Kapitalmarktrecht

Text
From the series: Schwerpunktbereich
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

Anmerkungen

[1]

Siehe VG Frankfurt, 22.6.2016 – 7 K 3073/15.F(1), juris, Rn 89 (zum KWG).

[2]

Vgl den gleichlautenden § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG.

[3]

Zum Begriff siehe unten Rn 82 ff.

[4]

Siehe Friedrichsen/Weisner, ZIP 2012, 756, 761; siehe auch die von den Börsen Hamburg und Hannover betriebene Handelsplattform „Fondsbörse Deutschland“ unter www.zweitmarkt.de.

[5]

Zu diesem Begriff näher Rn 95 ff; siehe auch Veil, in: Meyer/Veil/Rönnau, § 4 Rn 25.

[6]

Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 45; Sudmeyer, BB 2002, 685; Witt, AG 2001, 233, 234.

[7]

Wertpapierdienstleistungs- bzw Finanzmarktrichtlinie und OGAW- bzw AIF-Richtlinie.

[8]

Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 7 Rn 137 ff.

[9]

Vgl Rn 104 f, Rn 112.

[10]

Siehe Rn 133 f, 168 ff.

[11]

Schlee, in: Heidel, § 48 BörsG Rn 2.

[12]

Lenenbach, KMR, Rn 1.45 ff; kritisch Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 420.

[13]

Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 218 mwN.

[14]

„Floating Rate Notes“ sind variabel verzinsliche Schuldverschreibungen, deren Verzinsung regelmäßig an das aktuelle Marktzinsniveau angepasst wird.

[15]

FAZ vom 1. Oktober 2014, S. 25.

[16]

Banknoten und Münzen in fremder Währung sind dagegen keine Devisen, sondern werden als „Sorten“ bezeichnet.

[17]

Siehe auch die §§ 63 ff WpHG, die für Kassa- und Termingeschäfte grds einheitliche Aufklärungs- und Beratungspflichten vorsehen.

[18]

Ausführlich Bröcker, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn 58 ff; Binder, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, 37. Kap., Rn 11 ff.

[19]

Lat. derivare = ableiten.

[20]

Dabei handelt es sich um eine Kaufoption (sog. Call).

[21]

Dabei handelt es sich um eine Verkaufsoption (sog. Put).

[22]

Vgl Bialluch, WM 2015, 2030, 2031 („außerbörsliche, großvolumige bilaterale Geschäfte mit Finanzinstrumenten …, die vorwiegend zwischen Banken oder Großkunden stattfinden“); siehe auch Jahn, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., 2017, § 114 Rn 1 ff; Binder, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, 37. Kap. Rn 48 ff; Grundmann, in: GroßkommHGB, 5. Teil Rn 75.

[23]

VO (EU) Nr. 648/2012 vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (European Market Infrastructure Regulation – EMIR) sowie das deutsche Ausführungsgesetz vom 13. Februar 2013, BGBl. I, S. 174; geändert durch die VO (EU) Nr. 600/2014 vom 15. Mai 2014, ABl. EU Nr. L 173 vom 12. Juni 2014, S. 84 (MiFIR); dazu Hartenfels, ZHR 178 (2014), 173 ff; Schuster/Ruschkowski, ZBB 2014, 123 ff.

[24]

Näher dazu Rn 923 ff.

[25]

Näher dazu Rn 844 ff sowie 1136 ff.

[26]

Dazu etwa Deutsche Bundesbank, Finanzintermediär, abrufbar unter https://www.bundesbank.de, Glossar; Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2017, § 14 Rn 14.68.

[27]

Vgl Leyens, Informationsintermediäre des Kapitalmarkts, 2017; siehe auch Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2017, § 14 Rn 14.69.

[28]

Siehe dazu VO 1060/2009 vom 16. September 2009, ABl. EU Nr. L 302 vom 17. November 2009, S. 1; geändert durch VO 462/2013 vom 21. Mai 2013, ABl. Nr. L 146 vom 31. Mai 2013, S. 1.

[29]

Zu diesen näher bei Rn 977 ff.

[30]

Assmann, in: Assmann/U.H. Schneider/Mülbert, § 2 WpHG Rn 80.

[31]

Vgl Klöhn, in: Klöhn, Art. 2 MAR Rn 8.

[32]

Siehe auch oben Rn 72 ff. Näher zu den einzelnen Instrumenten auch Klöhn, in: Klöhn, Art. 2 MAR Rn 24 ff.

[33]

Sie können jedoch als Finanzinstrumente iS des KWG gesehen werden; vgl BaFin, „Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente“ vom 20. Februar 2018, WA 11-QB 4100-2017/0010; siehe auch Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89 ff; Zickgraf, AG 2018, 293 ff; Weitnauer, BKR 2018, 231 ff.

[34]

Assmann, in: Assmann/U.H. Schneider/Mülbert, § 2 WpHG Rn 9.

[35]

Siehe auch Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU).

[36]

Zu umstrittenen Fragen Klöhn, in: Klöhn, Art. 2 MAR Rn 27 ff.

[37]

Diese sind nicht immer identisch mit den Schuldverschreibungen iS der §§ 793 ff BGB. Letztere können Schuldverschreibungen iS des § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG aF) sein, soweit sie zirkulationsfähig und fungibel sind. Schuldverschreibungen werden auch als Anleihen, Obligationen, Renten oder Bonds bezeichnet.

[38]

Näher Assmann, in: Assmann/U.H. Schneider/Mülbert, § 2 WpHG Rn 17 ff.

[39]

Näher Assmann, in: Assmann/U.H. Schneider/Mülbert, § 2 WpHG Rn 12 f; Klöhn, in: Klöhn, Art. 2 MAR Rn 11 ff (auch zu weiteren Eingrenzungen, die sich aus Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II ergeben).

[40]

Namenspapiere sind zB Schuldscheindarlehen, Namensschuldverschreibungen, Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldbriefe sowie Sparbücher.

[41]

Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn 4 f, auch zum Wertpapierbegriff anderer Gesetze; KölnerKommWpHG/Roth, § 2 WpHG Rn 17.

[42]

Zum börsenrechtlichen Wertpapierbegriff siehe Rn 168; vgl auch Müller, JA 2017, 321 ff (I.), 401 ff (II.); Preuße, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn 3 ff.

[43]

Buck-Heeb, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, 15. Aufl., 2020, § 793 BGB Rn 1.

[44]

KölnerKommWpHG/Roth, § 2 WpHG Rn 17.

 

[45]

ABl. EU Nr. L 168 vom 30. Juni 2017, S. 12.

Teil II Marktorganisation und Marktzugang

Teil II Marktorganisation und Marktzugang

Inhaltsverzeichnis

§ 3 Die Börse und andere Handelssegmente

§ 4 Prospektpflicht

§ 5 Prospekthaftung

92

Marktorganisation und Marktzugang sind überwiegend im Börsengesetz (BörsG)[1] geregelt. Das BörsG stellt den sachlich ältesten Teil des Kapitalmarktrechts dar. Dessen Organisationsnormen weisen den Börsenorganen bestimmte Zuständigkeiten und Befugnisse zu. Außerdem sind Vorschriften für das ordnungsmäßige Zustandekommen von Börsenpreisen sowie Regelungen zum Verhältnis von Börse und Nutzern (Handelsteilnehmern und Emittenten der börsennotierten Wertpapiere) enthalten. Daneben finden sich im BörsG auch anlegerschützende Normen.

93

Einzelne Teile des (alten) BörsG, wie etwa die Regelung der Finanztermingeschäfte (§§ 37e ff WpHG aF, jetzt: §§ 99 f WpHG) und das Verbot der Marktmanipulation wurden in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) verlagert. Letzteres ist nunmehr überwiegend in der MAR geregelt. Auch durch das FRUG von 2007[2] fand eine „Ausdünnung“ des BörsG statt, indem die Zulassungsfolgepflichten des Emittenten überwiegend in das WpHG transferiert (und erweitert) wurden. Zudem ist inzwischen die ursprünglich im BörsG angesiedelte Prospekthaftung in das WpPG (§§ 9 ff WpPG) integriert. Insofern wird das BörsG inzwischen teilweise auch als „Rumpfgesetz“ bezeichnet[3].

Anmerkungen

[1]

Die börsenmäßig organisierten Märkte dienen in Deutschland dem Handel mit bereits emittierten Kapitalmarkttiteln. Die Börsenmärkte werden deshalb auch als Sekundärmärkte bezeichnet. Dagegen wird bei der (Erst-)Platzierung der emittierten Kapitalmarkttitel, die den Emittenten die benötigten Finanzierungsmittel verschaffen sollen, von Primärmarkt gesprochen. Vgl Rn 59 f.

[2]

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission, BR-Drucks. 247/07 vom 20. April 2007.

[3]

Vgl Baums/Hopt, FS Rudolph, 2009, S. 537, 547; Hammen, ZBB 2016, 398, 402.

Teil II Marktorganisation und Marktzugang › § 3 Die Börse und andere Handelssegmente

§ 3 Die Börse und andere Handelssegmente

Inhaltsverzeichnis

I. Begriff der Börse

II. Organisation und Rechtsnatur der Börse

III. Handelssegmente

IV. Der Gang an die Börse

V. Delisting (Widerruf der Zulassung)

Ausgewählte Literatur:

Bialluch, Systematische Internalisierung de lege lata, WM 2015, 2030; Bredt, Das Börsenrecht als Ausgleichsinstrument zwischen öffentlichem Auftrag, Trägerinteresse und Anforderungen der internationalen Finanzmärkte, WM 2013, 1839; Güllner, MiFID II: Die neue Handelsplatzarchitektur in der EU, WM 2017, 938; Hoops, Bedeutung des organisierten Handelssystems in der gegenwärtigen Marktinfrastruktur, RdF 2017, 14; ders., Das neue Regime für die systematische Internalisierung nach MiFID II: Auswirkungen auf den deutschen Zertifikatehandel, WM 2017, 319; Hugger/Pasewaldt, Sanktionsverfahren der Börsen und Einstellungsmöglichkeiten nach dem Opportunitätsprinzip, WM 2016, 726; Koch/Harnos, Die Neuregelung des Delisting zwischen Anleger- und Aktionärsschutz, NZG 2015, 729; Kocher/Seitz, Das neue Delisting nach § 39 Abs. 2–6 BörsG, DB 2016, 153 ff; Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3; Lepczyk, Schwerpunktbereich – Einführung in das Börsenrecht, JuS 2007, 985; Linnerz/Freyling, Delisting im Freiverkehr – Sanktionsregime und Pflichtenprogramm, BB 2017, 1354; Schelling, Die systematische Internalisierung in Nichteigenkapitalinstrumenten nach MiFID II und MiFIR, BKR 2015, 221; Steuer, Rechtliche Grundlagen des modernen Aktienhandels, JuS 2018, 415; Wackerbarth, Das neue Delisting-Angebot nach § 39 BörsG oder: Hat der Gesetzgeber hier wirklich gut nachgedacht?, WM 2016, 385; Weidlich/Dietz/Cammerer, Nach der Neuregulierung des Open Market der Deutschen Börse: Notierungsmöglichkeiten für Unternehmen, GWR 2013, 39; Weitnauer, Das neue Börsensegment „Scale“ der Deutschen Börse AG: Neue Finanzierungs- und Exit-Möglichkeiten für KMUs?, GWR 2017, 235; Wieneke/Schulz, Durchführung eines Delistings, AG 2016, 809; Zimmer/v. Imhoff, Die Neuregelung des Delisting in § 39 BörsG, NZG 2016, 1056.

94

Fall 1:

Die X-AG notiert im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Seit einigen Jahren sind die Gewinne des Unternehmens rückläufig und geraten in die Verlustzone. Dementsprechend ist der Börsenpreis erheblich gefallen. Der Vorstand V der X-AG möchte daher den Widerruf der Börsenzulassung beantragen. Kann V eine solche Beantragung ohne Weiteres vornehmen oder ist zunächst die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen? Rn 192

95

Die Errichtung einer Börse bedarf der staatlichen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 BörsG), die dem Träger der Börse von der zuständigen obersten Landesbehörde als Börsenaufsichtsbehörde erteilt wird (§ 4 Abs. 1, 6 BörsG)[1]. Wird eine Börse ohne diese errichtet, kann sie nach den Ordnungsgesetzen der Länder aufgehoben werden (Verstoß gegen die öffentliche Ordnung). Zu den wichtigsten Börsen in Deutschland zählen die Börsen in Frankfurt a.M., Düsseldorf[2], Hamburg-Hannover, München, Stuttgart, Berlin und Tradegate Exchange Berlin. Hinzu kommen die Terminbörse European Exchange (Eurex) in Eschborn und die Energiebörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig.

I. Begriff der Börse

96

In § 2 Abs. 1 BörsG findet sich eine Definition des Börsenbegriffs. Danach sind Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die multilaterale Systeme regeln und überwachen, welche die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten nach nichtdiskretionären (vormals: nach festgelegten) Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt. Jedenfalls muss das Zusammenbringen gefördert werden. Voraussetzung ist, dass das der Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsinteressen zugrunde liegende Regelwerk verbindlich ist und nicht individuell abbedungen werden kann („nichtdiskretionäre Bestimmungen“)[3]. Das ist an den Börsen mit den in Selbstverwaltung erlassenen Satzungen der Fall.

97

Speziell geregelt ist, was unter einer Wertpapierbörse (§ 2 Abs. 2 BörsG) bzw unter einer Warenbörse (§ 2 Abs. 3 BörsG) zu verstehen ist. Werden sowohl Wertpapiere als auch Waren gehandelt, sind sowohl die sich auf Wertpapier- als auch die sich auf Warenbörsen beziehenden Regelungen anzuwenden (§ 2 Abs. 4 BörsG).

II. Organisation und Rechtsnatur der Börse

98

Im deutschen Börsenwesen herrscht eine duale Organisationsstruktur[4]. Auf der einen Seite gibt es die Börse als (teilrechtsfähige) Anstalt des öffentlichen Rechts (1.), deren Organe durch einen entsprechenden organisatorischen Rahmen einen funktionierenden Handel ermöglichen[5] und auf der anderen Seite den (privaten) Börsenträger (2.). Weiterer Akteur sind die Handelsteilnehmer, durch die der Handel betrieben wird (3.).


[Bild vergrößern]

1. Die Börse

99

Unter „Börse“ kann man zum einen die Marktveranstaltung verstehen, zum anderen das verantwortliche Rechtssubjekt für die Durchführung des Börsenhandels. Die Marktveranstaltung als solche, in deren Rahmen sich der Wertpapierhandel zwischen den Handelsteilnehmern vollzieht, dh die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage wird von den Börsen betrieben (zB Frankfurter Wertpapierbörse). Als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 BörsG) ist sie befugt, öffentlich-rechtliche Regelungen als autonome Satzungen zu erlassen (zB Börsenordnung[6], Gebührenordnung).

100

Die Börse ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts iS des § 89 BGB, obwohl dies für Anstalten des öffentlichen Rechts grds der Fall ist. Ihr fehlt es an der dafür erforderlichen vollen Rechtsfähigkeit iS des § 1 BGB, dh der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Sie ist laut Gesetz nur teilrechtsfähig. Sie kann nur im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. Im Zivilprozess ist sie nicht parteifähig[7].

101

Die Organe der Börse sind (vgl § 3 Abs. 1 Satz 2 BörsG)


die Börsengeschäftsführung (§ 15 BörsG) als Leitungsorgan, welche die den Börsen übertragene öffentliche Verwaltung wahrnimmt,

102

Die wichtigsten Aufgaben der Börse sind die Zulassung und Einbeziehung von Wertpapieren[11] und die Feststellung des Börsenpreises. Börsenpreise sind Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im regulierten Markt oder an einer Warenbörse ermittelt werden (§ 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Auch die Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im Freiverkehr/Open Market ermittelt werden, stellen Börsenpreise dar (§ 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG). Auf dieser Grundlage werden sodann nach festgelegten Grundsätzen möglichst viele Orders (Kauf- und Verkaufsaufträge) zusammengeführt (Matching).

 

103

Umstritten ist, worauf sich die repressiven Regelungen bzgl. fehlerhafter Geschäfte (Mistrade-Regelungen[12]) der Börse stützen lassen. Ob hierfür § 24 Abs. 2 Satz 4 BörsG als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden kann, wonach die Börse nähere Bestimmungen insbesondere für den Fall trifft, dass Börsenpreise aufgrund erheblicher Preisschwankungen nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind, ist fraglich.

104

Die Preisermittlung erfolgt an den Wertpapierbörsen durch Skontroführer[13]. Das sind von der Börsengeschäftsführung hierfür zugelassene Unternehmen (§ 27 Abs. 1 BörsG). Sie handeln bei der Preisermittlung weisungsfrei (§ 28 Abs. 1 Satz 3 BörsG)[14]. Die Preisfeststellung wird von den Handelsüberwachungsstellen der jeweiligen Börse überwacht[15]. Im Mai 2011 wurde an der Frankfurter Wertpapierbörse das bisherige System mit einem auf Skontroführer basierten Handel von Xetra zugunsten einer Betreuung durch sog. Xetra-Spezialisten aufgegeben[16]. Diese Spezialisten sind nicht mehr, wie noch die Skontroführer, öffentlich-rechtlich verpflichtet, sondern werden vom Börsenträger beauftragt, Liquidität herzustellen.

105

Die Börsengeschäftsführung kann festlegen, dass bei im elektronischen Handelssystem gehandelten Wertpapieren sog. Market Maker[17], regelmäßig eine Bank oder ein Wertpapierhandelshaus, eingesetzt werden[18]. Nach § 26c Abs. 2 BörsG trifft die Börse entsprechende Vorkehrungen. An der Frankfurter Wertpapierbörse werden diese Designated Sponsors genannt (§ 81f BörsO Ffm, Stand: 1. April 2020). Das sind Banken oder sonstige Finanzdienstleister, die im elektronischen Handelssystem Xetra die fortwährende Handelbarkeit von Wertpapieren garantieren. Das geschieht dadurch, dass sie verbindliche Quotes (An- und Verkaufskurse) für Finanzinstrumente, welche von ihnen betreut werden, veröffentlichen, dh sie sind „Bereitsteller von Marktliquidität“[19]. Sie bieten an, als Handelspartner aufzutreten, dh zum Geldpreis zu kaufen und zum Briefpreis zu verkaufen[20]. Sie sind damit verpflichtet, während der Handelszeiten nach Maßgabe der Börsenordnung und den Anordnungen der Börsengeschäftsführung gleichzeitig limitierte Aufträge für die Nachfrage- und Angebotsseite (Quotes) in das Handelssystem einzustellen und zu diesen Geschäftsabschlüsse zu tätigen (§ 82 Abs. 1 BörsO Ffm, Stand: 1. April 2020). Die Geschäftsführung setzt hierbei u.a. eine maximale Preisspanne (Maximum Spread) zwischen Nachfrage- und Angebotspreisen fest (§ 82 Abs. 2 BörsO Ffm, Stand: 1. April 2020).

2. Börsenträger

106

Da die Börse teilrechtsfähig ist (§ 2 Abs. 1 BörsG), kann sie weder Eigentum an den Sacheinrichtungen haben noch privatrechtliche Verträge (zB Mitarbeiteranstellungsverträge) schließen oder über finanzielle Mittel verfügen[21]. Sie bedarf eines Trägers als Zurechnungssubjekt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BörsG ist der Börsenträger Normadressat mit eigenen Rechten und Pflichten. Er ist regelmäßig als Kapitalgesellschaft[22] organisiert[23].

107

Mit der Genehmigung wird dem Börsenträger zugleich die Aufgabe zum Betrieb einer Börse übertragen. Diese erfolgt nach hM in der Form der öffentlichen Beleihung durch das Sitzland der Börse[24]. Als Beliehene werden Personen bezeichnet, die mit der selbständigen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut sind. Der Beliehene unterliegt, soweit es sich um ihm übertragene öffentliche Aufgaben handelt, der staatlichen Aufsicht.

108

Der Genehmigung kommt eine rechtliche Doppelnatur zu: Sie befreit zum einen vom Verbot des Betreibens einer Börse und delegiert zum anderen staatliche Organisationsgewalt. Außerdem hat die Genehmigung eine doppelte Rechtsfolge: Der Börsenträger wird damit berechtigt und verpflichtet, die Börse zu betreiben und zu erhalten. Des Weiteren stellt die Genehmigung den konstitutiven Rechtsakt für die Entstehung der öffentlich-rechtlichen Anstalt Börse dar[25]. Allerdings besteht kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Börsenerlaubnis, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung[26].

109

Mit der Beleihung geht die Betriebspflicht des jeweiligen Börsenträgers einher, dh er hat die genehmigte Börse als Veranstaltung zu betreiben und zu erhalten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Insbesondere sind die finanziellen, sachlichen, personellen und technischen Mittel für einen ordnungsgemäßen Börsenbetrieb zur Verfügung zu stellen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BörsG)[27]. Andernfalls kann die Börsenaufsichtsbehörde Beauftragte bestellen, welche die Aufgaben der Börse auf Kosten des Börsenträgers wahrnehmen (§ 3 Abs. 10 BörsG).

110

§ 5 Abs. 4 BörsG enthält Organisationspflichten für eine Börse. Nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 BörsG hat der Börsenträger Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte zwischen dem Börsenbetreiber oder dessen Eigentümern und dem öffentlichen Interesse an der Funktionsfähigkeit der Börse sowie dem ordnungsgemäßen Börsenhandel zu verhindern. Dies gilt jedoch nur, soweit die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben durch die Interessenkonflikte beeinträchtigt oder Handelsteilnehmer benachteiligt werden könnten[28]. § 5 Abs. 4 Nr. 2 BörsG verpflichtet den Börsenträger zur Schaffung eines Risikocontrollings. Schließlich hat der Börsenträger nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 BörsG zur Sicherstellung der Integrität der Börsensysteme[29] für einen reibungslosen und zeitnahen Abschluss der ausgeführten Geschäfte zu sorgen und v.a. wirksame Notfallmaßnahmen bei einem teilweisen oder vollständigen Ausfall der Börsensysteme vorzuhalten.

111

Der Börsenträger hat wesentliche Veränderungen der Eigentümerstruktur auf seiner Internetseite zu veröffentlichen (§ 5 Abs. 2 BörsG). Des Weiteren muss er über ausreichende finanzielle Mittel für eine ordnungsgemäße Durchführung des Börsenbetriebs verfügen (§ 5 Abs. 5 BörsG). Bei Übertragung von für den Börsenbetrieb wesentlichen Funktionen und Tätigkeiten (Outsourcing) ist § 5 Abs. 3 BörsG zu beachten[30]. Ein solches Outsourcing kommt insbesondere bzgl der technischen Abwicklung des Börsenbetriebs in Betracht.