Im nächsten Leben werde ich Bauer

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Im nächsten Leben werde ich Bauer
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Inhalt

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-903271-89-0

ISBN e-book: 978-3-903271-90-6

Lektorat: Bianca Brenner

Umschlagfotos: Taiga | Dreamstime.com; Tamara Feeberger; Sabine Stremitzer

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum Verlag

Innenabbildungen: Sabine Stremitzer

www.novumverlag.com

Zwischen zwei Welten
Wer bin ich?
Mein erster Schultag

Der Wandertag
Ein Wandertag in der Schule ist etwas Großartiges, Fröhliches, Gesundes, und das Beste für die Klassengemeinschaft. Ich freue mich riesig darauf. Meine Mutter packt mir die Jause ein. Ich bekomme ein großes Wurstbrot und einen Apfel mit, zum Trinken gibt es eine Flasche selbstgemachten Saft, welcher sehr stark mit Wasser verdünnt ist. Ausnahmsweise bekomme ich auch ein bisschen Geld mit und darf damit ein Kracherl (kohlensäurehaltiges, alkoholfreies Erfrischungsgetränk) kaufen. So ein rotes Kracherl liebe ich über alles. Bei uns ist es nicht selbstverständlich, immer ein Kracherl zu bekommen, und deshalb freue ich mich besonders darauf. Wanderziel ist das Berggasthaus Stoxreiter, welches von uns zu Hause aus gesehen am gegenüberliegenden Berg liegt. Von der Schule aus beträgt die Entfernung ungefähr sechs Kilometer, also rund zwei Stunden Wanderzeit für Volksschulkinder. Da ich immer zu Fuß in die Schule gehen muss, bin ich gut trainiert und habe eine gute Kondition. So marschieren wir von der Schule weg, zwei Lehrer, einer davon meine Tante, betreuen uns, zeigen uns den Weg, halten uns zusammen und geben auch die Geschwindigkeit vor. Langsam, langsam und immer langsamer schleichen wir dahin. Ich bin ganz krank von diesem Schleichen, nichts geht weiter. Mir ist schon klar, dass nicht all meine Schulkamerad/innen so gut trainiert sind wie ich, aber müssen sie deshalb gar so schleichen? Vielleicht bin ich auch aufgeputscht durch das große Verlangen nach dem roten Kracherl, ich weiß heute nicht mehr, warum ich das getan habe. In einem unbeaufsichtigten Moment, der bei meiner Tante gar nicht leicht zu finden ist, entferne ich mich mit ein paar Schulkollegen von der Klasse und wir gehen schnellen Schrittes unserem Ziel, dem Gasthaus Stoxreiter, entgegen. Verirren, nein verirren ist kein Thema, da ich diese Route ganz genau kenne, weil ich diese schon oft mit meinen Eltern gewandert bin. Durch meine Ortskenntnis und durch unseren Laufschritt bringen wir die Distanz fast in der halben Zeit hinter uns. Natürlich wissen wir, was sich gehört, und bestellen kein Kracherl, was hinterher betrachtet ein großer Fehler gewesen ist, sondern warten auf die Klassenkamerad/innen. Das Warten dauert eine ganz schön lange Zeit und ist ein wirklich großes Opfer. Endlich kommt meine Klasse um die Kurve, angeführt von meiner Tante, meiner Klassenlehrerin. Schon an ihrem Blick merke ich, dass sie sicher nicht ganz entspannt ist. Ganz direkt steuert sie auf mich zu und schaut mich einmal sehr vorwurfsvoll an. „Was ist dir da nur eingefallen?“, sagt sie. Und schon im nächsten Augenblick spüre ich eine Links-rechts-Kombination in meinem Gesicht, was heute natürlich streng verboten ist. Es sind gezielte Ohrfeigen, die mich daran erinnern sollen, dass ich eine Grenze überschritten habe. Meine mitgeflohenen Schulkameraden bekommen nichts ab und gehen in ihrer Güte leer aus. Es reicht, wenn man den Anführer bestraft, als Warnung für alle anderen. Doch dem nicht genug, die Strafe hat ein schreckliches Ausmaß angenommen: Erstens darf ich mir beim Gasthaus kein Kracherl kaufen. Nein, nicht mein rotes Kracherl! Niemand nimmt mir mein rotes Kracherl weg! Ich muss es aber trotzdem akzeptieren. Weiters muss ich in den nächsten Wochen vier Stunden extra in der Schule bleiben und zwei Aufsätze schreiben, „Wie verhalte ich mich bei einem Wandertag“ und „Mein unerlaubtes Entfernen beim Schulausflug“. Was so viel heißt wie: Unerlaubtes Entfernen von der Truppe wird mit der Todesstrafe geahndet.
Als ich nach Hause zurückkomme und meine Mutter fragt, wie der Wandertag gewesen ist und was ich so erlebt habe, antworte ich nicht viel, vielleicht so mit den Worten: „Ah, war eh nichts Besonderes, passt schon!“ Spätestens aber nach dem nächsten Lehrer-Tante-Besuch ist meine Mutter informiert. „Was ist dir denn da eingefallen?“, stellt sie mich zur Rede. „Was soll mir schon eingefallen sein?“ Und ich erzähle meiner Mutter den Vorfall und dass ich mir dies natürlich nicht so ohne weiteres gefallen lassen würde, da meine Mitstreiter überhaupt keine Strafe ausgefasst haben. „Gerechtigkeit muss sein, darauf lege ich großen Wert. Ich werde mich beim Direktor beschweren.“ Meine Mutter schaut mich groß an und beginnt dann zu lachen. „Gar nichts wirst du machen, das wäre noch das Schönere, beim Direktor beschweren. Wenn man etwas angestellt hat, dann muss man auch die Konsequenzen annehmen. Gerechtigkeit hin oder her, Tante Maria weiß, was sie tut.“ Trotzig verlasse ich das Zimmer. Von der eigenen Mutter verraten, das kann doch nicht sein! Aber was soll ich machen, die Mehrheit ist gegen mich. Und so muss ich die Strafe allein absitzen, Schulbleiben und die Aufsätze schreiben. Doch ganz geschlagen gebe ich mich nicht, ich nütze die Gelegenheit und schreibe in den Aufsätzen von meiner Version vom Wandertag und von der ungerechten Gesetzgebung, woraufhin meine Tante die Schreiben vor meinen Augen zerreißt und ich eine zweistündige Verlängerung meiner Haftstrafe bekomme. Ich muss immer wieder den Satz schreiben: „Ich darf mich beim Schulausflug nicht von der Klasse entfernen!“ Sehr zum Ärger meiner Lehrer-Tante entwickle ich in diesem Schreiben ein System, wobei ich zuerst alle Ichs, dann alle darfs usw. schreibe, woraufhin mir meine Lehrerin aber für meine Mutter eine Schulnachricht mitgibt mit den Worten: „Ihm gebührt die Rute!“, was aber zu meinem Glück nie ausgeführt wurde. Seither hasse ich Wandertage.


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