Glühende Retterliebe

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Glühende Retterliebe
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Oswald J. Smith

Glühende Retterliebe


Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 9783865064332

21. deutschsprachige Auflage 2010

© 1952 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Originaltitel: THE PASSION FOR SOULS

© Marshall, Morgan & Scott, Ltd., London

Übersetzung: Siegrid Riedel

Umschlaggestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: Getty Images

Satz: Hans Winkens, Wegberg

1. digitale Auflage 2013

Digitale Veröffentlichung: Zeilenwert GmbH

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Copyright

Ulrich Parzany: Immer noch dieselbe Glut!

Des Meisters Ruf

1. Satans Niederlage

2. Von Gott beschlagnahmt

3. Was ist die Hauptaufgabe der Gemeinde Jesu Christi?

4. Wie Gott mich in einen weltweiten Dienst berief

5. Wird Christus auf die Erde zurückkehren, ehe die Welt evangelisiert worden ist?

6. Gewinnen wir den Kampf gegen das Heidentum?

7. Warum hat die Gemeinde Jesu versagt und das Evangelium nicht der ganzen Welt verkündigt?

8. Wie Gott mich lehrte, Missionsopfer zu geben

9. Was uns heute Not tut

10. Verkündigung des Evangeliums! Gottes Antwort auf das Sehnen und Seufzen der Menschheit

11. Gottes Macht offenbart sich durch eine Erweckung

12. Die bleibende Frucht der Evangelisationsarbeit und der Erweckungen

13. Wie kann heute eine Erweckung unter uns geschehen?

Roland Werner: Die Dringlichkeit der Evangelisation und die Erneuerung der Herzen

Ulrich Parzany
Immer noch dieselbe Glut!

Ich war 16 oder 17 Jahre alt, als ich zum ersten Mal die Geschichte von dem waghalsigen kanadischen Holzfäller, dem High Rigger, las. Ich habe die Geschichte als junger ehrenamtlicher Mitarbeiter oft in der Jugendarbeit erzählt. Ein junger Kerl, der vor Gottes Berufung in die Weltevangelisation weglaufen wollte und dann doch von Gott beschlagnahmt wurde.

Das Buch »Glühende Retterliebe« war ein Stachel in meinem Gewissen. Ich wusste, Oswald Smith hatte Recht. Die weltweite Evangelisation war der Auftrag Nr. 1, den Jesus uns Christen gegeben hat. Aber ich wagte nicht, das auf mein Leben zu beziehen.

Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich andere auf den Auftrag zur Weltevangelisation hinwies, weil ich selber in Deutschland blieb. Wie sollte ich da andere für die Weltevangelisation motivieren?

Als Vikar leitete ich einen Hausbibelkreis in Bethlehem.

Eine über 80 Jahre alte Missionsärztin aus Assuan in Ägypten erzählte mir ihre Geschichte. Sie behauptete fest und klar: »Man braucht keine besondere Berufung, um in die Weltmission zu gehen. Jesus hat gesagt: ›Geht in alle Welt …‹ Man braucht eine besondere Berufung, um zu Hause zu bleiben.«

Also betete ich und sagte Gott: »Hier bin ich. Sende mich wohin du willst. Ich bin bereit, in die islamische Welt zu gehen.« Mit diesem Entschluss kam ich nach meiner Vikariatszeit aus dem Nahen Osten nach Deutschland zurück. Dort traf mich der Ruf, als Jugendpfarrer nach Essen zu gehen. Ich sträubte mich ein halbes Jahr lang. Dann wurde mir bei einem Abendmahlsgottesdienst gewiss: Du musst diesem Ruf gehorsam sein.

Von da an hatte ich alle Freiheit, für die weltweite Evangelisation zu werben. Ich wusste, dass mein Dienst in Deutschland keine Flucht war. Ich war mein Leben lang bereit, dem »normalen« Ruf in die weltweite Arbeit des Herrn Jesus Christus zu folgen. Wer weiß, was Gott noch vor hat?

Dieses Buch von Oswald Smith ist ein »Klassiker«. Die Lebensverhältnisse sind heute weltweit völlig anders als zu seiner Zeit. Aber dieses Buch strahlt immer noch die heiße Glut der Liebe Gottes aus. »Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.« »Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein?« Ich bete, dass durch das Lesen dieses Buches viele zu der Antwort geführt werden: »Hier bin ich, Herr. Sende mich!«

Ulrich Parzany

Des Meisters Ruf


Satans Niederlage

»Was gibt’s Neues?«, fragte der Satan und schaute forschend auf den gerade eintretenden Fürsten von Alaska.

»Großartig! Ausgezeichnet!«, war die Antwort.

»Hat schon einer der Eskimos davon gehört?«, fragte er gespannt und heftete seinen Blick auf den gefallenen Engel.

»Keiner! Bestimmt keine Menschenseele!«, antwortete der Fürst mit tiefer Verbeugung. »Dafür habe ich schon gesorgt«, fuhr er hämisch fort, als weide er sich an einem eben errungenen Sieg.

»Hat’s einer versucht?«, fragte sein Herr gebieterisch.

»Wollte jemand in dein Reich eindringen?«

»Das schon, doch der Versuch scheiterte, bevor sie auch nur ein Wort der Sprache lernen konnten«, erwiderte der Fürst mit verhaltenem Triumph in der Stimme. Jetzt war der Satan ganz Ohr. »Was? Erzähl doch! Wie kam das?«

»Ich durchstreifte mein Reich kreuz und quer«, hob nun der Fürst an, »war tief bis in die Arktis vorgestoßen und wollte eben einen der abgelegenen Stämme besuchen, als ich plötzlich die überraschende Nachricht erhielt, dass sich zwei Missionare aus Übersee aufgemacht haben und nach guter Landung schon tief in mein Reich Alaska eingedrungen sind. Sie steuerten geradewegs auf einen großen Eskimostamm in der Arktis zu.«

»Und was hast du gemacht?«, unterbrach ihn Satan, der ungeduldig auf den Höhepunkt der Erzählung brannte.

»Zuerst berief ich die Heerscharen der Finsternismächte unter meinem Befehl zu einer Beratung. Es wurden viele Vorschläge gemacht. Endlich einigten wir uns auf das einfachste Mittel: sie erfrieren zu lassen.

Da sie gerade nach diesem entfernt wohnenden Stamme aufgebrochen waren und höchstwahrscheinlich einen vollen Monat zur Durchquerung der dazwischenliegenden Eisfelder brauchten, machten wir uns sogleich an die Arbeit. Sie waren mit brennendem Herzen hinausgezogen, das Evangelium zu verkündigen. Mutig stapften sie voran. So verstrich etwa eine Woche. Eines Tages fuhr ihr Verpflegungsschlitten plötzlich über eine dünne Eiskruste; sie barst unter der Last auseinander, und im nächsten Augenblick war der Schlitten verloren.

Tapfer schleppten sie sich vorwärts, trotz Müdigkeit und Erschöpfung. Sie waren in einer hilflosen Lage und dabei noch über drei Wochen von ihrem Ziel entfernt. Als Neulinge im hohen Norden waren sie den Schwierigkeiten dieses großen Landes nicht gewachsen.

Als sie schließlich gar nichts mehr zu essen hatten, müde und ausgemergelt waren und fast die Flinte ins Korn werfen wollten, gab ich das Signal zum Angriff. – In kurzer Zeit schwoll der Wind zum Orkan an. Dichtes Schneegestöber setzte ein. Und weil du, o mein Gebieter, Herrscher der Gewalten in der Luft bist, waren sie vor Morgengrauen ein Opfer des Todes, kalt und steif.«

»Ausgezeichnet! Großartig! Du hast mir gut gedient«, bemerkte der gefallene Cherub mit dankbarem Lächeln auf seinem einst schönen Gesicht.

»Und was hast du mir zu melden?«, wandte er sich nun an den Fürsten von Tibet, der mit sichtlicher Befriedigung der Unterhaltung gelauscht hatte.

»Auch ich kann mit einem Bericht aufwarten, der Eure Majestät mit größter Freude erfüllen wird«, entgegnete der Angeredete.

»Ha, Fürst, hat man denn auch versucht, in dein Reich einzudringen?«, fragte der Satan mit wachsendem Interesse.

»Jawohl, das schon«, antwortete der Fürst.

»Wie? Erzähl doch!«, drängte der Satan gespannt.

 

»Ich tat meine Pflicht im Herzen Tibets«, erläuterte der Fürst, »als mir plötzlich zu Ohren kam, dass sich eine Gesellschaft eigens zu dem Zweck gebildet hat, das Evangelium in mein Reich zu tragen. Du kannst dir denken, mein Herr, dass ich sofort auf dem Posten war. Ich berief meine Heere zu einer eingehenden Besprechung, und bald hatten wir einen Plan ausgeheckt, der guten Erfolg verhieß.

Zwei Männer, die von dieser Gesellschaft ausgesandt waren, kamen mit großer Entschlossenheit durch China und überschritten kühn die Grenze des ›Verbotenen Landes‹. Wir ließen sie etwa drei Tagesreisen weit hereinkommen; dann, als die Dunkelheit hereinbrach, wurden sie von zwei wilden Hunden angefallen, die dort sehr häufig sind. Mit äußerster Verzweiflung kämpften sie um ihr Leben, doch schließlich wurde einer von ihnen zu Boden gerissen und getötet. Den anderen jedoch schützten unsichtbare Mächte, die wir nicht überwinden konnten. Er entkam.«

»Was, er entkam!?«, schrie Satan mit scheußlicher Gebärde.

»Er konnte entfliehen!? Hat er ihnen die Botschaft gebracht?«

»Nein, mein Herr«, antwortete der Fürst von Tibet im Brustton der Überzeugung. »Dazu hatte er keine Gelegenheit. Bevor er auch nur ein Wort der Sprache erlernen konnte, hetzten unsere Heerscharen die Eingeborenen auf ihn. Er wurde schnell vor ein Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Das war eine Szene, die Euer Majestät das höchste Vergnügen bereitet hätte. Sie nähten ihn in eine nasse Büffelhaut ein und ließen ihn dann in der Sonne braten. Drei Tage lang währte es. Die Haut schrumpfte immer mehr zusammen, langsam krachten seine Knochen, bis endlich das Leben entflohen war.«

Während der Fürst von Tibet sprach, hatte sich das Zimmer rasch immer mehr gefüllt, und als er seinen Bericht beendet hatte, brach die ganze Versammlung in lauten Beifall aus. Alle beugten sich in Ehrfurcht vor der majestätischen Gestalt Satans, der noch immer schön zu nennen war, trotz der entstellenden Spuren der Sünde.

Doch schon einen Augenblick später legte sich der Jubel. Eine Handbewegung Satans ließ sie alle verstummen.

Er wandte sich an einen anderen gefallenen Engel: »Und was hast du zu berichten, mein Fürst? Bist du noch unumschränkter Herr von Afghanistan?«

»Jawohl, Eure Majestät«, erwiderte der Angeredete; »doch möchte ich bezweifeln, ob ich es allein geschafft hätte ohne die Hilfe meiner tapferen Getreuen.«

»Dann ist dein Reich also auch angegriffen worden?«, schrie Satan laut.

»Jawohl, mein Gebieter«, entgegnete der Fürst. »Aber hör nur mal zu, ich will alles der Reihe nach erzählen.«

Mit einer Handbewegung verschaffte er sich Ruhe, dann begann er:

»Wachsam beobachteten wir ihr Vorrücken; sie waren zu viert – alle beseelt von dem einen brennenden Eifer, Ihn zu verkündigen.

Nun weißt du doch, mein Herr, dass jeder Reisende gleich an der Grenze meines Königreichs auf ein Plakat mit folgender Inschrift stößt:

›Afghanisches Hoheitsgebiet! Überschreiten der Grenze strengstens verboten!‹

Sie knieten rings um die Warnungstafel nieder und beteten; aber trotzdem behielten unsere tapferen Heere die Oberhand. In fünfzehn Meter Entfernung von dem Plakat saß ein afghanischer Wachtposten auf einem Haufen Felsblöcke, sein Gewehr im Anschlag. Nach dem Gebet machte sich die kleine Gesellschaft mutig auf und überschritt die Grenze in das ›Verbotene Land‹. Der Posten ließ sie noch zwanzig Schritte herankommen, wie der Blitz feuerte er dann drei Schüsse ab, und drei von ihnen stürzten zu Boden. Zwei waren tot, der dritte verwundet. Hastig zerrte sein Kamerad den Verwundeten zurück zur Grenze, wo er nach kurzem Krankenlager starb. Der letzte im Bunde verlor den Mut und floh aus dem Land.«

Lang anhaltendes Beifallsgeschrei folgte auf diesen Bericht. Alle frohlockten, Satan selbst am meisten. War er denn nicht noch im Besitz der »Verbotenen Länder«, hatte er nicht auf der ganzen Linie gesiegt? Seine ungezählten Horden hätten dafür gesorgt, dass die Frohe Botschaft noch abgewehrt worden war; noch hatte niemand dort den gefürchteten Namen vernommen.

»Mächtiger Gebieter, willst du uns nicht sagen, warum du so ängstlich darauf bedacht bist, gerade aus unseren Reichen diese Erkenntnis fern zu halten? Weißt du nicht, dass starke Heereskräfte in die Königreiche des Fürsten von Indien, des Fürsten von China und Seiner königlichen Hoheit des Fürsten von Afrika eingedrungen sind und dass sich täglich Menschen zu Christus bekehren?«

»O ja, das weiß ich nur zu gut; doch passt auf, ich will euch erklären, warum ich so eifersüchtig über den verschlossenen Ländern wache«, antwortete Satan, während alle gespannt an seinem Munde hingen.

»Es gibt mehrere Weissagungen«, hob er nun an, »die wohl am besten in dieser einen zusammengefasst sind: ›Es wird gepredigt werden das Evangelium vom Himmelreich in der ganzen Welt zu einem Zeugnis über alle Völker, und dann wird das Ende kommen‹« (Matthäus 24, V. 14). Leiser fuhr er dann fort: »Nun liegt es ja auf der Hand, dass Gott die Heiden heimsucht, ›um sich aus ihnen ein Volk für Seinen Namen zu erwählen‹, und ›danach‹, spricht Er, ›will Ich wiederkommen‹ (Apostelgeschichte 15, V. 14–16). Weiter heißt es im großen Missionsbefehl, dass alle Völker gelehrt und zu Jüngern gemacht werden sollen (Matthäus 28, V. 18–20).

Also kann Jesus Christus nicht zurückkehren, um hier zu herrschen«, rief er ingrimmig, »bis alle Völker die Frohe Botschaft vernommen haben; denn es steht weiter geschrieben: ›Ich sah eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen‹ (Offenbarung 7, V. 9). Daher spielt es für uns keine Rolle, wie viele Missionare noch in Länder ausgesandt werden, die schon bereits evangelisiert sind, noch wie viel Menschen sich dort bekehren; denn nicht eher wird Er zurückkehren, um hier Seine Herrschaft aufzurichten, als bis die Botschaft des Evangeliums in Alaska, Tibet, Afghanistan und in unseren anderen Besitzungen verkündigt worden ist, in denen sie bis jetzt noch nie gehört wurde.«

Da fuhr der Fürst von Französisch-Indochina plötzlich auf: »Dann können wir also Seine Wiederkehr und die Aufrichtung Seiner Herrschaft auf dieser Erde verhindern, wenn wir alle Seine Boten aus den verschlossenen Ländern fern halten und somit den Willen des Allerhöchsten durchkreuzen!«

»Gerade das wollen wir ja«, rief der stolze Fürst von Kambodscha und fuhr dann fort: »Neulich schrieb gerade noch ein Missionar: ›Im Augenblick können wir noch von keinem einzigen Eingeborenen hier sagen, dass er die Heilsgewissheit durch unsern Herrn Jesus Christus gefunden hätte.‹ Wir wollen schon dafür sorgen. Eure Majestät, dass uns keiner entwischt.«

»So ist’s recht«, sprach Satan. »Wir wollen noch viel wachsamer sein und jeden Angriff auf die verschlossenen Länder mit aller Gewalt im Keim ersticken.«

Als ihnen dieser großartige Plan aufgedämmert war, brachen sie in ein lautes Freudengeheul aus und eilten zu ihren Königreichen zurück, fester denn je entschlossen, das Entwischen auch nur einer einzigen Seele zu verhindern.

Fünfzig Jahre waren seitdem ins Land gegangen. Unstet schreitet Seine Satanische Majestät auf und ab. Finstere, unheilverkündende Schatten lagern auf seiner gerunzelten Stirne. Etwas ganz Ungewöhnliches musste ihm seine Ruhe geraubt haben.

»Es darf nicht sein«, murmelte er vor sich hin, und lauter werdend: »Dazu auch noch der ganze Plan! Oh, dieser Plan macht mir zu schaffen! Schließlich müssen sie die Sache doch klar durchschaut haben. ›Evangelisieren‹, ›Pionierarbeit‹, ich kann diese Wörter nicht ausstehen. Und dann noch erst ihre Richtlinien: ›Die Gesellschaft erstrebt Folgendes: Beschleunigung der Rückkehr unseres Herrn, indem wir Seinen Befehl für unsere heutige Zeit befolgen‹, ›Aller Welt das Evangelium zu predigen zu einem Zeugnis für alle Völker‹ und ›Aus ihnen ein Volk für Seinen Namen zu gewinnen‹, wie Er gesagt hat: ›Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur!‹ Ziel der Gesellschaft ist es, sich nur an solchen Unternehmungen zu beteiligen, die tatsächlich zur Weltevangelisation beitragen. Wir wollen keine Verdoppelung schon bestehender ausländischer Missionsgesellschaften, sondern wir wollen unsere ganze Kraft der Pionierarbeit unter den Völkern, Stämmen und Nationen zuwenden, wo der Name Christi noch nicht bekannt ist.‹

›Jenseits liegende Regionen!‹ ›Unerreichte Zonen!‹ ›Pionierarbeit unter Völkern, Stämmen und Nationen, wo Christi Name noch nicht genannt wird!‹ Und ›Beschleunigung der Wiederkunft unseres Herrn, indem wir Seinen Befehl an unsere Generation in die Tat umsetzen‹. Dann weiter ihre Redensart: ›Den König zurückbringen.‹ – ›Den König!‹ Immerfort: ›Der König!‹ – Es darf nicht sein! Ich muss ihre Absicht vereiteln! Wie wird es mir ergehen, wenn Er kommt? Ich muss sofort den Kriegsrat einberufen.«

Einige Minuten später waren sie alle versammelt. Von den äußersten Enden der Welt kamen sie herbei – mächtige gefallene Engel, hohe Würdenträger, Fürsten, Gewaltige, Weltbeherrscher im Finsternisreich dieser Zeit. – In zahllosen Scharen sammelten sie sich um ihren Gebieter, der mit bitterem Ingrimm unter ihnen stand. Stille, tiefe Grabesstille lastete auf ihnen. Jetzt ergreift Satan das Wort:

»Fürst von Alaska, vortreten!«

Zitternd vor Furcht nähert er sich seinem schrecklichen Monarchen. Die zusammengekauerte Gestalt erinnert nicht im Geringsten an sein stolzes Auftreten vor fünfzig Jahren.

»Fürst von Alaska«, fragt Satan, »sind sie bei dir schon eingedrungen?«

Langsam bejaht der Fürst, der vor Angst kaum mehr die Augen aufzuheben wagt.

»Wie! Was!«, donnert Satan jetzt los. Er weiß sich kaum mehr zu beherrschen. »Warum hast du mein Reich nicht besser bewacht?«

»Eure Majestät, wir taten unser Bestes – doch alles umsonst. Die Sache war irgendwie bekannt geworden; man entdeckte die Leichen der beiden ersten, die erfroren waren. Dadurch wurde die ganze Gemeinde zu neuer Tat angefeuert. Andere wagten’s. Verschiedene konnten wir vernichten. Mehrere verloren den Mut und kehrten um. Endlich kamen sie aber doch durch, all unsrer Abwehr zum Trotz. Wohlbeschützt unter der wachsamen Bedeckung von Millionen von Engeln drangen sie hinein und behaupteten sich da; wir konnten sie auch nicht mehr hinaustreiben. Hunderte von Eskimos haben heute das Reich Gottes angenommen, Tausende hörten die Frohe Botschaft!«

Die nun folgende Szene spottete aller Beschreibung. Satan schäumte und kochte vor Wut. Selbst die Luft schien von Millionen von bösen Geistern zu wimmeln. Seine hohen Fürsten wanden sich vor ihm, um nur seinen fürchterlich lodernden Blicken zu entgehen.

Einen Augenblick später brüllte der rasende Teufel:

»Fürst von Tibet, vortreten!« Und als jener bedeutende Anführer nach vorne kam, setzte er hinzu: »Hoffentlich weißt du Besseres zu berichten!«

»Nein, Euer Gnaden, es ist mir nicht viel besser ergangen«, antwortete der Fürst.

Jetzt polterte Satan los: »Wie, Fürst, hat irgendjemand in deinem Reich den Namen vernommen?«

»Keine mir zu Gebote stehende Macht konnte es hindern«, erwiderte der Fürst gelassen. »Wir taten unser Bestes. Tag und Nacht mühten unsere Heere sich ab, um sie zu besiegen. Anscheinend ist eine Bewegung ins Leben gerufen worden, die nur das eine Ziel verfolgt, dorthin zu gehen, wo noch niemand vorher war, und in den so genannten ›Unerreichten Zonen‹ der Welt das Evangelium zu predigen. Umsonst versuchte der Fürst von China, sie mit seinen Armeen zu vernichten. Unter dem Schutze von Legionen von Engeln blieben sie lebendig. Hunde wurden auf sie gehetzt. Mit tödlichem Hass erfüllten wir die Priester gegen sie. Überall legten wir ihnen Fallen. Wir griffen zur Aushungerungstaktik. Krankheiten und Seuchen mussten ihr Teil mit dazu beitragen. Doch umsonst! Immer weiter drängten sie voran. Heute sind Scharen von Tibetanern auf ewig für uns verloren. Tausende hörten die Botschaft, weit und breit wurde sie bezeugt.«

Die rasende Wut Satans kannte nun keine Grenzen mehr. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, wandte er sich ab und erteilte den letzten Befehl:

»Fürst von Afghanistan, vortreten!«

Kurzes Zaudern; dann kommt der Angeredete mit langsamem Schritt und gesenktem Blick näher. Nun steht er zitternd vor seinem obersten Gebieter.

»Fürst von Afghanistan«, hebt der Satan wieder an, »du treuer Wächter meiner Besitzungen, solltest du mich auch noch im Stich lassen, dann weiß ich nicht mehr, wohin ich mich wenden soll.«

Keine Antwort! Wie gebannt lauscht die große Versammlung in das Schweigen.

»Fürst, sprich! Sind sie bei dir eingedrungen?«

 

»Jawohl, Hoheit!«

In rasender Wut sprang der Erzfeind auf. »Fürst von Afghanistan, wo bleibt deine Treue?« fuhr er ihn an.

»Mein Herr und Gebieter, es half alles nichts. Wir taten unser Bestes. Bis vor einem Jahr hatte keine Menschenseele etwas davon gehört. Aber dann wurden zwei junge Männer von dieser Pioniergesellschaft ausgesandt, und –«

»Verfluchte Bande!« knirschte der Satan dazwischen.

»Die ganze Gemeinde vereinigte sich zum Gebet«, fuhr der Fürst fort. »Anscheinend wissen sie alle, dass Er Seine Herrschaft nicht eher aufrichten wird, bis das Evangelium in jeder Sprache gepredigt worden ist. Engelmächte hielten die Wacht. Wir haben gekämpft, konnten ihnen aber nicht widerstehen. Immer weiter drangen sie vorwärts, vor einer Woche hat ein Mann Christus angenommen, verschiedene andere haben das Evangelium schon gehört.«

Wutschnaubend brüllte Satan: »Jetzt ist alles aus! In Indien und China sind Tausende errettet, aber was ich eben hören musste, schlägt dem Fass den Boden aus. Er kann jetzt kommen. Lange wird’s nicht mehr dauern; denn bei der klaren Blickrichtung dieser Leute werden sie nicht eher ruhen, als bis jeder Stamm, jede Sprache und Nation vom Evangelium erreicht worden ist. Dann aber wehe, wehe mir!«