Mörderische Spiele beim Sonnenkönig

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Mörderische Spiele beim Sonnenkönig
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Walter Brendel

Mörderische Spiele beim Sonnenkönig

Die Morde der Marquis

Mörderische Spiele beim Sonnenkönig

Walter Brendel

Die Morde der Marquis

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

Verlag: Das historische Buch, 2022

Mail: walterbrendel@mail.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Einleitung

Marquis und Marquise

Sainte Croix

Der Vater der Marquise und der Lettre de cachet

Rachegedanken

In der Bastille

Die Giftmörder

Das Mörderpärchen und ihre Taten

Die Zeugin

Wie ging es weiter mit der Marquise?

Der Tod von Sainte-Croix

Die Flucht und weitere Begleitumstände

Ein erster Prozess

Prozess und Verurteilung der Marquise

Der König greift ein

Epilog, Mörder und Opfer

Gesche Gottfried

Susanne Zimmermann

Anna Voigt

Der Giftmord an Gottfried Göhring

Giftmord aus Habgier

Quellen

Einleitung

Dieses Buch soll sich mit Marie-Madeleine Marguerite d'Aubray, Marquise de Brinvilliers beschäftigen, eine Giftmischerin und Mörderin aus den Zeiten des Absolutismus in Frankreich. Damals herrschte ein König unter dem Glanz der Sonne, den man Ludwig nannte. Er war schon der vierzehnte seines Namens und war indirekt Beteiligter an der hier zu schildenden Affäre.

Neben der genannten Marquise war Paris ein Sündenpfuhl der Gifte, Wahrsagerei und schwarzer Messen. Zwielichtige Gestalten verfügten über Einfluss bis hin nach Versailles und zur Bettgenossin des Königs. Ominöse Erbschaftspulver sorgten für das baldig Ableben von begüterten Personen oder zur Durchsetzung von Rachegelüsten. Der König musste eingreifen.

Die wunderschöne Marie-Madeleine Marguerite d'Aubray erblickte am 2. Juli 1630 in Paris das Licht der Welt. Sie entstammte einer reichen und angesehenen Adelsfamilie. Sie wurde als charmant und geistreich beschrieben.

Noch ziemlich jung verheiratete er 1651 seine Tochter Maria Margaretha d'Aubray mit dem Marquis von Brinvilliers, Sohn des Herrn Gobelin, eines reichen Präsidenten bei der Rechnungskammer, der, was adelige Abkunft, Vermögen und Rang anbetrifft, seiner Braut gleichstand. Aber es scheint eine Heirat gewesen zu sein, wo gleich wie in den meisten Ehen unter den höheren Ständen in Frankreich eben nur jene äußern Glücks- und Rangverhällnisse abgewogen wurden.

Marie Madeleine Marguerite d’Aubray entstammte einer reichen und angesehenen Adelsfamilie. Sie wurde als schön, charmant und geistreich beschrieben. Im Falle des Ablebens ihres Vaters, Antoine Dreux d’Aubray, hatte sie die Aussicht auf eine erhebliche Erbschaft, die allerdings mit ihren drei Geschwistern – zwei Brüdern und einer Schwester – zu teilen war.

Im Alter von 21 Jahren heiratete sie den Marquis Antoine Gobelin de Brinvilliers. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Die Familie des Marquis war durch den flandrischen Wollhandel reich geworden. Er selbst war allerdings ein Verschwender, der sich zahlreiche Geliebte genommen haben soll, seiner Frau aber ebenfalls entsprechende Freiheiten einräumte. Wegen des verschwenderischen Lebensstiles des Marquis wurde es seiner Frau gestattet, ihr eigenes Vermögen gesondert zu verwalten.

Über ihren Mann lernte sie den Glücksritter Godin de Sainte-Croix kennen und begann eine Affäre mit ihm, die bis zu dessen Tod andauerte. Der Chevalier interessierte sich sehr für Alchemie und Chemie. Gleichzeitig befand sich auch dieser Geliebte der Marquise wegen seines Lebensstils dauernd in Geldnöten.

Der Vater der Marquise war gegen diese Affäre und veranlasste, dass der Chevalier am 19. März 1663 verhaftet und ein Jahr in die Bastille in Paris gesperrt wurde. Allerdings wurde Sainte-Croix insgesamt nur anderthalb Monate festgehalten und konnte anschließend wieder zur Marquise flüchten.

In der Bastille lernte Sainte-Croix einen gewissen Exili kennen, einen gebürtigen Italiener. Von diesem erfuhr der Chevalier von einem Gift, das nach dem damaligen Wissensstand der Toxikologie nicht nachweisbar war; wahrscheinlich eine Verbindung des Arsenik.

Marquis und Marquise

Der Marquis, Oberster in königlichen Diensten und Kommandeur des Regiments, welches nach der Normandie den Namen führte, war ein Lebemann, Wüstling und Verschwender, wie die Mehrzahl der französischen Edelleute, welche unter den Auspizien eines schwelgerischen Hofes in der Sittenlosigkeit der Hauptstadt Vergessenheit und Ersatz mit vollen Zügen einschlürften für die verlorenen edlern Güter, für die alte Freiheit und die feudale Unabhängigkeit. Richelieu und sein Nachfolger und endlich Ludwig XIV. hatten mit diabolischem Scharfsinn die Natur des französischen Charakters studiert und denselben Adel, den sie fürchteten, und unter dessen Trotz das Regiment ihrer Vorfahren zitterte, in ein Capua geführt oder in die Höfe des Venusberges, wo sich seine gefährliche Kraft ohne andere Wirkung als die der Selbstvernichtung austobte. Mit demselben französischen Ungestüm, mit welchem die Nation einst zu den Kreuzzügen aufbrach, die Verfolgung der Hugenotten durchführte und später dem Phantom der jakobinischen Freiheit und Gleichheit und der Napoleonschen Glorie nachjagte, stürzte sich der französische Adel in das Meer wüster Sittenlosigkeit, eitlen nichtigen Treibens, welches schlaue Regenten vor ihm auftaten und mit dem Sonnenschein der Majestät beleuchteten. So maßlos war dies Drängen nach der Torheit, dass schon in hundert Jahren das Mark dieses einst allmächtigen Adels dergestalt verzehrt war, dass sein verachtetes und gehasstes Schattenbild dem Sturme weniger Jahre erlag.

Der Marquis von Brinvilliers verschwindet aus der Geschichte seiner Gattin; seine eigene ist aber nur die der Mehrzahl seiner Standesgenossen. Wo die Grundsätze eines Mannes, eines Offiziers und Kavaliers die sind, aller bürgerlichen Sitte Hohn zu sprechen, wo Liederlichkeit und Verschwendung für adelige Tugend, wo es für lächerlich und philisterhaft gilt, keine Schulden und keine Mätressen zu haben, und ein geordneter Haushalt einen gemeinen Sinn andeutet, wo der Ehegatte bei den Fehltritten der Gattin nicht allein ein Auge zudrückt, sondern ihr selbst den Verführer zuführt und in fürchterlichem Leichtsinn der Verkehrtheit selbst die Stimmen auslacht, welche nur die äußern Konvenienzgesetze wollen erhalten wissen, da wird zwar die Verirrung eines Weibes, wie die der Brinvilliers, nicht gerechtfertigt: aber es ist einzusehen, dass es unter solchen Umständen großer Kraft für ein Weib bedarf, sich aufrecht zu erhalten.

Die bildschöne Marquise

Beide waren an Stand und Vermögen sich gleich. Der Marquis hatte ein jährliches Einkommen von 300 000; seine Gemahlin erhielt eine Mitgift von 200 000 Livres und hatte die Hoffnung auf ein beträchtliches Erbe, das sie nach ihrem Vater Tod mit einer Schwester und zwei Brüdern zu teilen hatte.

Die Familie des Marquis war durch den flandrischen Wollhandel reich geworden. Er selbst war allerdings ein Verschwender, der sich zahlreiche Geliebte genommen haben soll, seiner Frau aber ebenfalls entsprechende Freiheiten einräumte.

Solange sie Mädchen war, hatte die Welt am Gitter des Schlossparks ein Ende. Die Ehe mit dem vielumschwärmten und reichen Marquis schien der verwöhnten jungen Dame wie ein Abenteuer, das nur glückliche Überraschungen bringen konnte. Leider kam es anders. Der Marquis, viel zu eitel und selbstgefällig, um sich, die Mühe zu machen, das Herz seiner jungen Frau zu erobern, erfüllte seine ehelichen Pflichten mit einer derart herablassenden Blasiertheit, dass alle Gefühle Mann-Madeleines sich in innerer Abwehr verkrampften. Sie war reich, jeder Wunsch wurde ihr erfüllt.

Reichtum war aber nicht der einzige Vorzug der Marquise. Sie war von der Natur nicht weniger als vom Glück begünstigt. Bei einem Wuchs von mittelmäßiger Größe hatte sie ein rundes freundliches Gesicht, in welchem sich Anmut mit Regelmäßigkeit der Züge und mit dem Ausdruck einer ganz reinen, leidenschaftslosen Seele vereinigte, um ihm den höchsten Reiz zu geben. Diese in allen ihren Zügen herrschende Ruhe, der echte Widerschein eines unbefangenen, arglosen Gemütes, gewann ihr das Zutrauen aller, mit welchen sie umging, während ihre Schönheit die Herzen aller fesselte. Unmut, Laune und Krankheit beherrschten und änderten niemals ihre Liebenswürdigkeit. Ihre Zeitgenossen sagen, wenn ihre Schönheit ihr alle Herzen unterwarf, so gewann der Reiz jener Heiterkeit, welche immer das Kennzeichen einer sanften, reinen, niemals von Gewissensangst beunruhigten Seele ist, ihr das Zutrauen aller, welche sich ihres gesuchten Umgangs erfreuten. Selbst ihr Betragen war bescheiden, zurückhaltend und einnehmend.

 

Die Sündhaftigkeit, welche, kaum bedeckt vom Mantel der Religion, in den höheren Ständen grassierte, hatte schon die Jungfrau, vielleicht schon das Kind ergriffen. Sie war reif im Laster, als sie die leichtsinnige Ehe mit dem noch leichtsinnigeren Gatten schloss. Der Wandel desselben bestärkte sie nur in dem ihrigen und erleichterte ihr die Last, welche sie, um den äußern Anstand zu bewahren, auf sich nehmen musste.

Die Marquise von Brinvilliers lebte mit ihrem Gemahl in Paris, im Hause ihres Vaters.

Sie gebar in den ersten Jahren drei Kinder und war noch immer so schön wie zu Beginn ihrer Ehe. Ihr kleines Gesicht unter der kunstvollen Frisur hatte regelmäßige Züge und täuschte eine unbefangene Ausgeglichenheit der Seele vor. Die sanften blauen Augen blickten arglos und erstaunt. Ihre Schönheit trug den Stempel der Vornehmheit, die ein Kind sorgenfreien Lebens ist Es war unvorstellbar, dass plötzliche Leidenschaft die Seelenruhe ihres Antlitzes zerstören könnte. Aber in Marie-Madeleine schlummerten unerweckte Leidenschaften, und nach den ersten trägen Jahren der Ehe wurde der Wunsch in ihr immer stärker, den Menschen zu finden, der ihr geheimes Innere, das von ihr selbst noch anerkannte, weckte und entflammte.

Da lernte sie ihn kennen, einen, der ihre Leidenschaft entfachte, einen gewisser Herr Godin, der sich von Sainte-Croix nannte und Hauptmann bei dem Kavallerieregiment Trossi war. Der Marquis von Brinvilliers, der – wie wir wissen - als Oberst bei dem Regiment Normandie stand, machte seine Bekanntschaft im Felde.

Sainte Croix

Godie von Sainte Croix aus Montauban war einer von den Glücksrittern, die, weil sie selbst nichts haben, alles fremde Gut als ihr Eigentum behandeln. Man sprach sehr verdächtig von seiner Herkunft.

Gemeinsame Liebe zum Experiment

Man wusste, wo er geboren sei; allein man zweifelte, ob er aus einer guten Familie abstamme oder ein unechtes Kind aus einem vornehmen Hause sei. Das Glück hatte ihn nicht sehr begünstigt, aber die Natur war freigebiger gegen ihn gewesen. Er hatte ein einnehmendes, geistvolles Gesicht, das ihm leicht Vertrauen und Zuneigung verschaffte, und besaß die glückliche Geschmeidigkeit des Geistes, die jede Gestalt mit gleicher Leichtigkeit annimmt und mit eben der Fertigkeit die Rolle des Andächtigen spielt, mit der sie ein Bubenstück ausführt.

Zum Zeitpunkt dieser Erzählung, öffnet sich gegen Ende von 1665, war Sainte-Croix über 28 oder dreißig, ein schöner junger Mann von fröhlichen und lebhaften Aussehen, ein lustiger Kamerad bei einem Bankett, und eine ausgezeichnete des Tracy Regiment. Er hatte Freundschaften mit anderen Männern und genoss Ansehen im Regiment. In der Liebe war er am auffälligsten, und eifersüchtig bis zum Punkt des Wahnsinns. Sogar über eine Kurtisane, hatte er sie einmal genommen, durfte kein anderer Lust auf diese verspüren. Seine Verschwendungssucht war fürstlich, obwohl er kein Einkommen hatte. Er reagierte sehr empfindlich auf Kränkungen, wie alle Menschen, die, weil sie in eine zweideutige Position befinden, faktisch jeden Hinweis auf ihre Herkunft als eine vorsätzliche Beleidigung ansahen.

Er war also empfindlich gegen Beleidigungen, reizbar gegen das andere Geschlecht bis zur Leidenschaft und eifersüchtig in der Liebe bis zur Raserei – selbst bei Personen, welche ihr öffentliches Gewerbe zu Freiheiten berechtigte, die ihm nicht unbekannt sein konnten. Bei einem unbegrenzten Hang zur Verschwendung von allen Hilfsmitteln entblößt, war er jeder Schandtat fähig, wodurch er etwas zu gewinnen hoffte. Einige Jahre vor seinem Tode fing er an, den Frömmling zu spielen, und er soll sogar Andachtsbücher in dieser Periode geschrieben haben. Er sprach von Gott wie ein Prophet, während er ihm wie ein Baalspfaffe diente, und gab sich unter dieser Maske, die er nur im Kreise seiner vertrautesten Freunde abnahm, das Ansehen eines ganz frommen Menschen, während er Urheber und Mitverschworner der ungeheuersten Verbrechen war.

Der Aufmerksamkeit eines solchen Menschen konnte der Marquis von Brinvilliers nicht entgehen, der bei einem lebhaften Hang zum Vergnügen einen großen Aufwand machte. Reize genug für Sainte-Croix, um seine Angel nach ihm auszuwerfen! Es konnte ihm auch nicht fehlen, sich bald genug in seine Gunst einzuschmeicheln. Sobald der Feldzug beendet war, führte ihn der Marquis selbst in seinem Hause ein.

Die Marquise von Brinvilliers suchte das Vergnügen, und Sainte-Croix wusste es zu finden. Sainte-Croix wurde als Freund des Marquis de Brinvilliers in dessen Haus eingeführt, und wurde bald der unentbehrliche Hausfreund und der stille Anbeter, Geliebter und – Lehrer der Hausfrau.

Sainte-Croix und die Marquise verliebten sich auf den ersten Blick, und sie war bald darauf seine Geliebte. Der Marquis, vielleicht mit der ehelichen Philosophie – jeder macht seins - die den Geschmack der Zeit entsprach, und zu sehr mit seinem eigenen Vergnügen beschäftigt, wollte nicht sehen, was auf vor seinen Augen geschah. Er bot kein eifersüchtiges Hindernis für die Intimität zwischen Frau und Freund, und setzte seine törichten Extravaganzen fort, lange nachdem sie sein Glück beeinträchtigt hatten. Die Angelegenheiten war so verwickelt, dass die Marquise, die eine umfassendere Nachsicht für ihre neue Leidenschaft wünschte, eine Trennung von Ehebett gefordert und erhalten hatte. Sie verließ sie das Haus ihres Mannes, und unter Aufgabe aller Diskretion, erschien sie überall in der Öffentlichkeit mit Sainte-Croix. Dieses Verhalten, wie es am Beispiel des höchsten Adels zu sehen war, machte keinen Eindruck auf den Marquis von Brinvilliers, der fröhlich sein Einkommen in den Weg des Ruins führte, ohne sich Gedanken über das Verhalten seine Frau zu machen.

Die Grundsätze von Sainte-Croix fanden Eingang mit der Neigung, die er einzuflößen wusste. Der Marquis, selbst zu sehr zerstreut, um auf die Schritte seiner Gemahlin achtzugeben, war ganz unbesorgt wegen ihrer Aufführung; und die beiden Liebenden hatten freie Hand zu tun, was sie wollten.

Der Marquis brachte endlich sein Hauswesen in solche Zerrüttung, dass es seiner Gemahlin gestattet wurde, ihr Vermögen zurückzunehmen und für sich zu verwalten. Durch diesen letzten Schritt glaubte sie sich berechtigt, alle weiteren Rücksichten außer Acht zu lassen und sich ihrer Neigung ohne Zwang hinzugeben.

Man sprach bald ganz laut über ihren Umgang mit Sainte-Croix. Der Marquis hörte es mit der größten Gleichgültigkeit. Beide hatten freie Hand, zu tun, was sie wollten. Der Marquis lebte zu sehr außer dem Hause, in einem Schwall von Zerstreuungen, um die Schritte der Gattin im Auge zu behalten. Auch lag ihm nichts weniger am Herzen, und er dankte es denen nicht, welche es für ihre Pflicht hielten, ihn auf sein Recht aufmerksam zu machen.

Der Vater der Marquise und der Lettre de cachet

Nicht so M. de Dreux d'Aubray: er hatte die Gewissenhaftigkeit eines gesetzlichen Würdenträger. Er war über das Verhalten seiner Tochter empört und befürchtet einen Fleck auf seinem eigenen schönen Namen. Der Civil-Lieutenants Dreux d'Aubray, um die Ehre seiner Tochter mehr als ihr Gemahl besorgt, erwirkte einen Haftbefehl wider ihren Liebhaber aus und ließ ihn ganz unvermutet, als er eben mit der Marquise im Wagen saß, gefangen nehmen.

Gegen Ende des Jahres 1665, an einem schönen Herbstabend, gab es einem beträchtlichen Auflauf der Menge auf dem Pont-Neuf, wo sie eine Wende auf die Rue Dauphine macht. Das Ziel dieser Menge und der Anziehungspunkt war ein fest geschlossener Wagen. Ein Polizeibeamter versuchte, gewaltsam die Tür zu öffnen, und zwei der vier Unteroffiziere, die ihm begleiteten, hielten die Pferde zurück und die beiden anderen hielten den Kutscher fest. Dieser wollte die Befehle nicht befolgen anzuhalten, sondern er versuchte, seine Pferde zu einem Galopp drängen.

Der Kampf neigte sich den Polizisten zu, als plötzlich eine Tür gewaltsam aufgestoßen, und ein junger Offizier in der Uniform eines Rittmeisters in die Kutsche sprang und die Tür schloss. Das geschah aber nicht so schnell, dass die nächsten Zuschauer sehen konnten, dass eine Frau auf Rückseite der Kutsche saß. Sie war in Mantel und Schleier gehüllt, und durch die Vorkehrungen die sie getroffen hatte, um ihr Gesicht von jedem Auge zu verbergen, konnte man sie nicht identifizieren. Auf dem Vordersitz saß ein junger Mann.

"Sir," sagte der junge Mann, an die Adresse des Offizier mit einer hochmütigen Gesicht. "Ich nehme an, dass sie Gründe für ihr Verhalten haben und ich werde Sie bitten, mir diese mitzuteilen. Ich wünsche das Sie Ihren Männern Befehle zu erteilen, damit das Fahrzeug weiterfahren kann".

"Zunächst einmal", antwortete der Offizier, in keiner Weise durch diese herrschaftlichen Allüren eingeschüchtert, "beantworten Sie meine Fragen."

"Ich verstehe", sagte der junge Mann, bemüht Kontrolle über seine Erregung zu bekommen.

"Sind Sie der Chevalier Gaudin de Sainte-Croix?"

"Ich bin es."

"Captain des Tracy, Regiment?"

"Ja, Sir."

"Dann verhafte ich Sie im Namen des Königs."

"Welche Befugnisse haben Sie?"

"Dieser Haftbefehl."

Sainte-Croix warf einen raschen Blick auf das Papier und erkannte sofort die Unterschrift des Ministers der Polizei. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der Frau zu, die noch im Wagen saß. Nach einem kurzen Augenblick sagte er zu dem Offizier:

"Dies alles ist sehr gut, Sir", sagte er zu dem Offizier, "aber dieser Haftbefehl enthält kein anderer Name als den Meinen, und so haben Sie kein Recht, der Dame, mit der ich unterwegs bin, den Blicken der Öffentlichkeit auszusetzen. Wenn man mich verhaftet hat, muss Sie bitten, dass Ihre Mitarbeiter dann diesen Wagen zu fahren. Ich bereit, mit Ihnen zu gehen."

Der Offizier befahl seinen Männern, den Fahrer und die Pferde weiterfahren zu lassen und die Kutsche setze sich durch die Menge die vor ihnen eine Gasse bildeten, in Bewegung. Damit konnte die Frau entkommen, für deren Sicherheit der Gefangenen so sehr besorgt schien.

Sainte-Croix hielt sein Versprechen und leistete keinen Widerstand, er folgte dem Offizier, umgeben von einer Menge, die ihre Neugier gestillt zu haben schien, stieg dann an der Ecke des Quai de d'Horloge, in einen Wagen, den zuvor niemand beachtet hatte. Sainte-Croix nahm seinen Platz mit der gleichen hochmütigen und verächtlichen Miene, die er in der Szene, die wir eben beschrieben haben, gezeigt hatte. Der Offizier saß neben ihm, zwei seiner Männer standen dahinter, und die beiden anderen begleiteten den Wagen zu Pferde.

Sainte-Croix wurde in die Bastille gebracht.