Read the book: «Klopfen befreit»

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Susanne Marx
Vorbemerkung des Verlages

Inhalt

1.Einleitung

2. Woher kommt EFT?

Wie alles begann …

Grundlagen

Verschiedene Richtungen

Erklärungsansätze zur Wirksamkeit der Energy Psychology®

3. Wie funktioniert EFT? – Grundtechnik

1. Schritt: Das Problem formulieren

2. Schritt: Den SUD- oder Stresswert feststellen

3. Schritt: Das Set-up / Korrektur der Psychologischen Umkehr (PU)

4. Schritt: Das Klopfen der Meridianpunkte

5. Schritt: Die Brücke

Ablauf einer EFT-Sitzung

4. Was tun, wenn es einmal nicht hilft?

5. EFT bei häufig vorkommenden Problemen

Körperliche Beschwerden

Sekundärnutzen / Verstärkte Psychologische Umkehr

Phobien

Ängste

Süchte und Abhängigkeiten

Depressionen

Allergien

Belastende, traumatische Erinnerungen

Persönliche Blockaden und einschränkende Überzeugungen / Grundstrukturen

Leistungssteigerung

6. EFT für Fortgeschrittene

Verschiedene Varianten der Grundtechnik

Andere Formen des Klopfens

Surrogatklopfen: Klopfen für andere

EFT mit Kindern

EFT mit Tieren

Die Choices-Methode von Patricia Carrington

Die Personal Peace Procedure von Gary Craig

Schlusswort

Über die Autorin

Literatur

Widmung

Meiner Familie – vielen Dank für das Verständnis und die Unterstützung für meinen unkonventionellen Weg.

Meinen Freunden, zwei- und vierbeinig, und hier ganz besonders meinem Chor – es ist eine Freude, mit euch zu singen!

1. Einleitung

EFT, die Abkürzung für Emotional Freedom Techniques (Emotionale Freiheitstechnik), ist sicher die „seltsamste“ Technik, die ich im Laufe meines Berufslebens kennen gelernt habe – und definitiv eine der wirksamsten.

EFT ist eine Klopfakupressur-Methode und wurde Anfang der 90er-Jahre von dem amerikanischen Ingenieur Gary Craig entwickelt. Sie ist Teil der Energy Psychology®, einer revolutionären therapeutischen Richtung, die sich seit Anfang der 80er-Jahre in den USA entwickelt hat. Anders als die konventionelle Psychologie geht die Energy Psychology® von der Grundannahme aus, dass jedes negative Gefühl – gleichgültig ob emotional oder körperlich – seine Ursache in einer Störung des körpereigenen Energiesystems hat. Hinter dieser relativ trocken klingenden Feststellung verbirgt sich eine Erkenntnis, die weit reichende Konsequenzen für unser gesamtes emotionales Wohlbefinden hat.

Der Gedanke, dass Schmerz und Leid durch einen „Kurzschluss“ im Energiesystem des Körpers verursacht werden, ist in unserer westlichen Welt noch relativ neu. Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass Gedanken und Gefühle untrennbar miteinander verbunden sind und sich direkt gegenseitig auslösen – der Gedanke an eine Spinne löst zum Beispiel ein Gefühl von Ekel und Panik aus.

Dieser konventionellen Gleichung Gedanke → Gefühl steht in der Energy Psychology die Gleichung Gedanke → Störung im Energiesystem → Gefühl entgegen.

Wir versuchen normalerweise entweder am Gedanken zu arbeiten („Das sind ganz nützliche Tiere und sie interessieren sich überhaupt nicht für mich.“) oder am Gefühl („Tief durchatmen und jetzt bloß keine Panik.“), in der Hoffnung, dass die Veränderung des einen auch eine automatische Veränderung des anderen zur Folge hat. Die Energy Psychology setzt dagegen direkt am Verbindungsglied und eigentlichen Verursacher der Angst an – an der Störung im Energiesystem des Körpers.

Durch das Wiederherstellen des körpereigenen energetischen Gleichgewichtes – sozusagen das Beheben des „Kurzschlusses“ – können sich Angst und Panik auflösen und der Anblick einer Spinne ruft nicht mehr automatisch negative Gefühle hervor. Was bleibt, ist eine normale, der Situation angemessene Reaktion.

Die Probleme, bei denen Sie EFT anwenden können, sind äußerst vielfältig: von Ängsten, Phobien, festgefahrenen Denkstrukturen und Verhaltensweisen sowie Süchten über körperliche Probleme bis hin zur Leistungsverbesserung in Schule oder Beruf. In den meisten Fällen lässt sich das Problem mit Hilfe von EFT oder einer anderen Klopfakupressur-Technik vollständig auflösen oder zumindest spürbar verbessern.

EFT greift dabei direkt an der Ursache der Störung ein. Das Schöne daran ist, dass Sie die gleiche Vorgehensweise auf alle belastenden Dinge in Ihrem Leben anwenden können, gleichgültig, wie lange die Probleme schon bestehen oder wie schwer wiegend sie sind.

Für mich ist EFT ein Wunder, aber kein Wundermittel. Es ist leicht zu lernen, sehr sanft und die Wirkung ist im Allgemeinen dauerhaft. Aber trotz der auch für mich immer noch verblüffenden „Eine-Minute-Wunder“, wie Gary Craig sie nennt, müssen Sie sich sowohl mit der Technik als auch mit dem Problem auseinander setzen – es geht nicht um das schnelle „Wegklopfen“ von etwas, das Ihnen nicht gefällt, sondern um Erkenntnis, Ehrlichkeit Ihnen selbst gegenüber und eine echte Lösung. Manche Probleme lassen sich sehr schnell und einfach lösen, bei anderen brauchen Sie mehr Geduld und Durchhaltevermögen und möglicherweise auch die Hilfe eines professionellen Therapeuten. Was mich aber an der Methode so begeistert, ist die Tatsache, dass ich damit ein Instrument in der Hand habe (und das buchstäblich), das wirklich und tief greifend hilft!

Zum Aufbau dieses Buches:

Der theoretische Teil informiert über die Wirkungsweise, Entwicklung und den wissenschaftlichen Hintergrund von EFT. Wenn Sie einfach neugierig auf die Technik sind und sofort mit dem Klopfen anfangen wollen, können Sie auch direkt mit dem praktischen Teil beginnen. Wenn Sie, wie ich, immer gerne wissen möchten, wie und warum etwas funktioniert, wird Ihnen der theoretische Teil das notwendige Hintergrundwissen dazu liefern. Aber gleichgültig wie Sie dieses Buch lesen – ich wünsche Ihnen in jedem Fall viel Erfolg und Freude beim Klopfen!


Während die konventionelle Psychologie (obere Abb.) davon ausgeht, dass ein bestimmter Gedanke eine bestimmte Emotion auslöst und an beidem ansetzt, geht die Energy Psychology (untere Abb.) davon aus, dass ein bestimmter Gedanke zuerst eine Störung im Energiesystem verursacht, die dann wiederum für die Emotion verantwortlich ist. Sie setzt daher direkt an dieser Störung an.

2. Woher kommt EFT?

Jede Entdeckung ruht auf den Schultern anderer Entdeckungen und so verdankt auch EFT ihre Existenz den Pionieren der energetischen Psychologie. Die Energy Psychology geht zurück auf den Psychologen Roger Callahan und ist heute weit verbreitet. Alle Techniken, die zu dieser neuen therapeutischen Richtung gehören, basieren auf zwei Grundannahmen:

1.Der Mensch hat neben dem Blut-, Lymph- und Nervensystem noch ein viertes wichtiges Versorgungs- und Steuerungssystem: das Energie- oder Meridiansystem.

2.Bei jeder Krankheits- oder Leidenssituation ist der Energiefluss im Körper gestört, das heißt, jedes unangenehme Gefühl wird durch eine Blockade im Energiesystem verursacht.

Dass der Mensch ein System aus Energiekanälen besitzt, die man spüren und ertasten kann, ist schon sehr lange bekannt. In China erwähnt wird dieses Energie- oder Meridiansystem zum ersten Mal im Nei King (Neijing), einem Text über Innere Medizin, das dem legendären Gelben Kaiser Huang Ti (ca. 2690-2590 v. Chr.) zugeschrieben wird. Aber auch in Indien, Tibet und Europa wurde schon sehr früh an und mit diesen Energiebahnen geheilt und es scheint, dass fast jede Kultur eine eigene Meridianlehre entwickelt hat. Während mehrere Jahrtausende lang die Existenz der Meridiane nur indirekt über die Wirksamkeit der Behandlungen nachgewiesen werden konnte – die Weltgesundheitsbehörde WHO hat die Akupunktur mittlerweile als wirksames Heilsystem anerkannt –, gibt es inzwischen auch genügend direkte wissenschaftliche Nachweise. So belegten unter anderem der Wissenschaftler Prof. Kim Bong Han die Existenz der Meridiane und der Physiker Dr. Zhang-Hee Cho die Existenz der Akupunkturpunkte sowie die Verbindung des Energiekreislaufs mit anderen Kreisläufen des Körpers, vor allem dem Blutkreislauf.

Zu den gleichen Ergebnissen auf westlicher Seite kamen die Ärzte Jean-Claude Darras und Pierre de Vernejoul der Pariser Universitätsklinik: Zwischen 1985 und 1986 injizierten sie freiwilligen Testpersonen unschädliche radioaktive Isotope des Elements Technetium in Meridianpunkte und Vergleichspunkte. Kurze Zeit darauf war innerhalb der Meridiane ein zusammenhängender Fluss erkennbar, der den schon im Nei King beschriebenen Verläufen der Meridiane folgte. In den Vergleichspunkten dagegen hatte sich das Technetium willkürlich im umliegenden Gewebe um den Injektionsort verteilt.

Eine ganz wichtige Erkenntnis dieser Studien war die Tatsache, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Energiesystem und unserem neuralen, chemischen, muskulären und kognitiven System gibt. Das heißt, dass alle Arten von Störungen – seien es nun Gefühle, z.B. Angst, körperliche Schmerzen, einschränkende Überzeugungen oder hormonelle Fehlfunktionen – sich im Energiesystem zeigen und auch dort behandeln lassen.

Dieses Prinzip der Ganzheitlichkeit, das den Menschen als intelligentes, vernetztes und untrennbar miteinander verbundenes System von körperlichen, emotionalen und geistigen Vorgängen wahrnimmt, war schon immer und ist auch noch heute in China vollkommen selbstverständlich bei der Behandlung von Krankheiten. Es gibt im Chinesischen kein Wort für „Psyche“ oder „psychische Vorgänge“, weil jedes psychische Ereignis nach chinesischem Verständnis immer auch eine körperliche und emotionale Reaktion hat. Deshalb ist es immer auch möglich, über das Meridiansystem alle anderen Systeme zu erreichen und wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Und genau dieses Prinzip machen sich die Energetischen Therapien zunutze: Über das Klopfen bestimmter Meridianpunkte lassen sich sowohl körperliche Beschwerden als auch belastende Gefühle oder festgefahrene Denkstrukturen und Verhaltensweisen lösen.

Wie alles begann …

Eine Wurzel der Energy Psychology stellt also die Meridianlehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) dar. Aber es gibt noch andere wichtige Erkenntnisse und Techniken, ohne die es Methoden wie EFT heute nicht geben würde.

1964 entdeckte der Chiropraktiker Dr. George J. Goodheart ein ungewöhnliches Phänomen: Es stellte fest, dass es einen Zusammenhang zwischen Stress und Muskelfunktion gibt, dass physische und psychische Vorgänge sich im Zustand der Muskeln widerspiegeln. Das Testverfahren, das diese Funktion ohne Zuhilfenahme von Apparaten erfasst, war geboren: der Muskeltest. Bat er zum Beispiel einen Patienten, den Arm seitlich auszustrecken und versuchte er, diesen mit gleichmäßig stärker werdendem Druck herunterzudrücken, so konnte der Patient diesem Druck ohne Probleme standhalten – der Muskel war stark oder „angeschaltet“. Berührte er nun gleichzeitig noch mit den Fingern zum Beispiel einen schmerzenden Wirbel des Patienten, so senkte sich der Arm trotz Anstrengung des Patienten – der Muskel wurde schwach oder schaltete für kurze Zeit ab. Sind wir Stress ausgesetzt, gleichgültig ob das ein negativer Gedanke, eine unangenehme Situation oder ein körperlicher Schmerz ist, können unsere Muskeln für kurze Zeit nicht optimal funktionieren, weil die durch die Nervenbahnen fließende Elektrizität unterbrochen ist. Stress blockiert also den elektrischen Fluss in unserem Körper, indem er eine Art Kurzschluss verursacht.

Bei weiteren Forschungen fand Goodheart außerdem heraus, dass es eine Verbindung zwischen bestimmten Muskeln und den energetischen Organsystemen – also dem Meridiansystem – gibt. Durch leichtes Klopfen mit den Fingern auf bestimmte Meridianpunkte ließen sich Beschwerden, die mit diesem Organsystem verbunden waren, lindern oder sogar ganz heilen.

Goodheart nannte dieses sehr genaue und einfache Rückmeldesystem des Körpers Kinesiologie. Der Begriff ist aus den beiden Wörtern kínesis = Bewegung und lógos = Lehre abgeleitet. In der (konventionellen) Medizin steht „Kinesiologie“ für die Untersuchung der Muskeln und Bewegungslehre.

Was für eine Bedeutung diese Entdeckung für den Gesundheitsbereich hatte, wurde in der folgenden Zeit immer deutlicher: Endlich gab es eine Möglichkeit, das Körperwissen direkt zu Hilfe zu nehmen, um zum Beispiel die Ursache von Erkrankungen herauszufinden. Über die Verbindung von Muskeln und Reflex- sowie Meridianpunkten ließen sich aber auch Beschwerden lindern oder heilen. Mithilfe des Muskeltests war also nicht nur eine Beurteilung, sondern auch eine Heilung und Überprüfung der Ergebnisse möglich.

Dass dieser Mechanismus nicht nur bei körperlichen Problemen sondern auch bei emotionalem Stress funktioniert, entdeckte der Psychiater Dr. John Diamond, ein Schüler Goodhearts. Er stellte fest, dass Muskeln auch dann abschalteten, wenn die Patienten an etwas Unangenehmes oder Belastendes dachten. Diesen Vorgang können Sie relativ einfach im Alltag überprüfen – dann nämlich, wenn Ihnen zum Beispiel etwas herunterfällt oder Sie sich den Fuß an etwas stoßen. Wenn Sie überlegen, woran Sie in den Sekunden davor gedacht haben, werden Sie feststellen, dass es immer etwas gab, das Ihnen Stress verursacht hat.

Durch das Muskeltesten konnte er nun zusammen mit den Patienten viel schneller und einfacher die wirklichen Ursachen emotionaler Probleme – so genannte „core-issues“ oder „Kern-Themen“ – herausfinden, als durch die herkömmlichen psychotherapeutischen Methoden. Auf John Diamond geht auch die „Behavioral Kinesiology“ zurück. Er war der Erste, der spezielle Alarmpunkte der Meridiane identifizierte, die mit bestimmten Emotionen in Verbindung standen. War also zum Beispiel der Alarmpunkt des Nierenmeridians blockiert, empfand der Patient übermäßige Angst, genauso wie umgekehrt übermäßige Angst den Nierenmeridian blockiert. Wie bereits Goodheart regte auch Diamond die aus der Akupunktur bekannten Punkte äußerlich mit leichtem Klopfen der Finger an, um die Blockade zu beseitigen und ein neues emotionales Gleichgewicht zu erreichen. Er kombinierte diese Methode aber auch mit Gesprächen, Anregungen zu Verhaltensänderungen und Affirmationen.

Noch weiter verfeinert wurde diese Kombination aus Muskeltest und dem Klopfen von Akupressurpunkten durch den Psychologen Dr. Roger Callahan. Er entwickelte den theoretischen Hintergrund der so genannten Gedankenfelder, die im Folgenden noch vorgestellt werden, und prägte den seitdem verwendeten Begriff der Energy Psychology®. Außerdem entdeckte er das Phänomen der so genannten „Psychologischen Umkehr“, eine Art unbewusste Selbstsabotage, deren Korrektur ein wichtiger Teil aller Klopfakupressur-Techniken ist (siehe Kapitel 3 und 4).

Grundlagen

Zwei wichtige Grundlagen der Energy Psychology haben wir bereits kennen gelernt – die Kinesiologie und die Meridianlehre der Traditionellen Chinesischen Medizin. Es gibt aber noch ein drittes Gebiet, das bei den meisten Techniken der Energetischen Psychologie und besonders bei EFT eine wichtige Rolle spielt: die Kognitive Therapie.


Die Kognitive Therapie basiert auf den Arbeiten des Psychologen Albert Ellis und des Psychiaters Aaron Beck. Beide gehen davon aus, dass vor jeder Gefühlsreaktion ein – von uns oft nicht oder kaum wahrnehmbarer – Gedanke steht, der dieses Gefühl auslöst. Können wir diesen Gedanken erkennen, kontrollieren und verändern, so verändert sich gleichzeitig das entsprechende Gefühl. Woher aber kommen diese automatischen, uns oft nicht bewussten Gedanken, die eine so starke Wirkung auf unser emotionales Leben haben? Die Kognitive Therapie geht davon aus, dass diese Gedanken das Produkt unserer grundlegenden Einstellungen sind, die wiederum wie ein Hintergrundrauschen immer am Rande unseres Bewusstseins ablaufen. Diese Einstellungen haben sich aus den tief verwurzelten Überzeugungen gebildet, die sich seit unserer Geburt als Reaktion auf unsere Erlebnisse mit der Umwelt entwickelt haben. Je früher die Überzeugungen sich gebildet haben, desto stärker prägen sie später unser Leben. Das klingt relativ kompliziert, ist aber eigentlich sehr einfach und – wird man sich der Tragweite dieser Erkenntnisse bewusst – auch ziemlich erschreckend. Alles, was ich als kleines Kind erlebt und welche Schlüsse ich daraus gezogen habe, prägt mein jetziges Leben ganz entscheidend und lässt mich immer wieder gleich reagieren.

Die Art, wie wir über ein Ereignis denken und es aufgrund unserer persönlichen Grundüberzeugungen deuten, legt also fest, wie wir es emotional erleben. Die gleiche Situation kann von zwei Menschen völlig unterschiedlich interpretiert und erlebt werden. Es ist also nicht so sehr entscheidend, was wirklich geschehen ist, sondern wie wir etwas aufgrund unserer damaligen Reife, Lebensumstände und Persönlichkeit erlebt und gedeutet haben. Und es ist klar, dass wir mit vier Jahren die meisten Situationen eben nur so einschätzen können, wie es ein Vierjähriger eben kann. Viele Kinder fühlen sich zum Beispiel verantwortlich für eine Trennung der Eltern, auch wenn sie es in den meisten Fällen nicht sind, und ziehen daraus Schlüsse, die ihr ganzes weiteres Leben beeinflussen.

Wobei viele dieser automatischen Reaktionen durchaus hilfreich und intelligent sind. Ohne sie müssten wir uns jedes Mal beim Schuhebinden konzentrieren und bei der Überquerung einer Straße uns bewusst daran erinnern, nach beiden Seiten zu schauen. Diese Muster sind gesund und daher auch nicht Gegenstand der Energetischen oder Kognitiven Therapie.

Ein wichtiges Ziel der Kognitiven Therapie ist das Herausarbeiten der Ursprünge unserer grundlegenden Überzeugungen – wir gehen einer Überzeugung sozusagen „auf den Grund“ – und das ist vor allem auch bei EFT ein ganz zentraler Teil der Arbeit.

Was meiner Erfahrung nach EFT wirkungsvoller als reine Kognitive Therapie macht, ist die Tatsache, dass EFT an einem anderen Punkt ansetzt.

Kognitive Therapie versucht, Muster durch Erkenntnis sowie aktives und bewusstes Umprogrammieren zu verändern. Das sind beides Funktionen unseres Verstandes, die der linken Hirnhemisphäre zugeordnet sind. Emotionale Muster werden aber vor allem in der rechten Gehirnhälfte gespeichert. Ein Beispiel: Die Erkenntnis, dass Sie so empfindlich auf eine Kollegin reagieren, weil sie Sie an Ihre überkritische Mutter erinnert (linke Hemisphäre), führt nicht automatisch dazu, dass das Verhalten Ihrer Kollegin Sie emotional nicht mehr belastet (rechte Hemisphäre). Für eine echte Veränderung ist es notwendig, eine Verbindung zwischen beiden Hemisphären zu schaffen, damit ein wirkliches Verstehen stattfinden kann. Und genau das geschieht bei EFT.

Dass dieser Ansatz oft erfolgreicher als der der Kognitiven Therapie ist, hat auch eine Studie gezeigt, die die Ergebnisse von Kognitiver Therapie bei Menschen mit Angststörungen mit den Ergebnissen der Energy Psychology verglichen hat. Zwar zeigten auch die Testpersonen, die sich einer Kognitiven Therapie unterzogen hatten, die bei einem Behandlungserfolg sichtbaren Veränderungen im EEG, aber die Arbeit dauerte im Vergleich zur energetisch arbeitenden Methode wesentlich länger. Darüber hinaus hat eine Follow-up-Studie ein Jahr nach Abschluss der Behandlung gezeigt, dass die Gehirnwellenmuster der Patienten, die mit Kognitiver Therapie behandelt wurden, wesentlich häufiger wieder ihren ursprünglichen Zustand angenommen hatten (der Erfolg war nicht von Dauer), als bei den Patienten, bei denen Energy Psychology eingesetzt wurde.

Die energetischen Techniken arbeiten also in gewisser Weise ganzheitlicher, indem sie einerseits mit dem emotionalen Muster selbst arbeiten und andererseits eine Verbindung zwischen Erkenntnis und Gefühl herstellen. So können die Muster sich sanft und dauerhaft lösen und einem neuen Verständnis Platz machen. Versuchen wir es nur mit dem Willen und unserer Ratio, ist das oft mit Zwang und einem großem Kraftaufwand verbunden und erreicht vor allem den Kern oder Verursacher – das sehr tief verwurzelte, früh entstandene emotionale Muster – oft nicht. Sie kennen das sicher aus eigener Erfahrung, wenn Sie entweder einmal versucht haben, Diät zu halten, mit dem Rauchen aufzuhören oder beruflich erfolgreicher zu sein. Wir wissen, dass es gut für uns wäre, müssen uns aber ständig zwingen und fallen trotz aller Mühe oft wieder in die alten Verhaltensweisen zurück.