Übers Sterben reden

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Übers Sterben reden
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Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Autorin 3

Übers Sterben reden 3

Übersicht über die Angebote in der Region 3

„Manche wollen einfach ihre Ruhe“ 3

Interview mit Palliativ-Krankenschwester Elfriede Dollhopf über den Umgang mit dem Sterben 3

Umfrage: So hat sich der Umgang mit dem Sterben verändert 3

Eine Hospizfachkraft, eine Pflegekraft, ein Pfarrer und die Gesundheitsministerin erzählen 3

Die Geschichte der Palliativmedizin 3

Von den Anfängen in Frankreich bis nach Bayreuth 3

Sterbehilfe: Ja oder nein? 3

Zwei Experten antworten 3

Sterbehilfe: Was ist erlaubt und was nicht? 3

Die verschiedenen Arten der Sterbehilfe einfach erklärt 3

Das Leben in den Händen eines anderen 3

Ursula und Jochen Fähler haben sich schon vor langer Zeit für eine Patientenverfügung entschieden 3

Was regelt eine Patientenverfügung, was eine Betreuungsvollmacht? 3

Die Unterschiede einfach erklärt 3

„Ich will nicht an Schläuchen hängen“ reicht nicht 3

Tod und Sterben: Kurier-Leser fragen, drei Experten antworten 3

1200 Mal den Tod gesehen 3

Joseph Müller (86) sammelt Sterbebildchen, der Besuch von Beerdigungen ist für ihn innere Verpflichtung 3

„Zum Weinen hatte ich damals keine Zeit“ 3

Vor drei Jahren starb die Ehefrau von Rolf Treute an Krebs, nach ihrem Tod quälen ihn die Selbstzweifel 3

Beim Sterben begleiten statt ans Leben ketten 3

Pflegeministerin Melanie Huml fordert: Mediziner müssen lernen, Menschen sterben zu lassen 3

An die Grenze und darüber hinaus 3

Ekel, Hilflosigkeit, Wut: Zwei Hospizbegleiterinnen erzählen, welche Situationen sie besonders herausfordern 3

„Der Tod ist oft eine Art von Erlösung“ 3

Anja Schott (29) arbeitet seit vier Jahren im Hospiz, der Job hat ihre Sicht aufs Leben verändert 3

Ohne Schere ging früher gar nichts 3

Menschen begegnen dem Tod seit jeher mit Ritualen – die sich im Lauf der Zeit deutlich gewandelt haben 3

„Bei älteren Menschen kann man trösten, bei einem Kind fehlen einem die Worte“ 3

Interview mit Bestattungsunternehmer Micha Christer über seine Arbeit und den Tod 3

Was passiert im Krematorium? 3

Eine Feuerbestattung in Bildern 3

„Sie müssen da durch, hat der Pfarrer gesagt“ 3

Kirchenmusiker Klaus Wedel über die musikalische Seite von Beerdigungen 3

Spiel mir mein Lied zum Abschied 3

Welche Lieder sich die Kurier-Facebook-User zu ihrer Beerdigung wünschen 3

Vom Heldentod zum Massensterben 3

Der Traum vom süßen Tod und die grauenvolle Realität: Sterben in Zeiten des Krieges 3

Mit kleinen Schritten zurück ins Leben 3

Nach dem Tod ihres Mannes musste Hildegard Horter erst wieder lernen, im Alltag zurecht zu kommen 3

Impressum 3

Vorwort der Autorin

Nein, übers Sterben reden macht keinen Spaß. Weil es daran erinnert, dass das Leben vergänglich ist und womöglich später noch Krankheit und Schmerzen für einen bereithält. Aber übers Sterben reden ist wichtig. Denn damit Krankheit und Schmerzen später so behandelt werden, wie man sich das wünscht, muss man vorsorgen.

Und weil das recht kompliziert ist, hat der Nordbayerische Kurier dieses Ebook zusammengestellt. Es basiert auf der Serie „Tod und Sterben“, die zwischen Juni und September 2014 im Nordbayerischen Kurier erschien , und widmet sich mit Portraits, Interviews und Fachinformationen den verschiedenen Stadien am Ende des Lebens und darüber hinaus.

Das Buch beginnt mit dem Thema Sterben: Wie hat sich der Umgang mit dem Sterben verändert? Wie sinnvoll ist aktive Sterbehilfe? Wie kann man vorsorgen, falls man seine Wünsche nicht mehr ausdrücken können sollte? Und wie fühlt es sich an, seine letzten Tage gemeinsam zu regeln? Hier finden Sie auch Muster für Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht.

Dann widmet sich das Buch dem Tod. Wir sprachen mit Angehörigen von Verstorbenen, Hospizmitarbeitern, der bayerischen Pflegeministerin, aber auch mit einem 86-Jährigen, der Sterbebildchen sammelt darüber, ob sie den Tod in ihr Leben lassen und wie sie mit ihm umgehen.

Der letzte Teil gilt den Themen Bestattung und Trauer. In verschiedenen Artikeln zeigen wir, wie sich Beerdigungen in den letzten 100 Jahren verändert haben, welche Beerdigungsmusik die richtige ist und wie sich das Gedenken an die Toten im Lauf des ersten Weltkriegs veränderte. Ein Beerdigungsmusiker spricht über 54 Arbeitsjahre, ein Bestatter über seine schwierigsten Momente. Und eine Angehörige beschreibt, wie sie sich nach dem Tod ihres Mannes langsam wieder zurück ins Leben kämpfte. Hier finden Sie auch Hilfsangebote für Angehörige und Trauernde.

Eine Möglichkeit, seiner Trauer Ausdruck zu verleihen, ist mittlerweile auch das Internet: Auf dem Trauerportal des Nordbayerischen Kuriers. Dort haben Sie die Möglichkeit, Ihren Angehörigen auf angemessene Weise zu gedenken und die Erinnerung an sie am Leben zu halten.

Nein, übers Sterben reden macht keinen Spaß. Deshalb danke ich meinen Kollegen Ulrike Sommerer, Maximiliane Rüggeberg, Michael Weiser und Florian Zinnecker für ihre Mitarbeit an diesem Projekt. Und ich danke dem Hospizverein Bayreuth, der mit nicht nur bei all meinen Anliegen unterstützt, sondern auch den letzten Anstoß gegeben hat, selbst eine Patientenverfügung zu verfassen.

Denn eine ausgefüllte Patientenverfügung in der Schublade, die macht Spaß. Ja, es war schwierig. Und ja, ich musste mir Fragen stellen, die ich mir eigentlich nicht stellen wollte. Aber glauben Sie mir: Wenn es vorbei ist, werden Sie sich sehr viel besser fühlen. Also lassen sie sich von den Menschen in diesem Ebook inspirieren. Und dann handeln Sie, bevor es zu spät ist.

Sarah Bernhard, Redakteurin des Nordbayerischen Kuriers


Übers Sterben reden
Übersicht über die Angebote in der Region

Sterben gehört zum Leben dazu – und ist doch bis heute ein Tabuthema. Man verdrängt Gedanken an den Tod oder traut sich nicht, nachzufragen. Und wenn man sich doch traut, fehlt oft der richtige Ansprechpartner. Denn die Region hat zu diesem Thema viel zu bieten.

Frank Stief wundert sich: In diesem Jahr schliefen besonders viele Menschen im Fernsehsessel oder in ihrem Bett ein und wachten am nächsten Morgen nicht mehr auf, sagt der Bestattungsunternehmer aus Thurnau. Insgesamt sei das aber eher die Ausnahme, heißt es aus dem Speichersdorfer Bestattungsinstitut Neumann: Rund die Hälfte der Toten käme mittlerweile aus dem Krankenhaus, häufig sei Krebs die Todesursache. Solche Menschen brauchen am Lebensende andere Hilfen als die, die an Alterserscheinungen sterben. In der Region ist man für beide Fälle gerüstet.

 

PFLEGEHEIME


Das Seniorenzentrum in Weidenberg. Foto: red

Viele Pflegeheime sind vor allem auf ältere Bewohner ausgerichtet. Solche Menschen hätten meist weniger Angst vor dem Sterben, als vor dem Leiden, sagt Palliativarzt Wolfgang Schulze. In vielen Seniorenheimen gibt es deshalb Pflegekräfte, die sich besonders gut mit Schmerztherapie auskennen. Im Pflegezentrum Bischofsgrün, in dem nicht nur Ältere, sondern auch Krebskranke gepflegt werden, übernimmt in den letzten Stunden ein Betreuungsteam. „Sie legen beruhigende Musik auf, streicheln, achten darauf, dass der Sterbende nicht alleine ist“, sagt Pflegedienstleiterin Andrea Ebner. Im Seniorenzentrum Weidenberg gibt es eine spezielle Palliativfachkraft. „85 Prozent unserer Bewohner versterben hier, deshalb muss man mit dem Thema sorgsam umgehen“, sagt Pflegedienstleiterin Anja Prechtl.

KIRCHEN

Die katholische Kirche St. Michael in Weidenberg. Foto: Pilz

Geistliche sind in der Region für Sterbende eher selten erste Ansprechpartner, sagt Reinhard Forster, katholischer Pfarrer in Weidenberg und Kirchenpingarten. „Die Kirchenbindung ist hier deutlich niedriger als in katholischen Gegenden.“ Gelegentlich werde er angefragt, dann bete er gemeinsam mit dem Sterbenden und spende die drei Sakramente. Auch der evangelische Pfarrer Edmund Grömer aus Bindlach sagt, er werde eher gerufen, wenn der Todesfall schon eingetreten ist. „Viele Sterbende erschrecken sonst, weil sie denken: Wenn der Pfarrer kommt, ist es amtlich.“ Wird er gerufen, greift er auf Gebete zurück, die dem Sterbenden vertraut sind. „Auch wenn ihr Bewusstsein getrübt ist, verstehen sie dann: Hier passiert gerade geistliches Handeln.“


HOSPIZVEREIN


Der Hospizverein hat seine Räume direkt neben der Palliativstation im Klinikum. Foto: Wittek

„Wir gehen mit den Sterbenden ihren Weg, in ihrem Tempo“, sagt Brigitte Moser, Fachkraft für Hospiz und Palliative Care beim Hospizverein in Bayreuth. Die rund 50 ehrenamtlichen Begleiter kommen immer dahin, wo sie gebraucht werden: in Kliniken, Seniorenheime und zu den Menschen nach Hause. Sie schenken den Sterbenden ihre Zeit, hören zu, spüren, was der andere braucht. Und sie helfen, Dinge zu klären, die sonst ungeklärt blieben, weil Kranke die Angehörigen nicht damit belasten möchten – oder die den Kranken schonen wollen, sagt Moser. Die Begleiter sind zwischen 35 und 81 Jahre alt, ihre Hilfe ist kostenlos.


PALLIATIVSTATION

Auf der Palliativstation im Klinikum Bayreuth wird alles getan, um die Beschwerden der Patienten zu lindern. Duftlampen zum Beispiel helfen gegen einen trockenen Mund. Foto: Harbach

Die Palliativstation im Klinikum ist für Menschen mit einer lebensbedrohlichen, nicht heilbaren Krankheit gedacht, die starke Beschwerden haben. Das können zum Beispiel Krebspatienten sein, die körperliche Schmerzen, Atemnot oder Panikattacken haben. Auf der Station versuchen Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten, diese Menschen mit Medikamenten, Pflege und Therapieangeboten so weit zu stabilisieren, „dass die Patienten ihre letzten Stunden, Wochen oder Monate zu Hause verbringen können“, sagt Dr. Wolfgang Schulze, Chefarzt der Station. Rund zwei Drittel der Patienten werden wieder entlassen, der größte Teil nach Hause, einige ins Hospiz. Es gibt zwölf Plätze und eine Warteliste, Kranke brauchen eine Überweisung des Hausarztes. Ab Oktober wird die sogenannte Spezialisierte Ambulante Palliative Versorgung (SAPV) dazukommen, die Patienten zu Hause medizinisch, pflegerisch und therapeutisch bis zum Tod betreut.


ALBERT-SCHWEITZER-HOSPIZ


Der Raum der Stille im Albert-Schweitzer-Hospiz in Oberpreuschwitz. Foto: Lammel


Im Albert-Schweitzer-Hospiz werden schwerkranke Menschen, die nicht mehr nach Hause zurück können, weil sie zu schwach sind oder Rundumbetreuung brauchen, kurz vor Ende ihres Lebens palliativ betreut. „Diese Menschen sollen sich bei uns sicher und aufgehoben fühlen“, sagt Hospiz-Leiterin Angelika Eck. Die Bewohner werden von Bayreuther Hausärzten betreut. Den Aufenthalt übernehmen größtenteils die Kassen, ein Teil wird durch Spenden finanziert. Das Hospiz hat zehn Plätze, auch hier gibt es ab und zu eine Warteliste.

„Manche wollen einfach ihre Ruhe“
Interview mit Palliativ-Krankenschwester Elfriede Dollhopf über den Umgang mit dem Sterben

Palliativmedizin und Hospizgedanke gibt es in Deutschland noch nicht lange. Die erste Palliativstation entstand 1983 in Köln, das erste Lehrbuch wurde 1997 herausgegeben. Elfriede Dollhopf (52) war von Anfang an dabei, heute kümmert sie sich auf der Palliativstation des Klinikums um schwerkranke Patienten.


Elfriede Dollhopf hat die Veränderungen im Umgang mit dem Sterben direkt miterlebt: Sie arbeitete zunächst in der Onkologie, wechselte dann auf die Palliativstation des Klinikums und wird ab Oktober die spezialisierte ambulante Palliativversorgung übernehmen, die zu den Menschen nach Hause kommt. Foto: Harbach

Frau Dollhopf, Sie haben die Veränderungen im Gesundheitswesen direkt miterlebt. Was können Ärzte, Pfleger und Betreuer heute besser als vor 30 Jahren?

Elfriede Dollhopf: Früher hat man nach damaligem Wissen gehandelt. Nehmen wir das Beispiel Mundtrockenheit: Vor 30 Jahren hat man Infusionen gegeben und mit einer Mischung aus Butter und Honig Mundpflege gemacht, um das Trockenheitsgefühl zu lindern. Heute weiß man, dass es viel besser hilft, mit gekühlten Getränken den Speichelfluss anzuregen. Oder mit gefrorener Ananas. Oder mit ätherischen Ölen, die man in einer Duftlampe verdampft. Die Hospizbewegung hat dazu geführt, dass es mehr Forschung zum Thema palliative Pflege gibt. Und damit mehr Wissen – und mehr Handlungsmöglichkeiten.

Hört sich vor allem nach medizinischem Fortschritt an.

Dollhopf: Nein, das gilt auch für andere Bereiche, zum Beispiel den Umgang mit dem Tod. Für das Abschiednehmen vom Verstorbenen können sich Angehörige auf der Palliativstation heute Zeit nehmen. Wir können zum Beispiel das Abschiedszimmer auf zehn Grad kühlen. Die Familie eines vor kurzem verstorbenen Patienten konnte sich so noch das ganze Wochenende über verabschieden. Wenn die Angehörigen das wünschen, können wir zum Beispiel auch eine kleine Aussegnungsfeier organisieren.

Früher war das anders?

Dollhopf: Früher wie heute zählt eine dem Menschen zugewandte Haltung, die die individuellen Bedürfnisse der Patienten und Familien erkennt und beachtet.

Und das bedeutet?

Dollhopf: Wir hatten schon Patienten, die wollten am Ende ihres Lebens einfach ihre Ruhe haben. Haltung bedeutet, ihnen diese Ruhe zu gönnen. Für jemand anders, der Ängste hat, ist es wichtig, dass immer jemand da ist. Hier bedeutet Haltung, den Wunsch zu respektieren und die Familie so gut es geht zu unterstützen. Heute ist durch äußere Gegebenheiten auf der Palliativstation, zum Beispiel den Abschiedsraum, manches mehr möglich.

Sind wir schon am Ende dieser Entwicklung angekommen oder kommt danach noch etwas?

Dollhopf: Als Nächstes kommt im Herbst die sogenannte spezialisierte ambulante Palliativversorgung, kurz SAPV: Ein Team aus palliativ geschulten Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten kommt zusätzlich zu Hausarzt und Pflegedienst zu den Patienten nach Hause. Dieses Team ist rund um die Uhr erreichbar und hat Zeit sowohl für Patienten als auch für Angehörige. Der Gedanke dabei ist, die Menschen früher zu begleiten, um in schwierigen Situationen aktiv werden zu können. Dadurch sollen unnötige Einweisungen ins Krankenhaus vermieden werden. Das ist ein weiterer Schritt nach vorne – und ich freue mich darauf.

Was treibt Sie an, sich den ganzen Tag mit Tod und Leid zu umgeben?

Dollhopf: Für mich ist es eine Herzensangelegenheit, dass Menschen als Menschen gesehen werden, nicht nur als Patient oder Verstorbener. Der Mensch verliert nicht seine Würde, weil er entstellt oder dement ist, auch wenn nicht mehr das da ist, was mal da war.

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