Erneuerbare Energien

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Europa

Bei der Stromversorgung in Europa nimmt die Kernenergie derzeit fast gleichberechtigt mit der Kohle die wichtigste Rolle ein. Ein Fünftel der Elektrizität wird zudem über Erdgas bereitgestellt, und 15 % steuern die erneuerbaren Energien bei. Mineralölist bei der Stromversorgung hingegen eher unbedeutend.

TAB. 2: AUFTEILUNG REGENERATIVE STROMERZEUGUNG WELTWEIT


Welt

Der Weltstrombedarf macht in etwa ein Sechstel (17 %) des Gesamtprimärenergiebedarfs aus. Pro Person liegt er weltweit im Durchschnitt bei jährlich 2.000 kWh. Die US-Amerikaner liegen mit etwa 11.000 kWh weit darüber. Auch die Skandinavier (Norweger, Finnen und Schweden) liegen oberhalb der 10.000-kWh-Marke. Ein Deutscher (6.100 kWh) verbraucht dreimal mehr Strom als der durchschnittliche Weltbürger, ähnlich wie ein Japaner (6.600 kWh). Die Chinesen benötigen verglichen damit jährlich nur ein Zehntel des Stroms (600 kWh).

Der Hauptenergielieferant für die Stromproduktion ist Kohle, die etwa ein Drittel des Strombedarfes abdeckt. Die Wasserkraft steuert einen Anteil von immerhin rund einem Fünftel (ca. 19 %) bei. Demgegenüber ist die Bedeutung anderer erneuerbarer Energielieferanten global gesehen insgesamt recht niedrig (s. Tab. 2).

2.3 Begrenzte zeitliche Verfügbarkeit

„Das Ende des Ölzeitalters hat begonnen. Dieser Erkenntnis müssen wir uns stellen.“

Dieses Zitat ist längst keine Forderung allein grüner Aktivisten mehr. Es wird mittlerweile auch von deutschen Politikern unterstützt, und auch die USA, die lange Zeit nichts von Klimawandel und erneuerbaren Energien wissen wollten, stimmen dem inzwischen zu.

Momentan ist es allerdings noch so, dass die fossilen Energieträger den weitaus größten Anteil am Energieverbrauch ausmachen und der Gesamtenergiebedarf weiter zunimmt. Daher ist absehbar, dass die natürlichen Vorkommen dieser Primärenergieträger immer schneller immer weniger werden. Durch neue Bohrungen werden zwar neue Öl- und Gasvorkommen entdeckt, aber die Neufunde sind längst nicht mehr so ergiebig wie noch vor einigen Jahren.

Die Diskussion über die genaue Bezifferung der zeitlichen Verfügbarkeit dieser Öl-, Gas- und Kohlevorkommen ist ein fortwährender Kampf unterschiedlicher Interessengruppen. Vertreter der Mineralölindustrie erklären seit Jahren, es seien ausreichend Reserven vorhanden, und in absehbarer Zukunft (30 Jahre) würde kein Mangel auftreten. Genau die gegenteilige Meinung vertreten Umweltverbände.

Im Jahr 2007 hieß es zunächst noch, es stünde so viel Öl wie nie zuvor zur Verfügung. Während sich 2006 die weltweiten Reserven gemäß der Studie Oeldorado 2008 von ExxonMobil auf 178.743 Mio. t beliefen, waren es 2007 schon 180.718 Mio. t. Demgegenüber beliefen sich die Zahlen für das Jahr 1957 lediglich auf einen Bruchteil: 36.062 Mio. t. Damals lag allerdings auch sowohl der Verbrauch als auch die Raffineriekapazität nur bei einem Viertel des heutigen Wertes.

Diese wundersame Vermehrung der Reserven hat unterschiedliche Ursachen:

• Früher wurde Öl nur in Wassertiefen von bis zu 75 m gefördert. Heute arbeitet man in bis zu 400 m tiefen Gewässern, mitunter sogar in 3.000 m Tiefe.

• Früher wurde nur 35 % des vorhandenen Öls aus den Lagerstätten gefördert. Heute ermöglicht die Technik eine Nutzung von bis zu 70 %.

• Früher bei niedrigem Barrelpreis waren viele Lagerstätten nicht wirtschaftlich ausbeutbar. Heute bei höherem Ölpreis lohnt sich auch der aufwändige Abbau von Ölschiefer und Ölsanden.

Wie viel Öl tatsächlich noch vorhanden ist, lässt sich nur schwer sagen. Anfang 2007 war im Brennstoffspiegel, dem deutschen Energiemagazin der Mineralölwirtschaft, zu lesen: „Nicht einmal die Ergiebigkeit der Quellen, aus denen heute Öl gefördert wird, ist wirklich bekannt.“ Weiter heißt es, dies liege daran, „dass die Mitglieder der OPEC auf Teufel komm raus schwindeln, wenn sie nach ihren Ölreserven gefragt werden. Sie geben sie zu hoch an.“ [Ottlik, 2007]


Der Hintergrund ist, dass die Organisation Erdöl exportierender Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries, OPEC) über die jeweilige erlaubte Fördermenge ihrer Mitglieder entscheidet. Für die Bestimmung der Fördermenge gibt es einen Berechnungsschlüssel, der sich nach der Größe der im Land vorhandenen Reserven bestimmt. „Je größer die Reserve eines Landes, desto höher die ihm zugebilligte Förderquote. Deshalb werden die Zahlen geschönt, um es zurückhaltend zu formulieren.“ [Ottlik, 2007]

Von besonderer Bedeutung war daher zur Jahreswende 2003/2004 die Neubewertung des Mineralölkonzerns Shell, der nach eigenen Aussagen seine Reserven falsch eingeschätzt hatte und die Mengenangabe um ein Drittel reduzierte.

ABB. 14: DIE OFFIZIELL GRÖSSTEN ÖLLÄNDER 2007


Innerhalb der letzten Jahre sind die Ölpreise und damit auch die Spritpreise in zuvor nicht dagewesene Höhen geklettert. Im Zeitraum von Anfang 2002 bis Anfang 2008 verfünffachte sich der Preis für ein Barrel Rohöl. Ein Grund dafür dürfte die Tatsache gewesen sein, dass der Höhepunkt der weltweiten Ölproduktion immer näher rückt oder vielleicht inzwischen schon erreicht ist. Die Energy Watch Group geht davon aus, dass der Mid Depletion Point (der Punkt des größten Ölfördervolumens) bereits im Jahr 2006 überschritten wurde. Im Oktober 2007 gab die Wissenschaftlergruppe der Ludwig-Bölkow-Stiftung bekannt, dass die weltweiten Ölfördermengen mittlerweile mit einigen Prozentpunkten pro Jahr rückläufig sind. Laut Industriedatenbank HIS (2006) werden die Weltölreserven zwar auf 1.255 Giga-Barrel geschätzt, aber für die Wissenschaftler gibt es stichhaltige Gründe, diese Zahl für einige Regionen und Schlüsselländer nach unten zu korrigieren. Ihrer Schätzung nach belaufen sich die Reserven nur noch auf 854 Giga-Barrel.

Gestützt werden diese Annahmen unter anderem durch die Aussage König Abdullahs von Saudi-Arabien, dem größten Ölproduzenten der Welt, der dazu sagte: „Der Ölboom ist vorbei und wird nicht zurückkehren. Wir müssen uns alle an einen anderen Lebensstil gewöhnen.“ Ganz anderer Meinung war hingegen lange Zeit die Internationale Energie Agentur (IEA). Sie bestritt bis 2007, dass eine grundlegende Änderung der Energieversorgung in naher oder weiterer Zukunft wahrscheinlich sei. Erst im World Energy Outlook 2008 skizzierte sie erstmals ein etwas anderes Bild: Ohne umfassende Investitionen in neue Fördervorhaben könnte es schon bald zu bedenklichen Engpässen kommen, warnte die IEA.

Eng gekoppelt an den Mineralölhandel ist der Handel mit Erdgas. Die größten Lagerstätten von Erdgas liegen in Russland. Das riesige Land birgt Reserven von schätzungsweise 45.000 Mrd. Kubikmeter. Es folgen Iran (27.800 Mrd. m3) und Katar (25.600 Mrd. m3), dann kommt lange nichts, bevor auf Platz vier Saudi-Arabien (7.170 Mrd. m3) zu finden ist.

Braunkohle ist einer der wenigen in Deutschland heimischen Primärenergieträger. Würden weiterhin jährlich 175 Mio. t davon gefördert, könnten ihre Vorräte noch für rund 200 Jahre ausreichen. Angesichts neuer Technologien wird jedoch mittlerweile darüber nachgedacht, diese Vorräte nicht in Kohlekraftwerken zu verbrennen, sondern in Gas oder synthetische Treibstoffe umzuwandeln, um sie somit aufzuwerten. Ab einem Barrelpreis von 65 US-Dollar könnte dies wirtschaftlich möglich sein. Bekommen wir also vielleicht sogar einen Ausbau der Kohleförderung?

Wohl kaum. 2007 wurde entschieden, dass die Förderung von Steinkohle im Jahr 2018 auslaufen wird. Der Trend weg von den fossilen Energieträgern macht sich also auch hier bemerkbar, auch wenn Kohle noch auf viele Jahre hinaus einer der wichtigsten Energieträger für Deutschland bleiben wird.

Egal, wie viel Öl, Gas oder Kohle nun tatsächlich noch vorhanden ist, es bleibt eine unbestreitbare Tatsache, dass sich die Menge der natürlichen Energieträger mit jedem Tag verringert, an dem auch nur ein Fahrzeug mit Benzin fährt oder ein Haus mit Kohle geheizt wird. Die Frage muss demnach nicht lauten, wie lange die Vorkommen tatsächlich reichen werden. Stattdessen sollte sich jeder Einzelne fragen, wie die noch existierenden Primärenergieträger im Sinne einer nachhaltigen Handlungsweise verantwortungsvoll und bewusst eingesetzt werden können. Mineralöl, das „schwarze Gold“, gilt als so genannter hochwertiger Energieträger, weil es für eine Vielzahl von Anwendungen, von der Textil- bis zur Pharmaindustrie, geeignet ist. Deswegen spielt die Überlegung eine wichtige Rolle, ob es für die Verfeuerung in Heizkesseln oder den Antrieb von Kraftfahrzeugen nicht einfach zu schade ist, gerade weil es nicht endlos viel davon gibt.

Erdgas inklusive diverser Folgeprodukte (z. B. Propan, Butan) ist genau wie Mineralöl ein endlicher, fossiler Primärenergieträger, wobei er als nicht ganz so hochwertig angesehen wird. Die zeitliche Verfügbarkeit von Gas wird indes etwas höher angesetzt als bei Öl. Der Vorteil von Gas gegenüber dem schwarzen Gold besteht darin, dass Erdgas als Übergangsprodukt fungieren kann für eine allmähliche Abkehr vom Mineralöl. Erdgas und auch Flüssiggas verursachen bei der Verbrennung deutlich weniger Schadstoffe und eignen sich daher gut für den Einsatz in Kraftfahrzeugen. Außerdem können praktische Erfahrungen mit diesen Gasen bei der Anwendung von gasförmigem Wasserstoff als Energieträger genutzt werden.

 

Ein Wechsel zu alternativen Energieträgern hat somit gleich in mehrfacher Hinsicht Sinn, nicht nur wegen der befristeten zeitlichen Verfügbarkeit. Der Ölminister Saudi-Arabiens hat in diesem Sinne einmal gesagt: „Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen wegen des Mangels an Steinen, und so wird auch die Erdöl-Ära nicht allein wegen des Mangels an Erdöl zu Ende gehen.“ Man kann also sagen, die Mineralöl-Ära ist aus strategischer, energetischer und auch umweltpolitischer Sicht abgelaufen.

2.4 Umweltbelastung

Die Probleme mit fossilen Energieträgern gehen weit über deren zeitliche Verfügbarkeit und den steigenden Energieverbrauch hinaus und beinhalten noch einen weiteren wichtigen Punkt: die Umweltbelastung. Was aber bedeutet eigentlich Umweltbelastung?

Mit der Umwelt ist neben den Menschen auch die gesamte Tier- und Pflanzenwelt gemeint inklusive der Luft, die wir atmen, und des Bodens, auf dem wir gehen. Alle Einflüsse, die diese Umwelt negativ beeinflussen, werden als Umweltbelastung bezeichnet.

Am offensichtlichsten sind die Einschnitte in die Natur beim Braunkohleabbau, wie er beispielsweise in der Lausitz durchgeführt wird. Der Obertageabbau ist zwar finanziell sehr viel günstiger als der Untertageabbau von Steinkohle, hat aber auch beträchtliche Umweltschäden zur Folge:

• gravierende Einschnitte ins Landschaftsbild

• großräumige Grundwasserabsenkungen

• Erschwerung der Trinkwassergewinnung

• Bodenabsenkungen

• schwere Schäden an Pflanzen- und Tierwelt

Auch für die Menschen hat dies drastische Auswirkungen. Ganze Siedlungen müssen umgesetzt werden. Allein bei Garzweiler II mussten zwölf Dörfer mit 8.000 Menschen umgesiedelt werden. Im Saarland wurde mittlerweile der Kohleabbau bis zum Jahr 2012 befristet, da es in der Vergangenheit durch wiederholte und häufigere Bodenabsenkungen zu einer ernsthaften Gefährdung von Gebäuden und auch Menschen kam.


Nicht ganz so offensichtlich geht es bei den Schadstoffen zu. Umweltbelastende Emissionen treten meist als Gase auf, so dass sie für das menschliche Auge nur schwer sichtbar sind. Trotzdem haben sie zum Teil einen großen umweltschädigenden Einfluss. Deswegen gibt es Bestimmungen, die Grenzwerte für alle Emissionen festlegen gemäß dem Motto: „Ob etwas giftig ist, entscheidet allein die Dosierung!“

Die Emissionen, die auf diese Weise in ihrer Häufigkeit und Menge begrenzt (limitiert) sind, werden als „Schadstoffe“ bezeichnet. Wohlgemerkt handelt es sich hierbei lediglich um die gesetzlich reglementierten Emissionen. Dass andere Substanzen ebenfalls die Umwelt belasten, steht außer Frage.

ABB.15: RIESIGE BAGGER BEACKERN RIESIGE BRAUNKOHLEFELDER


Die Emission vieler Schadstoffe findet bei der Verbrennung fossiler Energieträger statt. Bei dieser Reaktion (Oxidation) verändern die Ausgangsprodukte ihre chemische Struktur und es entstehen Verbrennungsprodukte. Bei diesen Produkten muss es sich jedoch nicht gezwungenermaßen um Schadstoffe handeln. Solange eine vollständige Verbrennung von Kohlenwasserstoffen stattfindet (s. Formel), werden lediglich für die Umwelt unbedenkliche Reaktionsprodukte erzeugt. Inwieweit Kohlendioxid als schädlich oder unschädlich bezeichnet werden kann, wird im nachfolgenden Kapitel behandelt.


Weil aber nicht nur die Kohlenwasserstoffe als Reaktionspartner für Sauerstoff zur Verfügung stehen, sondern auch große Mengen Stickstoff (79 % der Umgebungsluft sind Stickstoff), entstehen auch Stickoxide, die als Schadstoffe angesehen werden. Noch problematischer wird es, wenn es zu einer unvollständigen Verbrennung infolge von Sauerstoffmangel kommt, so dass Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe, Schwefeloxid und Ruß entstehen.

In der Praxis findet eigentlich nie eine vollständige Verbrennung statt. Demzufolge entstehen tatsächlich bei jedem Verbrennungsprozess, bei dem fossile Energieträger beteiligt sind, gewisse Mengen an Schadstoffen: limitierte und nichtlimitierte Emissionen.

2.4.1 Limitierte Emissionen

Kohlenwasserstoff (CnHm): Allgemeine Bezeichnung für organische Verbindungen, die aus verschiedenen Anteilen Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen.

Kohlenmonoxid (CO): Reiz-, farb- und geruchloses Gas, das bei der unvollständigen Verbrennung von organischen Verbindungen entsteht. Es wirkt betäubend und gesundheitsgefährdend, da es die Sauerstoffaufnahme des Blutes behindert.

Stickoxid (NOx): NOx umfasst Stickoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2). Es entsteht insbesondere bei hohen Verbrennungstemperaturen. NO greift die Schleimhäute der Atmungsorgane an und begünstigt Atemwegserkrankungen. In Luft reagiert das Oxid in Verbindung mit Wasser zu Salpetersäure (HNO3) und ist für den sauren Regen mitverantwortlich. Stickoxid trägt außerdem zur Smog-Bildung bei.

Ruß (C): Reiner, unverbrannter Kohlenstoff. Er wird vornehmlich in Dieselaggregaten erzeugt. An den Kohlenstoffpartikeln können polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe angelagert sein, denen eine karzinogene (krebserzeugende) Wirkung nachgesagt wird.

2.4.2 Nichtlimitierte Emissionen

Schwefeldioxid (SO2): Farbloses, stechend riechendes Gas. Es entsteht überwiegend als unerwünschtes Nebenprodukt bei der Verbrennung schwefelhaltiger, fossiler Energieträger wie beispielsweise Kohle oder Öl. Reaktionsprodukte von Schwefeldioxid führen vermischt mit Wasser und Salpetersäure zur Bildung des sauren Regens, der für das Waldsterben mitverantwortlich ist.

Kohlendioxid (CO2): Farbloses, nicht brennbares, geruchloses und ungiftiges Gas, das mit ca. 0,03 % natürlicher Bestandteil der Erdatmosphäre ist (s. auch Kap. 2.4.3 CO2-Problematik).

Polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH): Einige besitzen karzinogene und auch mutagene Eigenschaften (Krebs und Mutationen auslösend).

Benzol, Toluol, Xylol (BTX): Leicht flüchtige, aromatische Einzelkohlenwasserstoffe in ringförmiger chemischer Anordnung; Benzinbestandteile. Benzol gilt als krebserzeugend. Toluol kann in erhöhter Konzentration Schleimhautreizungen, Störungen des Nervensystems sowie Schädigungen an Leber, Niere und Gehirnzellen verursachen.

Formaldehyd (HCHO oder CH2O): Wasserlösliches, sehr reaktionsfreudiges, säuerlich stechend riechendes, farbloses Gas, karzinogen. Es gehört zur Gruppe der Aldehyde und kommt meist in 35%iger wässriger Lösung als Formalin in den Handel. Es entsteht als Nebenprodukt bei fast allen Verbrennungsprozessen.

2.4.3 CO2-Problematik

Beim Thema Kohlendioxid scheiden sich die Geister, wie diese Substanz treffend tituliert werden kann:

• als Schadstoff

• als Treibhausgas

• als natürliches Umweltgas

Kohlendioxid ist ungiftig und ein natürlicher Bestandteil der Erdatmosphäre. Bei der Photosynthese wird es von Pflanzen mit Hilfe der Sonnenenergie und Wasser in energiereichere Kohlenhydrate überführt, wobei Sauerstoff freigesetzt wird. Pflanzen benötigen Kohlendioxid also für ihr Wachstum. Menschen und Tiere brauchen wiederum den auf diese Weise erzeugten Sauerstoff für ihren Stoffwechsel und die Kohlenhydrate als Nahrung. Sie produzieren ihrerseits CO2 und Wasser und geben diese über die Atmung an die Außenluft ab, wobei ein Teil davon in Biomasse umgewandelt wird. Auf diese Weise schließt sich ein Kreislauf, von dem alle profitieren und bei dem jeder auf den anderen angewiesen ist.

Vor einigen Jahren waren sich die Wissenschaftler noch uneins darüber, ob Kohlendioxid einen Einfluss auf das Klima hat. Mittlerweile stimmen über 90 % der Wissenschaftler darin überein, dass die verstärkte Emission von Treibhausgasen (inklusive Kohlendioxid) einen globalen Klimawandel bewirken kann.

Worum geht es eigentlich bei der CO2-Problematik?

Die Erdatmosphäre ist weitestgehend durchlässig für einfallendes, sichtbares Sonnenlicht. Die Rückstrahlung von langwelliger Infrarotstrahlung wird hingegen erschwert, weil einige in der Atmosphäre befindliche Substanzen dies teilweise verhindern. Damit verhält sich die Luftschicht der Erde ähnlich wie das Glasdach eines Treibhauses, woher dieses Phänomen auch seinen Namen bekommen hat: Treibhauseffekt. Diese natürliche Eigenschaft der Erdatmosphäre hebt die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche um etwa 30 °C. Ohne diese Eigenschaft wäre es also um einiges kälter auf diesem Planeten.

Wird heute vom Treibhauseffekt gesprochen, ist damit eine über das natürliche Maß hinausgehende Erwärmung der Erde gemeint. Einige Klimamodelle sagen in den nächsten 50 Jahren eine globale Temperaturerhöhung um 1,5 bis 4,5 °C voraus. Diese rasche Erwärmung wird der Konzentrationszunahme von Kohlendioxid, Methan, FCKW, Distickstoffoxid sowie anderen Spurengasen zugeschrieben, die auf die fortschreitende Industrialisierung zurückgeführt wird.

Den größten Einfluss auf die natürliche Erwärmung der Atmosphäre hat allerdings kein Industriegas, sondern der in hohen Luftschichten befindliche Wasserdampf. Zu zwei Dritteln trägt dieser zur verminderten Rückstrahlung der Sonnenstrahlen bei. Bei Kohlendioxid ist der Einfluss ein Viertel. 2 % steuern zudem Methan und zudem noch einige andere klimawirksame Substanzen bei.

Seit dem Klimagipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 diskutieren die Teilnehmerstaaten über ein gemeinsames Vorgehen, um die vom Menschen verursachte (anthropogene) fortschreitende Klimaveränderung einzudämmen. Nachdem es damals neben anderen wichtigen verabschiedeten Dokumenten (Agenda 21) noch keine konkreten diesbezüglichen Vereinbarungen gegeben hatte, einigten sich im Jahr 1997 insgesamt 160 Staaten in der japanischen Stadt Kyoto auf eine Verringerung ihres Schadstoffausstoßes. Die beteiligten Länder verpflichteten sich, ihre Emissionen von Kohlendioxid und Treibhausgasen bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 um durchschnittlich 5,2 % gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 zu senken. Von dieser Vereinbarung distanzierten sich damals jedoch die Vereinigten Staaten. Im Sommer 2001 gelang in Bonn den anderen Teilnehmern dennoch eine Einigung auf konkrete Angaben. Offiziell in Kraft getreten ist das Kyoto-Protokoll allerdings erst 2005.

Die Europäische Union (EU) sicherte im Zuge dieser Vereinbarung zu, ihre CO2-Emissionen um 8 % bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 zu reduzieren. Wegen der unterschiedlichen Lastverteilung innerhalb der EU hat die Bundesrepublik 21 % übernommen, während anderen europäischen Ländern ein Anstieg ihrer Zahlen zugestanden wurde (z. B. Griechenland: + 25 %). Weitere Vorgaben sahen ursprünglich vor, mittelfristig (bis zum Jahr 2020) eine Emissionsreduktion von 30 % und langfristig (bis 2040) von 70 % anzupeilen. Diese Zielsetzung wurde jedoch in zahllosen Verhandlungen aufgegeben. Ende 2008 stimmte das EU-Parlament stattdessen dafür, 20 % Treibhausgasemissionsverminderung bis 2020 anzupeilen. Darüber hinausgehend hatte die Bundesregierung noch vor Jahren als Etappenziel für Deutschland vorgegeben, dass der CO2-Ausstoß bis 2005 auf 25 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduziert werden sollte. Dieses Ziel konnte jedoch ebenfalls nicht erreicht werden.

ABB.16: ENTWICKLUNG DER KOHLENDIOXIDEMISSIONEN WELTWEIT

 

Momentan emittieren fast alle Länder eher mehr als weniger Kohlendioxid im Vergleich zu früheren Jahren. Dass Russland gemäß der Grafik (s. Abb. 16) zumindest zeitweise eine löbliche Ausnahme bildete, lag vorrangig am Zusammenbruch der Industrie nach dem Zerfall der Sowjetunion, von dem sich die dortige Wirtschaft nur allmählich erholt. Speziell die Vereinigten Staaten von Amerika, die jahrelang für den größten Teil des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich waren, steigerten ihren Anteil in der Vergangenheit weiter. Ähnlich ist es bei China, das 2008 die unrühmliche Spitzenposition als Hauptemittent übernommen hat.

Der UNO-Report geht von einer weltweiten Steigerung des CO2-Anteils um durchschnittlich 17 % von 2000 bis 2010 aus. Mitte 2003 vermeldete auch die Europäische Umweltagentur, dass die Gesamtemissionen der Gase, die für den globalen Klimawandel verantwortlich gemacht werden, das zweite Jahr in Folge gestiegen sind. Immerhin gibt es mittlerweile von Seiten der US-Regierung deutliche Signale der Einsicht. Auch dort wird der Klimawandel inzwischen als ernst zu nehmendes Problem angesehen.

Deutschland bildet bei der CO2-Reduzierung fast schon eine löbliche Ausnahme und verfügt im Bereich der erneuerbaren Energien sowie bei der Klimadebatte über eine gewisse Vorreiterrolle. Die Bundesregierung verkündete im April 2007 im Rahmen der halbjährigen EU-Ratspräsidentschaft, der Ausstoß von Kohlendioxid solle in Deutschland bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 um 40 % reduziert werden. Um dieses ehrgeizige Ziel erreichen zu können, wurden zahlreiche Vorhaben auf den Weg gebracht:

• verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien bei der Wärmeerzeugung: weniger Öl, Gas und Kohle – mehr Sonne, Biomasse und Geothermie

• verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung: Erhöhung des Anteils von Sonne, Wind und Wasser

• allgemeine Senkung des Stromverbrauchs: z. B. weniger Stand-by-Betrieb

• Modernisierung von Kraftwerken

• verstärkter Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen

• Verbesserung der Wärmedämmung bei Gebäuden und Verwendung moderner Heizanlagen

• Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs durch technische Innovationen bei Kfz-Motoren und Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel

Die zentralen Ansatzpunkte sind:

• Novellierung des KWK-Gesetzes, um den KWK-Anteil an der Stromerzeugung bis 2020 auf 25 % zu verdoppeln

• Ausbau des Erneuerbare-Energien-Anteils im Stromsektor von damals 14 % auf 25 bis 30 % im Jahr 2020

Bei der Beschränkung des CO2-Ausstoßes von Neuwagen konnte europaweit lange Zeit keine Einigung erzielt werden. Zunächst verständigte sich der EU-Umweltministerrat auf einen Grenzwert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer. Ursprünglich waren 120 g/km als Maximum angepeilt worden, aber vehemente Lobbyarbeit der Automobilkonzerne (speziell der deutschen) bewirkte dann doch gewisse politische Zugeständnisse. Auf Betreiben deutscher Politiker einigte man sich Ende 2008 darauf, dass erst für 2015 ein Grenzwert von 120 g CO2 pro Kilometer gilt.

Ein weiteres Reizthema in diesem Zusammenhang ist die so genannte Sequestrierung. Da die großen Energieversorger gerne noch möglichst lange die Kohlevorkommen in ihren Kraftwerken nutzen möchten, haben sie sich der CCS-Technik (engl.: Carbon Capture and Storage = Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid) zugewandt. Es gibt bereits erste Testprojekte, in denen die CO2-Deponierung unter Tage getestet wird. Im Herbst 2008 ging beispielsweise in Brandenburg ein 30-MW-Pilotprojekt in Betrieb.

Mit dieser Technik sollen CO2-„arme“ oder gar CO2-„freie“ Kohlekraftwerke realisiert werden können. Diese Bezeichnungen sind jedoch irreführend, weil derartige Kohlekraftwerke nicht wirklich kohlendioxidfrei arbeiten. Ein Großteil des anfallenden CO2 wird zwar dem Abgasstrom entzogen, so dass es nicht in die Atmosphäre gelangen kann, aber dies betrifft nur einen Anteil von etwa 70 bis 90 %. Dieser Prozentsatz Kohlendioxid soll bis auf 100 bar verdichtet und in flüssiger Form in geologischen Formationen (z. B. in alten Erdgaskavernen) in einer Tiefe von etwa 800 m gespeichert werden. Der Rest des entstehenden Kohlendioxids gelangt weiter wie bisher in die Atmosphäre. Zunächst muss diese Technik allerdings noch ausgiebig getestet werden, so dass sie großtechnisch voraussichtlich erst nach 2020 zum Einsatz kommen wird.

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