Menschen durch die Räume und unüberdachten Höfe eingegrenzt/beschränkt war. In diesem Areal freigelegte Artefakte umfassen verschiedene Mineralien und Pigmente, die wahrscheinlich bei zeremoniellen Ritualen genutzt wurden, aber auch Werkzeuge, die man für die Herstellung von Körben und zum Weben von Textilien brauchte.

Diese kurze Beschreibung des größten Hohokam-Plattformmounds soll als verbale Illustration zu diesem Bauwerk aus der Endphase der Hohokam-Kultur dienen.

Es ist festzustellen, dass Ballspielplätze und Mounds seit 750/775 u.Z. bis maximal 1250 u.Z. nebeneinander in der Hohokam-Kultur existierten. Bis zum Beginn der klassischen Zeit um 1150 u.Z. dominierten die Ballspielplätze die Dörfer bzw. die Dorfgemeinschaften. Die spirituelle Rolle der Mounds war im Vergleich zum Ballspielplatz in der vorklassischen Zeit sicher nur marginal und sein Sinngehalt mehr profan. Danach wurden auf Grund gesellschaftlicher Umbrüche die Ballspielplätze aufgelassen und die Mounds erlangten das spirituelle Hauptgewicht.

Um die Plattformmounds im Phoenix-Gebiet wurden in der frühen klassischen Zeit Palisaden errichtet. Palisaden und andere Abgrenzungen sowie Torwege stellen eine formale Begrenzung der Bewegungsmöglichkeiten zwischen den Plattformen der Mounds und den neben den Mounds errichteten rituellen Spezialbauten dar. In der späten klassischen Zeit wurden um den zentralen Plattformbereich einschließlich die mit dem Mound verbundenen und auf der normalen Erdoberfläche errichteten Spezialbauten feste Compound-Adobewände gebaut. Die Moundplattformen, auf der sich während der frühen klassischen Zeit nur wenige Zeremonialbauten befanden, wurden in der späten klassischen Zeit dicht mit Räumen und ummauerten Hofplätzen bebaut.

In Snaketown wurde jedoch ein mit Palisaden umzogener Mound bereits aus der Sacaton Phase (950/975 bis 1150/1175u.Z.) entdeckt. In Las Colinas stand ein Plattformmound aus der Soho Phase (1150/1175 bis 1300 u.Z.). Der Mound war aus einem Anfangsbau von pfostenverstärkten Wänden heraus gebaut/entwickelt worden, die jedoch nur als Stützmauern wirkten. Der Raum zwischen ihnen wurde dann mit Abfall ausgefüllt. Als Abschluss wurde eine Calicheschicht darüber gezogen. Die äußersten Wände waren niedrig, wurden aber nach innen höher, so dass ein flach abfallender Hügel mit einer wahrscheinlich flachen Kuppe entstand. Zumindest in seiner späteren Geschichte wurde der Mound von einer massiven Wand umgeben, sie stand jedoch noch in einem Soho-Kontext. Die Bauwerke auf der Moundfläche waren Wohn- und/oder Zeremonialbauten und von einer Mauer umschlossen. Auch die Bauten in der Umgebung des Mounds waren als Compounds errichtet oder der Mound mit seinen Bauten war das Zentrum eines großen Compounds (siehe Compound A von Casa Grande).

In der klassischen Zeit befanden sich die Hohokam-Niederlassungen hauptsächlich in fünf Bereichen in der Sonora Wüste von Süd- und Zentralarizona konzentriert: im unteren Salt und im mittleren Gila River Valley im Phoenixbecken, dem unteren San Pedro River Valley, im Tucson Becken und in der östlichen Papaguería. Diese Siedlungsanhäufungen wurden durch die räumlichen Gruppierungen von Plattformmounds, die in dieser Periode gebaut und genutzt wurden, abgegrenzt. Ihre Größen und Konfigurationen variierten innerhalb und über die fünf Bereiche beträchtlich und belegen damit, dass die Kultur der Hohokam in der klassischen Periode in ihren Äußerungen nicht überall gleichartig ausgeprägt war. (Ab 1200 u.Z. wurden im von den Hohokam geräumten Tonto Becken ca. 20 Plattformmounds von den Menschen der Salado-Kultur errichtet!)

Im Gegensatz zur manchmal konzentrierten und manchmal sehr lückenhaften Verbreitung der mehr als 100 Plattformmounds (davon mehr als 50 im Salt-Gila-Becken) hatten die mehr als 250 Ballspielplätze in 160 größeren Wohnstandorten eine relativ gleichmäßige Verteilung, die sie als Glieder einer ununterbrochenen Verbindung unter den Gemeinschaften über die gesamte Kulturregion belegen. Das reorganisierte Siedlungsmuster der klassischen Periode in diskrete Ansammlungen belegte deshalb einen Rückzug aus Zwischenbereichen und möglicherweise eine neue und differenzierte soziale Ordnung.

Die Konzentration der Moundstandorte korrespondiert mit der in der klassischen Zeit allgemeinen Reduzierung der Hohokam-Niederlassungen und dem „Rückzug“ auf riverine Bereiche. Dessen ungeachtet gab es auch Moundstandorte der Wüsten-Hohokam mit und bei Wasserreservoiren. Ab Mitte der Klassischen Zeit (um 1300/1350 u.Z.) wurden praktisch keine neuen Mounds mehr errichtet, sondern nur noch die vorhandenen älteren ausgebaut, vergrößert und mit entsprechenden Adobe- und ggf. Calichebauten besetzt. Ab 1250 u.Z. wurde der Wandaufbau der Bauten auf den Mounds massiver und einige mehretagige Gebäude - sogenannte Großhäuser (Big houses) wurden errichtet. Die Umwallung der Mounds und der Compounds wird von einigen Wissenschaftlern als spirituell-religiöse und von anderen als defensive Maßnahme angesehen. Durchaus beide Faktoren können im Umbruch der klassischen Zeit mit ihren gesellschaftlichen Spannungen eine Rolle gespielt haben, über eine Dominanz zu streiten vertieft jedoch keine Erkenntnisse. Wesentliche Spuren von gewalttätigen Auseinandersetzungen wurden von den Archäologen bei den Hohokam nicht entdeckt.