VARIATIONslinguistik trifft TEXTlinguistik

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4.2 Zusammenhang von Text, Stil und Situation

Den kleinsten gemeinsamen Nenner der verschiedenen Stiltheorien haben bereits Riesel / Schendels (1975: 15) wie folgt formuliert: „Stil ist immer das Wie einer Ausführung.“ Bei der Bestimmung von Textsortenstilen geht es um das Wie einer Ausführung in Texten einer Textsorte. Die Frage nach dem Zusammenhang von Text und Stil ist dabei keineswegs banal: So werden die Stilgebundenheit von Text und das Kriterium der stilistischen Einheit von Texten in der Textlinguistik und der Stilistik kontrovers diskutiert. Es ist nach wie vor eine offene Frage, welche Rolle der Stil für einen Text spielt (vgl. Püschel 2000: 479). Dabei gehe ich nicht so weit wie U. Fix, die die stilistische Einheit eines Textes für seine Texthaftigkeit zwingend voraussetzt (vgl. Fix 2005: 36, 42f.).1 Vielmehr folge ich – analog zum Konzept der Musterhaftigkeit – einem prototypischen Stilkonzept (so auch Fleischer u. a. 1996: 35; Sandig 2006: 535–537). Wie oben bereits angesprochen, fasse ich Textsortenstile als die Gesamtheit der Muster, die in mehreren Exemplaren der gleichen Textsorte gemeinsam auftreten. Im Gegensatz zur Idealvorstellung der stilistischen Einheitlichkeit von Texten wird das prototypische Stilkonzept der Tatsache gerecht, dass ein Text mehr oder weniger musterhaften Sprachgebrauch aufweisen kann, dass es also prototypische und weniger prototypische Textexemplare gibt und Stil unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Ein einheitlicher Stil innerhalb eines Textes trägt zur Textmusterbezogenheit bei und dient dazu, diesen als einer Textsorte zugehörig zu kontextualisieren. Gleichzeitig festigen viele einzelne Texte, die dem gleichen Stil folgen, aufgrund ihrer Prototypizität das zugrundeliegende Textmuster.

Während die Stilgebundenheit von Text im Wissenschaftsdiskurs im Detail unterschiedlich gewichtet wird, besteht innerhalb der verschiedenen Stilforschungen Konsens über die „Textgebundenheit von Stil“ (Fix 2009: 1313). Stil wird als „textkonstitutive[s] Mittel“ (ebd.) bezeichnet bzw. ihm wird eine textkonstitutive Funktion zugeschrieben. Unabhängig vom Inhalt macht demnach nicht zuletzt der Stil einen Text zu einem Vertreter der zugehörigen Textsorte.

Die Frage, warum sich verschiedene Textsorten durch unterschiedliche Stile auszeichnen und es stilistische Variation gibt, führt zum Zusammenhang von Stil und Situation. So wie Musterhaftigkeit ist auch Stil grundsätzlich kontextgebunden. Dies wird vor allem von der Funktionalen Stilistik explizit gemacht, wonach Stil „die funktionsgerechte, dem jeweiligen Sprachusus im schriftlichen und mündlichen Gesellschaftsverkehr angemessene Verwendungsweise des sprachlichen Potentials“ ist (Riesel / Schendels 1975: 16). Die Relevanz des situativen Anpassens ist der Tatsache geschuldet, dass Texte (wie auch Äußerungen) der Alltagskommunikation nie singulär stehen (für künstlerische Texte gilt dies nicht gleichermaßen), sondern immer „in eine fest umrissene Kommunikationssituation eingebettet [sind], eine Situation, die bei der Produktion des Textes wie bei seiner Rezeption im Blick sein muss. Man weiß und hat zu berücksichtigen, wer sich zu wem, zu welchem Gegenstand, mit welchem Ziel, in welcher Textsorte äußert.“ (Fix 2004: 41f.; s. a. Hoffmann 2009: 1320)

Daraus geht erstens hervor, dass Stil immer in Bezug zur Situation betrachtet werden muss, und zweitens, dass die Auswahl stilistischer Mittel nicht beliebig ist, sondern durch den Kontext bestimmt wird (vgl. Hoffmann 2009: 1326f.). Je nach Situation „stehen typische, erwartbare Mittel zur Verfügung, die man üblicherweise gebraucht, um bestimmten [mündlichen wie schriftlichen] Redekonstellationen zu genügen“ (Fix 2004: 43). Das situative Umfeld wirkt demnach stildeterminierend.2 Aus soziolinguistischer Sicht können Stile deshalb als „Anpassungen des Ausdrucks an die jeweiligen Redesituationen und -intentionen [betrachtet werden] und an die Rollen, die die Beteiligten in solchen kommunikativen Situationen üblicherweise auszufüllen haben“ (Fix 2004: 44; s. a. Hoffmann 2009: 1321, der von einem „Situationsrahmen mit gegenseitigen Einschätzungen, Erwartungshaltungen und Redeabsichten“ spricht). Die Tatsache, dass sich je nach Situation dominierende stilistische Mittel, bspw. typische Formulierungen, durchsetzen, führt zur Musterhaftigkeit von Stil, die sich wiederum korpuslinguistisch operationalisieren lässt (s. u.).

Doch der Zusammenhang von Stil und Situation ist kein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Denn auch stilistisches Handeln wirkt auf die Situation ein (vgl. Hoffmann 2009: 1329). Die Situation ist nicht als etwas Statisches, bereits Vorhandenes anzusehen, sondern als etwas Dynamisches, das von den Kommunikationsteilnehmern gemeinsam hergestellt wird. Stil und Situation (bzw. Stilmerkmale und Situationsaspekte) stehen also in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander, in einer Interdependenzbeziehung (vgl. Selting 1997: 12): Während einerseits die Situation bzw. der Kontext den Stil bestimmt und bspw. stilistische Entscheidungen beeinflusst oder bestimmte Stilmittel erwarten lässt, führt andererseits der Stil erst zur Situation und ist ein Mittel der Kontextherstellung und Kontextualisierung (vgl. Gansel 2009: 1913). Die Trias Text, Stil und Situation ist folglich durch ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis bestimmt.

4.3 Musterhaftigkeit von Stil und korpuslinguistische Operationalisierung

Wie oben skizziert, bildet sich in Abhängigkeit von der Situation (und damit einhergehend in Abhängigkeit von der Textsorte) ein musterhafter Sprachgebrauch heraus, der den Stil einer Textsorte kennzeichnet. Die Operationali­sierung der Kategorien Textsorte und Stil auf Grundlage der Musterhaftigkeit verknüpft die textlinguistische und die stilistische Perspektive auf Texte: Musterhaftigkeit im Stil und Musterhaftigkeit der Texte sind nicht zu trennen (vgl. Fix 2009: 1312, s. a. Fix 2005). Die Verknüpfung zeigt sich auch in der Begrifflichkeit: So wie sich Textsorten durch ihre Musterhaftigkeit auszeichnen und einem zugrundeliegenden Textmuster folgen, so ist auch der Textsortenstil musterhaft und liegt ihm ein Stilmuster zugrunde. Grundsätzlich zählt alles, was zur Musterhaftigkeit eines Textes beiträgt, zum Stil. In diesem weiten Verständnis von Stil, wie es auch die Pragmatische Stilistik vertritt, wird nicht nur Sprachliches relevant, sondern alles, was mit dem Musterhaften zu tun hat (vgl. Sandig 2006: 5). Das Wie der Ausführung eines Textes, der Textsortenstil, schließt „alle Erscheinungen […] auf der Textoberfläche“ (Fix 2005: 48) mit ein, auch typographische Aspekte, das Layout, die Medialität usw.1 Mit Bezug auf die Textlinguistik habe ich jedoch bereits dargelegt, dass eine korpuslinguistische Analyse nur Muster auf sprachlicher Ebene berücksichtigen kann. Ebenso verhält es sich mit der Beschreibung des Textstils. Die methodisch notwendige Eingrenzung schafft eine Verbindung zwischen dem Stilbegriff und korpuslinguistisch fassbaren Sprachgebrauchsmustern: Textsortenstile lassen sich als Summe wiederkehrender Muster in Texten einer Textsorte fassen. Der Stil zeigt sich dabei als Differenz zum musterhaften Sprachgebrauch in anderen Textsorten, also als Differenz zu anderen Stilmustern. Der Mustervergleich ist daher ein geeignetes Verfahren zur korpuslinguistischen Identifizierung von Stilen (vgl. Fix 2004: 44; Scharloth / Bubenhofer 2011: 203). Ist das Stilmuster erst einmal ermittelt, lässt sich der Grad der Musterhaftigkeit eines individuellen Textstils im Abgleich zum Stilmuster analysieren.

Im Folgenden wird nun der Weg beschrieben, wie sich ausgehend von einzelnen Texten textsortentypische Muster ermitteln lassen, die in ihrer Gesamtheit spezifisch für die entsprechende Textsorte sind und denen somit ein textsortentypologisches Potential zukommt.

5 Induktiv korpuslinguistisch ermittelte Muster als Grundlage der Text- und Stilanalyse
5.1 Von den einzelnen Texten zu den textsortentypischen Mustern

Das Anliegen der Korpuslinguistik besteht, wie bereits angesprochen, im automatisierten Auswerten umfangreicher Korpora. Nicht der Sprachgebrauch in Einzeltexten wird betrachtet, sondern Sprache wird hinsichtlich ihrer musterhaften Strukturen und Verwendungsweisen untersucht. Ein korpuslinguistisches Arbeiten im engeren Sinne ist dabei der Induktion verpflichtet. Das bedeutet, dass Sprache als Datensammlung aufgefasst und Sprachgebrauch, der statistisch auffällig ist, sichtbar gemacht wird. Diese Auffälligkeiten müssen nicht in absoluten Zahlen hochfrequent sein, sondern im untersuchten Sprachausschnitt (konkret: in den einer Textsorte zugehörigen Texten) nur überzufällig häufig auftreten. Das Vorgehen zeichnet sich dadurch aus, dass es weitgehend frei von Vorannahmen, datengeleitet erfolgt (vgl. Tognini-Bonelli 2001: 84). Auf diese Weise wird gewährleistet, dass auch unauffällige und unvermutete Muster gefunden werden können (vgl. Kap. 1), die weder den Sprachbenutzern noch den Forschenden bewusst auffallen, die aber trotzdem – da statistisch auffällig – signifikant sind (vgl. Bubenhofer 2009: 16).

Für die Berechnung der statistischen Signifikanz wird das beobachtete, tatsächliche Vorkommen eines Musters in Beziehung gesetzt zum erwarteten Vorkommen unter Berücksichtigung der jeweiligen Korpusgrößen.1 Die Signifikanz basiert also immer auf einem Vergleich zwischen Untersuchungskorpus und Referenzkorpus. Mit Blick auf den textsortenspezifischen Sprachgebrauch ist einerseits ein Untersuchungskorpus bestehend aus Texten einer Textsorte (= Textsorten-Korpus) im Vergleich zu einem möglichst breit angelegten, das Standarddeutsche repräsentierenden Referenzkorpus auszuwerten; andererseits sind das entsprechende Textsorten-Korpus und weitere Textsorten-Korpora vergleichend zu analysieren. Dieses doppelte Analyseverfahren ist sinnvoll, um verfälschenden Analyseergebnissen entgegenzuwirken. Denn hinsichtlich der Aussagekraft des Signifikanzwerts ist zu bedenken: Wenn ein Muster als signifikant für eine bestimmte Textsorte ermittelt wird, bedeutet dies nichts anderes, als dass es in diesem Textsorten-Korpus häufiger als erwartet vorkommt – bzw. dass es im Referenzkorpus oder einem anderen vergleichend analysierten Textsorten-Korpus seltener auftritt, als zu erwarten wäre. Umgekehrt wird nicht als Muster erkannt, was in den vergleichend analysierten Korpora vergleichbar häufig vorkommt. Unterschiedliche Vergleichskonstellationen bei der Analyse der einzelnen Textsorten-Korpora tragen dazu bei, die einzelnen für eine jeweilige Textsorte typischen Muster möglichst zuverlässig und umfassend aufdecken zu können.

 

In diesem Zusammenhang ist auch noch auf den Unterschied von Typizität und Spezifik hinzuweisen. Ein einzelnes Muster ist immer typisch für den untersuchten Sprachausschnitt, also typisch für eine bestimmte Textsorte. Das Muster kommt aber nicht ausschließlich dort vor, es ist also nicht spezifisch für die Textsorte. Spezifisch ist erst die Summe aller für die untersuchte Textsorte typischen Muster, das sog. Typikprofil (s. u.).

5.2 Von den einzelnen Mustern zum textsortenspezifischen Typikprofil

Wie oben beschrieben, kann die Musterhaftigkeit von Texten und Textsorten als Ausgangspunkt für textsortentypologische Überlegungen dienen.1 Das Inte­resse gilt dann nicht mehr dem einzelnen Muster, sondern allen Mustern, die in ihrer Gesamtheit spezifisch für die Textsorte sind und das sogenannte Typikprofil der entsprechenden Textsorte bilden (vgl. Bubenhofer 2009: 152; ebenso Bubenhofer / Scharloth 2010: 91). Das Typikprofil als spezifisches Bündel von Mustern beschreibt den für die jeweilige Textsorte musterhaften Sprachgebrauch. Es ist davon auszugehen, dass das Typikprofil Teil des Textsortenmusters ist und der Textoberfläche eine textsortenkonstitutive Bedeutung zukommt. Diese Auffassung fügt sich in die in der Textlinguistik beobachtbare Entwicklung hin zu einer „Rehabilitierung der Textoberfläche“ (Feilke 2000: 78): Die sprachliche Gestaltung – der „Sprachstil“ (Scharloth / Bubenhofer 2011: 202) oder auch „sprachliche Stil“ (Krieg-Holz / Bülow 2016: 236) – wird als eine (notwendige) Dimension der Textsortenbeschreibung angesehen (s. z. B. Fandrych / Thurmair 2011; Krieg-Holz / Bülow 2016).2 Den Sprachstil als Dimension der Textsortenbeschreibung anzusehen, wie es Krieg-Holz / Bülow (2016: 236) tun, impliziert dann aber auch, die Stilanalyse nicht auf die individuelle Analyse einzelner Texte zu beschränken (s. ebd.: 236–243), sondern das Erkenntnisinteresse auf Textsortenstile zu richten und Einzeltextanalysen als Ausgangspunkt für Überlegungen auf Textsorten-Ebene zu verwenden.

In diesem Zusammenhang ist auf den Doppelcharakter von Stil hinzuweisen: Stil bezieht sich nicht nur auf die sprachliche Gestaltung einer Gruppe von Texten (i. S. v. Textsortenstil), sondern auch auf die Gestaltung eines einzelnen Textes (i. S. v. Textstil). Mit dem hier beschriebenen Vorgehen einer induktiven korpuslinguistischen Analyse lassen sich beide Aspekte abdecken. Die Analyse gibt erstens Aufschluss über den Textsortenstil, den musterhaften Sprachgebrauch in der Textsorte. So lässt sich der Minimalkonsens zum Textsortenbegriff, Textsorten seien „Mengen von Texten mit bestimmten gemeinsamen Eigenschaften“ (W. Heinemann 2000a: 11 und 2000b: 509), folgendermaßen konkretisieren: Textsorten sind Mengen von Texten desselben Typikprofils. Zweitens lassen sich auf Basis der korpuslinguistischen Analyse Aussagen zum Textstil machen, zum Grad der Musterhaftigkeit eines einzelnen Textexemplars. Jeder einzelne Text einer Textsorte ist durch eine spezifische Zusammenstellung einzelner dem Typikprofil zugehöriger Muster gekennzeichnet, durch ein textindividuelles Musterbündel.3 Durch den Abgleich eines einzelnen Textes mit dem Typikprofil – dem Textsortenstil – lassen sich Übereinstimmungen und Abweichungen in der sprachlichen Gestaltung des einzelnen Textes aufdecken. Ein Typikprofil kann somit als Grundlage dafür dienen, die Textsortentypik eines einzelnen Textes zu bestimmen. Je mehr Muster eines Typikprofils in einem Text vorkommen, desto mehr entspricht der Text dem Typikprofil und desto prototypischer ist er für die entsprechende Textsorte (vgl. Bubenhofer 2009: 152; ebenso Bubenhofer / Scharloth 2010: 91f.).

Mit einem textsortentypologischen Anspruch lässt sich argumentieren, dass sich mit der beschriebenen Methode durch die Zusammenstellung entsprechender Textsorten-Korpora Typikprofile für beliebige Textsorten erstellen lassen. Ein rein induktives Herleiten einer vollständigen Textsortentypologie, die sämtliche Textsorten umfasst und trennscharf voneinander abgrenzt, ist dabei zwar nicht möglich. Solch eine starre Typologie, wie sie vor allem in früheren Arbeiten angeregt wurde (vgl. bspw. Heinemann / Viehweger 1991: 133; ähnlich auch Fleischer u. a. 1996: 30; Gansel / Jürgens 2007: 64), kann aber auch nicht das Ziel sein, da sie dem prototypischen Textsorten-Konzept und dem Aspekt der Musterhaftigkeit von Texten nicht gerecht würde (ähnlich argumentiert auch Adamzik in der neusten Auflage ihrer Textlinguistik, vgl. Adamzik 2016: 327). Sinnvoller und dem Gegenstand angemessen ist eine Klassifikation mit fließenden Übergängen.4 So ist anzunehmen, dass es Muster gibt, die für verschiedene Textsorten typisch bzw. signifikant sind, deren Signifikanz im Detail aber unterschiedlich stark ausfällt. Ein jedes Typikprofil setzt sich also aus typischeren, die Textsorte stark prägenden und weniger, aber immer noch typischen Mustern zusammen. Zwischen den einzelnen Typikprofilen kommt es dabei zu Überschneidungen, ein jedes Typikprofil ist aber in seiner Zusammensetzung einzigartig und textsortenspezifisch.

6 Zusammenfassung

Dem Beitrag liegt die Prämisse zugrunde, dass Textsorten durch einen jeweils spezifischen Sprachgebrauch gekennzeichnet sind. Zu diesem textsortenspezifischen Sprachgebrauch, dem Textsortenstil, gehören augenfällige, den Sprachverwendern bewusste sprachliche Muster und daneben weitere Muster, die intuitiv verwendet werden und deren Musterhaftigkeit weder den Textproduzenten noch den -rezipienten bewusst ist. Aufgrund ihrer Signifikanz für die jeweilige Textsorte lassen sich die Muster durch eine induktive korpuslinguistische Analyse offenlegen. Anhand von Vergleichsanalysen mit einem Referenzkorpus, das als repräsentativ für das Standarddeutsche gelten kann, und mit weiteren Korpora, die jeweils den Sprachgebrauch einer Textsorte repräsentieren, lassen sich die textsortentypischen musterhaften Wörter und Verbindungen von Wörtern ermitteln.

Das Konzept der Prototypizität zieht sich dabei als roter Faden durch die textlinguistischen und stilistischen Überlegungen. Text wird als prototypisches Konzept verstanden, d. h. die Definition von Text geschieht anhand typischerer und weniger typischer Merkmale. Ebenso handelt es sich bei Textsorte um ein prototypisches Konzept, indem sich Textsorten mittels typischerer und weniger typischer Merkmale beschreiben lassen. Gleiches gilt für den Sprachstil einer Textsorte: Den Textsortenstil (= das Typikprofil) bilden typischere und weniger typische Sprachgebrauchsmuster.1 Diese lassen sich mit dem beschriebenen Verfahren offenlegen. Auf diese Weise leistet die induktive korpuslinguistische Analyse einen Beitrag zur Bestimmung des textsortenspezifischen Sprachgebrauchs und – bezogen auf den Textsortenvergleich – einen Beitrag zur Bestimmung textsortenspezifischer sprachlicher Variation.

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