Unterrichtsmanagement

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From the series: Kompendium DaF/DaZ #6
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1.2.3 Zusammenfassung

 Im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen gibt es viele Aspekte und Teile, die direkt im Sprachenunterricht verwendet werden können.

 Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen kann Sprachenlehrer und -lehrerinnen in verschiedenen Bereichen unterstützen, dazu zählen unter anderem: die Entwicklung eines interkulturellen Bewusstseins, aufgabenbasiertes Unterrichten und der dazugehörige Rahmen und die Beurteilung.

 Das Kompetenzmodell, das im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen herausgebildet und eingeführt wurde, ist über die linguistische Kompetenz hinaus erweitert worden: es umfasst zwei große Komponenten (allgemeine und kommunikative Kompetenz) und mehrere Unterkompetenzen, die mit Hilfe von Skalierungstabellen ausgeführt und beschrieben werden.

1.2.4 Aufgaben zur Wissenskontrolle

1 Skizzieren Sie kurz das Kompetenzmodell des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens.

2 Was bedeutet interkulturelles Bewusstsein im Ansatz des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens?

3 Was kann ein Sprachenlehrer oder ein Sprachlehrerin tun, um das interkulturelle Bewusstsein der Lerner zu verbessern?

4 Wie kann eine Sprachenlehrkraft die Komplexität reduzieren?

5 Inwiefern kann der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen Sprachenlehrer und -lehrerinnen bei ihren beurteilungsrelevanten Entscheidungen anleiten?

1.3 Curriculum- und Lehrplan-Design

In dieser Einheit werden die grundlegenden Konzepte der Sprachplanung wie Sprachcurriculum und Lehrplan definiert. Sie erhalten einen Überblick zu den wichtigen Phasen und Voraussetzungen ihrer Erstellung und erfahren mehr über ihre Rolle und Bedeutung für den Sprachenunterricht. Nach der Erläuterung der Konzepte und Prozesse folgt die Beschreibung ihrer Umsetzung im ungarischen dreistufigen curricularen System, in dem in unterschiedlichem Maße zentralisierte Dokumente zu verschiedenen theoretischen Ansätzen und zahlreiche praktische Überlegungen Verwendung finden. Die vorliegende Lerneinheit dient als theoretische Vertiefung der vorangehenden Einheiten über den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen, welcher eines der wichtigsten Sprachplanungsdokumente ist. In dieser Einheit haben Sie also die Möglichkeit sich mit den Grundlagen der Sprachplanung vertraut zu machen, indem Sie anhand authentischer Beispiele einen Einblick in die entsprechenden Entwicklungsprozesse gewinnen.

Lernziele

In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie

 die Begriffe Curriculum und Lehrplan verstehen und voneinander differenzieren können;

 die wichtigsten Aspekte des Prozesses der Curriculumsentwicklung und des Lehrplan-Designs beschreiben können;

 sich am Beispiel der Richtliniendokumente für das ungarische Curriculum ein umfassendes Verständnis über diese theoretischen Begriffe verschaffen können.

1.3.1 Curricula und Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines Curriculums

CurriculaCurriculum bilden den gesamten Wissensvorrat ab, den Kinder im Schulkontext erwerben sollen: Dazu gehören die Ziele, die Mittel und die Evaluationskriterien für alle Fachgebiete. Laut McLaren & Madrid (2004) sollen Curricula (1) die erzieherischen Ziele eines Programms angeben; (2) die Lehrprozesse, die Inhalte und die Lernerfahrungen, um diese Ziele zu erreichen; und (3) die Möglichkeiten zur Beurteilung des Erreichens der vorab festgelegten Ziele. Nunan (1988a) betont, dass Curricula eine geplante Intervention in den Ausbildungsprozess darstellen, sich aber in den dafür verwendeten Kriterien und Grundprinzipien voneinander unterscheiden. Die Curriculumtheorie befasst sich mit (1) den Hauptelementen des Curriculums und (2) mit den Prozessen, wie sie konzipiert, umgesetzt und beurteilt werden.

SprachencurriculaSprachencurriculum fokussieren die Entwicklung der Fremdsprachenkenntnisse. Sie stützen sich ebenfalls auf drei Hauptkomponenten: (1) Inhalte, (2) Methodologie und (3) Beurteilung. Diese beziehen sich hier im Speziellen auf den Sprachenunterricht. Die Grundbausteine der sprachlichen Inhalte können Vokabular, Grammatik, Funktionen, Notionen und Text- oder Aufgabentypen sein. Zur Methodologie gehören die Lernaktivitäten, die Prozesse und die Techniken, die von den Lehrkräften angewandt werden; und die Lernergebnisse zeigen, welche Fähigkeiten die Lerner am Ende eines Unterrichtszeitraums erworben haben. Die Evaluation als drittes Element kann je nach gültigem Curriculum sehr unterschiedlich ausfallen: Sie kann in Form eines anvisierten Erfüllungsgrades auf einer Kenntnisskala oder bei einem standardisierten Test vorliegen, oder die Fähigkeit meinen, effektiv an verschiedenen kommunikativen Situationen teilzunehmen.

Bei der Entwicklung eines Sprachencurriculums wird ein Rahmen für die Entscheidungsfindung erstellt, der eine Vielzahl zusammenhängender Prozesse zu Planung, Überprüfung, Einsatz und Beurteilung von Sprachenprogrammen umfasst. Es gibt mehrere Ansätze für die Phasen und die Abfolgen des Entwicklungsprozesses, aber sie alle stimmen in der Integration wesentlicher Bestandteile überein. Dazu gehören Zielbestimmung, Bedarfsanalyse, Selektion und die Erstellung von Lehrmaterialien oder Evaluation, die Nunan (1988b) wie folgt kategorisiert: initiale Planungsprozeduren, Auswahl und Einstufung der Inhalte, Methodologie und fortlaufende Überprüfung. In einigen theoretischen Rahmenplänen werden sie um weitere Elemente ergänzt: Bei McLaren & Madrid (2004) gibt es zum Beispiel eine sprachpolitische Entscheidungsphase und Storey (2007) bezieht eine Planungsphase für effektives Unterrichten mit ein. Auf Basis der unterschiedlichen Ansätze können wir die erforderlichen Phasen für die Entwicklung eines Curriculums als Liste wie folgt zusammenfassen:

 Bedarfs- und Situationsanalyse;

 Sprachpolitische Entscheidungen: Festlegung der übergeordneten Ziele, Erfüllung nationaler oder lokaler Bedürfnisse und Interessen;

 Zielsetzung: Festlegung allgemeiner und spezifischer Ziele, die mittels des Unterrichts von den Schulen erreicht werden sollen;

 Entsprechende Planung und Vorbereitung der Lehrinhalte;

 Entsprechende Planung und Vorbereitung der Lehr- und Lernmaterialien;

 Festlegung der Prüfungs- und Beurteilungsmodalitäten;

 Umsetzung in der Schule/im Unterricht;

 Evaluation.

Für die praktische Umsetzung der konzeptuellen Kategorien wird eine Bedarfs- und Situationsanalyse durchgeführt. Dabei werden der aktuelle Stand der Sprachkenntnisse und Lernbedürfnisse der Studierendenzielgruppe sowie diejenigen kontextuellen Faktoren erfasst, die Einfluss auf die Zielsetzung nehmen könnten, was dem Entscheidungsprozess die notwendige soziokontextuelle Perspektive verleiht. Für ein Curriculum auf der nationalen Ebene könnte die Analyse in Form einer Erhebung von Sprachkenntnissen, Haltungen und Motivationen der Studenten und Studentinnen durchgeführt werden, während eine Situationsanalyse die verfügbaren Ressourcen für den Lehrprozess fokussieren kann. Nach dieser Stufe folgt die Festlegung der übergeordneten Ziele auf der entsprechenden Ebene. Zum Beispiel sollten die anvisierten Lernergebnisse der Studentinnen und Studenten am Ende ihrer Schullaufbahn mit den bildungspolitischen Zielen auf der nationalen oder europäischen Ebene übereinstimmen, etwa die Nutzung der Sprachkenntnisse zur Verbesserung der Chancengleichheit oder das Ideal des dreisprachigen europäischen Bürgers. Zu den allgemeinen und spezifischen Zielen gehören mehrere Aspekte. Allgemeine Ziele sind beispielsweise die Verbesserung der Autonomie der Studentinnen und Studenten beim Sprachenlernen oder die Stärkung des interkulturellen Bewusstseins, wohingegen zu den spezifischen Zielen etwa das Erreichen bestimmter Kompetenzniveaus aus dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen am Ende der Schullaufbahn zählt. Die Struktur der inhaltlichen und methodologischen Planung verändert sich in Abstimmung mit den Zielen des Curriculums, wie Sie am Beispiel des ungarischen Falls für diese Phase sehen werden. Die oben genannten Prozesse sollen hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz kontinuierlich mit Kontrollstudien und Erhebungen überprüft werden, an denen alle Interessengruppen beteiligt sind.

Richards (2013) unterteilt dieses Vorgehen vereinfachend in drei Elemente: Input (sprachliche Inhalte), Prozess (Methodologie) und Output (Lernergebnisse). Er unterscheidet drei Ansätze für die Entwicklung eines Curriculums: (1) forward, (2) central und (3) backward design, die jeweils auf spezifischen Annahmen zum Sprachenunterricht beruhen. Mit seinem theoretischen Rahmen ergibt sich aus dem forward design ein Curriculum, in dem die drei Elemente Input, Prozess und Output linear und fest verbunden sind; das heißt, dass der Inhalt festgelegt werden muss, bevor die Methodologie oder das erwartete Ergebnis formuliert werden. Richards (2013) nennt beispielweise den Ansatz des Europarats aus den 1970er Jahren oder den inhaltsbasierten Fremdsprachenunterricht (Content-Based Language Teaching).

Das central design setzt beim Prozess an (Lehraktivitäten, Methoden) und leitet Input und Output von der Unterrichtsmethodologie ab. Dieser prozessuale Ansatz wird auch als Progressismus in der Curriculum-Entwicklung bezeichnet. Beispiele dafür sind der Silent Way (Gattegno 2010) oder das Counselling Learning (Britto 2014).

 

Das backward design geht vom Output aus. Das heißt, dass zunächst Aussagen über die erforderlichen Ergebnisse getroffen werden (Bedarfsanalyse), auf deren Basis Prozess und Input konzipiert werden. Beispiele dafür sind das kompetenzorientierte und handlungsorientierte Unterrichten oder der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen selbst. Im letztgenannten werden die anvisierten Ziele in Form von Standards dargestellt.

Die meisten Modelle für die Entwicklung eines Curriculums (zum Beispiel Johnson 1991) stimmen alle darin überein, dass gewisse Prinzipien, ungeachtet der Abfolge der einzelnen Phasen, für das Design eines Sprachencurriculums berücksichtigt werden müssen. Einen sehr umfassenden Überblick dazu finden Sie bei Nation & Macalister (2010), die 20 solcher Prinzipien identifizieren. Johnson (1989) nennt drei Grundprinzipien: Kohärenz, permanenter Wandel und Innovation, sowie die Integration unterschiedlicher Ansätze.

Johnson (1991) unterscheidet ebenfalls unterschiedliche Rollen im Entscheidungsprozess und die Produkte der Hauptphasen des Curriculum-Designs. In seinem Rahmenplan (1) liegt die Planungsphase des Curriculums in der Verantwortlichkeit der politischen Entscheidungsträger und das Ergebnis sind politische Richtlinien. (2) Die Festlegung von Zwecken und Mitteln wird von Bedarfsanalysten und Methodikern durchgeführt und mündet in einen Lehrplan. (3) Die Umsetzung des Programms wird von Materialautoren und Lehrerausbildern und -ausbilderinnen durchgeführt (Lehrmaterial, Lehrerausbildungsprogramme), wohingegen (4) die Umsetzung im Unterricht bei den Lehrkräften und Studentinnen und Studenten in Form von Lehr- und Lernhandlungen liegt. Der letztendliche Nutzen dieses Ansatzes liegt darin, dass alle Interessenvertreter in den Prozess mit einbezogen werden; damit können Veränderungen effizienter umgesetzt werden. Dieser Ansatz verhindert auch, dass Lehrpersonen geheime Lehrplänegeheime Lehrpläne erstellen; das sind alternative Lehrprogramme, die anstelle der offiziellen Verordnungen verwendet werden. Abgesehen von diesem Top-Down-Ansatz gibt es einen Bottom-Up-Ansatz, der auf den Vorstellungen der tatsächlichen Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Lehr-Lernprozess, insbesondere auf denen der Lehrkräfte, aufbaut und das Curriculum wird dementsprechend entworfen.

Mit einer BedarfsanalyseBedarfsanalyse werden die Gründe identifiziert, deretwegen Studentinnen und Studenten eine Fremdsprache erlernen. Die Prozeduren für Bedarfsanalysen wurden im Sprachunterricht mit der Entwicklung eines Lehrprogramms für Englisch als Fachsprache in den 1960er-Jahren erstmals eingesetzt und sind seitdem wesentlicher Bestandteil des Curriculum-Designs. Eine Bedarfsanalyse ist "the systematic collection and analysis of all relevant information necessary to satisfy the language learning requirements of the students within the context of the particular institutions involved in the learning situation" (Brown 1995: 21); und sie wird normalerweise gleich zu Beginn des Designprozesses durchgeführt. Im Zuge der Bedarfsermittlung werden Daten zu den Situationen und den Kommunikationsformen der Sprachverwendung erhoben; außerdem soll sie die anvisierte Sprachkompetenzstufe ermitteln. Sie kann mithilfe mehrerer Techniken durchgeführt werden: Umfragen, Tests, Interviews, Beobachtungen, die Sammlung von samples von Sprachenlernern und Fallstudien. Die Situationsanalyse verfolgt zwar ähnliche Ziele und ist ähnlich aufgebaut, fokussiert allerdings die kontextuellen Faktoren der Curriculum-Entwicklung (zum Beispiel die politischen, institutionellen, sozialen, ökonomischen), die Auswirkungen auf die Umsetzung haben könnten.

Die Entwicklung von Sprachencurricula wurde in den 1960er-Jahren im Wesentlichen von zwei Faktoren beeinflusst (Nunan 1991b; Richards 2001): (1) die Einführung von Englisch als Fachsprache mit der wichtigen Bedarfsanalyse zu Beginn des Designprozesses und (2) das Aufkommen des kommunikativen Sprachenunterrichts als Ersatz für die zuvor vorherrschenden strukturell-situativen und audiolingualen Methoden und als Reaktion auf die Veränderungen in der Linguistik der damaligen Zeit. Wie der Name bereits andeutet, liegt die Kommunikation anstelle der Fehlerfreiheit im Fokus des Sprachenunterrichts. Dieser Ansatz, der als Beispiel für das backward design gilt (Richards 2013), setzt bei der Definition des erwünschten Ergebnisses an und passt den Input und den Prozess entsprechend daran an. Das erste Mal wurde die Sprachplanung in Übereinstimmung mit diesem Ansatz im Lehrplan von Wilkins (1976) vollzogen, der die Kategorie der kommunikativen Funktionen beschreibt (zum Beispiel Entschuldigungen, Anfragen). Das Dokument markiert den Beginn einer neuen Ära: Es führte zur Konstruktion kommunikativer Sprachencurricula, in denen Inhalte als kommunikative Einheiten anstelle von grammatischen Einheiten ausgedrückt wurden. Die Neubetrachtung der Lernziele erweiterte auch die Sprachplanungsdokumente um eine Vielzahl neu entwickelter Komponenten wie sprachliche Notionen, Funktionen oder kommunikative Situationen. Das wiederum führte zur Entwicklung kommunikativ ausgerichteter Rahmenpläne wie dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen.

1.3.2 Lehrpläne und Lehrplanformen

LehrpläneLehrplan sind die "specification of the content of language teaching which have been submitted to some degree of structuring or ordering with the aim of making teaching and learning a more effective process" (Wilkins 1981: 83). Diese Definition könnte für Verwirrung bei der Unterscheidung zwischen Lehrplänen und Curricula sorgen, aber sie stellt gleichzeitig den auffälligsten Hauptunterschied zwischen beiden Konzepten heraus: Ein Lehrplan ist ein beschränkteres, aber dafür spezifischeres Dokument (Medgyes & Nikolov 2000: 264), das sich auf die Inhalte eines einzelnen Faches bezieht und auf die Reihenfolge, in der sie gelehrt werden sollen; im Gegensatz dazu ist das Curriculum nach Nunan (1988a) ein breitgefasster Begriff, der die Planung, Umsetzung, Leitung, Verwaltung und Evaluation des Fremdsprachenprogramms abdeckt, wohingegen der Anwendungsbereich von Sprachenlehrplänen enger gefasst ist und die Auswahl und Einstufung der Inhalte fokussiert. Brumfit (1984) ergänzt diese Definition um weitere Aspekte, indem er behauptet, Lehrpläne (1) seien verhandelbar und anpassbar und (2) steigerten als öffentliche Dokumente die Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Lernprozesses.

Lehrpläne existieren in mehreren Formen und repräsentieren die unterschiedlichen Ansätze zum Sprachenunterricht (Graves 2008) sowie verschiedene Erwerbstheorien (McLaren 2004). Sie zeigen mehrere Wege auf, wie die verschiedenen Inhalte und Kompetenzen vermittelt werden können, haben aber bestimmte Merkmale gemeinsam. Wilkins (1976) unterscheidet zwischen synthetischen und analytischen Lehrplänen; bei den erstgenannten werden die einzelnen Bestandteile der Sprache separat und graduell bis hin zur Konstruktion der Gesamtstruktur der Sprache unterrichtet, wohingegen sich die letztgenannten auf die Gründe für das Erlernen der Sprache und die dafür benötigte sprachliche Leistung konzentrieren. Die anderen wichtigen Kategorien für Lehrpläne differenzieren zwischen produkt- und prozessorientierten Formen. Wie Nunan (1988a) erläutert, sind die produktorientierten Lehrpläne um die Inhalte und die Fertigkeiten zentriert, die Studenten und Studentinnen erwerben sollten. Sie sind zielspezifisch und fokussieren die erwarteten Ergebnisse. Im Gegensatz dazu sind die prozessorientierten Dokumente um die Lernaktivitäten herum aufgebaut und der Lehrprozess rückt somit ins Zentrum. Beispiele für produktorientierte Lehrpläne sind (1) der strukturell-grammatische (grammatische, phonologische und lexikalische Einheiten, die nach ihrem Schwierigkeitsgrad eingestuft werden) und (2) der funktionale-notionale (Strukturen, Konzepte, Funktionen) Lehrplan. Beachten Sie, dass sich die beiden Beispiele grundlegend in all ihren Merkmalen unterscheiden (sprachliche/kommunikative Kompetenz, Struktur-/Diskursparadigma, Fehlerfreiheit/Flüssigkeit, Abstufungen) und trotzdem sind beide in Form einer Liste mit erwarteten Ergebnissen strukturiert. Prozessorientierte Lehrpläne schenken individuellen Unterschieden, Lernstrategien, affektiven Faktoren und der Beteiligung von Studentinnen und Studenten mehr Beachtung. Beispiele für den prozessorientierten Typ sind (1) der prozedurale (Aufgaben, die durch die Nutzung bedeutungsvoller Sprache erfüllt werden, zum Beispiel die Informationslücken-Aufgabe) oder (2) der aufgabenbasierte Lehrplan (Aufgaben, die auch andere Ziele als den Spracherwerb verfolgen, zum Beispiel einen Beschwerdebrief verfassen).

Laut Breen (1987a) bieten die unterschiedlichen Typen alternative Möglichkeiten dafür, was gelehrt wird und in welcher Reihenfolge. Je nachdem wie eine Lehrkraft Fremdsprachenunterricht versteht, wählt sie den einen oder anderen Typ. Situative Lehrpläne werden auf der Basis der situationsbedingten Bedürfnisse der Studenten und Studentinnen formuliert, in manchen anderen Lehrplänen werden strukturelle und funktionale Elemente zusammengeführt, während andere Lehrpläne wiederum die Studentinnen und Studenten ins Zentrum des Prozesses rücken, indem Inhalts- und Prozessentscheidungen in ständiger Übereinstimmung mit ihnen getroffen werden. Bei den meisten Lehrplanformen lässt sich schnell erkennen, worauf der Fokus liegt: lexikalisch, kulturell, fähigkeits-, aufgaben- und inhaltsbasiert oder multidimensional (eine Kombination mehrerer Typen).

Die zusätzliche Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse, Strategien und Autonomie der Lerner in den 1970er-Jahren führte zur Entstehung mehrerer Lehrplanformen, einschließlich der prozessorientierten beziehungsweise von Studenten und Studentinnen ausgehandelten Lehrpläne (Breen 1987b), die Lerner vollständig in Bezug auf (1) die Auswahl der Inhalte, (2) den Arbeitsmodus und (3) die Beurteilung mit einbeziehen. Somit bauen sie stark auf dem persönlichen und professionellen Urteilsvermögen der Lehrer und Lehrerinnen auf (White 1988).

1.3.3 Curricula, Lehrpläne und Planung: Funktionen und Nutzung im Sprachenunterricht

Curricula und Lehrpläne, die sorgfältig unter der Beteiligung aller Interessengruppen und unter der Berücksichtigung aller notwendigen Stufen entwickelt werden, sind unverzichtbare Voraussetzungen für jedwede Form des effizienten und erfolgreichen Sprachenunterrichts. Mit ihrer Hilfe

 wird die Einheitlichkeit über die verschiedenen Aspekte hinweg verbessert (zum Beispiel Institutionen, Gruppen, erzieherische Phasen, Lehrer); das wiederumführt zu Transparenz,erlaubt die Transition zwischen den Aspekten,reduziert unerwünschte Lehrerunterschiede, beispielsweise aufgrund von Unerfahrenheit,unterstützt Chancengleichheit;

 wird Verantwortung eingeräumt;

 werden Überwachung und Evaluation konsistenter und verlässlicher.

Die Rolle, die Lehrkräfte bei der Erstellung eines Curriculums oder eines Lehrplans spielen können, hängt von der Form und vom Designprozess ab (zum Beispiel vom Grad der Zentralisierung). Zentralisierte Kerncurricula werden üblicherweise von Curriculum-Experten entwickelt, werden dabei aber mit anderen Interessengruppen verhandelt, unter anderem auch mit Sprachenlehrern und -lehrerinnen. Im Schulunterricht dient das nationale Curriculum normalerweise als eine Blaupause für die Lehrpläne. Da Lehrpläne jedoch auf der kommunalen Ebene entwickelt werden können, spiegeln sie auch die Vorstellungen der Institution oder der Lehrperson zum Sprachenunterricht wider. Effektive Lehrpläne können anhand der nachfolgenden Überlegungen erstellt werden, die über die oben genannten fundamentalen Voraussetzungen hinausgehen:

 Formulieren und folgen Sie Ihrer Lehrphilosophie in dem Maße, wie es die zentralen Regulierungen erlauben.

 Wenn ein Lehrwerk vorgegeben ist, konsultieren Sie das Inhaltsverzeichnis. Beachten Sie jedoch, dass es immer zwingend notwendig ist, dass Sie Ihren eigenen Plan schreiben und die Empfehlungen an Ihren eigenen Lehrkontext anpassen.

 Prüfen Sie den vorherigen Lehrplan Ihrer Abteilung oder von ehemaligen Instruktoren.

 Suchen Sie nach Beispiellehrplänen für denselben oder einen ähnlichen Lehrkontext von Kollegen und Kolleginnen an anderen Einrichtungen.

 Erstellen Sie einen detaillierten Plan. Beziehen Sie die Unterrichtsinhalte mit ein, die Beurteilungsformen und -Zeitpunkte, die Lernaktivitäten und so weiter.

 

 Befragen Sie wann immer möglich Ihre Studenten und Studentinnen und ziehen Sie deren Anfragen und Vorschläge in Erwägung. Besprechen Sie Ihre Pläne mit ihnen.

 Seien Sie sich über Ihre Verantwortlichkeit und die Ihrer Studenten und Studentinnen im Lehr-Lernprozess im Klaren.

Abgesehen von der Teilnahme am Designprozess spielen Lehrkräfte eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Pläne. Sie sind die Agenten, die die Anforderungen mit dem tatsächlichen Unterricht verknüpfen und sie füllen den theoretischen Ansatz der Curriculum-Komponenten mit Praxisbeispielen und Inhalten aus dem alltäglichen Leben. Curricula und Lehrpläne sind Skelette, die das Gerüst für den Lehrprozess bilden: Sie setzen die Ziele fest sowie den erforderlichen Input und Output. Die praktische Umsetzung kann mit der Auswahl eines Lehrwerks beginnen, das zu dem vorgegebenen Curriculum-Rahmenplan passt (zum Beispiel der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen, grammatikalische Einheiten, Konzepte, Funktionen), und der Anpassung an die Bedürfnisse und Profile der entsprechenden Studierendengruppe.