Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften

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2. Die Anwendung des § 31 BGB

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Wenn ein Gesellschafter einem Dritten gegenüber eine schädigende Handlung begangen hat, so ist zu klären, ob und ggf. auf welche Art und Weise das Handeln des Gesellschafters der Gesellschaft zugerechnet werden kann. In Betracht kommen § 278 BGB und § 31 BGB. Der BGH[36] vertritt die Auffassung, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründe, müsse sich das zum Schadensersatz verpflichtende Handeln ihrer geschäftsführenden Gesellschafter gem. § 31 BGB analog zurechnen lassen. Da diese Vorschrift dem Vereinsrecht und damit dem Recht der juristischen Personen zugeordnet ist, ist die analoge Anwendung auf eine Personengesellschaft fraglich. Die Anwendung des § 31 BGB setzt voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung begangen hat. In der BGB-Gesellschaft sind grundsätzlich alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung befugt, es sei denn der Gesellschaftsvertrag sieht eine andere Regelung vor. Bei der Auslegung des Begriffs „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ orientiert sich die Rspr. nicht strikt an der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsbefugnis, sondern fasst den Begriff weiter. Darunter fallen nicht nur geschäftsführende Gesellschafter, sondern auch Nichtgesellschafter, denen durch die Betriebsregelung und Handhabung für die Gesellschaft wesensmäßige Funktionen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die Gesellschaft im Rechtverkehr repräsentieren[37].

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Beispiel:

Hat der Gesellschafter G einer BGB-Gesellschaft dem Dritten D gegenüber eine Pflichtverletzung, etwa durch Verursachung eines Verzuges mit Schadensfolge begangen, so haftet die Gesellschaft selbst mit ihrem Vermögen nach §§ 280, 286 BGB i. V. m. § 31 BGB analog.

Für den Fall, dass das schädigende Handeln eines Gesellschafters der Gesellschaft analog § 31 BGB zuzurechnen ist, erwirbt der Dritte gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch. Neben dem Gesellschaftsvermögen haften dann auch in entsprechender Anwendung des § 128 HGB die einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen.

In dem oben geschilderten Beispiel haften G und seine Mitgesellschafter nach §§ 280, 286 BGB i. V. m. § 31 BGB analog und § 128 HGB analog.

3. Ansprüche gegen Mitglieder einer Scheingesellschaft

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Von einer Scheingesellschaft spricht man, wenn es an dem Abschluss eines wirksamen Gesellschaftsvertrages fehlt, eine Gesellschaft also nicht entstanden ist, aber gleichwohl nach außen der Anschein erweckt wird, es handele sich um eine Gesellschaft. Wenn z. B. Personen Briefbögen und Schilder benutzen, auf denen sie gemeinsam mit ihren Namen erscheinen, ohne eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch einen entsprechenden Vertrag begründet zu haben, haben sie den Rechtsschein gesetzt, es handele sich um eine Gesellschaft. Nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen haften deshalb diejenigen Personen, die den Rechtsschein erzeugt haben, Gesellschafter einer Gesellschaft zu sein und diesem Rechtsschein später nicht hinreichend entgegengetreten sind. Die Rechtsscheinhaftung in Bezug auf eine Scheingesellschaft setzt also voraus, dass die in Anspruch genommene Person in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts und den ihrer Zugehörigkeit zu derselben gesetzt hat oder gegen den vorhandenen Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen ist; außerdem muss sich der Dritte bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen haben.[38] Für die Verbindlichkeiten der Scheingesellschaft haften die Mitglieder derselben in entsprechender Anwendung des § 128 HGB.[39]

Beispiel:

Die Anwälte A, B und C haben eine Bürogemeinschaft (§ 59 a Abs. 3 BRAO) begründet. Dabei handelt es sich um eine BGB-Innengesellschaft (siehe dazu unten Rn. 181 ff.), in der jeder für sich handelt. Eine BGB-Außengesellschaft existiert nicht. Die Anwälte benutzen Briefbögen, auf denen unter der Bezeichnung „Anwaltsgemeinschaft“ die Namen von A, B und C aufgeführt sind. Mandant M meint deshalb, es handele sich um eine Anwaltssozietät in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft. Er nimmt einen Termin bei B wahr und bittet darum, dass man ihn in einer Erbschaftssache berät und vertritt. B unterläuft dabei ein schwerer Fehler; M erleidet einen Schaden in Höhe von 120.000 €. Er nimmt deswegen auch den A, der als vermögend gilt, persönlich nach §§ 280, 31 (analog) BGB in Verbindung mit § 128 HGB in Anspruch. Briefbögen der von A, B und C gewählten Art begründen den Anschein einer Sozietät, also einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.[40] Diesen Rechtsschein haben die Gesellschafter A, B und C in zurechenbarer Weise gesetzt. Da der Mandant im Zweifel den Vertrag mit der Sozietät, nicht aber mit dem Einzelanwalt abschließen will, ist Vertragspartnerin des M die Scheingesellschaft unter dem Namen „Anwaltsgemeinschaft“. B hat eine Pflichtverletzung begangen, für die die Scheingesellschaft nach §§ 280, 31 (analog) BGB haftet. Wegen dieser Verbindlichkeit der Gesellschaft kann M nach § 128 HGB analog auch den A in Anspruch nehmen.

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Scheingesellschafter ist auch derjenige, der aus einer bestehenden Gesellschaft ausgeschieden ist, aber weiterhin nach außen als Gesellschafter auftritt. Weil für den Rechtsverkehr nicht erkennbar wird, dass sich die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft geändert hat, muss sich der ausgeschiedene Gesellschafter so behandeln lassen, als bestehe der bisherige Rechtszustand fort.[41] Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet demnach nach Rechtsscheingrundsätzen auch für die nach seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 HGB analog.

Beispiel:

Rechtsanwalt R ist aus der Sozietät „A&B Rechtsanwälte GbR“ zum 31.12.2014 ausgeschieden. Auf dem von der Sozietät verwandten Briefbogen steht weiterhin der Name des R. Am 15.1.2015 kauft B im Namen der „A&B Rechtsanwälte GbR“ unter Verwendung des Briefkopfes, auf dem R noch als Sozius ausgewiesen ist, bei V Büromöbel für 22.000 €. Die Kaufpreisforderung des V ist eine Verbindlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, für die auch der ausgeschiedene R gemäß § 128 HGB analog und nach Rechtsscheingrundsätzen haftet, denn durch die Verwendung des Briefkopfes mit dem Namen des R ist nach außen der Eindruck erweckt worden, als habe sich die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft nicht geändert.

4. Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen

a) Überblick

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Die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft können grundsätzlich auch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus gesetzlichen Schuldverhältnissen persönlich analog § 128 HGB mit ihrem Privatvermögen in Anspruch genommen werden. Nachdem der BGH (s. Rn. 118 f.) seine Auffassung zur persönlichen Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundlegend geändert hat, ist er zu der Auffassung gelangt, die ausnahmslose Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen auch für gesetzliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft sei „im Modell der akzessorischen Haftung angelegt“[42]. Er betont, anders als bei rechtsgeschäftlichen Haftungsbegründungen könnten sich die Gläubiger einer gesetzlichen Verbindlichkeit ihren Schuldner nicht aussuchen; dann müsse aber erst recht wie bei vertraglichen Verbindlichkeiten das Privatvermögen der Gesellschafter als Haftungsmasse zur Verfügung stehen[43].

b) Ungerechtfertigte Bereicherung

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So können die Gesellschafter grundsätzlich aus § 812 BGB in Verbindung mit § 128 HGB analog von einem Gläubiger persönlich in Anspruch genommen werden, der einen Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft erworben hat. Die Gesellschafter haften neben dem Gesellschaftsvermögen z. B. dann aus ungerechtfertigter Bereicherung, wenn die Bereicherung aus der Leistung eines Dritten an das Gesamthandsvermögen stammt, die der Erfüllung einer vermeintlichen vertraglichen Verpflichtung diente, und der Anspruch zur Rückabwicklung nun geltend gemacht wird.

 

Beispiel: Die X-BGB-Gesellschaft hat an K ein Grundstück veräußert. K hat einen Teil des Kaufpreises, nämlich 210.000 € bereits an die Gesellschaft gezahlt und anschließend den Kaufvertrag mit Erfolg angefochten. K hat nun einen Anspruch aus § 812 BGB gegen die Gesellschaft auf Rückzahlung der bereits gezahlten Summe. Für diese Verbindlichkeit der Gesellschaft haften die Gesellschafter persönlich gem. § 812 BGB i. V. m. § 128 HGB analog.

c) Unerlaubte Handlung

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Da die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich auch für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft persönlich und als Gesamtschuldner einzustehen haben[44], haften sie auch für Ansprüche aus unerlaubter Handlung, für welche die Gesellschaft selbst einzustehen hat. Für eine unerlaubte Handlung, die ein geschäftsführungsbefugter Gesellschafter in Ausführung seiner Tätigkeit einem Dritten gegenüber begangen hat, haftet dieser Gesellschafter dem Dritten selbst aus § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2 in Verbindung mit der Verletzung eines Schutzgesetzes oder aus § 826 BGB. Ob der Dritte sich wegen des ihm entstandenen Schadens auch an das Gesellschaftsvermögen und an die einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen halten kann, war lange Zeit umstritten. Da die Rechtsfähigkeit der BGB-Außengesellschaft anerkannt ist[45] und die Anwendbarkeit des § 31 BGB auf gesetzliche Verbindlichkeiten außer Frage steht[46], kann der Gläubiger eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung, den er gegen den geschäftsführenden Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft erworben hat, in Verbindung mit § 31 BGB auch gegen die Gesellschaft geltend machen. Das führt allerdings dazu, dass der Gläubiger eines solchen Anspruchs aus unerlaubter Handlung sich nicht nur an das Gesellschaftsvermögen, sondern, da es sich um eine Verbindlichkeit der Gesellschaft handelt, gem. § 128 HGB analog auch an die einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen halten kann.

Beispiel:

A, B und C haben sich zu einer ARGE, also einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zusammengeschlossen, welche ein Einkaufszentrum für eine Investorengruppe in der Rechtsform der GmbH bauen soll. B und C haben die Geschäftsführung auf A übertragen. A begeht der Investorengruppe gegenüber betrügerische Handlungen, durch welche dieser ein erheblicher Schaden entsteht. Die GmbH hat gegen A selbst Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, und zwar aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. dem Betrugsparagraphen des StGB (§ 263) und aus § 826 BGB, erworben i. V. m. § 31 BGB kann die GmbH auch die Gesellschaft mit ihrem Vermögen in Anspruch nehmen, da A die unerlaubten Handlungen als geschäftsführenden Gesellschafter in Ausübung seiner Tätigkeit für die Gesellschaft begangen hat. Darüber hinaus haften auch B und C entsprechend § 128 HGB für diese Verbindlichkeit ihrer BGB-Gesellschaft aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis.

5. Sozialverbindlichkeiten

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Bei „Sozialverbindlichkeiten“, d. h. Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis den Gesellschaftern gegenüber entstehen (siehe Rn. 79), handelt es sich um typische Gesamthandsverbindlichkeiten, für die in erster Linie nur das Gesellschaftsvermögen, nicht aber die einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen haften. Ließe man die Gesellschafter auch für die Sozialverbindlichkeiten mit ihrem Privatvermögen haften, so widerspräche das dem Grundgedanken des § 707 BGB (= grundsätzlich besteht keine Nachschusspflicht für Gesellschafter)[47]. Wenn ein Gesellschafter Forderungen gegen die Gesellschaft aus eigenen Mitteln erfüllt, muss er zunächst gem. § 713 i. V. m. § 670 BGB versuchen, aus dem Gesellschaftsvermögen Ersatz für seine Aufwendungen zu erhalten. Stehen der Gesellschaft dafür keine ausreichenden Mittel zur Verfügung, hat der Gesellschafter einen anteiligen Ausgleichsanspruch gem. § 426 BGB gegen seine Mitgesellschafter[48].

Zu den Sozialverbindlichkeiten zählen z. B.:


die Verpflichtung, Aufwendungen zu erstatten (§§ 713, 670 BGB),
die Verpflichtung, einem Gesellschafter den auf ihn entfallenden Gewinnanteil auszuzahlen (§ 721 BGB).

6. Ansprüche des Gesellschafter-Gläubigers

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Der Gläubiger, der zugleich Gesellschafter ist (sog. Gesellschafter-Gläubiger), kann eine aus einem von dem Gesellschaftsverhältnis verschiedenen Rechtsverhältnis stammende Forderung (wie z. B. eine Kaufpreis-, Mietzins- oder Darlehensrückzahlungsforderung) sowohl der Gesellschaft als auch über § 128 HGB analog einzelnen Gesellschaftern gegenüber geltend machen. Allerdings muss sich der Gesellschafter-Gläubiger, der seine Mitgesellschafter in Anspruch nimmt, seinen eigenen Verlustanteil anrechnen lassen. Dies ist deswegen gerechtfertigt, weil der in Anspruch genommene Gesellschafter unter Umständen wiederum Ausgleichsforderungen gem. § 426 BGB gegenüber dem Gesellschafter-Gläubiger erwerben würde und dieser deshalb dann, wenn er seinen eigenen Verlustanteil nicht berücksichtigt, etwas fordert, was er auf Grund seiner Beteiligung an der Gesellschaft möglicherweise zurückzahlen müsste.

7. Haftung des Treugebers für Verbindlichkeiten der Gesellschaft?

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Es kommt nicht selten vor, dass ein Kapitalanleger nicht selbst Gesellschafter wird, sondern einen Vertrag mit einem Treuhänder abschließt, der für ihn den Gesellschaftsanteil hält. Das hat zur Folge, dass nicht der Treugeber, sondern der Treuhänder Gesellschafter wird.

Beispiel:

A möchte sich zur Steuerersparnis über den Treuhänder T an einem in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen Immobilienfonds beteiligen. A und T schließen einen entsprechenden Vertrag. T beteiligt sich daraufhin an dem Immobilienfonds, indem er die entsprechenden Vereinbarungen trifft. Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist T und nicht A.

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Es wird als zulässig erachtet, dem Treugeber, also demjenigen, der nicht die Stellung eines Gesellschafters erhalten hat, im Gesellschaftsvertrag unmittelbare Rechte zuzubilligen. Gestützt auf die Vertragsfreiheit können die Gesellschafter ihre internen Rechtsbeziehungen grundsätzlich durch vertragliche Vereinbarungen frei gestalten.[49] So können dem Treugeber z. B. Teilnahmerechte an der Gesellschafterversammlung, Einsichts-, Informations- und Kontrollrechte und sogar Stimmrechte eingeräumt werden. Der Treugeber kann auf diese Art und Weise die Stellung eines „Quasi-Gesellschafters“ erhalten[50].

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Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet der Treuhänder als Gesellschafter in analoger Anwendung des § 128 HGB (vgl. Rn. 117 ff.). Umstritten ist, ob auch der Treugeber wegen der Verbindlichkeiten der Gesellschaft gem. § 128 HGB analog in Anspruch genommen werden kann. Es wird die Meinung vertreten, dass ein Treugeber, der erkennbar gesellschafts- und organisationsrechtlich in die Personengesellschaft eingebunden ist, sich konsequenterweise haftungsrechtlich wie ein echter Gesellschafter behandeln lassen muss[51]. Nach Ansicht des BGH[52] fehlt für die Statuierung einer persönlichen Außenhaftung gem. § 128 HGB analog des qualifizierten Treugebers, als des Quasi-Gesellschafters, die notwendige gesetzliche Grundlage. Für diese Auffassung spricht, dass dem Treugeber die Gesellschafterstellung fehlt, welche die Außenhaftung auslöst. Selbst wenn ihm Rechte wie einem Gesellschafter durch Vertrag eingeräumt worden sind, so betrifft das nur das Verhältnis des Treugebers zum Treuhänder und zur Gesellschaft; das Außenverhältnis wird dadurch nicht tangiert.

Wenn in dem oben genannten Beispiel der Immobilienfonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei der X-Bank ein Darlehen aufnimmt, so haftet daraus der Bank neben dem Gesellschaftsvermögen u. a. der Treuhänder T als Gesellschafter gem. § 488 BGB i. V. m. § 128 HGB analog. Da A als Treugeber nicht Gesellschafter ist, kann die X-Bank ihn nicht in Anspruch nehmen.

8. Haftungsbeschränkungen

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Bei der BGB-Gesellschaft kann die persönliche Haftung der Gesellschafter eingeschränkt werden. Der BGH[53] betont, dass eine Haftungsbeschränkung grundsätzlich nur durch eine entsprechende individualvertragliche Vereinbarung erreicht werden kann. Das bedeutet, dass jedenfalls im Hinblick auf vertragliche Verbindlichkeiten die persönliche Haftung der Gesellschaft nur im Konsens mit dem Vertragspartner abbedungen werden kann[54]. Damit ist ein einseitiger Haftungsausschluss durch einen Gesellschafter bei Vertragsschluss ohne Zustimmung des Vertragspartners nicht möglich. Die Gesellschafter einer Außengesellschaft bürgerlichen Rechts haben deshalb keine Möglichkeit, ihre Außenhaftung durch für Dritte erkennbare Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag wirksam zu beschränken[55].

Beispiel:

Tritt eine Gesellschaft mit der Bezeichnung „GbR mbH“ auf, so ist der daraus möglicherweise erkennbare Wille der Gesellschafter, nur mit ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen haften zu wollen, unbeachtlich, solange der Vertragspartner sich nicht mit einer entsprechenden Haftungsbeschränkung einverstanden erklärt.

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Eine Beschränkung der Haftung des Gesellschafters ist auch nicht ohne weiteres durch eine Beschränkung der Vertretungsmacht der geschäftsführenden Gesellschafter zu erreichen. Eine Haftungsbeschränkung dieser Art entfaltet nur Wirksamkeit, wenn es dem handelnden Gesellschafter gelingt, die Beschränkung in den individuell ausgehandelten Vertrag aufzunehmen[56]. So kann z. B. die persönliche Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für eine vertragliche Verbindlichkeit der Gesellschaft in dem Vertrag zwischen der Gesellschaft und deren Vertragspartner auf den ihrer Beteiligungsquote entsprechenden Anteil der Gesellschaftsschuld beschränkt werden (sog. quotale Haftung). Eine entsprechende Vereinbarung muss allerdings eindeutig sein.[57]

 

Eine Haftungsbeschränkungsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach Auffassung des BGH nicht wirksam: Eine Begründung dafür gibt das Gericht nicht. Gemeint ist aber wohl auch, dass eine entsprechende Haftungsbeschränkungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 307 BGB verstoßen würde[58]. Die unangemessene Benachteiligung wäre in der mangelnden Vereinbarkeit mit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmung (hier § 128 HGB analog), zu sehen, von der abgewichen wird. Dagegen wendet sich Armbrüster[59], der meint, die Auffassung des BGH stelle ein Verbot des Haftungsausschlusses durch Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, das der Rechtsordnung unbekannt sei.

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Von dem Grundsatz, dass Haftungsbeschränkungen durch die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden können, gibt es allerdings abweichende gesetzliche Sonderregelungen. So kann z. B. gem. § 52 BRAO die persönliche Haftung der Anwaltsgesellschafter auf Ersatz des fahrlässig verursachten Schadens beschränkt werden


z. B. durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme (§ 51 BRAO) oder auch
durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einzelne Mitglieder einer Sozietät, die das Mandat im Rahmen ihrer eigenen beruflichen Befugnisse bearbeiten und namentlich bezeichnet sind (ähnliche gesetzliche Haftungserleichterungen gibt es für Patentanwälte, § 45a PatAO, Steuerberater, § 67a Abs. 3 StBerG, und Wirtschaftsprüfer, § 54a Abs. 2 WPO). An die entsprechende Zustimmungserklärung des Vertragspartners dazu werden allerdings strenge Anforderungen gestellt (§ 51 BRAO).

Diskutiert wird die Frage, ob § 8 Abs. 2 PartGG (s. dazu Rn. 471) entsprechend auf die BGB-Gesellschafter angewandt werden kann[60]. Danach hat neben der Partnerschaftsgesellschaft nur derjenige Partner persönlich einzustehen, der den Fehler begangen hat, der also den Schadensersatzanspruch hat entstehen lassen; die anderen Partner sind kraft Gesetzes von der persönlichen Haftung befreit. Der BGH[61] hat eine solche Haftungsprivilegierung mit der Begründung abgelehnt, die für einen Analogieschluss erforderliche Regelungslücke fehle. Der BGH betont, die Haftungskonzentration sei im Falle der Partnerschaftsgesellschaft gesetzlich nur für diese Gesellschaftsform geschaffen worden; zudem werde im Gegenzug für dieses Haftungsprivileg die Publizität der Gesellschaftsverhältnisse verlangt (§§ 4 Abs. 1, 7 Abs. 1 PartGG). Abgesehen davon ist eine Privilegierung bestimmter Berufsgruppen mit Mitteln des Gesellschaftsrechts nicht zulässig[62].