Unterrichtsmanagement

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From the series: Kompendium DaF/DaZ #6
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2.1.6 Zusammenfassung

 Lehrziele sind die Ziele, die Lehrerinnen und Lehrer auf der Basis von bildungspolitischen und curricularen Vorgaben verfolgen, während Lernziele die Ziele der Lerner sind. Da sich die Ziele gegenseitig beeinflussen, ist häufig von Lehr- und Lernzielen die Rede.

 Im Zuge des kompetenzorientierten Unterrichts wurden in verschiedenen Curricula und auch im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen Zielkompetenzen formuliert. Kompetenzen sind komplexe Problemlösefähigkeiten der Lerner, die handlungs- und anwendungsorientiert sind und nicht in einer Unterrichtsstunde erreicht werden können. Sie werden über einen längeren Zeitraum verfolgt und in verschiedene Teilkompetenzen aufgespalten.

 Eine mögliche Beschreibung von Lernzielen erfolgt nach den Kategorien a) Wissenserwerb, b) sprachliche Kompetenzen und Fertigkeiten, c) Persönlichkeitsentwicklung und d) Berufs- und Schlüsselqualifikationen.

 In der Unterrichtspraxis stehen häufig kognitive und faktenorientierte Ziele im Fokus, weil sie leicht zu benennen und auch zu überprüfen sind. Sprachliche Kompetenzen und Fertigkeiten spielen allerdings auch eine zentrale Rolle. Daneben sind metakognitive und affektive Ziele nicht zu vernachlässigen, um lebenslanges Lernen zu ermöglichen.

 Die größte Herausforderung der Lehrerinnen und Lehrer bei der Auswahl von Zielen besteht darin, die individuellen Ziele und Interessen der Lerner mit den curricular vorgegebenen Zielen durch Aushandlungsprozesse vereinbar zu machen.

 Bei der Festlegung der Ziele für eine Unterrichtseinheit oder -stunde ist es sinnvoll, nicht zu viele Ziele auszuwählen und diese so anzusetzen und zu formulieren, dass sie auch erreichbar sind. Mit der Auswahl der Ziele ist ein wesentlicher Schritt der Unterrichtsplanung getan.

2.1.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle

1 Was bleibt Ihnen aus diesem Abschnitt in Erinnerung? Vervollständigen Sie die Sätze und notieren Sie, was Ihnen wichtig erscheint.Lehrziele sind …Lernziele beschreiben …Lehr- und Lernziele werden beeinflusst durch …Zielkomplexität beschreibt, dass …Kompetenzen sind …Lehr- und Lernziele können im Kontext des Fremdsprachenunterrichts folgendermaßen klassifiziert werden: …Der Unterschied zwischen Additum und Fundamentum ist …Bei der Festlegung und Formulierung von Lehrzielen ist zu beachten, …Mir erscheint außerdem wichtig, …

2 Welche Vorteile und Komplikationen ergeben sich aus der Orientierung an Zielkompetenzen?

3 Wie würden Sie das Konzept der Zielkomplexität anhand eines konkreten Beispiels erklären?

4 Formulieren Sie jeweils ein Ziel für jede der folgenden Kategorien:Wissenserwerb:Sprachliche Kompetenzen und Fertigkeiten:Persönlichkeitsentwicklung:Berufs- und Schlüsselqualifikationen:

2.2 Aspekte der Unterrichtsplanung

In der vorherigen Lerneinheit haben Sie gesehen, dass die Aushandlung des Lehr- und Lernziels einer der ersten Schritte der Unterrichtsplanung ist, bei weitem aber nicht der erste. Betrachtet man die Unterrichtplanung insgesamt, steht an erster Stelle die Analyse curricularer, institutioneller und auch gesellschaftlicher Rahmenbedingungen sowie die Reflexion der eigenen Überzeugungen und Erwartungen bezüglich Unterricht und Fremdsprachenlernen. Gleichzeitig erfolgt die Bedarfsanalyse bei den Lernern. Darauf aufbauend werden methodische und didaktische Entscheidungen getroffen, die den Ablauf einer Unterrichtsstunde, die Sozial- und Arbeitsformen und vieles mehr bestimmen. In diesem Abschnitt haben Sie die Gelegenheit, sich mit der Planung von Unterricht zu beschäftigen.

Lernziele

In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie

 die grundlegenden didaktisch-methodischen Prinzipien der Unterrichtsplanung kennen und reflektieren können;

 die Eignung der verschiedenen Phasenmodelle begründen und auf Ihre eigene Unterrichtspraxis anwenden können;

 die wichtigsten Sozial-, Kommunikations- und Aktionsformen kennen und diese in der Unterrichtspraxis einsetzen können.

2.2.1 Unterrichtsprinzipien

Wie Sie eine Unterrichtsstunde planen und gestalten, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Vorstellungen von Lernen und Spracherwerb Sie haben (vergleiche zum Beispiel Schmotz 2009: 13). Es spielen unter anderem gesellschafts-, erziehungs-, bildungs-, instruktions-, lern-, handlungs- und kommunikationstheoretische Überzeugungen eine Rolle (vergleiche Wiater 2011: 33–60), wenn Sie Lerninhalte aufbereiten, Aufgabenformate auswählen, Erklärungen vorbereiten oder die Interaktion mit der Lerngruppe planen. Welche Vorstellungen haben Sie von Ihren Lernern? Welches Rollenverständnis haben Sie? Was sollen Ihre Lerner können? Was wollen oder sollen Sie ihnen mitgeben? Wie lernt man wohl am besten? Wie lehrt man am nachhaltigsten? All diese Aspekte beeinflussen Ihren Unterricht und aus ihnen werden Prinzipien abgeleitet, die Unterricht ganz allgemein zugrunde gelegt werden. Diese UnterrichtsprinzipienUnterrichtsprinzipien oder methodisch-didaktischen Prinzipien ändern sich im Laufe der Zeit und gelten nicht in jedem Teil der Welt gleichermaßen. In Deutschland sind in der derzeitigen Fachdiskussion die Begriffe der Handlungs- und Anwendungsorientierung, der Kompetenzorientierung, der Individualisierung und der Lernerorientierung vorherrschend (vergleiche dazu auch Ende, Grotjahn, Kleppin & Mohr 2013: 26–31; Thaler 2007).

Unter HandlungsorientierungHandlungsorientierung wird verstanden, dass der Unterricht auf sprachliche Handlung ausgerichtet ist, wie es beispielsweise im Projektunterricht der Fall ist. Der Unterricht ist aktivierend, soll alle Sinne ansprechen, Selbstverantwortung fördern, Lebensbezug aufweisen und kooperatives Handeln anregen. Damit verbunden ist das Ziel, Lerner auch in tatsächlichen Kommunikationssituationen handlungsfähig zu machen. Auch die Kompetenzorientierung, die in Abschnitt 2.1.3 schon diskutiert wurde, zielt in diese Richtung und ist mit einer Abkehr von einem wissens- und faktenorientierten Unterricht verbunden ist. Stattdessen sollen Lerner im Unterricht das Handwerkszeug erhalten, um komplexe Lern- und Handlungssituationen zu bewältigen. Da das nicht nur für den Unterricht selbst gilt, sondern dort das lebenslange Lernen angelegt werden soll, kommt das Prinzip der Autonomieförderung zum Tragen, demzufolge schon im Unterricht Elemente selbstgesteuerten Lernens integriert werden und nach dem den Lernern Techniken an die Hand gegeben werden, um auch in der Zukunft selbstständig weiter lernen zu können (vergleiche Kapitel 5).

Die LernerorientierungLernerorientierung rückt statt der Lerninhalte die Lerner mit ihren Interessen, Bedürfnissen und ihrer Individualität in den Mittelpunkt des Unterrichts. Zu diesem Zweck soll der Unterricht binnendifferenzierend gestaltet werden.

Darüber hinaus sind häufig weitere Schlagwörter wie Kommunikationsorientierung, Interaktionsorientierung, Aufgabenorientierung, interkulturelle Orientierung und Mehrsprachigkeitsorientierung zu lesen (vergleiche zum Beispiel Ende et al. 2013: 29–30; Klippel 2016: 317), die verschiedene mögliche Ausrichtungen von Unterricht illustrieren.

Auch Ihre spracherwerbstheoretischen Grundannahmen beeinflussen, wie Sie Sprache vermitteln und den Ablauf einer Unterrichtsstunde gestalten. Wer den Spracherwerb vornehmlich mit nativistischen Ansätzen erklärt, wird andere Übungs- und Aufgabenformate wählen als eine Lehrperson, die interaktionistischen Ansätzen folgt. Ein Beispiel für enge methodische Vorgaben liefern Berlitz-Sprachschulen, die auf die sogenannte Direkte Methode setzen und immersiv arbeiten. Lehrerinnen und Lehrer sind an diesen Sprachschulen angehalten, nur die Zielsprache zu verwenden und weitestgehend auf Grammatikerklärungen zu verzichten. Auch wenn Methoden kaum in Reinform umgesetzt werden (vergleiche Kumaravadivelu 1994: 29), so steht doch außer Frage, dass die spracherwerbstheoretische Überzeugung und methodische Ausrichtung Einfluss auf die konkrete Unterrichtsplanung, auf die Rolle der Lehrperson, auf die Art der Aufbereitung von Lerninhalten und nicht zuletzt auf Aufgaben- und Übungsformate haben. Über diese grundsätzliche Ausrichtung sollte sich jede Lehrperson im Klaren sein, bevor sie Unterricht plant.

2.2.2 Prinzipien der Unterrichtsplanung

Doch was bedeutet es eigentlich, Unterricht zu planen? Unterricht ist als komplexe Interaktion mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren zu verstehen, weshalb er schwer planbar ist und wodurch häufig spontane Handlungsentscheidungen erforderlich werden (vergleiche Helsper 2000: 145). Das macht Unterrichtsplanung aber nicht weniger wichtig, im Gegenteil: Es ist vielmehr notwendig, Unterricht besonders weitsichtig zu planen und verschiedene mögliche Verläufe zu antizipieren. Unterrichtsplanung ist nicht das Festlegen von fixen Abläufen, sondern vielmehr ein vorausschauendes Organisieren (vergleiche Wiater 2011: 18) und das Skizzieren von Handlungsschritten.

Der Orientierung bei der Unterrichtsplanung dienen zunächst einige allgemeine Planungsgrundsätze (vergleiche Wiater 2011: 128–130), die nicht nur für eine Unterrichtseinheit, sondern auch für einen längeren Planungsabschnitt, etwa ein Schuljahr, gelten sollten:

 Das Prinzip der KontinuitätPrinzip der Kontinuität im Kompetenzaufbau betont die Bedeutung der Lehr- und Lernziele: Zunächst werden auf der Basis der Analyse der Lerngruppe, der institutionellen und curricularen Vorgaben sowie des Unterrichtsgegenstandes Fernlehrziele oder Zielkompetenzen entwickelt, aus denen die Ziele für eine Unterrichtseinheit und dann wiederum für eine Unterrichtsstunde abgeleitet werden. Die festgelegten Zielkompetenzen dienen der Orientierung bei der Planung und sorgen gewissermaßen für den roten Faden im Unterrichtsverlauf.

 

 Nach dem Prinzip der RevidierbarkeitPrinzip der Revidierbarkeit sollen sich Lehrerinnen und Lehrer stets bewusst sein, dass sie bei der Unterrichtsplanung mit zahlreichen nicht berechenbaren Variablen operieren, die vor allem durch die komplexe Interaktion mit den Schülern und Schülerinnen bedingt sind. Dieses Prinzip hält folgerichtig die Lehrinnen und Lehrer dazu an, ihre Planung zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern oder aufzuheben, wenn sich die Umsetzung nicht wie beabsichtigt gestaltet.

 Das Prinzip der InterdependenzPrinzip der Interdependenz der Planungsentscheidungen bezieht sich auf die Tatsache, dass sich alle Entscheidungen gegenseitig bedingen und beeinflussen und die Unterrichtsplanung daher als ein kohärentes Ganzes und nicht als die Summe einzelner Aktivitäten begriffen wird. Das gilt für die Abfolge von Sozialformen – von der Arbeit im Plenum bis zur Einzelarbeit – genauso wie beispielsweise für die Art des Einstiegs in die Unterrichtsstunde – mit einer Gruppenarbeit beginnend etc., – die den weiteren Verlauf bestimmt.

 Mit dem Prinzip der theoretischen FundierungPrinzip der theoretischen Fundierung wird deutlich gemacht, dass Lehrerinnen und Lehrer sich ihrer theoretischen Grundüberzeugungen bewusst werden sollten, um dann reflektiert damit umgehen zu können. Darüber hinaus sollten aber auch die einzelnen Entscheidungen über Lehrziele und den Unterrichtsgegenstand sowie methodisch-didaktische Entscheidungen theoretisch begründet sein.

 Ebenso wichtig wie die theoretische Begründung ist das Prinzip der praktischen RealisierbarkeitPrinzip der praktischen Realisierbarkeit der Unterrichtsplanung. Hierzu ist praktische Unterrichtserfahrung notwendig, die aber auch reflektiert werden muss, um gewinnbringend in die zukünftige Unterrichtsplanung einfließen zu können.

Bei der Planung beziehen Lehrerinnen und Lehrer theoretisches Wissen und praktische Erfahrungen ein und versuchen, daraus eine geeignete Vorgehensweise abzuleiten. Eine gute Planung, die beides einbezieht, kann dazu beitragen, Lehrziele besser zu erreichen, den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, den Lehrstoff sinnvoll und verständlich aufzubereiten, allen Lernern mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen gut gerecht zu werden und sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Außerdem werden bei der Planung auch verschiedene mögliche Verläufe miteinbezogen, zum Beispiel wenn die Lerner sich nicht an einer Diskussion beteiligen, mehr Zeit als geplant brauchen oder schneller mit einer Aufgabe fertig sind als gedacht. Was passiert, wenn der Unterricht nicht gut geplant ist, haben viele Lehrkräfte schon einmal erfahren: Sie schlagen das Lehrwerk auf und stellen erst beim Unterrichten fest, dass die Erklärungen unverständlich oder die Übungen nicht geeignet sind und dass eigentlich Zusatzmaterial notwendig gewesen wäre. Es kann auch vorkommen, dass die Lerner nicht auf das vorausgesetzte Vorwissen zurückgreifen können und die geplante Stunde gar nicht durchgeführt werden kann. Besonders häufig kommt es vor, dass Aufgabenstellungen nicht gut genug erklärt werden können, wenn sie nicht vorbereitet sind, was dann bei den Lernern zu Verwirrung führt. Diese möglichen Szenarien können unmittelbare Folgen einer unzureichenden Unterrichtsplanung sein. Eine gravierendere Folge, die aber erst nach längerer Zeit auffällt, ist die, dass Fernlehrziele aus den Augen verloren und nicht erreicht werden. Aus diesen Gründen ist eine gute Unterrichtsplanung unerlässlich.

In der Regel gehört zur Unterrichtsplanung sowohl eine Sachanalyse, also die Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand und seinen Besonderheiten, als auch eine didaktische Analyse, bei der die Lerngruppe analysiert und der Unterrichtsgegenstand in seiner Passung auf die Lerngruppe beschrieben wird. Darüber hinaus ist die Unterrichtsplanung an äußere Bedingungen gebunden, beispielsweise an die zeitlichen Vorgaben (vergleiche Greiten 2015: 243) in Form der Anzahl der zur Verfügung stehenden Unterrichtsstunden sowie der Länge einer Unterrichtsstunde.

Auf die Festlegung von Unterrichtszielen und Unterrichtsgegenständen folgen Überlegungen zu den Aktivitäten der Lehrperson wie auch der Lerner, durch die die Gegenstände erarbeitet und die Ziele erreicht werden sollen. Außerdem beinhaltet die Planung auch Überlegungen dazu, wie das Erreichen der Ziele evaluiert werden kann (vergleiche Merkens 2010: 77; vergleiche zur Evaluation auch Kapitel 4 und die Lerneinheit 5.2 über Klassentests).

Es ist notwendig, dass Unterrichtsgegenstände nicht nur aus fachwissenschaftlicher Sicht analysiert werden, sondern dass sie auch für den Unterricht passend gemacht werden. Das beinhaltet, dass die entsprechenden Aspekte ausgewählt, in einer geeigneten Abfolge angeordnet und für die Vermittlung aufbereitet werden (vergleiche Wiater 2011: 215). Am einfachen Beispiel der Grammatikvermittlung wird das deutlich: Im Unterricht wird in der Regel das Perfekt nicht komplett eingeführt. Die didaktische Reduktion kann darin bestehen, zunächst die Partizipformen einzuführen und anschließend die verbreitetere, einfachere Form der Perfektformen mit haben vorzustellen und zu üben, bevor die mit sein folgen. Gleichzeitig wird die Einführung eines Grammatikphänomens in den seltensten Fällen ein Selbstzweck sein, sondern ist vielmehr Teil einer sprachlichen Handlung, die wiederum mit rezeptiven und produktiven schriftlichen oder mündlichen Fertigkeiten sowie mit dem notwendigen Wortschatz verbunden ist. Diese Aspekte gilt es auf eine Weise zu verbinden, dass der Unterricht für die Lerner interessant und relevant ist.

Das Modell der Didaktischen AnalyseModell der Didaktischen Analyse von Klafki (1958, 2007) arbeitet mit fünf zentralen Fragen, die leitend für die Unterrichtsplanung sind:

1 Gegenwartsbedeutung: Inwiefern ist der Unterrichtgegenstand für die Lerner in der jetzigen Situation von Bedeutung? Inwiefern war er in der Vergangenheit für sie schon relevant?

2 Zukunftsbedeutung: Inwiefern wird der Unterrichtsgegenstand in der Zukunft bedeutsam für sie sein?

3 Exemplarische Bedeutung: Inwiefern ist das, was im Unterricht gelernt werden soll, auf andere Situationen und Anwendungsbereiche übertragbar?

4 Thematische Strukturierung: Wie ist der Unterrichtsgegenstand strukturiert? Wie kann er aufbereitet werden? Über welches Vorwissen verfügen die Lerner vielleicht schon?

5 Zugänglichkeit: Welche Aspekte des Unterrichtsgegenstandes sind für die Lerner besonders relevant oder interessant?

Die ersten drei Fragen beziehen sich auf die Relevanz des Unterrichtsgegenstandes für die Lerner. Besonders relevant ist die Frage nach der exemplarischen Bedeutung, also nach der Übertragbarkeit auf andere Anwendungsbereiche. Wenn beispielsweise im Anfangsunterricht ein Partnerinterview durchgeführt wird und in dem Zuge einige erste W-Fragen formuliert werden sollen, so liegt eine große exemplarische Bedeutung vor, weil die Wortstellung und die Intonation bei Fragesätzen auch auf zahlreiche andere Kommunikationssituationen übertragen werden können.

Die Analyse der thematischen Strukturierung ist eine zielgruppenorientierte Form der Sachanalyse, bei der der Unterrichtsgegenstand aus fachwissenschaftlicher Sicht betrachtet und aufbereitet wird. Mit der letzten Frage nach der Zugänglichkeit wird ein Aspekt ausgewählt, mit der das Interesse der Lerner geweckt werden kann und wodurch ihnen die Relevanz deutlich wird. Auch das Aufbauen auf Vorwissen ist hier angelegt.

Eine Analyse dieser Art ist notwendig, um die allgemeine Ausrichtung einer Unterrichtseinheit festzulegen. Ein Beispiel soll verdeutlichen, wie viele unterschiedliche Möglichkeiten bestehen können: Wenn das Ziel lautet, die Schreibfertigkeit der Lerner zu fördern, kann sehr unterschiedlich damit umgegangen werden:

 Der Fokus kann auf dem Schreibprodukt liegen, indem der Frage nachgegangen wird, was einen guten Text ausmacht. Dazu kann gemeinsam im Unterricht ein Kriterienraster für eine bestimmte Textsorte entwickelt werden, die die Lerner dann auf Beispieltexte, Texte der Mitschüler und eigene Texte anwenden. So entwickeln sie ihre Textsortenkompetenz und erhalten auch eine wichtige Hilfestellung, um eigene Texte in Zukunft besser überarbeiten zu können.

 Auf der sprachlichen Ebene könnten Übungen zur Textkohärenz genutzt werden, beispielsweise indem Texte in Abschnitte zerschnitten und dann neu zusammengefügt werden müssen oder indem Übergänge geschrieben werden.

 Alternativ kann der Schreibprozess im Vordergrund stehen. Ein Beispiel hierfür wäre es, verschiedene Techniken und Strategien kennenzulernen, die das Schreiben einer Erstfassung unterstützen, beispielsweise free writing oder Techniken, bei denen eigene Audio-Aufnahmen verschriftlicht werden.

 Aus der Vielfalt der Möglichkeiten wird deutlich, dass all diese Aspekte niemals in einer Unterrichtsstunde berücksichtigt werden können. Daher ist eine gute Auswahl und Schwerpunktsetzung dringend notwendig. Natürlich können je nach zeitlichem Rahmen auch verschiedene Ansätze kombiniert werden. Leitend für die Auswahl ist die Sachlogik des Gegenstands selbst, am Beispiel der Schreibförderung können das beispielsweise die Textebene, die Produktebene und der Schreibprozess sein, sowie die Relevanz für die Lerner, die in den von Klafki vorgeschlagenen Dimensionen beschrieben werden können.

In der für den Fremdsprachenunterricht adaptierten Form der Didaktischen Analyse von Westhoff (1981) sind die Planungsbereiche folgende:

 Evaluation des Lernstandes;

 Festlegung der Lehrziele;

 Beschreibung der Aktivitäten der Lerner, die zum Erreichen der Ziele notwendig sind;

 Auswahl der geeigneten Sozialformen, Materialien und Medien;

 Beschreibung der Aktivitäten der Lehrperson in den jeweiligen Phasen;

 erneute Evaluation des Lernstandes.

An den Darstellungen fällt auf, dass die beiden Listen mit Planungsdimensionen unterschiedliche Reichweiten haben: Die Didaktische Analyse nach Klafki eignet sich gut, um einen Unterrichtsgegenstand auszuwählen, zu erfassen und in seiner Passung für die Zielgruppe zu beschreiben. Das gilt für einzelne Unterrichtsstunden, mehr noch aber für ganze Unterrichtseinheiten, bei denen die Lehrperson vor der Aufgabe steht, einen Unterrichtsgegenstand in geeigneter Weise auf mehrere Unterrichtsstunden zu verteilen, so dass sowohl Kontinuität als auch eine angemessene Progression gewährleistet sind. Westhoffs Planungsbereiche eignen sich mit den Fragen nach dem Lernstand sowie nach den Lehrzielen auch zu diesem Zweck, die Beschreibung von Lerneraktivitäten und von Aktivitäten der Lehrerinnen und Lehrer sowie Sozialformen, Materialien und Medien zielt allerdings eher auf die Planung einer konkreten Unterrichtsstunde ab. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, diese beiden Planungsinstrumente zu kombinieren. Dazu können all diese Aspekte in einer einfachen Checkliste für die Unterrichtsplanung zusammengefasst werden, die beispielsweise folgendermaßen aussehen kann:


Der ausgewählte Unterrichtsgegenstand ist für die Lerner relevant und berücksichtigt ihre Interessen.
Der ausgewählte Unterrichtsgegenstand hat eine Relevanz für die Zukunft der Lerner.
Die Transfermöglichkeit von Fertigkeiten/Kompetenzen auf andere Bereiche wird gewährleistet.
Der Unterrichtsgegenstand ist aus fachwissenschaftlicher Sicht gut strukturiert.
Die zu vermittelnden Aspekte des Unterrichtsstoffes sind klar definiert.
Der Lernstand sowie die Stärken und Schwächen der Lerner werden angemessen berücksichtigt.
Die Ziele der einzelnen Unterrichtsstunden sind klar definiert.
Die Lerner wissen darüber Bescheid, was sie zur Erreichung der Ziele tun sollen.
Bei Fragen oder Problemen kann ich als Lehrperson fachkompetent eingreifen.
Die Sozialformen, Materialien und Medien sind für die geplanten Übungen und Aufgaben gut geeignet.
Der Lernstand am Ende der Unterrichtseinheit lässt sich zuverlässig evaluieren.