Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften

Text
From the series: Schwerpunkte Pflichtfach
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

2. Die Rechtsquellen

51

Die BGB-Gesellschaft hat eine ausführliche Regelung in den §§ 705 ff. BGB erfahren. Da sie die Grundform für alle Personengesellschaften darstellt, finden die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB auch auf die übrigen Personengesellschaften, die OHG, die KG und die Partnerschaftsgesellschaft, Anwendung, soweit das HGB für diese Gesellschaftsformen keine Spezialregelungen enthält. Allerdings ist das heute auf die BGB-Gesellschaft angewandte Recht zu wesentlichen Teilen das Resultat einer systematischen Neuordnung, die auf einer von Wissenschaft und Rechtsprechung dominierten Rechtsfortbildung beruht.[2] Das hat dazu geführt, dass viele die BGB-Gesellschaft betreffenden gesetzlichen Bestimmungen Ausdruck überholter Vorstellungen sind.

3. Die Bedeutung

a) Überblick

52

Die BGB-Gesellschaft erfreut sich in der Praxis einer großen Beliebtheit, weil sie für eine Vielzahl von denkbaren Zwecken geeignet ist. Dies rührt daher, dass die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft kaum zwingende, die private Gestaltungsfreiheit einengende Regelungen enthalten. Die BGB-Gesellschaft ist, was ihre Ausgestaltungsmöglichkeiten anbetrifft, im Vergleich zu den anderen Gesellschaftsformen besonders elastisch und anpassungsfähig.

b) Freie Berufe

53

Eine besondere Bedeutung kam der BGB-Gesellschaft als der Gesellschaftsform zu, in der sich die Angehörigen der freien Berufe zusammenschließen können. Gesellschaftsrechtliche Schranken einerseits und standesrechtliche Einschränkungen andererseits machten es den Angehörigen der freien Berufe in der Vergangenheit fast unmöglich, sich in einer anderen Gesellschaftsform als der der BGB-Gesellschaft zusammenzuschließen.

Beispiele:

Eine echte Sozietät von Rechtsanwälten, d. h. eine Sozietät, bei der die Einkünfte der Gesellschaft zufließen und die Gewinne oder Verluste verteilt werden sollen, ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts[3].

Die Gemeinschaftspraxis von Ärzten (Arztsozietät) ist häufig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der gemeinsame Zweck im Sinne des § 705 BGB, zu dessen Erreichung sich die Ärzte zusammenschließen, ist die gemeinsame Ausübung des Berufs[4].

120 Zahnärzte schließen sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, deren Ziel es ist, die Gesellschafter von der Verwaltung ihrer Zahnarztpraxen zu entlasten und durch eine einheitliche Verwaltung und Buchführung für die Gesellschafter Kosten zu sparen[5].

54

Was den Zusammenschluss von Freiberuflern angeht, so hat die Entwicklung der letzten Jahrzehnte neue Möglichkeiten eröffnet. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Schaffung von Partnerschaftsgesellschaften am 1. Juli 1995 (PartGG) ist es z. B. möglich, dass Anwälte und andere Freiberufler sich zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenschließen (s. dazu Rn. 454 ff.).

c) Andere Vorhaben

55

Eine BGB-Gesellschaft kann auch zur gemeinsamen Durchführung einzelner Geschäftsvorhaben gegründet werden. Sie wird dann häufig als Konsortium oder als Arbeitsgemeinschaft (ARGE) bezeichnet. Ein Konsortium ist eine Gelegenheitsgesellschaft, zu der sich mehrere Personen zur Durchführung eines Geschäftes oder einer Reihe von Geschäften zusammenschließen. Es ist zwar auf eine wirtschaftliche Betätigung gerichtet, kann aber weder eine OHG noch eine KG sein, weil es nicht den dauernden Betrieb eines Handelsgewerbes zum Gegenstand hat.

Beispiele:

Mehrere Banken schließen sich zusammen, um einen Großkredit zur Finanzierung eines Vorhabens aufzubringen. Hier handelt es sich im Zweifel um ein sog. Finanzierungs- und Kreditkonsortium in Gestalt einer BGB-Gesellschaft.

Nicht selten werden auch Emissionskonsortien gebildet: Mehrere Banken schließen sich zusammen, um die Aktien einer neu gegründeten Aktiengesellschaft zu übernehmen und auf dem Markt unterzubringen. Ein Emissionskonsortium als eine nur vorübergehende Verbindung von Banken zur Erledigung einer konkreten Aufgabe liegt auch dann vor, wenn mehrere Banken „junge Aktien“ bei einer Kapitalerhöhung übernehmen, um für diese Erwerber zu finden.

Gründen in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Unternehmen eine „Arbeitsgemeinschaft“, um in einem Land der Dritten Welt ein Stahlwerk zu errichten, so handelt es sich im Zweifel um ein Konsortium in Gestalt einer BGB-Gesellschaft als einer vorübergehenden Verbindung zur Erledigung einer konkreten Einzelaufgabe.

56

Häufig schließen Personen sich in Form von BGB-Gesellschaften zusammen, um bestimmte unternehmerische Teilfunktionen gemeinsam auszuüben. Solche BGB-Gesellschaften werden oft als Interessengemeinschaften bezeichnet. Nicht selten schließen Unternehmen Verträge über Forschungs- und Entwicklungskooperationen ab. Gegenstand solcher Kooperationen kann alles sein, was von Unternehmen entwickelt, hergestellt und vertrieben wird und was es an Herstellungsverfahren und -vorrichtungen hierfür benötigt. Dazu gehören einzelne Produkte, Systeme und Anlagen, Software jeder Art und Verfahren jeder Art. Wenn die Vertragsparteien keine Kapitalgesellschaft, wie z. B. eine GmbH, gründen, um die Kooperation durch zuführen, handelt es sich in der Regel um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts[6].

Beispiele:

Drei Chemieunternehmen schließen sich zusammen, um gemeinsam Forschungsanlagen zu errichten und zu nutzen. Dies kann in der Form einer BGB-Gesellschaft geschehen, die als Interessengemeinschaft bezeichnet wird.

Mehrere Unternehmen, die Einzelteile für die Kraftfahrzeugindustrie herstellen, schließen sich zusammen, um in der Zukunft gemeinsam für ihre Produkte auf dem europäischen Markt zu werben. Auch dies kann in der Form einer BGB-Gesellschaft geschehen.

57

Auch Kartelle, also privatrechtliche Zusammenschlüsse von selbstständigen Unternehmen, deren gemeinsamer Zweck es ist, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen, können in Form einer BGB-Gesellschaft begründet werden.

Beispiel:

Die Unternehmen A, B und C, die gleichartige und gleichwertige Waren herstellen und veräußern, vereinbaren, in Norddeutschland für ihre Produkte die gleichen Preise zu fordern. Hier wollen sich die Unternehmen A, B und C in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einem Kartell zusammenschließen.

58

Zu beachten ist allerdings, dass mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen erreicht werden soll, dass der Wettbewerb auf den Märkten erhalten bleibt und deshalb Beeinträchtigungen des Wettbewerbs verhindert werden, § 1 GWB.

In dem oben geschilderten Beispiel ist der beabsichtigte Zusammenschluss von A, B und C geeignet, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. Er ist deshalb gem. § 1 GWB verboten. Entsprechende Verträge sind gem. § 134 BGB nichtig.

59

Schließen Personen einen Vertrag ab, in dem sie sich zur Gründung einer Gesellschaft verpflichten (sog. Gründungsvorvertrag), so kann damit eine BGB-Gesellschaft entstehen.

Beispiele:

X, Y und Z vereinbaren, eine Bauträgergesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft zu gründen und in der nächsten Zeit alle Anstrengungen zu unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen. Es handelt sich bei dieser Vereinbarung um den Abschluss eines Vertrages, durch den eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsteht. Der gemeinsame Zweck im Sinne des § 705 BGB, der erreicht werden soll, ist die Gründung einer Kommanditgesellschaft als Bauträgergesellschaft.

Vereinbaren A, B und C, eine GmbH zu gründen, so bilden sie bis zum Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages der GmbH eine Vorgründungsgesellschaft in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft (s. dazu Rn. 694 ff.).

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 4 Begriff und Bedeutung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Gesellschaftsvertrag › II. Der gemeinsame Zweck

II. Der gemeinsame Zweck

60

Als gemeinsamer Zweck, zu dessen Erreichung die Gesellschafter sich durch den Gesellschaftsvertrag zusammenschließen, kommt jeder erlaubte Zweck in Betracht. Dieser Zweck kann ein erwerbswirtschaftlicher oder ein ideeller sein. Eine Reihe von Gesellschaftszwecken erwerbswirtschaftlicher Art sind unter Rn. 53 bereits aufgezählt worden.

 

61

Bei der Gründung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken hat der Gesetzgeber allerdings Grenzen gezogen. Ist der angestrebte gemeinsame Zweck der Betrieb eines kaufmännischen Gewerbes, so kann die Gesellschaftsform, in der dieser Zweck erreicht werden soll, nicht eine BGB-Gesellschaft sein. Eine Personengesellschaft kann ein kaufmännisches Gewerbe nur in den vom Gesetz dafür vorgesehenen Formen der OHG oder KG betreiben. Betreibt eine Personengesellschaft, die als BGB-Gesellschaft gegründet worden ist, ein Gewerbe, so wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, es sei denn, das Unternehmen erfordert keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbetrieb (§ 105 Abs. 1 u. § 1 Abs. 2 HGB).

62

Häufig werden BGB-Gesellschaften gegründet, um kulturelle oder gesellschaftliche Zwecke zu verfolgen. Es handelt sich dann um ideelle Zwecke.

Beispiele:

20 für das Theaterspiel interessierte Personen schließen sich mit dem Ziel zusammen, regelmäßig Theaterstücke zu proben und in jedem Halbjahr mindestens eine Aufführung zu veranstalten. Der Erlös soll caritativen Zwecken dienen. Es handelt sich hierbei um eine BGB-Gesellschaft.

Nachbarn, die sich zur Erlangung eines Preisvorteils für eine jährliche Heizölsammelbestellung zusammengeschlossen haben, können eine BGB-Gesellschaft bilden[7].

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 4 Begriff und Bedeutung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Gesellschaftsvertrag › III. Der Gesellschaftsvertrag

III. Der Gesellschaftsvertrag

1. Überblick

63

Eine BGB-Gesellschaft entsteht durch einen Gesellschaftsvertrag, in dem sich die Gesellschafter verpflichten, einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Die Gesellschafter fördern die Erreichung des gemeinsamen Zwecks insbesondere durch die Leistung der vereinbarten Beiträge. Die Verpflichtung der Gesellschafter, zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zusammenwirken zu wollen, und eine Beschreibung der Art und Weise, wie das geschehen soll, bilden deshalb den Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrages. Bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages können die Gesellschafter in dem zulässigen Rahmen von ihrer Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen (vgl. Rn. 41 ff.).

2. Die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages

64

Will man die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages bestimmen, so ist zu berücksichtigen, dass die Vertragschließenden


sich einerseits zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichten, also eine Gläubiger- und Schuldnerstellung schaffen,
andererseits aber auch eine Gemeinschaft errichten wollen, deren Mitglieder sie werden möchten.

Daraus folgt: Der Gesellschaftsvertrag, durch den die BGB-Gesellschaft begründet wird, ist sowohl ein Schuldvertrag als auch ein organisationsrechtlicher Vertrag, der auf die Gründung einer Personenvereinigung abzielt[8]. Der Gesellschaftsvertrag ist demnach ein schuldrechtlicher Vertrag, der einerseits die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter – wie z. B. die Beitragspflicht – regelt, andererseits aber auch Bestimmungen über die Organisation der Gesellschaft enthält.

65

Soweit der Gesellschaftsvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag ist, finden auf ihn nicht nur die allgemeinen Normen des BGB über Rechtsgeschäfte (1. Buch des BGB, Allgemeiner Teil), sondern auch die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts (2. Buch des BGB) grundsätzlich Anwendung. In Fällen, in denen ein Gesellschafter mit der Erfüllung von Mitgliedspflichten aus einem Leistungsverhältnis gegenüber der Gesellschaft in Verzug gerät, können Ansprüche aus §§ 280, 286 BGB entstehen.

Beispiel:

Mit einem Gesellschaftsvertrag i. S. d. § 705 BGB haben sich mehrere Gesellschafter zur Herstellung und Vervielfältigung eines mehrbändigen Nachschlagewerkes zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Im Gesellschaftsvertrag hat ein Gesellschafter die Vertriebspflicht als eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Leistung von Diensten i. S. v. § 706 Abs. 3 BGB übernommen, der er nur unzureichend nachgekommen ist. Es handelt sich um eine Pflichtverletzung, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 280 BGB zum Entstehen eines Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter führen kann, der seiner Verpflichtung nicht oder nur schlecht nachgekommen ist.

66

Bei der Anbahnung von Verhandlungen zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages kommt dadurch, dass sich die Verhandelnden Vertrauen entgegenbringen, ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit den daraus erwachsenden Verpflichtungen zustande (§ 311 Abs. 2 BGB). Schuldhafte Verletzungen vorvertraglicher Verhaltenspflichten können zur Entstehung eines Anspruches aus culpa in contrahendo (§§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) auf Ersatz des Vertrauensschadens führen[9]. Der Gesellschaftsvertrag ist allerdings kein Austauschvertrag, weil die Gesellschafter sich zusammenschließen, um durch ihr Zusammenwirken einen gemeinsamen Zweck zu erreichen, nicht aber, um Leistungen auszutauschen. Es fehlt auch die synallagmatische Verknüpfung von Leistungspflichten. Wenn aber die Verpflichtung zur Förderung des gemeinsamen Zweckes im Vordergrund steht, so ist damit im Grundsatz unvereinbar, dass ein Gesellschafter gem. §§ 320 ff. BGB die eigene Einlageleistung von dem Erbringen der anderen Beiträge abhängig macht.

67

Daraus ergibt sich auch, dass die Anwendung der §§ 323 bis 326 BGB ausgeschlossen ist. Das bedeutet, dass ein Rücktritt vom Vertrage nicht möglich ist. Es kommen in der Regel nur die Kündigung (§ 723 BGB) oder die Auflösung der Gesellschaft statt des Rücktritts vom Vertrage mit Wirkung für die Zukunft als Möglichkeiten der Beendigung der Gesellschaft in Betracht; diese entsprechen den Besonderheiten einer Personengesellschaft[10].

3. Die Form

68

Grundsätzlich ist der Abschluss des Gesellschaftsvertrages, mit dem die BGB-Gesellschaft begründet wird, formfrei. Der Vertrag bedarf nur dann einer Form, wenn er ein formbedürftiges Leistungsversprechen enthält.

4. Die Auslegung von Gesellschaftsverträgen

69

Die Auslegung von Gesellschaftsverträgen folgt grundsätzlich den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 und 242 BGB. Das gilt auch für solche Klauseln, die nicht nur für die Gesellschafter selbst, sondern auch für außenstehende Dritte von Bedeutung sein können, wie z. B. für eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, nach der die Gesellschafterrechte nur an Familienangehörige abgetreten werden können[11]. Auch die allgemeinen Grundsätze über die ergänzende Vertragsauslegung finden auf Gesellschaftsverträge Anwendung. Falls die Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages einen regelungsbedürftigen Punkt nicht bedacht und deshalb auch keine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung in den Vertrag aufgenommen haben, so ist auf der Grundlage des Vertrages zu ermitteln, wie die Gesellschafter den offen gebliebenen Punkt nach Treu und Glauben geregelt hätten, wenn sie an ihn gedacht hätten.

Wenn auch grundsätzlich die allgemeinen Regeln über die Auslegung (§§ 133, 157, 242 BGB) auf den Gesellschaftsvertrag anwendbar sind, so ergeben sich doch einige Besonderheiten. Diese gründen sich einerseits auf die meist lange Vertragsdauer und das Eigenleben, das die Gesellschaft im Laufe der Zeit entfaltet, andererseits auf die im Vergleich mit anderen Rechtsgeschäften stärkere und deshalb auch für die Auslegung zu beachtende Bedeutung des Vertragszwecks und der Treuepflicht der Gesellschafter.

70

Lösung zu Fall 5:

S, W und K betreiben ein Umsatzgeschäft, also ein Handelsgewerbe im Sinne der §§ 105 Abs. 1 und 1 Abs. 2 HGB. Bei einem Umsatz von über 1,5 € Millionen ist auch davon auszugehen, dass das Geschäft einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert. Da hier ein kaufmännisches Gewerbe betrieben wird, kann es sich nicht um eine BGB-Gesellschaft handeln. Weil S, W und K keine Haftungsbeschränkung im Hinblick auf einzelne Personen vereinbart haben und die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt, ist sie unabhängig vom Willen der Gesellschafter eine OHG.

71

Lösung zu Fall 6:

Der Vertrag, in dem sich jemand verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück auf einen anderen zu übertragen, bedarf der notariellen Beurkundung (§ 311b BGB). Da einer der Gesellschafter sich verpflichtet hat, ein Grundstück in das Gesellschaftsvermögen einzubringen und der Gesellschaftsvertrag eine Einheit bildet, bedarf er insgesamt gem. § 311b BGB der notariellen Beurkundung um wirksam zu sein. Ein nur handschriftlich aufgesetzter Vertrag verstößt gegen die gesetzlich vorgeschriebene Form (§ 311b BGB) und ist deshalb gem. § 125 BGB nichtig.

Anmerkungen

[1]

BGH WM 1977, 840, 841.

[2]

K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 212 ff.

[3]

BGH BB 1960, 681.

[4]

Palandt/Thomas, BGB, § 705 Rn. 37 ff.

[5]

OLG Stuttgart JZ 1982, 766.

[6]

Zu alldem Winzer, S. 7 ff., 12. ff.

[7]

LG Konstanz NJW 1987, 2521; dazu K. Schmidt, JuS 1988, 444 ff.

[8]

 

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 705 Rn. 155 ff.

[9]

BGH WM 1987, 1336 f.

[10]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 705 Rn. 163 ff.

[11]

BGH WM 1978, 514 f.

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 5 Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis)

§ 5 Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis)

Inhaltsverzeichnis

I. Überblick

II. Das Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen

III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter

IV. Das Geltendmachen von Forderungen, die der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter zustehen

72

Fall 7:

Im Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft haben die 12 Gesellschafter sich 2012 damit einverstanden erklärt, dass die aus 3 Gesellschaftern bestehende Geschäftsführung für die Zukunft ermächtigt sein soll, Nachschusspflichten für die Gesellschafter „in angemessenem Umfang“ zu begründen, wenn sie das für erforderlich hält. Nachdem die Geschäftsführung im Juli 2015 beschlossen hat, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen und jedem Gesellschafter eine Nachschusspflicht in Höhe von 50.000 € aufzuerlegen, fragt Gesellschafter A an, ob er zur Leistung eines solchen Nachschusses verpflichtet ist. Rn. 99

73

Fall 8:

G ist geschäftsführender Gesellschafter einer aus A, B, C und G bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ein nicht unerhebliches aus Grundstücken bestehendes Vermögen verwaltet. G ist außerdem Geschäftsführer der aus 5 Personen bestehenden X-GmbH. Bei Letzterer hat er sich finanzielle Unregelmäßigkeiten zu seinem Vorteil und zu Lasten des Gesellschaftsvermögens zu Schulden kommen lassen. A, B und C erwägen, G die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen. Ist dies möglich? Rn. 100

Literatur:

Armbrüster, Nachschusspflicht im Personengesellschaftsrecht, ZGR 2008, 1 ff.; Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136 (1972) 177 ff.; Grunewald, Die Gesellschafterklage in der Personengesellschaft und der GmbH, 1990; Kießling, Das Gesamthandsprinzip bei Personengesellschaften. FS Hadding, S. 477 ff.; Raiser, Das Recht der Gesellschafterklagen, ZHR 153 (1989) 1 ff.; C. Schäfer, Vom Einstimmigkeitsprinzip zum treupflichtgetragenen Mehrheitsentscheid im Personengesellschaftsrecht, ZGR 2013, 237 ff.; derselbe, Der Bestimmtheitsgrundsatz ist (wirklich) Rechtsgeschichte, ZGR 2014, 1401; Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft 1975; Schulze/Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, 1972.

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 5 Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis) › I. Überblick