Forschende Fachdidaktik II

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Forschende Fachdidaktik II
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Daniela Unger-Ullmann / Christian Hofer

Forschende Fachdidaktik II

Sprachenlernen im wissenschaftlichen Diskurs

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

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© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

www.narr.de • info@narr.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-8233-8348-2 (Print)

ISBN 978-3-8233-0193-6 (ePub)

Inhalt

  Vorwort

  Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre Abstract Ausgangslage Angebotsentwicklung Bedarfserhebung Implementierung und Durchführung Evaluation – Lernerfolge messbar machen Profil der AbsolventInnen Bedeutung des Erwerbs bestimmter ... Beschäftigungsverhältnisse der AbsolventInnen Zusammenfassung der Ergebnisse Resümee Literatur Anhang

 Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum BeratenAbstractDer Hintergrund zum Projekt SprachLernBegleitungDas Projekt SprachLernBegleitungDie Weiterbildung der SprachLernBegleitendenModul 1: Das Konzept der SprachLernBegleitung: Grundlagen des Systemischen CoachingsModul 2: Systemisches Beraten und Begleiten: Methoden und WerkzeugeModul 3: Die Rollen und Aufgaben von HochschuldidaktikerInnenModul 4: Feedback und EvaluierungModul 5: Lerntechniken für SprachenlernendeModul 6: Psychologische Aspekte der SprachLernBegleitungAnalyse einer Gruppendiskussion: SprachLernBegleitende im GesprächAuswertung und evaluierende Analyse stattgefundener SprachLernBegleitungen sowie sprachendidaktische ImplikationenResümeeLiteraturAnhang

 Learning styles and learner strategiesAbstractIntroductionDefinitionsThe ModelsVAK (Visual, Auditory, Kinaesthetic)Visual and non-visual learnersCommentary:Auditory and non-auditory learnersCommentary:Kinaesthetic emotional and non-kinaesthetic emotional learnersCommentary:Kinaesthetic motoric and non-kinaesthetic motoric learnersCommentary:Global/AnalyticGlobal and non-global learnersCommentary:Analytic and non-analytic learnersCommentary:Global and analytic learnersCommentary:Mind OrganisationPower Planners and non-Power PlannersCommentary:Expert Investigators and non-Expert InvestigatorsCommentary:Flexible Friends and non-Flexible FriendsCommentary:Radical Reformers and non-Radical ReformersCommentary:Learners’ comments on activitiesCommentary:ConclusionBibliography

 Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht. Eine Fallstudie im Bereich Japanisch als FremdspracheAbstractEinleitungKlassifizierung und Eigenschaft des Wortschatzes im JapanischenWort, Mora und AkzentKlassifizierung durch grammatische FunktionKlassifizierung nach HerkunftWort und SatzstrukturVokabelunterrichtsmethodeStrategien zur Einführung neuer VokabelnStrategien und Methoden für das Festigen von VokabelnStrategien zur Erweiterung und Vertiefung des WortschatzwissensEmpirische StudieMethodikErgebnisResümeeLiteraturAnhang 1Anhang 2

 SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs im universitären Deutsch-als-Fremdsprache-UnterrichtAbstractAusgangssituationAutonomes LernenKooperativ-kollaboratives LernenBeratendes LernenReflektierendes LernenProjektbeschreibungForschungsmethodenForschungszieleStudierende und Lehrende als ForschendeSprachendidaktische ImplikationenForschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die PraxisResümeeLiteraturAnhang 1Fragebogen zur Syntaxvermittlung in universitären DaF-KursenAnhang 2Feedback

 Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden im akademischen AlltagAbstractForschungshintergrundDie englischsprachige Study abroad researchDie deutschsprachige Mobilitäts- und AustauschforschungProjektbeschreibungForschungs- und ProjektzieleForschungsmethodenStudierende und Lehrende als ForschendeSprachendidaktische ImplikationenForschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die PraxisDisseminationProjektergebnisseVorläufige Ergebnisse der FallstudieFragebogenevaluierung des Leitfadens für IncomingsResümeeLiteraturAnhang

 Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und VertiefungAbstractAusgangslageForschungsziele und Inhalt des ProjektsForschungsmethodenEvaluierungForschungsergebnisseDas Sprachsystem KunstEin Exkurs: Sprache in der KunstpädagogikFunktionen der Kunst als didaktische Elemente im SprachunterrichtInformative FunktionGesellschaftliche FunktionKognitive FunktionAnalytische FunktionKommunikative FunktionVerdichtende FunktionPsychologische FunktionKreative FunktionÄsthetische FunktionSprachendidaktische Implikationen: Anwendung der didaktischen GrundsätzeWelches Kunstwerk ist geeignet für den Einsatz?Auswertung der ÜbungenResümeeLiteraturAnhang 1Anhang 2Anhang 3Präsentation eines KunstwerksAnhang 4Einkaufen für ein StilllebenAnhang 5Unterschiede findenAnhang 6Absurde GeschichtenGeschichten aller Art schreibenAnhang 7Bild ansagenAnhang 8Dialoge über KunstAnhang 9Schatz, wie geht’s dir?Sich kennenlernenVorstellungsgespräche

 

 Angst beim SprachenlernenAbstractForschungshintergrund des Projekts: Emotionen beim SprachenlernenForschungsstand: Stimmungskongruenz, Zustandsabhängigkeit und DenkstilhypotheseDownshifting: Angst im LernprozessBeschreibung des ProjektsForschungszieleForschungsmethoden und DurchführungForschungsmethodenTheoretischer Hintergrund der FragenStudierende und Lehrende als ForschendeSprachendidaktische Implikationen: Angstfreier Unterricht als Grundvoraussetzung für eine gelungene LehreForschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die PraxisResümeeLiteraturAnhang 1Anhang 2

  AutorInnen

Vorwort

Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer

In der vorliegenden Publikation Forschende Fachdidaktik II werden Forschungs- und Projektergebnisse der Abteilung Fachdidaktik des treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz präsentiert. Die Abteilung Fachdidaktik fördert mit den durchgeführten Projekten die Weiterentwicklung von sprachlehr- und -lerntheoretischen Untersuchungen, die aus dem universitären fremdsprachlichen Unterricht hervorgehen. ProjektleiterInnen und ForscherInnen sind vornehmlich Sprachlehrende, welche ihr Praxiswissen in einen forschenden Kontext stellen. Diesbezügliche Forschungscharakteristika sind Erörterungen von Frage- und Problemstellungen aus der Unterrichtspraxis sowie die Integration der Forschungsergebnisse in das Unterrichtsgeschehen, etwa mittels unterstützender Handlungsleitfäden.

Die Gestaltung der Beiträge richtet sich nach dem Forschungshintergrund der einzelnen Projekte, welcher als handlungsforschender Ausgangspunkt für die Beschreibung des konkreten Projektverlaufs dient. Die AutorInnen resümieren des Weiteren ihre Projektergebnisse und betten diese in einen sprachendidaktischen Zusammenhang ein. Diese Implikationen ermöglichen eine Reintegration in den konkreten Unterrichtskontext.

Daniela Unger-Ullmann lenkt in ihrem einführenden Beitrag Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre den Blick auf die Gestaltung und Konzeption des Lehrangebots an einem universitären Sprachenzentrum. Dabei kristallisiert sich heraus, dass sich die Lehrplanung an einem dynamischen und sich stetig verändernden Handlungsfeld orientiert. Veränderungen in der Hochschullandschaft und sich wandelnde Lernanliegen von Studierenden bedürfen einer Weiterentwicklung sowie Anpassung des Lehr- und Lernangebots im universitären Kontext. Die Autorin zieht in diesem Zusammenhang Bedarfserhebungen heran, die alle Handlungsbeteiligten, auch Lehrende und Lernende, in den Konzeptionsprozess mit einschließen.

Christian Hofer geht in seinem Beitrag Die SprachLernBegleitung: Vom Lehren zum Beraten auf das am treffpunkt sprachen umgesetzte Projekt SprachLernBegleitung ein. Dieses bietet Sprachenlernenden die Möglichkeit, sich in einem beratenden Setting und ergänzend zum Sprachunterricht in individuellen Lernanliegen begleiten zu lassen. Der Schwerpunkt des Beitrags ist ein ExpertInneninterview mit den ProjektmitarbeiterInnen, wobei der Beratungskontext innerhalb des Lehr- und Lerngeschehens berücksichtigt wird. Außerdem werden stattgefundene SprachLernBegleitungen hinsichtlich inhaltlicher Lernanliegen der zu beratenden Studierenden analysiert und dargestellt.

In Learning styles and learner strategies präsentiert Marjorie Rosenberg die Umfrageergebnisse ausgewählter Englischkurse auf dem Niveau B1. Aufbauend auf konkreten Sprachlerntypenkonzepten untersucht die Autorin, welche Lernkanäle und methodisch-didaktischen Zugänge die befragten Studierenden bevorzugen. Dabei stellt sie zur Diskussion, inwiefern diese in der konkreten Unterrichtsplanung zum Tragen kommen. Methodenvielfalt und ein gewisses Maß an Flexibilität in Lehrkonzepten ergeben sich dabei als lerntypengerechte Eckpfeiler.

Kaori Sohar fokussiert in ihrem Beitrag Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht. Eine Fallstudie im Bereich Japanisch als Fremdsprache den Lernbereich Wortschatzerwerb im Japanischen. Die Autorin geht ausführlich auf bestehende wissenschaftliche Ergebnisse und Lehrkonzepte ein. Im Rahmen einer Fallstudie am treffpunkt sprachen erprobt sie mit AnfängerInnen das Read-and-Look-up-Vermittlungskonzept von Michael West und begibt sich in eine evaluierende Analyse.

In SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs im universitären Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht stellt Andreas Lieb die Forschungsergebnisse einer Studie vor, welche für den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht von Bedeutung sind. In seinen Untersuchungen fokussiert der Autor den Syntaxerwerb auf den Niveaustufen A1 bis B2. Im Rahmen ausgewählter Lernformen (Autonomes Lernen, Beratendes Lernen, Kooperativ-kollaboratives Lernen und Reflektierendes Lernen) entwickelte er entsprechende Unterrichtskonzepte, die in universitären Deutschkursen bereits erprobt wurden. Er arbeitet heraus, welche der verwendeten Lernformen den Erwerb syntaktischer Strukturen positiv beeinflussen.

Eva Seidl und Birgit Simschitz nehmen in ihrem Beitrag Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden im akademischen Alltag die Study Abroad Research zum Ausgangspunkt ihres Projekts. Sie stellen den Forschungsbedarf, sich mit Erfahrungen von Austauschstudierenden eingehender auseinanderzusetzen, fest und fokussieren Mobilitätsstudierende, die sich für ein Semester in Österreich aufhalten. Analysiert werden dabei das Erleben eines Auslandsaufenthalts, unter anderem unter Berücksichtigung interkultureller Konfliktbereiche, sowie Lehrmethoden, Lernstile und Leistungsanforderungen.

In Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung ist es Maria Kravanjas Bestreben, Kunst in den sprachendidaktischen Rahmen zu integrieren, womit sie sich auch auf eine kulturkundliche und kunstpädagogische Ebene begibt. Zentrales Ziel ihres Forschungsprojekts ist es, eigens entwickelte kunstorientierte Sprachlernübungen für unterschiedliche Niveaustufen und Sprachen einzusetzen und einer Evaluierung hinsichtlich ihrer Sinnhaftigkeit zu unterziehen. Dabei wurden sowohl Sprachenlernende als auch Sprachlehrende befragt. Ein aus den Untersuchungen heraus erstelltes Handbuch für Lehrende ermöglicht einen praxisnahen Transfer in den Sprachunterricht und stellt in der Erstellung von Lehrkonzepten eine Bereicherung dar.

Lisa Hammer untersucht in ihrem Beitrag Angst beim Sprachenlernen den Themenbereich Angst in Sprachlernprozessen. Ausgehend von der aktuellen Forschungslage zum Thema Emotionen und neurodidaktische Aspekte des Lernens nimmt sie auf folgende Projektziele Bezug: das Aufzeigen der Angstproblematik im Sprachunterricht, den Einfluss der Angst auf den Lernprozess, die Bemerkbarkeit der Angst im Unterricht sowie die konkrete Erarbeitung didaktischer Methoden und Maßnahmen. Die Autorin richtet einen multiperspektivischen Blick auf den Themenbereich und berücksichtigt die Sichtweise von Lernenden und Lehrenden. Auf diese Weise leistet das Forschungsprojekt einen Beitrag zur Schaffung einer angstfreien Lernatmosphäre im Sprachunterricht.

Daniela Unger-Ullmann und Christian Hofer danken allen AutorInnen für ihre dargebrachten Beiträge und dem Verlag für die Bereitschaft, dieses Buch in sein Programm aufzunehmen. Insbesondere danken die HerausgeberInnen Eva Townley für ihre Hilfe beim Korrigieren und Formatieren der Texte.

Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre

Daniela Unger-Ullmann

Abstract

Der vorliegende Beitrag Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre beschäftigt sich konzeptionell mit ausgewählten Fragestellungen und Zielsetzungen des Managements im Bereich Angebot und Nachfrage und fokussiert insbesondere die produktive Interaktion der am Entwicklungsprozess beteiligten AkteurInnen: Hochschulleitung – Leitung der Sprachlehreinrichtung – Sprachlehrende – Studierende. Gleichzeitig werden im Format einer Bedarfserhebung konkrete Erfahrungen mit der am treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Karl-Franzens-Universität Graz institutionalisierten Angebotsentwicklung beschrieben. Eingangs adressiert der Beitrag die identitätsstiftende Funktion von Angebotsentwicklung für die Profilbildung universitärer Sprachenzentren im Allgemeinen und für treffpunkt sprachen im Besonderen. Hervorgehoben werden die zunehmende Bedeutung von Entwicklungsprozessen in der Angebotslegung vor dem Hintergrund einer sich ständig verändernden Hochschullandschaft. Lehrangebote werden als keine statische und institutionsübergreifende Konstante verstanden, sondern als eine institutionell geprägte Größe, die es in dialogischen Prozessen zwischen den beteiligten AkteurInnen zu verhandeln gilt.

Ausgangslage

Für den Erfolg einer dynamischen Angebotsentwicklung sind bestimmte Rahmenbedingungen, insbesondere die Unterstützung und Anerkennung der Sprachlehreinrichtung seitens der Hochschulleitung entscheidend. Die enge Verbindung zwischen Hochschulleitung und Leitung der Sprachlehreinrichtung spiegelt sich in den Zielvereinbarungen wider (vgl. Unger-Ullmann/Seidl 2017, S. 110f.). Diese stellen ein zentrales Element für die Lehrangebotsentwicklung dar und erfolgen in einem produktiven Austausch zwischen Rektorat und Management. Die Veränderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen fordert von universitären Sprachenzentren, deren Aufgabe es ist, die Sprachkompetenz der Studierenden zu erweitern, eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Ausrichtung ihres Lehrangebots. Lehre ermöglicht nicht nur die Vermittlung von Sprachkenntnissen, die im Zusammenhang mit Aspekten der Sprachlehr- und -lernforschung stehen, sondern bildet die Grundlage für einen gesellschaftspolitisch relevanten Wissenschaftsbetrieb, der durch einen grenzüberschreitenden Plurikulturalismus und die damit verbundene Mehrsprachigkeit charakterisiert ist.

Trotz knapper finanzieller Ressourcen entspricht das Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik den aktuellen Forderungen nach didaktisch ansprechender Lehre. Mit Blick auf die Förderung der Sprachkompetenz wird die kontinuierliche Weiterbildung der Studierenden als wesentliches Merkmal des Zentrums hervorgehoben. Weiterbildungsmaßnahmen unterliegen transparenten Kriterien (vgl. treffpunkt sprachen 2019a) und entsprechen den methodisch-didaktischen Anforderungen im universitären Sprachlehrkontext. Bezug nehmend auf die Förderung der Sprachkompetenz als entscheidenden Faktor der Angebotsentwicklung stellt die Zielvereinbarung ein nachfrageorientiertes Lehrangebot in den Mittelpunkt. Aufgabe des Zentrums ist es, das Angebot der Lehre durch Bedarfserhebungen zu flankieren bzw. zu sichern. Dabei spielt die Meinung der Studierenden, die aktiv am Unterrichtsgeschehen teilnehmen, eine zentrale Rolle, zumal deren Professionalisierungsinteressen eine wesentliche Grundlage für die Auslastung der Sprachkurse bilden.

 

Im Rahmen des Lehrangebots von treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik dienen die in der Zielvereinbarung genannten Kursformen (vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019a, S. 4) als wichtiges Instrument zur Vernetzung fächerübergreifender Themen. Das Kursangebot beruht darauf, Sprachenvielfalt in Form von kommunikativen Sprachkursen für Studierende aller Fakultäten, Internationale Studierende, Universitätsbedienstete, AbsolventInnen sowie Externe zu fördern. Die Kurse sind sowohl fachlich als auch pädagogisch-didaktisch hochwertig, orientieren sich an europäischen Standards (Europäischer Referenzrahmen des Europarats) und vermitteln den KursteilnehmerInnen eine gute fremdsprachliche Zusatzqualifikation für ihre spätere Berufslaufbahn.

Förderung der Sprachenvielfalt durch

 Sprachkurse für Studierende philologischer und nicht philologischer Studienrichtungen,

 fachspezifische Sprachkurse mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa,

 Kursangebote für Universitätsbedienstete, AbsolventInnen und externe TeilnehmerInnen.

Gewährleistung der Aus- und Weiterbildung im Sprachenbereich durch

 Aus- und Weiterbildungsmodule für (angehende) Sprachlehrende in der Erwachsenenbildung,

 Aus- und Weiterbildungsmodule für Sprachenstudierende und interessierte Studierende anderer Studienfächer, die sich mit der Thematik Sprachen und Sprachenlernen in einem größeren Zusammenhang auseinandersetzen wollen,

 Angebote an Weiterbildungsseminaren für Sprachlehrende.

Verstärkung der Informations- und Zusatzangebote zum Thema Sprachenlernen durch

 Informationsangebote auf der Homepage (Links, Zusammenfassungen etc.),

 Zusatzangebote zur Förderung des Sprachenlernens.

Eine Stärkung der Position des Zentrums für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik geht mit einem innovativen Lehrveranstaltungsangebot einher und schließt die Verbindung von Angebot und Nachfrage mit ein. Zeitgemäße Lehrangebote stellen eine der wichtigsten Komponenten dar, über die ein Sprachenzentrum im tertiären Bildungsbereich verfügen muss, um den Anforderungen des Aus- und Weiterbildungssystems zu genügen.

Angebotsentwicklung

Eine zentrale Anforderung an Universitäten und Hochschulen ist die nachfrageorientierte Ausgestaltung des Lehrangebots. Dies gilt sowohl für den Aufbau der Lehrveranstaltungen als auch für deren inhaltliche Schwerpunktsetzung. Vorrangiges Ziel von universitären Einrichtungen ist es, den bestehenden Bedarf möglichst genau zu bestimmen, um das Angebot entsprechend modifzieren zu können. Die Erhebung der Bedarfe am treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik erfolgt im Rahmen der Sichtung von Angeboten anderer Weiterbildungsanbieter und der Befragung von KursteilnehmerInnen in schriftlicher (Fragebögen) und/oder mündlicher (Interviews) Form.

Bedarfserhebung

Ein Vergleich der Angebote bereichsspezifischer Institutionen kann einen wichtigen Beitrag zur Modifikation des eigenen Lehrangebots leisten und zu einer größeren Akzeptanz bei Lehrenden und Studierenden führen. Diesbezüglich ist es für treffpunkt sprachen bedeutsam, einzelne Sprachen, die Zielgruppe, das allgemeine und vertiefende bzw. fachspezifische Kursangebot, Besonderheiten sowie Kursformen (Einzel- und Gruppenunterricht) und Kosten von Bildungsdienstleistern, die den gleichen räumlichen Einzugsbereich abdecken, zu analysieren (vgl. Schlutz 2006, S. 50f.).

Die Analyse des Angebots wird ganz wesentlich durch Faktoren beeinflusst, die beispielsweise gesellschaftsrelevante Fragestellungen oder arbeitsmarktbezogene Veränderungen betreffen. Des Weiteren spielen Aspekte, wie die bestehende Nachfrage von spracheninteressierten Personen und das Interesse der Hochschulen an Weiterbildungsmaßnahmen, deren Stellenwert in Zielvereinbarungen hervorgehoben werden sollte, eine wichtige Rolle. Entwicklungskonzepte der Hochschulen können eine starke Auswirkung auf die Gestaltung des Lehrangebots haben (vgl. Faulstich et al. 2007, S. 134f.). Sie schränken jedoch die Einführung neuer, innovativer „Produkte“ ein und gehen mit der Anforderung einher, sich der Profilbildung der jeweiligen Hochschuleinrichtung anzupassen. Aus diesem Grund ist es nicht zielführend, von einer bestehenden Profilbildung auf den entsprechenden Bedarf zu schließen und aus einem von der Hochschulleitung festgelegten Lehrangebot eine diesbezügliche Nachfrage abzuleiten. Vielmehr sollte die Entscheidung über Bedarf und Nachfrage von Seiten der Sprachlehreinrichtung getroffen werden, um den „manifesten Bedarf“ (Schlutz 2006, S. 41), der sich in der statistischen Darstellung der TeilnehmerInnenzahlen widerspiegelt (vgl. Unger-Ullmann 2018, S. 175f.), in die Angebotsentwicklung mit einfließen zu lassen und individuelle Präferenzen der Zielgruppe sowie diverse Kosten-Nutzen-Rechnungen zu berücksichtigen.


Tabelle 1: Beispiel für ein Angebot einer Sprachschule ©treffpunkt sprachen

Um die persönlichen Wünsche der Zielgruppe auszuloten, galt es zunächst, eine Situationsanalyse (vgl. Meffert et al. 2012) durchzuführen, die sich in drei Bereiche unterteilt:

 Kontextanalyse,

 Markt- und Ressourcenanalyse,

 Zielgruppenanalyse.

Im Rahmen der Kontextanalyse wurden universitätsinterne Regelungen, welche das Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidatik betreffen, gemeinsam mit dem Organisationsteam und den Lehrbeauftragten besprochen. Neben der eingangs erwähnten Zielvereinbarung des treffpunkt sprachen mit dem Vizerektorat für Studium und Lehre standen Akkreditierungsrichtlinien im Mittelpunkt, die den Studierenden zugutekommen sollten. Eine Anrechnung zeitsparender Sprachkurse, die in geblockter Form angedacht waren, stand für alle Gesprächsbeteiligten außer Frage. Ziel war es, das bestehende Kursangebot mit neuen, jedoch kürzeren Lehrveranstaltungen1 zu ergänzen und Studierenden auf diese Weise die Möglichkeit zu bieten, sich neben ihrem regulären Vollzeitstudium sprachenspezifisch weiterzubilden (zu kompakten Angeboten vgl. Schlutz 2006, S. 118).

In Bezug auf die Markt- und Ressourcenanalyse war es naheliegend, die tabellarische Auswertung des Angebots anderer Sprachkursanbieter (vgl. Tabelle 1) heranzuziehen und auf Differenzierungsmerkmale zu achten. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich die meisten Sprachkursanbieter in ihren allgemeinen und fachspezifischen Kursangeboten nur geringfügig unterscheiden und wenige Besonderheiten (z.B. Stadtführungen, Sprachencafés, Chor, Tanzkurse, Kochkurse oder Lesungen) aufweisen. Um sich von den herkömmlichen Angeboten abzuheben, wurden im Hinblick auf die Studierenden, auf die im Rahmen der Zielgruppenanalyse noch gesondert eingegangen wird, Lehrveranstaltungen von den Lehrbeauftragten vorgeschlagen, die sich auf eine gezielte Erweiterung der Sprachkompetenz konzentrieren. In diesem Zusammenhang war es von Bedeutung, die sprachlichen Unsicherheiten der Lernenden, die sich in den allgemeinsprachlichen Kursen erkennen ließen, mit vertiefungs- und fachspezifischen Angeboten zu kompensieren. Neben Aussprachetrainings, Grammatiktrainings, Perfektionierungskursen und Schreibkompetenzkursen sollten auch Student Exchange Trainings (sprachliche Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt) und Workshops zur interkulturellen Kompetenz zur Wahl stehen. Diskussionsbedarf bestand in der Festlegung der einzelnen Niveaustufen, da sich nach Ansicht einiger Lehrbeauftragter Vertiefungskurse erst ab dem Mittelstufenniveau (B1) lohnen würden. Entscheidend für die Einführung neuer Lehrveranstaltungen waren Kriterien, die sich auf Gruppengröße, Abgeltung und Inhalte bezogen. Beträgt die Gruppengröße bei allgemeinsprachlichen Kursen des treffpunkt sprachen 24 TeilnehmerInnen, so erging die Bitte der Lehrbeauftragten an die Zentrumsleitung, die Gruppengröße auf 18 TeilnehmerInnen für das Student Exchange Training und auf 14 TeilnehmerInnen für das Aussprachetraining aus Gründen der Effektivität zu reduzieren. In Bezug auf die Abgeltung konnte von Seiten des Managements zugesichert werden, dass das bisherige Abgeltungsmodell von treffpunkt sprachen (€ 52,09 brutto pro UE) auch für die vertiefungs- und fachspezifischen Kurse gültig ist. In Kooperation mit dem Büro für Internationale Beziehungen der Universität Graz wurden die Inhalte des Student Exchange Trainings festgelegt:


Communicative situations Vocabulary Intercultural dimensions
Dealing with official matters Looking for an apartment Talking to your landlord/-lady or your host family Situations in daily life (e.g. meeting friends and colleagues) Dealing with university-related matters Talking about your studies Preparing for lectures/seminars Authorities and administration Specific vocabulary for the university and your studies Housing and looking for an apartment Daily life (meetings, food, travelling and traffic) Regional knowledge Rules and customs „Dos and Don’ts“ Cultural no-gos University life Valuable knowledge about the life in the respective country/city

Tabelle 2:

Kursbeschreibung Student Exchange Training © treffpunkt sprachen

Mit dem Student Exchange Training wird der Versuch unternommen, Outgoing-Studierende der Universität Graz nicht nur in sprachlicher, sondern auch persönlicher Hinsicht zu unterstützen. Gleichzeitig bietet es für treffpunkt sprachen gute Chancen, sich an der Universität zu profilieren, da das Angebot die Studierenden in ihrem Vorhaben bestärken soll, ein Semester oder ein Jahr im Ausland zu verbringen (zur Förderung der Mobilität vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019b, S. 39). Zweifelsfrei steht die Motivation der Studierenden, an einer Weiterbildung dieser Art teilzunehmen, in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Lebenssituation. Saul Robinsohn (1971, S. 13) bezeichnet diese Lebenssituation als „Verwendungssituation“, in der sich Studierende den internationalen Anforderungen zu stellen haben. Nun liegt es an der universitären Sprachlehreinrichtung selbst, zu ermitteln, welche sprachlichen Kompetenzen Outgoing-Studierende benötigen, um ihre „Verwendungssituation“ im Ausland zu bewältigen. Sei es die Erledigung behördlicher Wege, die Wohnungssuche, der Austausch mit VermieterInnen oder der Gastfamilie, gängige Alltagssituationen (z.B. Treffen mit FreundInnen und KollegInnen), die Regelung von universitären Angelegenheiten, das Sprechen über das eigene Studium oder die gezielte Vorbereitung auf Lehrveranstaltungen. Neben den genannten Kommunikationssituationen spielen interkulturelle Dimensionen, wie das landeskundliche Wissen, Regeln und Gepflogenheiten, „Dos and Don’ts“, kulturelle Fettnäpfchen, der universitäre Alltag und Wissenswertes zum Leben im jeweiligen Land/in der jeweiligen Stadt eine entscheidende Rolle. Aus diesem Bedarf leiten sich die Inhalte des Student Exchange Trainings ab, mit deren Absolvierung die entsprechenden sprachlichen Kompetenzen erreicht werden können. Neben der Nutzung vorhandener freier Lehrkapazitäten erschließt sich das Student Exchange Training als zusätzliche Finanzierungsquelle und ermöglicht die Akquirierung ferngebliebener Interessensgruppen.

Im Rahmen der Zielgruppenanalyse ist darauf zu achten, an welche Personen sich das fachspezifische Angebot richtet. Über welche Qualifikationen (Studium und Kompetenzen) sollen die potentiellen TeilnehmerInnen verfügen? Welche Anforderungen können an die Zielgruppe gestellt werden? Welche Erwartungen haben die TeilnehmerInnen an den Anbieter? Bezüglich dieser Fragestellungen ist es ratsam, sich das Zielgruppenprofil am treffpunkt sprachen genauer anzusehen.


treffpunkt sprachen – Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik TeilnehmerInnen nach Fakultäten
Zweistündige Semestersprachkurse für Studierende (Bereich Fremdsprachen)
Wintersemester 17/18
Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe
Englisch 2 51 22 36 22 25 10 6 1 1 3 179
Französisch 0 28 23 71 26 27 9 10 7 3 10 214
Italienisch 6 14 21 38 21 14 4 6 1 1 6 132
Spanisch 0 26 45 74 62 54 12 20 6 0 11 310
Andere Sprachen 4 23 44 158 108 80 17 45 6 1 51 537
Summe 12 142 155 377 239 200 52 87 21 6 81 1372
Summe in % 0,87 10,35 11,30 27,48 17,42 14,58 3,79 6,34 1,53 0,44 5,90 100,00


Sommersemester 18
Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe
Englisch 1 25 25 27 34 30 8 7 1 0 6 164
Französisch 0 20 22 60 22 19 5 6 5 1 13 173
Italienisch 1 5 14 25 17 12 4 6 0 1 10 95
Spanisch 0 10 29 63 57 40 6 12 7 0 9 233
Andere Sprachen 2 20 16 74 53 46 11 19 2 0 37 280
Summe 4 80 106 249 183 147 34 50 15 2 75 945
Summe in % 0,42 8,47 11,22 26,35 19,37 15,56 3,60 5,29 1,59 0,21 7,94 100,00


TeilnehmerInnen gesamt nach Fakultäten (Bereich Fremdsprachen)
Studienjahr 17/18
Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe
Englisch 3 76 47 63 56 55 18 13 2 1 9 343
Französisch 0 48 45 131 48 46 14 16 12 4 23 387
Italienisch 7 19 35 63 38 26 8 12 1 2 16 227
Spanisch 0 36 74 137 119 94 18 32 13 0 20 543
Andere Sprachen 6 43 60 232 161 126 28 64 8 1 88 817
Gesamtsumme 16 222 261 626 422 347 86 137 36 8 156 2317
Gesamtsumme in % 0,69 9,58 11,26 27,02 18,21 14,98 3,71 5,91 1,55 0,35 6,73 100,00
Legende: Theo: Theologie Rewi: Rechtswissenschaftliche Fakultät Sowi: Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Gewi: Geisteswissenschaftliche Fakultät Nawi: Naturwissenschaftliche Fakultät Urbi: Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftliche Fakultät And.: Andere, z.B. Fachhochschulen TU: Technische Universität Graz MUG: Medizinische Universität Graz KUG: Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Ext.: Externe

Tabelle 3: