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Die Gattin des Gefallenen

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Solche Bewegung wußte die Frau durch einige Worte zu erwecken.

Sie sind also allein gekommen? fragte sie der Major, aber nicht mehr mit kaltem, gezwungenem Tone, sondern leidenschaftlich aufgeregt.

Ganz allein, wie Sie sehen.

Und was bewog Sie, doch herzukommen?

Die Frau faltete ihre Hände und warf solch verführerischen, solch lächelnden, solch zur Hölle lockenden Blick auf den Soldaten!

Und Sie könnten es nicht errathen?

Der junge Offizier war ganz hingerissen von dem Zauber dieses Blickes. – Dieses betäubende Lächeln, dieser sinnberückende Glanz in den großen, schmachtenden Augen ließen ihn vergessen, daß Angeklagte und Richter einander gegenüber standen. Er sank hin zu den Füßen des Weibes, bedeckte ihre Hand mit Küssen und konnte sich ihrem lächelnden Blicke nicht entwinden.

Hätte er auf der Stirne dieses lächelnden Antlitzes die drohende, gerade Falte gesehen, die kalt und unveränderlich über dem Maskenspiel der lügnerischen Gesichtszüge wachte . . . . . .

Aber vor Allem bitte ich Sie, sprach die Dame, sich affectirt zurückziehend, reden wir von dem, weßhalb Sie mir zürnen, weßhalb Sie mich, wenn ich nicht freiwillig gekommen wäre, mit Gewalt hätten herbringen lassen.

Der Major warf sich schäkernd aufs Sopha hin und zog die Dame neben sich nieder, indem er sprach:

Wären Sie weniger fähig, etwas zu errathen, als ich?

Aber ohne Scherz, eine Ursache, einen Titel muß es doch geben, um mich aus meinem Hause durch Befehl herrufen zu lassen.

Sie waren lange nicht zu Hause, und die Leute sagten, daß Sie sich im Lager der Ungarn als Spion aufhielten. Ich hatte also das Recht, Sie einzuziehen und zur Rede zu stellen.

Die Leute haben wahr gesprochen.

Wie? sprach der Offizier betroffen und blickte wieder ernst in das Antlitz des Weibes.

Aber kein Zug desselben veränderte sich.

So ist’s, ich komme von dort. Das wissen die Leute ganz recht. Nur das wissen sie nicht recht, für wen ich spionire, ob für die Kaiserlichen oder für die Magyaren.

Der Major fing an Verdacht zu schöpfen.

Madame, es thäte mir außerordentlich leid, wenn ich Sie auf Behauptungen ertappen würde, die mir den Gedanken aufdrängten, daß Sie nicht immer die Wahrheit sprechen; es ist besser, wenn wir nicht mehr davon reden. Denn möglich wär’ es, daß jene traurige Pflicht, die mir befehlen würde, Ihre lange Abwesenheit zu rächen, stärker wäre, als die Freude, die mir Ihre Anwesenheit erregt.

Nein, wir wollen davon sprechen. Sie haben doch gewiß auch noch andere Spione, nehmen Sie die Berichte derselben zur Hand und sehen Sie, ob ich nicht wahr sprechen werde.

Gut, ich werde Sie nur Eins fragen, sprach der Major, in ein zusammengelegtes Papier blickend: auf welcher Seite rüstet sich das revolutionäre Heer in Schemnitz am stärksten zur Vertheidigung?

Auf keiner, – es ist nicht mehr dort.

Den Major machte diese Antwort betreten.

Hat er sich doch Bahn gebrochen gegen Kremnitz?

Durchaus nicht. – er ging gen Szélakna.

Aber das ist unmöglich! rief der Offizier, mit der Hand aufs Papier schlagend. Der da schreibt, daß ihm bei Szélakna solch eine Macht entgegenstehe, daß er dort die Hälfte seines Heeres verlieren könne, wenn er durchbrechen wolle.

Ihre Spione taugen nichts! sprach die Dame, indem sie ihm das Papier aus der Hand nahm und es zerriß. – Der revolutionäre Feldherr ist, ohne einen Mann verloren zu haben, auf der Landstraße abgezogen, am hellen, lichten Tage beim Schalle der Musik. Seitdem wird er unter Branyiszkó sein.

Das ist Unsinn, ist Unmöglichkeit!

Die dortigen Befehlshaber haben dasselbe gesagt, als ich sie im Voraus warnte. Ich wußte es gewiß, daß der Feldherr durch einen Marsch über das Gebirge dem Szélaknaer Cernirungscorps in den Rücken fallen wollte; aber die Herren Befehlshaber glaubten ihren officiellen Spähern mehr, die den Scheinangriff auf Körmöez berichtet hatten.

Der Offizier war aus seinem Staunen noch nicht herausgekommen, als ihm ein Courier Depeschen brachte, die ihm wörtlich das anzeigten, was ihm die Dame so eben gesagt hatte.

Habe ich wahr gesprochen? fragte mit triumphirendem Antlitze das Weib.

Der Offizier reichte ihr die Hand.

Und wissen Sie nicht, wie sie entkommen sind? – fragte er die Dame.

Ich glaube, auf den Bergwegen. – antwortete sie unschuldig.

Unter der Erde! Durch den Berg!

Wunderbar! sagte sie, ihre Hände zusammenschlagend. – Fast unglaublich!

Und in den Zügen des Weibes war das Staunen, die Ueberraschung so lebenswahr ausgedrückt.

Wer hätte es zu ahnen gewagt, daß eben sie es war, die diesen Weg dem Feldherrn entdeckt hatte?

Der Major fühlte sich klar überzeugt, daß die schöne Frau nicht nur für das Interesse seines Herzens, sondern auch für das der Sache, welcher er diente, gewonnen sei; – die Unterhaltung begann immer wärmer zu werden, die Frau scherzte, kokettirte; der junge Offizier schmiegte sich immer näher an sie. Erst küßte er ihr bloß die Hand, dann schloß er den Arm um ihren schlanken Leib; – das Alles geschah jedoch nicht ohne Widerstand. Endlich vermochte er die vollen rothen Lippen der Dame nicht mehr zu sehen, ohne daß er sich etwas Süßes dabei gedacht hätte; – jeder Blick der bezaubernden Augen machten ihn nach trunkener, er schmiegte sich nach näher an sie, – als plötzlich eine barsche Stimme an seinem Fenster laut ward, die Thüre sich öffnete und der gerufene Lieutenant höchst vertraulich eintrat.

Wer immer jetzt eingetreten wäre, hätte aus ganz natürlichen Ursachen auf einen mürrischen Empfang rechnen können, – wie viel mehr der fragliche Lieutenant, in welchem der Major einen ungehorsamen Untergebenen und, was mehr, einen heimlichen Nebenbuhler zu erkennen vermeinte.

Kommen Sie ins andere Zimmer! fuhr ihn mit zürnender Stimme der Major an, und nachdem Jener ihm in den Nebensaal gefolgt war, begann er ihn mit einer furchtbaren Vorlesung über Subordination und Pflicht zu regaliren, und über jene Fälle, die als Verrath gelten.

Der Lieutenant riß vor Erstaunen Mund und Augen auf, und sich einigermaßen nach der vertrauten Situation orientirend, in welcher er seinen Major neben der hergesendeten Dame gefunden, glaubte er sich mit nichts besser gegen die noch unbekannte Anklage vertheidigen zu können, als wenn er versicherte, daß er der fraglichen Dame gegenüber sich stets einer ausnehmenden Zartheit und Höflichkeit beflissen.

Eben das ist ja Ihr Vergehen! Sie hatten nicht die Weisung, höflich, sondern die, streng zu sein.

Der Offizier war verlegen. Er glaubte, daß man wegen Vernachlässigung der Strenge eben nicht habe klagen können.

Sie ließen die Angeklagte, die ich einziehen ließ, ganz allein zu mir kommen.

Der Offizier behauptete, daß er sie in Begleitung von drei Grenadieren hergesendet habe.

Der Major wurde wüthend. Die Dame selbst wird dies am besten beantworten, sagte er.

Dieser Herr sagt, daß er Sie in Begleitung von drei Grenadieren hieher gesendet.

Die Dame antwortete kaltblütig: Ich wüßte wahrhaftig nicht, wozu die Begleitung gewesen wäre, da ich aus eigenem Antriebe hieher gekommen.

Madame, Sie scheinen sich mit mir necken zu wollen, brach der Lieutenant aus; Sie murrten noch gegen mich, weil ich die Grenadiere auf Ihren Wagen aufsitzen ließ.

Wenn die Sache so stünde, fände ich keine Ursache, dies zu läugnen, im Gegentheile, ich versichere Ihnen, daß ich Klage gegen Sie erhoben hätte.

Aber ich sage auf mein Ehrenwort, daß es wahr ist, was ich gesprochen.

Wenn wir Beide die Wahrheit unserer Aussagen behaupten, werden wir nie erfahren, wer Recht hat. Ich bin allein hieher gekommen, das ist gewiß; wenn Sie aber behaupten, daß Sie mich mit Begleitung hieher gesendet, so rufen Sie doch die drei Mann her, deren Obhut Sie mich anvertraut, die werden am besten Zeugniß ablegen können.

Der Lieutenant ward äußerst verlegen. Er fühlte, daß er Recht habe, und sah, daß man doch das Gegentheil beweisen werde.

Wahrhaftig, man findet seitdem jene drei Mann nirgends.

Die Dame lächelte höhnisch.

Sie werden doch nicht behaupten, daß ich Ihre drei Grenadiere auf dem Wege umgebracht und in dem Graben an der Landstraße eingescharrt habe?

Der Major unterbrach sie zürnend.

Gehen Sie, sprach er zum Lieutenant. Ihre drei Grenadiere haben nie existirt. – Sie werden vor ein Kriegsgericht gestellt.

Die Dame spielte gleichgültig mit einer vom Tische genommenen Feder, als ob sie diese Sache ferner gar nicht interessirte.

Hätte sie den Lieutenant wegen der Beleidigung angeklagt, die er ihr zugefügt, sie hätte keine Genugthuung bekommen, so aber, da sie das schroffste Gegentheil davon behauptete, erreichte sie ihren Zweck vollkommen.

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