Zwischen meinen Inseln

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1921
Hatfields Beach, 8. Januar 1921

Nach einem einzigen Tag habe ich mich schon eingelebt. Vormittags machen Vater und ich lange Spaziergänge und die Nachmittage liege ich auf der Terrasse und lese. Joy und Alan waren die ersten Tage nach meiner Ankunft noch in Wellington. Heute Abend haben Vater und ich sie zum Essen eingeladen.

Hatfields Beach, 14. Januar 1921

Ich habe mir heute Vaters Haus genauer angesehen. Es ist ein verrückter Gedanke. Im Obergeschoß sind noch zwei Zimmer frei. In einem schlafe ich, das andere ist für Tom. Es gibt ein Bad und noch zwei Zimmer. Vater meinte, dass er nach unten ziehen könnte, wenn Tom und ich einmal für länger in Hatfields Beach bleiben wollten. Es ist wirklich ein verrückter Gedanke. Ich würde wieder so dicht am Wasser leben wie damals auf meinen Inseln.

Hatfields Beach, 27. Januar 1921

Ich muss mich in den nächsten Tagen wieder reisefertig machen. Ich habe schon Sehnsucht nach Tom. Auf Brisbane freue ich mich aber eigentlich gar nicht. Der Alltag wird mich schnell wieder einholen und dann werde ich die schöne Zeit hier rasch vergessen haben. Vater hat sich verkühlt, ich hoffe er wird auch ohne mich wieder gesund.

Brisbane, 3. Februar 1921

Ich habe gehofft, dass wenigsten ein Brief von Tom mich in Hatfields Beach erreicht. Er hatte mir versprochen zu schreiben. Seit heute ist er wieder zu Hause. Er war ehrlich, er hat es schlicht vergessen. Ich glaube auch, dass er mich überhaupt vergessen hat. Er konnte sich am Bahnhof kaum von seinen Freunden trennen. Die Drei haben ihren Eltern übrigens auch nicht geschrieben. Über das Leben im Camp habe ich noch nicht viel von Tom erfahren. Ich weiß nur, dass er die Kanufahrer sehr bewundert hat. Die Kleinen durften noch nicht mit Booten aufs Wasser, vielleicht im nächsten Jahr.

Brisbane, 11. Februar 1921

Vor zwei Tagen habe ich angerufen und schon heute Vormittag einen Termin bekommen. Ich denke es sieht gut aus. In der Anzeige suchten sie Übersetzer für Holländisch. Ich habe so wenige Aufträge in Holländisch, aber ich hoffe, das ändert sich jetzt. Die Baridge Company ist eine Handelsgesellschaft, die mehrere Kontore auf Sumatra und Java unterhält. Ich soll ausdrücklich nicht dorthin reisen, sondern von Brisbane aus die Korrespondenz führen, Verträge übersetzen und auch sonst übersetzen, was anfällt. Die Bezahlung ist sehr gut, was ja auch der Grund für mein großes Interesse ist. Sie wollen noch einige Probeübersetzungen, um zu sehen, was ich kann. Ein Mr. Pembrooke hat mich zu dem Gespräch empfangen. Mit ihm hatte ich vorher schon telefoniert. Es war dann später noch ein anderer Mann bei dem Treffen dabei, seinen Namen habe ich mir aber nicht gemerkt. Ich habe einige Unterlagen zum Übersetzen mit nach Hause genommen. Ich hatte noch angeboten, mich mit den Herren auf Holländisch zu unterhalten, was sie aber ablehnten. Mr. Pembrooke meinte, dass das eben das Problem sei. Die Baridge Company hat ihr australisches Kontor für Indonesien in Darwin, dort würden auch Leute sitzen, die Holländisch verstünden, aber die Verwaltung sitzt hier in Brisbane. Ich werde meine Probeübersetzungen machen und dann werden wir sehen, ob sie mich haben wollen.

Brisbane, 15. Februar 1921

Ich war gleich heute wieder in den Büros der Baridge Company und habe die Probeübersetzungen abgegeben. Sie hatten doch tatsächlich Übersetzungen zum Vergleich. Ich musste vorne im Sekretariat auf die Beurteilung warten. Dann kam Mr. Pembrooke und hat mich in sein Büro gebeten. Ich habe großes Lob bekommen. Meine Übersetzung sei inhaltlich völlig richtig. Ich habe gedacht, wofür mich dieser Mann hält, natürlich sind die Übersetzungen, die ich erstelle, inhaltlich korrekt. Dann meinte Mr. Pembrooke noch, dass ich die Briefe sehr gut in ein Geschäftsenglisch übertragen hätte, was ihm ebenfalls sehr gefällt. Für mich ist das nichts Besonderes, so habe ich es eben gelernt, wovon ich Mr. Pembrooke aber nichts erzählt habe, ich habe das Lob einfach angenommen. Als richtige Belohnung habe ich gleich Arbeit mitbekommen. Mr. Pembrooke hatte mir zwar auch einen Platz in seinen Büros angeboten, aber ich habe ihm meine Situation erklärt. Ich brauche jetzt auch nicht jedes Mal zur Baridge Company zu kommen, um meine Arbeiten vorbeizubringen. Es gibt einen Botenservice, den ich nutzen kann. Nach dem, was ich überblicke, bin ich in den nächsten Wochen gut ausgelastet, sie haben mir bis Ende des Jahres so viele Aufträge zugesagt, dass es fast die Hälfte meiner Zeit ausmachen wird. Die Aufträge der Baridge Company sind somit etwas Festes, fast so als wäre ich dort angestellt. Bei meinen anderen Aufträgen mache ich zumeist das, was hereinkommt. Es gab auch schon einmal Wochen, an denen ich so gut wie nichts zu tun hatte.

Brisbane, 17. März 1921

Ein »A« in Mathematik und ein »A« in Werken hat Tom mir zu meinem Geburtstag geschenkt. Er hat beide Noten erst gestern erhalten und so fiel es ihm spontan ein, sie mir zu widmen, wie er sich ausgedrückt hat. Auf solche Geschenke bin ich sehr stolz. Tom hat das »A« im Werken übrigens für eine Holzschachtel bekommen, die er mir dann gleich auch noch zum Geburtstag geschenkt hat. Von Vater habe ich schon gestern einen Brief bekommen. Seine Erkältung hat sich wohl noch immer nicht gebessert. Ich werde Joy schreiben und sie bitten, nach ihm zu sehen.

Brisbane, 28. März 1921

Vater hat vor wenigen Tagen einen Artikel über Mrs. Edith Cowan geschrieben. Es ist kein normaler Artikel, sondern eine Befragung. Die Fragen, die Vater gestellt hat, sind zusammen mit den Antworten abgedruckt. Vater war extra nach Perth gereist, wo Mrs. Cowan erst in diesem Monat in das dortige Parlament gewählt wurde. Sie ist wohl auch die erste Frau überhaupt, die in das Parlament eines australischen Staates aufgenommen wurde. Vater hat Mrs. Cowan nach allem Möglichen gefragt, nach ihrem Leben, bevor sie in die Politik ging, genauso wie über das, was sie für ihre Wähler leisten will. Es ist sehr interessant, denn Mrs. Cowan hat sich schon früh für die Rechte von Frauen und Kindern eingesetzt und sie will dies auch mit ihrer Arbeit im Parlament fortführen.

Brisbane, 8. April 1921

Heute kam es mir einmal mehr sehr trostlos vor. Ich sitze in dieser großen Stadt, arbeite die ganze Woche an meinem Schreibtisch und nehme mir vor, am Wochenende mit Tom hinaus aufs Land zu fahren oder ans Meer, am liebsten ans Meer. Mir fehlt es, einfach jetzt gleich aufzustehen, aus dem Haus zu gehen und einen Spaziergang am Strand zu machen. Es wäre auch nicht damit getan, wenn Tom und ich in die Vorstadt ziehen.

Brisbane, 22. April 1921

Jetzt habe ich auch einmal einen Film mit dem berühmten Tramp gesehen. Eine komische Geschichte, mehr etwas für Tom, vor allem als der Tramp das Frühstück bereitet hat oder als die Kühe von ihm durchs Dorf getrieben wurden. Ich fand es am lustigsten, als der Tramp auf der Brücke einschläft und dann von den Feen oder Jungfrauen geweckt wird. Der Film war recht kurz, der Schluss kam viel zu schnell. Tom hätte gerne noch mehr gesehen. Dann müssen wir uns eben weitere Chaplin-Filme ansehen. Es kommen bestimmt noch wieder neue ins Kino.

Brisbane, 7. Mai 1921

Die Reihen lichten sich so langsam. Toms heutiger Kindergeburtstag war ganz artig und ruhig. Es waren lediglich drei Jungen, die ihm noch ihre Aufwartung gemacht haben, Keith, Paul und Jimmy. Ich frage mich, wer in den Jahren noch bei ihm sein wird, vielleicht alle drei, sie gehen zusammen zur Schule, dann zum College, werden zusammen erwachsen. Es ist schon spannend darüber nachzudenken. Was wird sein, wenn Tom eines Tages erwachsen ist. Ich freue mich darauf, aber ich kann mir heute noch nicht vorstellen, ihn eines Tages zu verlieren, an eine Frau, an eine Familie. Es ist ein eigenartiges Gefühl.

Brisbane, 30. Mai 1921

Joy hat mir wieder geschrieben. Ich habe sie ja gebeten nach Vater zu sehen, weil er doch im März noch immer so erkältet war. Joy hat dem Arzt sein Schweigegelübde abgerungen und erfahren, dass Vater nur knapp einer Lungenentzündung entgangen ist. Ich muss ihn unbedingt schelten, auch wenn ich Joy damit verrate. Es scheint ihm jetzt aber besser zu gehen. Ich werde jedoch weiter auf meinen Spion setzen.

Brisbane, 23. Juni 1921

Ich habe jetzt doch ernsthaft darüber nachgedacht. In einem Jahr ist Tom zehn. Er wäre nicht zu jung und auch noch nicht zu alt, um ein neues Leben, an einem neuen Ort, in einem neuen Land zu beginnen. Wir haben beide in Brisbane unsere Freunde. Für Tom wäre es sicherlich leichter, eine Kinderfreundschaft aufzugeben, um wieder neue Freunde kennenzulernen. In seinem Alter dürfte das wirklich nicht schwierig sein. Ich bin hin- und hergerissen, was das Richtige ist, nicht nur für Tom, sondern vor allem für mich.

Brisbane, 9. Juli 1921

Diese Woche ist wirklich sehr ausgefüllt. Ich musste zwei Aufträge verschieben, weil Mr. Pembrooke wieder einen ganzen Stoß geschickt hatte. Zu den holländischen Übersetzungen sind jetzt auch noch spanische Übersetzungen hinzugekommen. Die Baridge Company hat nämlich auch Geschäftspartner in Chile. Bevor ich diese Sachen bekommen habe, hat mich Mr. Pembrooke aber wieder getestet, ich denke er kann nicht anders.

 

Brisbane, 30. Juli 1921

Mrs. Lovegrove wird sich jetzt wohl so langsam von uns verabschieden. Sie hat mich gefragt, ob es etwas ausmachen würde, wenn sie nur noch einmal in der Woche käme. Sie muss ja längst nicht mehr auf Tom aufpassen, nur im Haushalt war sie mir immer eine große Hilfe. Wir haben uns dann auf den Mittwoch geeinigt. Sie will an diesem Tag auch schon morgens kommen und so lange bleiben, bis alle Hausarbeit erledigt ist. Ich könnte mir für die übrige Zeit jemanden anderes suchen. Ich werde sehen, ob das überhaupt notwendig ist.

Brisbane, 16. August 1921

Es bildet sich heraus, dass Tom handwerkliches Geschick besitzt. Ein »A« im Werken ist schon nichts Besonderes mehr für ihn, aber auch alles Technische interessiert ihn brennend. Heute wurde den Jungen auf dem Schulhof ein Automobil vorgeführt. Den ganzen Nachmittag hat mir Tom dann von dem Motor erzählt, von den Zylindern, die man nicht sieht, von dem Öl, mit dem alles geschmiert werden muss und noch vieles mehr. Erstaunlich, dass er sich alles so merken konnte. Er hat aber schon ein Vorwissen gehabt, denn als wir im Dezember mit dem Automobil nach Melbourne gefahren sind, hat er Alan auch kaum in Ruhe gelassen. Alan musste Tom alles ganz genau erklären.

Brisbane, 2. September 1921

Im letzten Sommer in Hatfields habe ich Joys Kochkünste ja bereits bewundern können. Sie hat so viele Rezepte für Marmeladen und Soßen, ein ganzes Buch voll. Heute habe ich ein kleines Paket von ihr bekommen. Sie hat mir drei Gläser mit Kirsch- und eines mit Stachelbeermarmelade geschickt. Die Marmelade verfeinert sie mit Kräutern und das schmeckt tatsächlich ganz vorzüglich. Sie schreibt mir auch von einem kleinen Erfolg, den sie mit ihrer Kirschmarmelade hatte. Ein Feinkostgeschäft in Auckland hat ihr probeweise zehn Gläser abgenommen und jetzt wollen sie noch mehr haben. Joy hat in den letzten zwei Wochen hart arbeiten müssen. Sie überlegt jetzt auch, sich einen größeren Einmachkessel zu kaufen, falls die Nachfrage weiter anhält.

Brisbane, 18. September 1921

Ich denke Tom hat Glück gehabt, er hat genauso gute Zähne wie Vater und ich. Der Zahnarzt verdient nichts an unserer Familie. Er sagt auch, es wäre wohl Vererbung. Wenn schon die Eltern gute Zähne hätten, kann es bei den Kindern ebenso sein. Wir werden natürlich weiterhin zur Kontrolle gehen.

Brisbane, 16. November 1921

Das Camp ist wieder gebucht. Tom, Keith und Paul fahren am 27. Dezember. Jimmy ist diesmal nicht dabei, er besucht mit seinen Eltern Sydney, was auch ein Erlebnis sein kann. Er wollte im Januar noch nachkommen, aber das ist nicht möglich. Jimmy macht allerdings keinen sehr unglücklichen Eindruck, was sich aber noch ändern kann. Tom will bei diesem Camp endlich Kanu fahren. Ich muss mein Einverständnis dazu noch schriftlich abgeben. Die Eltern von Keith und Paul erlauben es auch.

Brisbane, 4. Dezember 1921

Im Januar werde ich nicht nach Hatfields Beach reisen. Vater besucht uns über Weihnachten. Nach Hatfields kann ich nicht, ich würde unglücklich zurückkommen. Es ist ja schon schwer, Vater wieder zu verabschieden. Zum Glück bleibt er bis Anfang Januar. Ich habe dann auch Joy geschrieben, dass sie Vater einige ihrer Marmeladen mitgeben soll. In der letzten Woche bin ich hier in Brisbane an einem Feinkostladen vorbeigekommen. Sie bieten auch allerlei Konfitüren an, aber nichts mit Kräutern. Wenn ich von Joy einige Proben habe, dann könnte ich sie dem Feinkostladen anbieten, vielleicht haben sie ja Interesse.

Brisbane, 20. Dezember 1921

Tom hat wieder angefangen zu malen und das mit großer Leidenschaft. Er hat auch die Bilder hervorgeholt, die er vor ein oder zwei Jahren mit Mr. Cross gezeichnet hat. Als Vorlage nimmt Tom jetzt aber einen dieser Ginger Meggs-Cartoons aus der Sun. Es ist nicht ganz einfach, immer die aktuelle Ausgabe der Sun zu bekommen, weil sie ja in Sydney erscheint, aber ich habe zum Glück meine Quellen. Tom hat schon einmal eine ganze Geschichte nachgezeichnet. Die Sprechblasen lässt er aber immer fort und er verändert auch die Farben, ganz wie es ihm gefällt. Besonders gut gelingt ihm immer das Gesicht des kleinen Gingers, es sieht fast so aus wie das Original. Manchmal nimmt sich Tom auch Fotografien aus anderen Zeitungen vor und malt Gebäude oder Landschaften, die dort abgebildet sind.

Brisbane, 23. Dezember 1921

Vater hat es noch rechtzeitig bis zum Fest geschafft. Ich bin so glücklich. Tom ist auch ganz aufgedreht. Wir werden die Feiertage jetzt ganz in Ruhe begehen. Ich freue mich auch, mit Vater ein paar Tage allein zu sein, wenn Tom am 29. Dezember in sein Camp gefahren ist.

1922
Brisbane, 1. Januar 1922

Ich bin heute Morgen schon früh wach, obwohl unsere Gäste erst gegen vier Uhr in der Früh gegangen sind. Ein spontaner Besuch hat auch sein Schönes. Olga, Helen und die beiden Johns haben uns gestern Abend überrascht. Sie haben alles mitgebracht, alles, was man für eine kleine Silvesterparty braucht.

Brisbane, 5. Januar 1922

Ich habe Vater eben zum Zug nach Sydney gebracht. Sein Schiff geht schon morgen Abend. Auf dem Rückweg vom Bahnhof war ich in dem Feinkostladen in der Gordon Street. Ich hatte fünf Gläser von Joys Kirschmarmelade dabei. Der Inhaber war sehr freundlich, er hat mir angeboten, die Marmelade an seine Stammkunden zu verschenken und die Reaktion abzuwarten. Ich habe zugestimmt, die Leute müssen ja schließlich irgendwie auf den Geschmack kommen.

Brisbane, 12. Januar 1922

Nach zwei Wochen habe ich das erste Mal große Sehnsucht nach meinem Sohn. Das Haus ist so leer. Es wird noch zwei weitere Wochen so gehen. Es ist nur schade, dass Vater nicht noch länger geblieben ist.

Brisbane, 15. Januar 1922

In den letzten Tagen habe ich ganz offizielle Dinge übersetzt und geprüft. Es handelte sich dabei um Urkunden und Zeugnisse von Einwanderern aus Portugal und Spanien. Der Anwalt, von dem ich die Aufträge erhalten habe, spricht selbst spanisch und auch etwa portugiesisch, aber das hat nicht ausgereicht, denn solche Übersetzungen müssen beeidet werden. Mit meinem College-Abschluss bin ich eigentlich dazu berechtigt, mir fehlte aber bislang noch die behördliche Genehmigung, eine reine Formsache. Ich habe die Gelegenheit genutzt und meine Zeugnisse eingereicht. Ich darf Übersetzungen jetzt auch offiziell beglaubigen, sodass sie vor australischen Behörden Anerkennung finden. An solchen Übersetzungen und Beglaubigungen verdiene ich sehr gut, obwohl sie schnell zu erledigen sind. Es lohnt sich also noch mehr dieser Aufträge zu bekommen. Der Inhaber des Feinkostladens hat mir übrigens auch geschrieben. Er möchte gerne noch mehr von der Marmelade, diesmal will er auch bezahlen. Jetzt muss ich dafür sorgen, dass er sich direkt an Joy wendet.

Brisbane, 24. Januar 1922

Ich habe meinen Jungen wieder. Ich glaube diesen Satz schreibe ich jedes Mal, wenn ich ihn für ein paar Wochen nicht gesehen habe, aber es ist eben meine große Freude. Tom hat diesmal wenigstens geschrieben, auch wenn es nur ein einziger Brief war. Er behauptet, der beste Kanufahrer des ganzen Camps zu sein und es war auch gleich das Erste, was er mir bei seiner Ankunft erzählt hat. Ich habe jetzt ein wenig Angst, dass er auch hier ein Kanu haben möchte, um auf dem Fluss zu fahren. Dann höre ich noch, dass das Essen diesmal nicht so gut gewesen sein soll. Wenn ich mir die Jungen allerdings so ansehe, kann ich nicht feststellen, dass sie gehungert haben.

Brisbane, 17. Februar 1922

Vater hat jetzt Telefon in Hatfields Beach, leider kann er damit nicht nach Brisbane telefonieren, aber nach Auckland und über die Vermittlung auch ganz nach Wellington. Das Telefon ist eine praktische Sache, wenn man von zu Hause aus telefonieren kann. Tom und ich sollten uns diesen kleinen Luxus auch leisten, es ist gar nicht so teuer. In der Nachbarschaft habe ich schon viele Häuser gesehen, in die solche Telefondrähte hineingehen. Vater benutzt sein Telefon natürlich für den Beruf, wenn er mit den Zeitungen telefoniert und seine Artikel bespricht. Es ist schade, dass ich über das Telefon nicht auch meine Übersetzungen erhalten oder verschicken kann, aber wie sollte das gehen, durch die Drähte kann ja nur Strom fließen und kein Papier.

Brisbane, 1. März 1922

Toms viertes Schuljahr ist erst ein paar Wochen alt, da gibt es schon eine kleine Aufregung. Tom wurde für ein Stipendium vorgeschlagen. Er soll zum Halbjahr auf eine private Schule wechseln, auf der er besser gefördert wird. Für Tom ist dies natürlich ein großes Lob, die Aufregung kommt allerdings daher, dass Toms Freunde nicht mitkommen können. Tom ist der Einzige in seiner Klasse, der dieses Stipendium bekommen soll. Für Keith, Paul und Jimmy bleibt nur die staatliche Schule, es sei denn ihre Eltern bezahlen für den Privatunterricht. Noch habe ich mich nicht entschieden. Es besteht auch die Möglichkeit, Tom erst zum nächsten Schuljahr auf die Privatschule zu schicken.

Brisbane, 17. März 1922

Gestern ist mein Besuch eingetroffen. Vater hatte ich ja zu meinem Geburtstag ohnehin erwartet. Joy und Alan haben sich dann letzte Woche kurz entschlossen ihn zu begleiten und so ist das Haus voll. Ich habe natürlich darauf bestanden, dass die beiden bei uns wohnen. Tom hat sein Zimmer geräumt, er schläft mit Vater im Arbeitszimmer. Joy und Alan haben großes Gepäck dabei, ein ganzes Sortiment von Marmeladen. Einiges davon ist natürlich auch für mich bestimmt, aber das Meiste haben sie für den Feinkostladen in der Gordon Street mitgebracht. Joy will sich morgen mit dem Inhaber treffen und ihm weitere Sorten anbieten. In Auckland sind ihre Marmeladen bereits eine Institution.

Brisbane, 2. April 1922

Ich habe immer noch die alten Spielkarten im Haus. Vater hat danach gefragt und wir haben seit Langem einmal wieder einige Partien Piquet gespielt. Es ging noch ganz gut, aber Vater hat trotzdem immer gewonnen. Tom hat zugesehen und ich war ganz erstaunt, als er mich dann abgelöst hat und es schon recht gut spielen konnte. Vater musste schwören, es ihm nicht vorher beigebracht zu haben. Ich habe Tom auch gesagt, er solle in der Schule nicht erzählen, dass er Karten gespielt hätte.