Bitcoin - Perspektive oder Risiko?

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Bitcoin - Perspektive oder Risiko?
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Bitcoin

Bitcoin – Perspektive oder Risiko?

Peter Conrad

Copyright: © 2013 Peter Conrad

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-6568-2

E-Mail: bitcoin@quisquis.de WWW: http://bitcoin.quisquis.de/

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfältigung und der Übersetzung bleiben, auch bei auszugsweiser Verwertung, dem Autor vorbehalten.

Coverdesign: Kati Conrad Lektorat: Bettina Arndt

Alle in diesem Buch verwendeten Firmennamen, Warenzeichen und eingetragenen Marken sind auch ohne gesonderte Kennzeichnung Eigentum der jeweiligen Inhaber.

Version: 20130830113237

Der Autor


Peter Conrad ist Diplom-Informatiker und beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Kryptographie in unterschiedlichen Einsatzgebieten. Stets stand dabei die praktische Anwendungsmöglichkeit im heranwachsenden Internet im Fokus. Angefangen mit PGP zur Verschlüsselung von E-Mails war er an RSA-129 [27] beteiligt, dem seinerzeit größten Projekt für verteiltes Rechnen, bei dem 1994 eine 1977 verschlüsselte Nachricht "geknackt" wurde. Später rückten sowohl Anwendungen im Bereich Netzwerkprotokolle (VPN [28], DNSSEC [29]) in seinen Blickpunkt als auch P2P-Netzwerke wie MojoNation oder Freenet [30].

Als Softwareentwickler befasst er sich seit 1997 hauptberuflich [31] mit dem Entwurf und der Programmierung von Internetanwendungen von der Aktienhandelsplattform bis zum Online-Shop. Parallel dazu hat er zu vielen Free-Software-Projekten beigetragen und auch eigene Open-Source-Software veröffentlicht.

Als die Schnittmenge vieler dieser Bereiche stehen Bitcoins und deren Verwandte, die Kryptocoins, seit einiger Zeit im Mittelpunkt seines beruflichen Interesses.

Inhalt

Was sind Bitcoins?

Bitcoin [1] ist eine neuartige digitale Währung, die 2009 von einem unbekannten Softwareentwickler unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ins Leben gerufen wurde. Was Bitcoins von anderen Währungen unterscheidet ist, dass es keine zentrale Stelle wie etwa eine herausgebende Bank oder einen Verwaltungsserver gibt. Stattdessen finden Bitcoin-Transaktionen direkt zwischen den beteiligten Nutzern bzw. deren Rechnern statt. Dieses Prinzip des direkten Datenaustauschs ist auch aus Filesharing-Systemen unter der Bezeichnung "Peer-to-Peer" (P2P) bekannt.

Zumindest im Hinblick auf diesen direkten Austausch ist Bitcoin dem Bargeld ähnlicher als jedes andere elektronische Zahlungssystem. Lediglich die Geldkarte und das Ende der neunziger Jahre von der Firma DigiCash angebotene eCash [2] beinhalten eine direkte Übertragung von Währungseinheiten zwischen Kunde und Händler. Bei beiden muss aber der Händler im Anschluss daran das erhaltene Geld bei der ausgebenden Bank wieder einlösen. Eine Weitergabe an Dritte ist, anders als beim Bitcoin, dagegen nicht vorgesehen.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen Bitcoin und herkömmlichen Zahlungssystemen ist, dass das Bitcoin nicht an eine staatliche Währung gekoppelt ist. Die Geldkarte wird mit Euro-Beträgen aufgeladen. Lastschriften, Kreditkartenzahlungen oder Paypal-Transaktionen werden immer in staatlichen Währungen abgewickelt. Bitcoin-Transaktionen dagegen lauten ausschließlich auf Beträge in Bitcoin. Das Bitcoin ist daher als eine eigene, unabhängige, nicht-staatliche Währung anzusehen.

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe ähnlicher Währungen, die meist auf den gleichen Prinzipien beruhen wie ihr Urvater, das Bitcoin. Diese ähnlichen Währungen werden unter dem Oberbegriff Altcoins (Kurzwort für "alternative Coins") subsummiert. Da die Sicherheit all dieser Währungen auf kryptographischen Methoden beruht, werden sie auch als Kryptocoins bezeichnet.

Wieso funktioniert das Bitcoin-Prinzip?

Digitale Daten werden in aller Regel nicht weitergegeben, sondern kopiert. Wer eine Webseite anschaut oder ein e-Book liest, lädt sich eine Kopie davon in seinen Browser oder seinen e-Book-Reader. Die Vorstellung, dass währenddessen andere Leute nicht auf die gleiche Webseite zugreifen oder das gleiche e-Book lesen können, erscheint absurd. In der physischen Welt ist es hingegen völlig selbstverständlich, dass ein in einer Bibliothek entliehenes Buch eben nicht für andere zur Verfügung steht, solange man es entliehen hat.

Ebenso ist es bei der Weitergabe von Papier- oder Münzgeld selbstverständlich, dass man das Original weitergibt – und wenn man es weitergegeben hat, ist es weg. Man kann es also nur einmal ausgeben. Theoretisch kann man natürlich Geldscheine kopieren. Aber abgesehen davon, dass das schwer bestraft wird, ist die Kopie immer mehr oder weniger leicht als solche zu erkennen.

Das Grundproblem

Bitcoins und andere digitale Währungen existieren nur als digitale Daten. Damit ist es ganz natürlich, dass sie kopiert werden, sei es beim Transfer zu ihrem zukünftigen Besitzer, oder – ganz legitim – als Backup. Anders als beim Papiergeld ist aber die Kopie durch nichts vom Original zu unterscheiden. Das wird nun zum Problem: Wie kann man verhindern, dass jemand sein digitales Geld auf den Kopf haut, anschließend einfach ein Backup wiederherstellt und das Geld noch einmal ausgibt?

Bei digitalen Zahlungssystemen mit einer zentralen Kontrollinstanz ist das relativ einfach: Die zentrale Instanz hat den Überblick über alle Transaktionen und ihre zeitliche Reihenfolge und kann daher sowohl die mehrfache Verwendung von Geldeinheiten erkennen als auch entscheiden, welche zuerst stattfand und damit "echt" ist. Hinzu kommen weitere Sicherungsmechanismen. Auf der Geldkarte beispielsweise befindet sich ein gesicherter Chip, der ausgesprochen schwer zu manipulieren ist. Beim eCash [2] kamen digitale Unterschriften zum Einsatz. In beiden Fällen gibt es außerdem Schattenkonten, über die Missbrauch erkannt werden soll.

Der große Haken bei diesem Mechanismus ist aber, dass Geldeinheiten immer nur eine kurze Lebensdauer haben können. Das heißt, die ausgebende Stelle (Bank) überträgt Geld an den Kunden, der Kunde an den Händler, und der Händler gibt sie zurück an die Bank, die gleichzeitig sicherstellt, dass das Geld nicht mehrfach verwendet wird. Würde der Händler nun, anstatt das Geld an die Bank zurückzugeben, damit seinen Lieferanten bezahlen, und dieser bei der Rückgabe an die Bank feststellen, dass das Geld mehrfach verwendet wurde und daher ungültig ist, dann wäre nicht mehr festzustellen, ob der Kunde oder der Händler der Übeltäter war.


Mehrfache Verwendung von Geld bei zentralistischen digitalen Währungen:

Links gibt der Kunde das Geld zweimal aus, rechts der Händler.

Aus Sicht der Bank ist der Schuldige nicht zu erkennen. Deswegen müssen digitale Zahlungen hier immer sofort bei der Bank eingelöst werden.

Ein Kinderspiel?

Beim Bitcoin gibt es keine zentrale Instanz, daher funktioniert der obige Ansatz hier nicht. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass in einem dezentralen P2P-Netz nie alle Teilnehmer den gleichen Informationsstand haben. Das liegt daran, dass der Transfer der Daten von einem Teilnehmer zum nächsten eine gewisse Zeit dauert. Zusätzlich ist der Weg der Daten durch das Netz nicht genau festgelegt. Dadurch kann auch die zeitliche Reihenfolge, in der Daten bei unterschiedlichen Teilnehmern eintreffen, unterschiedlich sein. Der vom Bitcoin verwendete Lösungsansatz ist daher deutlich komplizierter.

Zur Vereinfachung stelle man sich ein Spiel mit offenen Karten vor. Jeder Mitspieler sieht dabei nicht nur alle Karten und alle Spielzüge aller anderen Mitspieler. Jeder Mitspieler weiß auch, wie die übrigen Mitspieler an ihre Karten gekommen sind. Jeder weiß sogar, welche weiteren Spieler einmal am Tisch gesessen und mitgespielt haben, was für Karten diese hatten und wie sie diese ausgespielt haben.

Das Spiel mag sehr langweilig sein – aber es ist praktisch unmöglich, zu betrügen. Jeder Spieler passt wie ein Schießhund auf, dass alle anderen sich an die Regeln halten. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird zwar nicht bestraft. Aber seine regelwidrigen Spielzüge werden ignoriert, wodurch er effektiv nicht mehr am Spiel teilnimmt. Seine Karten haben nur dann einen Wert, wenn er sich an die Regeln hält, sonst kann er sie nicht ausspielen.

Selbst wenn sich mehrere Spieler zusammentun, können sie die ehrlichen Spieler nur schwer betrügen. Letztlich führt es dazu, dass aus einem Spiel zwei werden, jedes mit eigenen Regeln. Erst wenn eine Mehrheit unter den Spielern miteinander kooperiert, besteht eine Betrugsmöglichkeit. Zwar müssen die Betrüger ihre Spielzüge immer noch regelkonform ausführen, um nicht von den Betrogenen ignoriert zu werden. Aber sie können nachträglich die Historie des Spiels manipulieren. Wenn ein Betrüger plötzlich Karten aus dem Ärmel zieht, dann kann die Mehrheit von Betrügern die Minderheit der ehrlichen Spieler davon überzeugen, dass diese Karten auf ehrliche Weise erworben wurden.

 

Spätestens hier fängt der Vergleich mit dem Kartenspiel leider an zu hinken. Nichtsdestotrotz ist das Bild ausreichend für ein grobes Verständnis der prinzipiellen Funktionsweise des Bitcoin-Netzwerks. Hier sind die Bitcoins die Karten und die Netzwerkteilnehmer bzw. die auf ihren Rechnern laufende Bitcoin-Software die Spieler. Die Software überwacht akribisch die Einhaltung der Regeln.

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