Das unausgesprochene Wort der Königin

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Das unausgesprochene Wort der Königin
Font:Smaller АаLarger Aa

Susanne Sievert

Das unausgesprochene Wort der Königin

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Widmung

Das unausgesprochene Wort der Königin

Bonus: Der Riese

Impressum neobooks

Widmung

Für meine Mutter.

Träume sind das Leben.

Das unausgesprochene Wort der Königin

Es war einmal eine Königin, die neben sich selbst nur noch ihr eigenes Spiegelbild liebte.

In ihrem Besitz befanden sich etliche Spiegel an den Wänden. Sie benötigte aber nicht einen einzigen, um zu wissen, wie schön sie war, denn an ihrer Seite lebte ein König, der es ihr jeden Tag sagte.

Die Königin war eitel und stolz, mit braunem Haar, einer sonnengebräunten Haut und Lachfalten, die ihr freudiges Gemüt unterstrichen. Ihre braunen Augen sprühten vor Lebenslust und jeder, der ihr Lachen vernahm, stimmte mit ein und verspürte ein wärmendes Glück, das alle Sorge für einen Moment vertrieb. Ihr Gemahl war ein ebenso stolzer Mann – gütig, klug und so verliebt in seine Königin, dass er dem dunklen Fleck auf ihrem Herzen keine Beachtung schenkte. Stattdessen überhäufte er seine Geliebte mit wertvollen Edelsteinen, kostbaren Kleidern, ausgefallenen Speisen und Worten der Zuneigung, die sie zu keiner Zeit erwiderte. Nein, sie fand nicht ein einziges schönes Wort.

Seine Geschenke nahm sie gleichgültig entgegen, legte sie zu den anderen und fragte sich, warum er nichts fand, das ihr Herz mit Glück erfüllte. Die Edelsteine funkelten nicht so wie sie es verdiente, die Stoffe der Kleider kratzen, die Speisen fanden selten ihren Geschmack und die Worte des Königs hörte sie so oft, dass sie sie sogar mit der Zeit als lästig empfand.

Die Königin war nie zufrieden, obwohl es ihr an nichts mangelte. Der König liebte seine Frau, das Volk verehrte sie, ihre fünf Kinder wuchsen und erfreuten sich bester Gesundheit. In den Schatzkammern häufte sich ihr Reichtum, kein Wunsch blieb unerfüllt und doch war dort der winzige Fleck auf dem Herzen, der keine Zufriedenheit duldete. Nichts war gut genug für sie.

Der König bemühte sich Tag für Tag. Beschenkte seine Frau und wollte ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, aber alles was sie für ihren Mann übrig hatte, war ein gezwungenes Lächeln ihrer roten Lippen.

Wie könnte er sie auch glücklich machen? Seit einem Jagdunfall blieb das linke Bein des Königs steif und alle öffentlichen Auftritte des Königspaares waren eine Qual für die Königin. Neben ihrem anmutigen Gang wirkte er plump und peinlich. Er war der Grund, warum die Königin so selten die Tore für einen Tanzabend öffnete oder für ausschweifende Dinner, denn mit ihrem Gemahl an ihrer Seite war ein gemeinsamer Tanz oder Auftritt unmöglich, ohne sich selbst zu blamieren. Ach, und wie gerne sie doch im Mittelpunkt eines Ereignisses stand!

Der König spürte die Ablehnung jedes Mal aufs Neue und bemühte sich umso mehr, seiner Frau zu gefallen – seinen eigenen Makel ungeschehen zu machen. Aber es war wie es war. Das Bein blieb steif und die Königin bedachte ihn mit einem Blick, der nicht von Liebe sprach.

Eines Tages floh sie in den königlichen Garten. Fort von den Liebesschwüren, die ihr nichts bedeuteten. Wie konnte er nur! Er, der steifbeinige Dummkopf, der sie beschenkte, als wäre sie eine Göttin. Ausgerechnet sie, die seine Liebe nicht erwidern konnte! Er bemühte sich so sehr, dass seine Versuche um ihre Gunst schmerzten. Wie konnte er es nur wagen, sie derart zu beschämen?

König Hinkebein, pah!

Wütend stolzierte die Königin durch den Garten, vorbei an der Blumenpracht, den grünen Wiesen, den heimischen Bäumen und deren pfeifenden Bewohnern, bis zu einem Brunnen, an dem sie stets Trost fand. Nichts konnte sie mehr beruhigen, als das eigene Spiegelbild. Doch was war das? Der Brunnen war bereits besetzt!

Auf dem glatten weißen Stein saß eine junge Frau und blickte ihr erwartungsvoll entgegen. Die Königin versuchte ihre Haltung zu bewahren. Wer war dieses freche Mädchen, das ihr direkt in die Augen starrte? Sie hatte es zuvor noch nie gesehen und normalerweise kannte sie jedes Gesicht in ihrem Königreich. Argwöhnisch betrachtete sie die langen blonden Haare, die schmalen hübschen Hände und das feine seidenen Gewand, das den Körper der Fremden perfekt umschmeichelte. Mit Unbehagen betrachtete die Königin die hellen blauen Augen, die nicht von dieser Welt stammen konnten, denn sie blickten direkt auf ihr Herz.

Die Königin öffnete den Mund, um ihrer Wut ein paar Worte zu geben, doch die junge Frau kam ihr zuvor: „Ich habe auf Euch gewartet, Königin.“

„So, so“, antwortete die Königin überrascht. Die Fremde war nicht nur besonders schön, nein, ihre Stimme klang wie silberne Glöckchen. Ohne ein böses Wort an die Königin zu richten, gab ihr die Fremde das Gefühl, plump und peinlich auszusehen. Einen kurzen Moment dachte sie an ihren König und ein bitterer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus.

„Wer seid Ihr, die meinen Platz am Brunnen besetzt?“

„Verzeiht, mir war nicht bewusst, dass dieser Platz jemandem gehört.“

„Alles was Ihr hier seht, gehört meinem Gemahl und mir“, mit einer weit ausführenden Geste zeigte die Königin auf ihren Besitz. „Nun, sprecht, Fremde, oder beabsichtigt Ihr, mich zu beleidigen?“

„Nichts liegt mir ferner“, sprach die Fremde, stand auf und trat der Königin entgegen. Ohne Umschweife erklärte sie: „Ich bin eine Fee und hier, um Euch drei Wünsche zu erfüllen.“

Eine Fee, die drei Wünsche erfüllte?

„Unfassbar“, dachte die Königin erstaunt. „Mein Traum ist zum greifen nah. Hier steht jemand, der mir meine geheimsten Wünsche erfüllten kann. Jemand, der mir endlich gerecht wird.“

Freude strahlend klatschte die Königin in die Hände. Drei Wünsche, nur für sie allein!

Sie zögerte nicht lange und sprach: „Wenn das so ist, gute Fee, dann wünsche ich mir Haare, golden und glänzend.“

Die Fee nickte und so geschah es. Die braunen Haare der Königin verfärbten sich augenblicklich und erstrahlten wie flüssiges Gold, das sich ihrem Rücken hinab ergoss. Erstaunt und kichernd drehte die Königin das glänzende Haar zwischen ihren Fingern und konnte ihr Glück kaum fassen.

„Das Haar ist wunderschön, auch wenn es nicht so herrlich glänzt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mein nächster Wunsch wird dir sicher besser gelingen.“

Die blauen Augen der Fee blitzen auf und die Königin spürte ein Stechen in der Brust. Geblendet wie sie war, beachtete sie es nicht und dachte nur an den zweiten Wunsch.

„Nun, gute Fee, ich wünsche mir Haut so weich wie Samt. Das kann nicht so schwer sein, oder?“

Wieder nickte die Fee und auch dieser Wunsch erfüllte sich. Verzückt strich die Königin über ihre Haut und konnte nicht glauben, wie weich sie sich anfühlte. Was würde wohl ihr König sagen? Er würde sicher nicht mehr die Finger von ihr lassen können. Sie konnte es ja selber kaum!

You have finished the free preview. Would you like to read more?