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Walter J. Dahlhaus

Seelische Erkrankungen bei Menschen mit Behinderung

Ein Handbuch für Heilpädagogen und Angehörige



die heilenden Kräfte im Menschen stärken,

die Bildung des eigenständigen Urteils unterstützen,

die Initiativbereitschaft von Patienten und Verbrauchern fördern.

Über dieses Buch: Seelische Gesundheit ist stark mit der Bewältigung der eigenen Biografie und belastender Ereignisse verbunden. Menschen mit Intelligenzminderung haben es hier besonders schwer. Dies führt oft zu unverständlichem Verhalten. Der Autor zeigt die psychischen Hintergründe auf, denn nur durch ein tieferes Verständnis dieses Verhaltens können angemessene Reaktionen erfolgen und die spezifischen Bedürfnisse der Betroffenen erfüllt werden. Auf diese Weise können sie lernen, mit ihrer individuellen Situation immer besser umzugehen.


Der Autor: Walter J. Dahlhaus, geboren 1953, war als Heilpädagoge tätig, bevor er sich zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie weiterbildete. Im Anschluss an verschiedene klinische Erfahrungen übernahm er eine leitende Tätigkeit an der Friedrich-Husemann-Klinik in Buchenbach. Nach dem Aufbau einer eigenen Praxis widmet er sich seit mehr als 20 Jahren vornehmlich seelisch erkrankten Menschen mit Intelligenzminderung. Daneben ist er als Vortragsredner und Ausbilder (zum Beispiel an der Höheren Fachschule für anthroposophische Heilpädagogik, Sozialpädagogik und Sozialtherapie in Dornach) aktiv. Walter J. Dahlhaus ist in zweiter Ehe verheiratet und hat fünf Kinder. Kontakt: wjdahlhaus@posteo.de

Wichtiger Hinweis:

Sämtliche Angaben und Empfehlungen in diesem Buch wurden sorgfältig überprüft und in Übereinstimmung mit dem neuesten Wissensstand erarbeitet. Bei Heilmittel- oder Therapie-Empfehlungen handelt es sich um eine subjektive Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit, in der sich die Verordnungspraxis des Autors spiegelt.

Die Nennung von Handelsnamen oder Warenbezeichnungen geschieht im Rahmen der allgemeinen Pressefreiheit ohne Rücksicht auf Erzeugerinteressen; eine Werbeabsicht ist damit keinesfalls verbunden.

Angaben zu Medikamenten und therapeutischen Maßnahmen erfolgen mit der Einschränkung, dass Dosierungs- und Anwendungshinweise durch neue Erkenntnisse in der Forschung, klinische Erfahrungen und das sich verändernde Angebot an Präparaten dem Wandel der Zeit unterworfen sein können. Da auch menschliche Irrtümer und Druckfehler nie ganz auszuschließen sind, wird für Anwendungs- und Dosierungshinweise sowie für die Wirkung der Präparate keine Gewähr übernommen.

Jeder Benutzer wird dringend aufgefordert, die Angaben in diesem Buch anhand der Herstellerinformationen auf dem Beipackzettel auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und die dort gegebenen Empfehlungen für die Dosierung und Kontraindikationen zu beachten. In Zweifelsfällen sollte immer ein Arzt oder ein Angehöriger der Heilberufe aufgesucht werden, insbesondere wenn die Beschwerden über mehrere Tage andauern. Die Angaben in diesem Buch sind weder dazu bestimmt noch geeignet, einen notwendigen Arztbesuch zu ersetzen. Eine Haftung vonseiten der Autoren oder des Verlages für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

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Inhalt

Vorwort (von Peter Selg)

Einleitung – Warum ein solches Buch?

Vorbemerkungen

Seelische Entwicklung und Biografie

Menschenkundliche Aspekte zur Biografie

Die Jahrsiebte

Mondknoten

Biografische Entwicklung bei Menschen mit Assistenzbedarf

SEO – Sozio-emotionaler Entwicklungsstand

Diagnosefindung

Ebenen der Diagnostik

Menschenkundliche Diagnostik

Zugänge zur dreigliedrigen menschlichen Organisation

Zugänge zur viergliedrigen menschlichen Organisation

Zugänge zu den polaren Krankheitstendenzen

Zugänge zu den funktionellen Organtätigkeiten

Zusammenfassung

Angst

Ängste als Teil eines gesunden Seelenlebens

Angst als begleitendes Symptom seelischer Erkrankungen

Angst als begleitendes Symptom körperlicher Erkrankungen

Angst als begleitendes Symptom von frühkindlichen Hirnschäden sowie von chromosomal bedingten Syndromen

Psychiatrische Erkrankungen

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Blick von außen – Begegnungen mit einem traumatisierten Menschen

Ursachen einer Traumatisierung

Das Erleiden von Gewalt

Traumatisierungen durch das Erleben überwältigender Ereignisse

Das Erleiden einer emotionalen Traumatisierung

Transgenerationale Traumatisierung

Die Folgen einer Traumatisierung

Kernsymptome einer PTBS

Traumatisierte Kinder

Traumatisierungen bei Menschen mit Intelligenzminderung

Folgen einer Traumatisierung bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

Reflexion

Sicht von innen oder der Versuch, sich in einen traumatisierten Menschen hineinzuversetzen

Ein tief verletztes Leben – Einzelfallschilderung

Zur Therapie der Traumafolgestörung

Schaffen und Erhalten eines sicheren Ortes

Psychotherapie

Künstlerische Therapien

Achtsamkeit

Rhythmus

Medikamentöse Behandlung

Weitere unterstützende Methoden

Menschenkundliche Reflexionen

Die Möglichkeit eines »traumatischen Wachstums«

Beispiel einer Ansprache für Betroffene

Sekundäre Traumatisierung

Psychosen

Schizophrene Psychosen

Verlauf der Erkrankung

Blick von außen – Begegnungen

Ursachen einer schizophrenen Psychose

Organische Psychosen

Kernsymptome einer Psychose

Halluzinationen

Wahninhalte

Verändertes Erleben der eigenen Gedanken

Katatonie

Negativ-Symptomatik

Psychosen bei Kindern

Psychotische Zustände bei Menschen mit Intelligenzminderung

Sicht von innen

Allgemeine Assoziationen

Therapie der Psychose

Unterstützende psychosoziale Bedingungen

Psychotherapie

Kunsttherapie

Konstitutionelle Therapie

Allopathische Medikation

Menschenkundliche Reflexionen

Ansprache für einen Betroffenen

Affektive Erkrankungen

Depressionen

Blick von außen – Begegnungen

Erscheinungsformen von Depressionen

Kernsymptome von Depressionen

Depressionen im Kindesalter

Depressionen bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

Suizidalität

Reflexion

Sicht von innen

Zur Therapie von Depressionen

Antidepressiv wirkende Medikamente (Antidepressiva)

Andere Therapieansätze

Menschenkundliche Reflexionen

Ansprache für Betroffene in einer Depression

Bipolare Störungen

Manie und bipolare Störung bei Menschen mit Intelligenzminderung

Neurotische Störungen

Abwehrmechanismen

Angststörungen

Kernsymptome bei Angststörungen

Panikstörungen

Phobien

Generalisierte Angststörung

Therapie der Angststörungen

Die Wirkung der Sprache einbeziehen

Auf den Atem achten

Weitere heilpädagogische und sozialtherapeutische Ansätze

Biografiearbeit und Psychotherapie

Medikamentöse Behandlung

Ansprache für Betroffene

Zwangsstörungen

Organisch-konstitutionelle Ursachen der Zwangssymptomatik

Regulative Wirkung des Zwangs

Neurotisch bedingte Zwangserkrankung

Zur Therapie von Zwangsstörungen

Hysterie

Therapie der Hysterie

Menschenkundliche Aspekte

Persönlichkeitsstörungen

Borderline-Persönlichkeit

Blick von außen – Begegnungen

Sicht von innen

Die Borderline-Symptomatik bei Menschen mit Intelligenzminderung

Therapie

Therapeutische Grundhaltung

Kunsttherapie

Medikamentöse Therapie

Ansprache für Betroffene

Impuls

Ess-Störungen

Reflexion – Gedanken zum Thema »Essen«

Überblick

Blick von außen: Anorexie

Bulimie

Sicht von innen

Zur Therapie von Anorexie und Bulimie

Ess-Störungen bei Menschen mit Intelligenzminderung

Diskussionsanstöße für Teams

Demenz

Blick von außen

Ursachen der Demenz

Folgen der Demenz

Demenz bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

Sicht von innen

Zur Therapie der Demenz

Menschenkundliche Reflexionen

Ansprache für Betroffene

Ergänzende Anregungen für Teams

Psychiatrische Aspekte heilpädagogischer Bilder

Zustand nach frühkindlicher Hirnschädigung (FKHS)

Fetales Alkoholsyndrom (FAS)

Genetische Syndrome

Down-Syndrom

Psychiatrische Aspekte des Down-Syndroms

Posttraumatische Belastungsstörung bei Down-Syndrom

Depression bei Down-Syndrom

Demenz bei Down-Syndrom

Fragiles-X-Syndrom

Psychiatrische Aspekte beim Fragilen-X-Syndrom

Angelman-Syndrom

Psychiatrische Aspekte beim Angelman-Syndrom

Prader-Willi-Syndrom

Psychiatrische Aspekte des Prader-Willi-Syndroms

Rett-Syndrom

Psychiatrische Dimension des Rett-Syndroms

Williams-Beuren-Syndrom

Psychiatrische Aspekte des Williams-Beuren-Syndroms

Tuberöse Sklerose

Psychiatrische Aspekte bei der Tuberösen Hirnsklerose

Sotos-Syndrom

Psychiatrische Aspekte des Sotos-Syndroms

Smith-Magenis-Syndrom

Psychiatrische Aspekte des Smith-Magenis-Syndroms

Rubinstein-Taybi-Syndrom

Psychiatrische Dimension des Rubinstein-Taybi-Syndroms

Autismus-Spektrum-Störung (ASS)

Kernsymptome der Autismus-Spektrum-Störung

Veränderte bzw. beeinträchtigte Möglichkeiten der Sinnesverarbeitung

Das Sehen

Das Hören

Das Schmecken und Riechen

Der Tastsinn

Das Zusammenwirken der Sinne

Charakteristisches Kontaktverhalten

Umgang mit Affekten

Theory of mind

Sprachbesonderheiten

Charakteristisches Denkverhalten

Handlungseinschränkungen

Verändertes Erleben von Zeit

Die psychiatrische Dimension der Autismus-Spektrum-Störung

Zum TEACCH®-Konzept

Menschenkundliche Aspekte des Autismus

Psychiatrische Aspekte der Epilepsie

Psychische Nebenwirkungen von Antiepileptika

Psychogene Anfälle

Psychomotorische Anfälle

Der »nicht durchbrechende Anfall«

Epilepsie und Hysterie

Aggressive Verhaltensweisen

Therapie

Therapeutische Haltung

Sichere Bindung

Setting und Milieu

Körperorientierte Therapien

Künstlerisch-therapeutische Maßnahmen

Anthroposophisch und homöopathisch begründete medikamentöse Therapie

Ergänzendes zum Therapieansatz der Anthroposophischen Medizin

Psychotherapie

Allopathische medikamentöse Therapie

Grundlage der Therapie

Anregungen für Betreuungsteams (von Frank Meyer-Ensass)

Zur Zusammenarbeit mit und in Teams

Selbstreflexion und Supervision

Selbstfürsorge

Der »salutogenetische« Aspekt der Selbstfürsorge

Ausgleich (»work-life-balance«)

Seelisches Wachstum

Burn-out

Epilog

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Adressen

Das Buch ist in Dankbarkeit den Menschen mit Unterstützungsbedarf gewidmet – für alles, was sie mir anvertraut haben. Und dafür, wie sie mich gebildet haben.

Vorwort

Es gibt eine Ungewaltsamkeit hingebend hörender Haltung bei Unbeirrbarkeit des Grundes.

Karl Jaspers

Auf dieses Buch haben viele von uns seit Jahrzehnten gewartet – auf ein solches Buch!

Walter Dahlhaus schreibt über seelische Erkrankungen bei Menschen mit »kognitiven Einschränkungen«, oder anders: bei »Seelenpflege-bedürftigen Menschen« (Rudolf Steiner). Er schreibt aus »eingehenden persönlichen Erfahrungen« und einer umfassenden Kenntnis heraus, jedoch in einfacher, verständlicher Sprache, in einer Sprache, die uns allen zugänglich ist, Angehörigen und Betroffenen, Begleitern, Studenten, Therapeuten und Ärzten. Vor dem staunenden Blick des Lesers entfaltet sich ein Lehrbuch, wie es zuvor noch keines gegeben hat. Es vermittelt grundlegende Kenntnisse psychiatrischer Erkrankungen und heilpädagogischer Syndrome, ohne je die »Frage nach dem grundsätzlich Menschlichen« (Karl Jaspers), ja, ohne den konkreten Menschen je aus dem Blick zu verlieren. Er bleibt vielmehr in lebendiger Anschauung als Betroffener stets gegenwärtig. Das Buch weist den Weg, wie auch in sogenannten »Verhaltensstörungen« die Sprache des ringenden Menschen vernehmbar, »lesbar« und verstehbar ist oder werden kann. Die krankhaften Erscheinungen sind, in einem solchen Verständniszugang, nicht lediglich Abweichungen von der gesunden Norm, sondern werden, so Wolfgang Blankenburg, »in den Bedingungen ihrer Möglichkeit positiv aus dem Wesen des Menschen« deutlich, d.h. aus den konstituierenden Momenten des menschlichen Daseins. Die auffälligen Erscheinungen sind in gewisser Weise Leistungen, aktive Versuche der Selbstbehauptung in krisenhaften Situationen. Lernen wir, sie tiefer zu verstehen, so beginnen wir, den betroffenen Menschen anders zu erleben, und können anders mit ihm umgehen, unsere innere Haltung zu ihm neu justieren. »Man kann kaum einem Menschen seelisch etwas sein, in dessen Innenlage man sich nicht versetzen kann«, so zitiert Walter Dahlhaus Rudolf Steiner. Aus der neuen Erkenntnis und veränderten Haltung aber ergeben sich auch neue Weisen des Umgangs und der Förderung, der Bejahung, »Bestätigung« (Martin Buber) und Unterstützung. Das Buch ist ein Handbuch für eine neue, veränderte Praxis – und es weist auf, wie vielfältig diese Förderung sein kann, sofern »Therapie« im griechischen Wortsinn als »Dienst« am anderen neu verstanden wird, an seinem Werden, seiner Entwicklung und Entfaltung. Walter Dahlhaus schuf nichts weniger als ein Schulungsbuch, auf der methodischen Suche nach dem »inneren Ort« des anderen, des »gemeinten Menschen« in seiner »geheimen Gestalt« (Viktor Frankl). »Es kommt darauf an, etwas bis dahin Unbeachtetes beachtlich zu finden, den Blick auf Möglichkeiten zu lenken«, schrieb einst der Psychiater Karl Jaspers in der Einführung zu seiner Allgemeinen Psychopathologie.

Das Werk ist zutiefst ermutigend. Es weist nach, wie weit man im Verstehen des vordergründig Unverständlichen und Fremden kommen kann und welche Möglichkeiten der neuen »Beheimatung« sich dadurch erschließen, in einer gemeinsamen, menschlichen Welt. Als Betroffene, Angehörige, Begleiter und Therapeuten ergeben sich uns vor diesem Hintergrund Perspektiven, mit denen wir praktisch arbeiten und in die Zukunft gehen können. Die Salutogenese-Kategorien von Aaron Antonovsky wendet die vorliegende Schrift daher vollkommen zu Recht auch auf diejenigen an, die sich, solchermaßen mit neuen Grundlagen versehen, in der Begleitung und Förderung der Betroffenen engagieren, mit einem neuen »Gefühl der Verstehbarkeit«, der »Handhabbarkeit« und »Sinnhaftigkeit«. Walter Dahlhaus steht in seiner ärztlichen und psychotherapeutischen Arbeit nicht nur seit Jahrzehnten erkrankten oder bedürftigen Menschen und ihren Freunden und Angehörigen bei, sondern auch den therapeutischen Gemeinschaften, die sich um sie kümmern. In dem Buch wird für alle Leser fassbar, was er ihnen zu geben vermag – oder anders: was eine vertiefte Menschenerkenntnis und Beziehungsbereitschaft zu geben vermag.

Ein zentrales, wenn auch nur verhalten ausgesprochenes Anliegen des Buches ist es, Seelenpflege-bedürftige Menschen in krankheitsbedingten Lage-Zuspitzungen an ihrem Ort, ihrem zur Heimat gewordenen Ort halten zu können. Wir können lernen, ihr herausforderndes Verhalten in Krisenlagen besser zu verstehen und ihnen anders beizustehen. Sie sind gefährdeter in ihrer Konstitution und es gehört viel Erfahrung, aber auch ein »in Liebe vertiefter Blick« (Steiner) dazu, ihnen in Notlagen gerecht zu werden, ihre »Verhaltensstörung« nachvollziehen und behandeln zu können, ihnen die Treue zu halten. Folgt man den Ratschlägen dieses Buches, so wird dies in sehr vielen Fällen in Zukunft möglich sein.

Die Würdigung des Werkes sollte vor dem Hintergrund einer Jahrhundertgeschichtsschreibung erfolgen – was für ein Weg von Alfred Hoches und Karl Bindings Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens (1920) zu diesem Buch, einem Buch der Auferstehung aus schwersten Niederungen, des Genozids und der Krankenmorde. »Die Begründung des Lebenswertes liegt im Leben selbst«, betont der Autor, und nicht zuletzt seine »menschenkundlichen Reflexionen« zeigen auf, welchen Fortschritt die Humanität in den letzten Jahrzehnten, nach furchtbaren Verfinsterungen, genommen hat. Auf der anderen Seite ist uns deutlich, wie gefährdet und bedroht humanistische Positionen in einer technisierten Hochleistungsgesellschaft noch immer sind, die nur sehr bedingt Abstand vom Selektionsprinzip genommen hat. Das große »Ja des Sein-Dürfens«, das dem Menschen »nur von menschlicher Person zu menschlicher Person gewährt werden kann« (Buber), braucht in der Gegenwart wache und mutige Befürworter. Die Geschichten von Einzelnen, die in die Kapitel des Buches eingefügt sind, handeln in oft tief berührender Weise davon. Sie handeln letztlich von der unantastbaren Würde des Menschen, jedes Menschen in jeder Gestalt. »Die Gesellschaft sollte ihre Meinung gegenüber Menschen mit einer Schwäche überdenken«, so zitiert Walter Dahlhaus aus dem Text eines Betroffenen, einem der vielen »Lehrmeister von Eindeutigkeit und Aufrichtigkeit«.

Freiburg, Februar 2020

Peter Selg