Ein tödliches Komplott

Text
From the series: Michael Korn & Liz Croll #4
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

Vereinigte Staaten, Dallas (TX)

Der Mor­gen die­ses Früh­lings­ta­ges in Dal­las war un­ge­wöhn­lich kalt zu die­ser Jah­res­zeit. In der Nacht gab es so­gar noch teil­wei­se Bo­den­frost und die Tem­pe­ra­tur war noch nicht auf an­ge­neh­me Wer­te an­ge­stie­gen. Auf dem Park­platz vor dem Lin­coln Squa­re, ei­nem Ein­kaufs­zen­trum zwi­schen Dal­las und Fort Worth am Tom Lan­dry Free­way war­te­te Stuart Clar­ke leicht frie­rend in sei­nem him­melblau­en Trans­por­ter. Er hat­te sich einen Kaf­fee ge­kauft, um sich we­nigs­tens ein biss­chen auf­zu­wär­men. Sein Kon­takt ließ ein biss­chen auf sich war­ten. Er hat­te vor­her an­ge­kün­digt, dass es et­was län­ger dau­ern könn­te.

Lei­der war­te­te er jetzt schon über ei­ne Stun­de auf sei­ne Lie­fe­rung. Es war nicht ein­fach in Ame­ri­ka an ei­ne un­re­gis­trier­te Waf­fe zu ge­lan­gen. Zwar durf­te man in Texas of­fi­zi­ell Waf­fen kau­fen und auch bei sich tra­gen, aber sie wa­ren al­le auf die je­wei­li­gen Be­sit­zer re­gis­triert. Brauch­te man un­re­gis­trier­te Waf­fen wur­de es deut­lich schwe­rer an ei­ne zu ge­lan­gen. Sein Kon­takt konn­te al­ler­dings ei­ni­ge da­von lie­fern, die man nicht in ei­nem Waf­fen­ge­schäft be­kam. Stuart hat­te ei­ni­ge be­stellt, die auf dem of­fi­zi­el­len Markt über­haupt nicht ge­lie­fert wur­den. Der Na­tio­nal Fi­re­arms Act re­gel­te den Be­sitz der voll­au­to­ma­ti­schen Waf­fen in den USA. Pri­vat­leu­te, die ei­ne sol­che Waf­fe bei sich tra­gen woll­ten, brauch­ten ei­ne Er­laub­nis. Da­zu wur­den sie vom FBI über­prüft und muss­ten beim zu­stän­di­gen Bun­des­amt Bu­reau of Al­co­hol, To­b­ac­co, Fi­re­arms and Ex­plo­si­ves, kurz ATF ge­nannt ein­ge­tra­gen wer­den.

Stuart Clar­ke war schon mehr­fach we­gen kri­mi­nel­ler Ma­chen­schaf­ten ver­ur­teilt wor­den und muss­te auch ei­ni­ge sei­ner 34 Le­bens­jah­re hin­ter Stahl­stan­gen ver­brin­gen. Wer al­ler­dings vor­be­straft war, durf­te kei­ne Waf­fe mehr be­sit­zen oder bei sich tra­gen. Das mach­te es für Per­so­nen in sei­ner Po­si­ti­on sehr schwer an Feu­er­waf­fen zu kom­men. Kau­fen konn­te er sie nicht, weil man ihn so­fort ab­ge­lehnt hät­te. Es blieb ihm nur die Mög­lich­keit sei­ne Schnell­feu­er­ge­weh­re il­le­gal zu er­wer­ben. Da­zu ge­hör­te es lei­der auch auf sei­nen Lie­fe­ran­ten zu war­ten. Jetzt saß er am frü­hen Mor­gen hier auf die­sem düs­te­ren Park­platz.

Lang­sam ging schon die Son­ne auf und der Park­platz wur­de et­was be­leb­ter. Das war nicht ge­ra­de das, was sich Stuart er­hofft hat­te. Er woll­te das Ge­schäft im Wert von 300.000 Dol­lar mög­lichst ab­wi­ckeln, so­lan­ge es noch dun­kel war. Vor al­lem war das Ein­kaufs­zen­trum nicht ge­ra­de der bes­te Ort, um un­er­kannt Ge­schäf­te ab­zu­wi­ckeln. Plötz­lich hielt di­rekt vor ihm ein Mit­tel­klas­se­wa­gen mit ei­nem Num­mern­schild aus Okla­ho­ma. Der Fah­rer des Wa­gens war un­ge­wöhn­lich. Er wirk­te wie ein jun­ger Stu­dent auf Klas­sen­fahrt und nicht wie ein Waf­fen­händ­ler. Stuart stieg aus und ging auf den Fah­rer zu.

Der ent­schul­dig­te sich so­fort, »Tut mir leid, ich bin ver­dammt spät dran, aber ich wur­de auf dem Highway auf­ge­hal­ten. Ih­re Lie­fe­rung liegt im Kof­fer­raum.«

Oh­ne Um­schwei­fe öff­ne­te der jun­ge Mann die Heck­klap­pe und im Ge­päck­fach des Wa­gens kam ei­ne läng­lich zu­ge­na­gel­te Holz­kis­te zum Vor­schein. Stuart sah sie einen Mo­ment schwei­gend an. Dann ging er zu sei­nem Trans­por­ter zu­rück und öff­ne­te ei­ne Sei­te der La­de­flä­che. Die Holz­kis­te war sehr schwer und der jun­ge Stu­dent muss­te ihm hel­fen sie zu ver­la­den. Als sie si­cher auf sei­ner La­de­flä­che lag, war ihm auch ganz schön warm ge­wor­den. Der Stu­dent schi­en kei­ne Ah­nung zu ha­ben, was er da durch die Ge­gend ge­fah­ren hat­te, aber das stör­te Stuart auch nicht. Sein Ge­schäfts­part­ner hat­te ihm bei der Be­stel­lung schon mit­ge­teilt, dass die Lie­fe­rung von ei­nem drit­ten durch­ge­führt wur­de. Be­grün­det wur­de das durch Si­cher­heits­be­den­ken. Stuart Clar­ke konn­te das gut ver­ste­hen. Nie­mand wur­de ger­ne mit schar­fen Waf­fen auf der Stra­ße an­ge­hal­ten. Vor al­lem nicht mit den Waf­fen, die er be­stellt hat­te.

Die voll­au­to­ma­ti­schen M 16 wa­ren schon lan­ge in den USA ver­bo­ten. Kau­fen konn­te man sie im frei­en Han­del nicht. Die­se au­to­ma­ti­schen Ge­weh­re wa­ren aus­schließ­lich dem Mi­li­tär vor­be­hal­ten und konn­ten auf dem Markt nicht er­wor­ben wer­den. Stuart hat­te über sei­nen Kon­takt al­ler­dings zwei da­von or­ga­ni­sie­ren kön­nen. Für nur 150.000 Dol­lar das Stück wa­ren sie ein Schnäpp­chen ge­we­sen. Clar­ke war schon im­mer ein Waf­fen­narr und ein­mal in sei­nem Le­ben woll­te er ei­ne da­von sein Ei­gen nen­nen dür­fen. Bei sei­nem Jahr bei der Ar­my, die er im Rah­men der Wehr­pflicht ab­leis­ten muss­te, be­kam er sie nur bei Be­rufs­sol­da­ten zu se­hen, aber nie selbst ei­nes da­von in die Hand.

Der Stu­dent fuhr oh­ne ein wei­te­res Wort wie­der da­von und ließ Clar­ke al­lei­ne. Er schlug die Tür sei­nes Lie­fer­wa­gens zu und setz­te sich mild lä­chelnd hin­ter das Steu­er. Glück­lich über die er­folg­te Lie­fe­rung fuhr er vom Park­platz des Lin­coln Cen­ters und fuhr in Rich­tung des Six Flags over Texas Ver­gnü­gungs­parks da­von. Auf den Stra­ßen war zu die­ser Zeit nicht wirk­lich viel los, was Stuart Clar­ke ein schnel­les vor­an­kom­men er­mög­lich­te. Erst in der Moo­re Street, süd­lich des Tur­ner-Parks in Dal­las hielt er den him­melblau­en Trans­por­ter wie­der an. Stuart stieg aus und ver­rie­gel­te die Ga­r­agen­tür be­vor er sich die Holz­kis­te vor­nahm.

Mit ei­nem Brech­ei­sen he­bel­te er den De­ckel ab und fand un­ter Holz­wol­le sei­ne Ge­weh­re in ei­nem Stän­der. Die Ma­ga­zi­ne wa­ren an den En­den un­ter ei­ner Men­ge an Holz­wol­le ver­bor­gen. Die bei­den M 16 sa­hen in ih­rem leicht glän­zen­den Schwarz wun­der­voll aus. Vor­sich­tig streck­te Stuart sei­ne Hän­de aus und ließ sei­ne Fin­ger über das küh­le Me­tall glei­ten. Ein großes Lä­cheln zeig­te sich in sei­nem Ge­sicht. Er hat­te sei­nen Her­zens­wunsch vor sich. Funk­ti­ons­tüch­ti­ge M 16, kom­plett neu und un­be­nutzt. Mu­ni­ti­on hat­te er be­reits im Vor­feld da­für be­sorgt. Al­ler­dings füll­te er nur ei­nes der Ma­ga­zi­ne auf. Die an­de­ren blie­ben leer. Ein Ge­wehr woll­te er zum Feu­ern ver­wen­den, das an­de­re al­ler­dings war nur zu De­ko­zwe­cken ge­dacht.

* * *

Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)

Für sei­nen großen Plan war al­les vor­be­rei­tet, hat­te er erst vor we­ni­gen Se­kun­den am Te­le­fon er­fah­ren. Em­ma Reed, die Lei­te­rin des Ho­ri­zon­ta­len Ge­wer­bes in Port­land, hat­te das Päck­chen er­hal­ten. Auf die Ku­rie­re war ver­lass ge­we­sen. Am Te­le­fon hat­te sie ihm be­stä­tigt, die ver­pack­ten Dro­gen im Ver­steck ge­fun­den zu ha­ben. Auch Ma­de­lei­ne hat­te ih­re Auf­ga­be er­le­digt und die Fracht bei ih­rem Be­such des Ser­geants un­ter sei­nem Klei­der­schrank zu ver­ste­cken. Sie hat­te so­gar dar­an ge­dacht, das Päck­chen ein biss­chen zu öff­nen und ein biss­chen des Pul­vers un­ter dem Schrank ver­teilt zu ha­ben. Jetzt fehl­te nur noch sein An­ruf bei der Po­li­zei, um den Ser­geant der Dro­gen­fahn­dung aus dem Weg zu räu­men.

Noch ein letz­tes Mal zog er genüss­lich an der an­ge­steck­ten Ha­van­na in sei­nem Bü­ro und blick­te wie üb­lich über die Was­sero­ber­flä­che des La­ke Erie. Es war an der Zeit sei­nen An­ruf bei der Po­li­zei in Port­land zu ma­chen und Ser­geant Bar­ber an den Ha­ken zu hän­gen. Falls die Po­li­zis­ten schnell ge­nug wa­ren, könn­ten sie ihn so­gar noch we­gen Pro­sti­tu­ti­on ein­sper­ren. Al­ler­dings woll­te das Em­ma ver­mei­den. Ih­re Mäd­chen soll­ten nicht in sei­ne kru­den Plä­ne ver­strickt wer­den und schon gar nicht bei der Ar­beit ver­haf­tet. Die An­ge­le­gen­hei­ten von Em­ma Reed wa­ren so­wie­so il­le­gal und sie konn­te kei­ne Pro­ble­me mit den Cops der Sit­te brau­chen. Zu­dem wür­den sie noch auf ihn zu­rück­fal­len und die Un­ter­händ­le­rin hat­te kein großes Pro­blem da­mit ihn zu ver­pfei­fen. Er muss­te ihr zu­si­chern, sie und ih­re Mäd­chen aus sei­nen An­ge­le­gen­hei­ten her­aus­zu­hal­ten.

We­nigs­tens war al­les so weit vor­be­rei­tet. Nur Ma­de­lei­ne war noch bei dem Dro­gen­spür­hund zu­gan­ge. So­bald er ei­ne wei­te­re Rück­mel­dung er­hielt, konn­te er an­fan­gen. Über sei­nem ge­al­ter­ten Ge­sicht lag ein fröh­li­ches Lä­cheln. Die gu­te Zi­gar­re aus dem Hu­mi­dor in sei­nem Bü­ro schmeck­te heu­te ge­fühlt noch bes­ser als sonst. Ei­ne hand­ge­roll­ten Co­hi­ba Be­hi­ke aus Ku­ba be­stell­te er über sei­nen Händ­ler in Ha­van­na. Die Qua­li­tät war aus­ge­zeich­net und ei­ne ein­zel­ne der be­son­de­ren Zi­gar­ren kos­te­te ihn knapp 300 Dol­lar. Es wa­ren die edels­ten Zi­gar­ren, die man aus Ku­ba be­kom­men konn­te. Er ver­füg­te über ge­nü­gend Geld­mit­tel, sich je­den Mo­nat ei­ne Kis­te mit 40 Stück die­ser teu­ren Stä­be zu leis­ten. Ge­lie­fert wur­den sie in ei­nem spe­zi­el­len Hu­mi­dor, der nur für den Trans­port von Ku­ba in die Ve­rei­nig­ten Staa­ten zu ge­brau­chen war. Nach der An­kunft brach­te er sie in sei­nem Schrank des Bü­ros un­ter.

Für die Zei­ten, in de­nen er sich ei­ne da­von an­steck­te, galt strick­te Ru­he. Sie wa­ren et­was Be­son­de­res und nicht für je­den An­lass ge­dacht. Zur Fei­er des Ta­ges und im Hin­blick dar­auf, die Brem­se in Port­land aus­schal­ten zu kön­nen, nahm er sich die Ru­he­pau­se. Bar­ber soll­te ru­hig noch ein biss­chen auf Ma­de­lei­ne her­um­sprin­gen, es wä­re für die nächs­ten Jah­re das letz­te Mal für ihn. Ein Dro­gen­cop den man we­gen Dro­gen­be­sit­zes ver­haf­te­te, war in je­der Haft­an­stalt der Staa­ten ein gern ge­se­he­ner Gast. An­de­re Mithäft­lin­ge mach­ten sich einen Spaß dar­aus sie bis an ihr En­de zu quä­len. Genau das wünsch­te er sich für Bar­ber, der ihn schon vie­le Mil­lio­nen ge­kos­tet hat­te.

 

Die Co­hi­ba Be­hi­ke war schon lang­sam auf­ge­raucht als end­lich sein Te­le­fon klin­gel­te. Es war Em­ma. Ma­de­lei­ne war von ih­rem Be­such bei Bar­ber zu­rück­ge­kehrt und der Ser­geant wür­de jetzt schla­fen, teil­te sie ihm mit. Über­schwäng­lich be­dank­te er sich bei ihr und be­en­de­te das an­ge­neh­me Ge­spräch mit sei­ner Ge­hil­fin. Er griff zu sei­nem spe­zi­el­len Te­le­fon auf sei­nem Schreib­tisch. Es war stan­dard­mä­ßig so ein­ge­rich­tet, dass die An­ru­fe nicht zu­rück­ver­folg­bar wa­ren. Der Com­pu­ter lei­te­te das Ge­spräch über ei­ne gan­ze Rei­he von Ge­gen­stel­len um bis es dann den Teil­neh­mer kon­tak­tier­te. Die Po­li­zei ver­füg­te ein spe­zi­el­les Sys­tem, um sol­che An­ru­fe zu­rück­zu­ver­fol­gen. Sein Gerät brach­te die­ses Sys­tem so durch­ein­an­der, dass je­de Ab­fra­ge ei­ne an­de­re Stadt in den USA als Stand­ort zu­rück­mel­de­te. So war si­cher­ge­stellt, dass sein ei­gent­li­cher Auf­ent­halts­ort ge­heim blieb.

Zufrie­den tipp­te er die Te­le­fon­num­mer der Po­li­zei Port­land in das Ein­ga­be­feld und war­te­te dar­auf, bis sein Ge­spräch auf­ge­baut war. So­fort nach dem ers­ten Klin­gel­zei­chen nahm ein Be­am­ter das Ge­spräch an und mel­de­te sich als Of­fi­cer Wit­march.

In ru­hi­gem Ton sag­te er, »Ich möch­te ein Ver­bre­chen mel­den, von dem ich Kennt­nis er­langt ha­be. Ein Be­am­ter der Po­li­zei han­delt mit Cry­stal Meth in großem Stil und kon­su­miert die­ses Rausch­mit­tel. Sein Na­me ist Ro­ger Bar­ber. Der Dienst­grad und sei­ne Po­si­ti­on sind mir nicht be­kannt, al­ler­dings soll er auf ih­rem Re­vier ar­bei­ten. So weit ich in­for­miert wur­de, ver­steckt er in sei­nem Schlaf­zim­mer ei­ne große Men­ge der Dro­ge.« Di­rekt da­nach leg­te er wie­der auf und grins­te über das gan­ze Ge­sicht.

Der Be­am­te wür­de si­cher schon die rich­ti­gen Schrit­te über­neh­men und er wür­de so­fort da­von er­fah­ren. Er hat­te einen sei­ner Spit­zel schon in Po­si­ti­on ge­bracht, der An­wei­sung hat­te, ihn so­fort an­zu­ru­fen, wenn sich die Po­li­zei dem Haus nä­her­te. Nach we­ni­gen Mi­nu­ten war es schon so weit und sein nor­ma­les Te­le­fon klin­gel­te.

»Ja?«, frag­te er auf­ge­regt wie zur Be­sche­rung an Weih­nach­ten.

»Die Po­li­zei fährt so­eben vor Sir«

»Wie vie­le sind es?«, frag­te er sen­sa­ti­ons­gie­rig.

»Drei Strei­fen­wa­gen und ein Kas­ten­wa­gen hal­ten ge­ra­de in die­sem Mo­ment vor sei­nem Haus!«

»Das ist ja per­fekt. Ich hof­fe mal sie neh­men ihn rich­tig aus­ein­an­der.«

»Sir, es kommt noch ein Fahr­zeug vor sei­nem Haus an. Sieht nach FBI aus!«

Er schlug mit der Hand auf sei­nen Schreib­tisch. Mit de­nen hat­te er nicht mehr ge­rech­net, aber sie wa­ren ja schon vor Ort, wie er wuss­te. Wie ge­bannt hör­te er dem Be­richt sei­nes Spit­zels am Te­le­fon zu. Es war ein­fach un­glaub­lich. Nie­mals hät­te er ge­dacht sich über ei­ne Po­li­zei­ak­ti­on freu­en zu kön­nen. Aber die­ses Mal half sie ihm und sei­ner Un­ter­neh­mung mehr als al­les an­de­re. Falls sie Bar­ber ein­pack­ten, und das müss­ten sie nach dem Fund de­fi­ni­tiv, wä­re der Weg in Port­land end­lich frei sein Ge­schäft rich­tig auf­zu­zie­hen.

10. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)

Die Po­li­zei­be­am­ten des Re­viers hat­ten be­reits die Woh­nung von Ser­geant Ro­ger Bar­ber ge­stürmt, als die Bun­des­be­am­ten des FBI an­ka­men. As­hleigh Spears und ihr Kol­le­ge Cooper Knight stie­gen aus dem Wa­gen aus, den sie für ih­re Er­mitt­lun­gen in Port­land zur Ver­fü­gung hat­ten und stan­den im lau­en Wind, der aus Os­ten her vom Meer kam. Sie hat­ten auf dem Re­vier er­fah­ren, dass ihr In­for­mant an­geb­lich selbst die Dro­ge nahm und auch Ver­trieb. Die jun­ge FBI Agen­tin hat­te so­fort das Mo­tiv er­kannt. Bar­ber konn­te in sei­nem Be­ruf die an­de­ren Dea­ler aus dem Weg räu­men, um sein ei­ge­nes Ge­schäft vor­an­zu­trei­ben.

Er konn­te sich so die Kon­kur­renz vom Hals schaf­fen. Ein bes­se­res Mo­tiv konn­te man gar nicht fin­den. Bar­ber steck­te al­so selbst da­hin­ter. Spears woll­te aus ers­ter Hand er­fah­ren, was man bei ihm fand und ob er viel­leicht so­gar den be­schlag­nahm­ten Stoff aus der As­ser­va­ten­kam­mer nicht ver­nich­ten ließ, son­dern selbst wei­ter ver­teil­te. Die An­kla­ge wä­re in die­sem Fall ein leich­tes. Bar­ber als Dro­gen­kom­missar hat­te bes­te Ver­bin­dun­gen in das Mi­lieu und konn­te den Stoff nicht nur aus dem Ver­kehr zie­hen, son­dern auch noch für sich ver­kau­fen. Er war in den letz­ten Mo­na­ten über­aus er­folg­reich, wenn es dar­um ging, die Dro­gen auf­zu­spü­ren und die klei­ne­ren Dea­ler ins Ge­fäng­nis zu brin­gen. Durch sei­ne Ver­bin­dun­gen in die Dro­gen­kri­mi­na­li­tät von Port­land konn­te er leicht fest­stel­len, wer sei­ne Kon­kur­ren­ten wa­ren und wo­her sie den Stoff be­ka­men.

Ein­fa­cher konn­te man nicht an Geld kom­men. Sein Ver­dienst als Ser­geant war nicht ge­ra­de be­son­ders hoch. Ein klei­nes Zu­brot durch den Stoff, den an­de­re in sei­ne Stadt brach­ten. Da­mit konn­te er sich ei­ne gol­de­ne Na­se ver­die­nen. Zu­sam­men folg­ten sie den Po­li­zis­ten in die Woh­nung von Ro­ger Bar­ber. Das frei ste­hen­de Haus in ei­ner Sei­ten­stra­ße von Port­land wur­de nur sehr spär­lich von den Stra­ßen­la­ter­nen er­hellt. Trotz­dem sah man, dass es erst vor kur­z­em frisch ge­stri­chen wor­den war. Für Cooper Knight war das ein wei­te­rer Hin­weis auf die Schuld des Ser­geants. Ein ein­fa­cher Po­li­zei­be­am­ter ver­dien­te im mitt­le­ren Dienst nicht be­son­ders, wo­her soll­te er al­so das Geld neh­men die ge­sam­te Fassa­de neu an­pin­seln zu las­sen. Es sei denn er hät­te es selbst ge­macht, was aber bei sei­nen ge­sam­mel­ten Über­stun­den in der letz­ten Zeit kaum mög­lich war.

In dem Haus war es sau­ber und or­dent­lich. Es wirk­te fast wie frisch ge­wischt. Die Mö­bel, die Bar­ber aus­ge­sucht hat­te, pass­ten zu der Woh­nung. Ins­ge­samt er­gab sich dar­aus ein ge­müt­li­ches Am­bien­te für die Zeit nach der Ar­beit, um sich zu ent­span­nen. An den Wän­den hin­gen ge­schmack­vol­le Bil­der und ei­ni­ge Film­pla­ka­te von Fil­men, die fast über­all auf der Welt er­folg­reich wa­ren. Die Luft war an­ge­rei­chert mit ei­nem leich­ten Duft nach Ze­dern­holz, was ir­gend­wie be­ru­hi­gend wirk­te. Als sie in das Schlaf­zim­mer ka­men, sa­hen sie Bar­ber um­ringt von drei Be­am­ten auf dem Bett sit­zen. Sei­ne Haa­re wa­ren noch feucht und im an­gren­zen­den Ba­de­zim­mer sah man noch feuch­ten Dampf. Sie hat­ten ihn wohl di­rekt un­ter der Du­sche er­wi­scht. Er hat­te nur ein Hand­tuch um die Hüf­ten ge­schlun­gen.

Ei­ni­ge Kol­le­gen un­ter­such­ten das gan­ze Haus auf Dro­gen, hat­ten bis­her aber nichts ge­fun­den. Nur un­ter dem Schrank hat­ten die Kol­le­gen ein Päck­chen her­vor­ge­holt. Ei­ne Ecke des in Plas­tik ver­pack­ten Pul­vers war ge­öff­net und man sah deut­lich, wie ein Teil da­von be­reits fehl­te. Das sah gar nicht gut für Bar­ber aus. Spears ir­ri­tier­te der Ge­sichts­aus­druck des Ser­geants. Er schi­en das völ­lig ge­las­sen hin­zu­neh­men und war die Ru­he in Per­son. Wie auf ei­ner Som­mer­par­ty wisch­te, er sich die Feuch­tig­keit, die ihm von den Haa­ren ins Ge­sicht lief, aus dem Ge­sicht. Die Be­am­ten vor ihm kann­te er so­gar und hielt ein biss­chen Small­talk. Die gan­ze Grup­pe schi­en zu scher­zen, denn die Be­am­ten grins­ten fröh­lich.

Als er die Agents des FBI sah, bot er ih­nen so­gleich einen Sitz­platz an. Knight und sei­ne Kol­le­gin ver­zich­te­ten al­ler­dings dar­auf. Sie er­ach­te­ten den Ser­geant im­mer noch als schul­dig. Die Be­wei­se la­gen ja di­rekt vor dem Schrank auf dem Bo­den. Spears trat auf das Päck­chen zu, ging in die Ho­cke und schau­te sich das Pul­ver et­was ge­nau­er an. Was sie dort sah, er­in­ner­te zwar an die be­rühm­te Dro­ge, konn­te es al­ler­dings kaum sein. Cry­stal Meth wa­ren eher grö­be­re Kris­tal­le als das in dem Pa­ket. Für He­ro­in oder ei­ne an­de­re ge­bräuch­li­che Dro­ge auf dem Markt al­ler­dings zu grob­kör­nig. Et­was in ihr zwei­fel­te ernst­haft dar­an, dass die Kol­le­gen hier das ge­fun­den hat­ten, was sie er­war­te­ten.

Vor­sich­tig tipp­te sie mit dem Fin­ger in die Sub­stanz des Päck­chens. Ei­ni­ge Kris­tal­le blie­ben auf der Fin­ger­spit­ze hän­gen. Spears dreh­te sich zum Licht und be­sah sich die Kör­ner auf ih­rer Fin­ger­spit­ze. Das konn­te beim bes­ten Wil­len kein Cry­stal Meth sein. Die Kris­tal­le wa­ren eher bräun­lich als Trans­pa­rent wie sie es ei­gent­lich sein soll­ten, wenn es die Dro­ge war. Die gan­ze Struk­tur war an­ders. Wäh­rend Cry­stal Meth ei­gent­lich läng­li­che Kris­tal­le bil­de­te, wa­ren das hier gro­be und ecki­ge Kör­ner. Sie konn­te sie auch nicht ein­fach zwi­schen den Fin­gern zer­rei­ben. Lang­sam führ­te sie den Fin­ger an ih­re Na­se und roch vor­sich­tig dar­an. Sie muss­te schmun­zeln. Das, was sie da zwi­schen ih­ren Fin­gern hat­te, war die ge­bräuch­lichs­te und ver­brei­tets­te Dro­ge welt­weit. Um ganz si­cher­zu­ge­hen, tipp­te sie den Fin­ger auf ih­re Zun­ge.

Spears er­hob sich wie­der und stell­te sich ne­ben ih­ren Kol­le­gen. Dann frag­te sie, »Ha­ben sie sonst noch et­was ge­fun­den?«

»Bis­her nicht, aber wir sind auch noch nicht fer­tig«, be­kam sie vom lei­ten­den Be­am­ten mit­ge­teilt.

»Ich den­ke sie kön­nen die Durch­su­chung auf­ge­ben. Ich ha­be zwar schon vie­le Or­te ge­se­hen, an de­nen man Kan­dis­zu­cker auf­be­wahrt, aber un­ter dem Klei­der­schrank ist mir neu.«

»Kan­dis­zu­cker?«, frag­ten Knight und der lei­ten­de Be­am­te wie aus ei­nem Mund.

»Ja! Vi­el­leicht fei­ert ihr Kol­le­ge ger­ne Tee­par­tys in sei­nem Schlaf­zim­mer wäh­rend er sich mit ei­ner Da­me ver­gnügt. Ich ha­be schon so ziem­lich al­les ge­se­hen, was es für Vor­lie­ben in die­sem Be­reich gibt. Das ist na­tür­lich sehr un­ge­wöhn­lich, aber nicht ver­bo­ten. Zu­min­dest fällt mir jetzt kein Bun­des­staat un­se­res Lan­des ein, in dem Ge­schlechts­ver­kehr zwi­schen Er­wach­se­nen mit ei­nem Tee ver­bo­ten wä­re«, er­klär­te sie grin­send, wäh­rend ihr Kol­le­ge eben­falls ne­ben dem ge­fun­de­nen Plas­tik­päck­chen auf die Knie sank und sich den In­halt an­sah.

Auch er tipp­te sich ei­ni­ge Kris­tal­le auf die Zun­ge und schmeck­te, be­vor er nie­der­ge­schla­gen be­stä­tig­te, »Das ist tat­säch­lich Kan­dis­zu­cker.«

Bar­ber glucks­te auf sei­nem Bett und fing an zu la­chen. »Ver­haf­tet ihr mich jetzt, weil ich Kan­dis­zu­cker in mei­nem Schlaf­zim­mer ha­be, oder darf ich mir jetzt et­was an­zie­hen?«

»Zu­cker ist kein Straf­tat­be­stand, Ser­geant, al­ler­dings sind wir mit der Durch­su­chung noch nicht fer­tig«, be­harr­te der Ein­satz­lei­ter.

Spears griff ein »Hö­ren sie auf mit dem Un­fug. Die gan­ze Woh­nung sieht aus wie ge­leckt. Wenn sie bis jetzt nichts ge­fun­den ha­ben, wer­den sie auch nir­gend­wo an­ders et­was fin­den. Ser­geant Bar­ber lä­chelt ver­gnügt in die Run­de, weil er weiß, dass ihm nichts pas­sie­ren kann. Au­ßer Zu­cker wä­re mitt­ler­wei­le ver­bo­ten wor­den, dann könn­ten sie ihm et­was vor­wer­fen. Das ist aber, laut mei­nem letz­ten Stand nicht der Fall, al­so ha­ben sie ab­so­lut nichts ge­gen ihn in der Hand. Sex ist kein Ver­bre­chen, Zu­cker über­all er­hält­lich und Kör­per­pfle­ge schon über­haupt nicht. Pa­cken sie ih­re Kol­le­gen ein und küm­mern sich um an­de­re Fäl­le!«

Der Ein­satz­lei­ter gab sich ge­schla­gen und gab An­wei­sung zu­sam­men­zu­pa­cken und die Woh­nung zu ver­las­sen. Im­mer­hin war Spears Bun­de­s­agen­tin des FBI und ge­gen­über ihm wei­sungs­be­fugt. Sei­ne Kol­le­gen pack­ten ihr mit­ge­brach­tes Equip­ment zu­sam­men und schlen­der­ten da­mit zum Aus­gang. Der Ein­satz­lei­ter war, der letz­te der ging und die bei­den Agen­ten mit dem Ser­geant al­lei­ne ließ. Spears folg­te ihm in den Gang und for­der­te Bar­ber auf, sich et­was an­zu­zie­hen. Dann schloss sie die Tür zum Schlaf­zim­mer und die bei­den Män­ner blie­ben al­lei­ne zu­rück. We­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter öff­ne­te Bar­ber die Tür und kam mit ih­rem Kol­le­gen aus dem Schlaf­zim­mer.

»Darf ich ih­nen einen Kaf­fee an­bie­ten?«, frag­te er die Agen­ten.

Spears ant­wor­te­te nach ei­nem kur­z­en Blick zu ih­rem Kol­le­gen »Ger­ne. Aber bit­te mit nor­ma­lem Zu­cker, falls sie wel­chen ha­ben.«

Bar­ber lach­te mit tiefer Stim­me und bat die bei­den in die Kü­che an den run­den Tisch aus hel­lem Kie­fern­holz. Er be­gann fri­schen Kaf­fee auf­zu­set­zen. Die Agen­ten setz­ten sich auf die Stüh­le. As­hleigh er­griff er­neut das Wort und rich­te­te ei­ne ers­te Fra­ge an Bar­ber.

 

»Trei­ben ih­re Kol­le­gen öf­ter sol­che Scher­ze mit ih­nen, Ser­geant?«

»Ei­gent­lich nicht. Ich kann mir auch nicht vor­stel­len, wer dar­an ein In­ter­es­se ha­ben soll­te. Wir ver­ste­hen uns un­ter­ein­an­der gut auf dem Re­vier, aber sol­che Scher­ze er­laubt sich kei­ner von uns. Die Be­am­ten ha­ben schon mehr als ge­nug zu tun, da muss man nicht noch ei­lig ei­ne Durch­su­chung beim Staats­an­walt be­an­tra­gen, ein Te­am zu­sam­men­stel­len und dann ei­ne Woh­nung aus­ein­an­der­neh­men. Au­ßer­dem ist es kaum mög­lich wäh­rend ich un­ter­wegs bin hier ein­zu­stei­gen oh­ne, dass ich es be­mer­ke. Nur mei­ne Nach­ba­rin be­sitzt einen Schlüs­sel zu mei­ner Woh­nung. Aber die ist der­zeit gar nicht in der Nä­he. Sie wur­de letz­te Wo­che mit Ver­dacht auf ei­ne Lun­gen­ent­zün­dung in die Kli­nik ge­bracht«, er­klär­te er freund­lich, als der Duft nach fri­schem Kaf­fee die hel­le Kü­che er­ober­te. Dann füg­te er hin­zu, »Mir scheint eher, dass man ver­sucht hat mir et­was an­zu­hän­gen. Al­ler­dings ist mir nicht klar, warum man da­zu Zu­cker in mei­nem Schlaf­zim­mer ver­ste­cken soll­te.«

»Genau das ist der Punkt, der mir auch un­be­greif­lich ist. Ein Dea­ler, der et­was ge­gen sie hat, wür­de wohl kaum Zu­cker ver­ste­cken, son­dern ei­ne gan­ze An­zahl ver­schie­de­ner Dro­gen über­all de­po­nie­ren und dann auf dem Re­vier an­ru­fen und ein Ver­bre­chen mel­den.«

Bar­ber dreh­te sich zu ihr um, lehn­te sich an die An­rich­te und frag­te, »Je­mand hat die Dienst­stel­le an­ge­ru­fen und ein Ver­bre­chen ge­mel­det?«

Cooper Knight er­wach­te aus sei­nen Tag­träu­men mit sei­ner Kol­le­gin in der Haup­trol­le, »Es gab einen An­ruf auf der Num­mer des Dro­gen­de­zer­nats. Ein Of­fi­cer hat ihn ent­ge­gen­ge­nom­men und die er­for­der­li­chen Schrit­te ein­ge­lei­tet. Der An­ru­fer hat auch ex­pli­zit auf das Schlaf­zim­mer ver­wie­sen, wo die Dro­gen an­geb­lich lie­gen wür­den. Man hat den An­ruf schon zu­rück­ver­folgt. Laut Aus­kunft der Tech­nik kam der An­ruf aus Fayet­te­ville in Ar­kan­sas.«

Der Ser­geant über­leg­te ei­ne Se­kun­de, »Schon wie­der ein An­ruf. Las­sen Sie mich ra­ten. Der An­ru­fer woll­te an­onym blei­ben und mich nur an­schwär­zen. Na­tür­lich nur ganz zu­fäl­lig, wenn ge­ra­de sie vom FBI bei uns auf­tau­chen. Bei Nash war es eben­falls so ein An­ruf, der uns auf die Spur ge­bracht hat. Ir­gend­je­mand ver­folgt wohl das Ziel mich aus dem Weg zu räu­men. Aber warum mit Kan­dis­zu­cker? Das er­gibt doch über­haupt kei­nen Sinn!«

»Wer war sonst noch in der Woh­nung au­ßer ih­nen? Sie hat­ten heu­te Abend de­fi­ni­tiv Be­such. Weib­li­chen Be­such wie ich ver­mu­te und hat­ten ein biss­chen Spaß in der Ho­ri­zon­ta­len, wie ich am Zu­stand des Betts er­ken­nen konn­te«, woll­te Spears wis­sen.

»Gu­te Er­mitt­lungs­ar­beit Spe­ci­al Agen­tin Spears«, lob­te Bar­ber. »Sie ha­ben recht. Ich war nicht al­lei­ne. Zu mei­ner Schan­de muss ich ge­ste­hen, dass mich ein­mal die Wo­che ei­ne jun­ge Da­me be­sucht. Auf die nä­he­ren De­tails muss ich hof­fent­lich nicht ein­ge­hen.«

»Mal ab­ge­se­hen da­von, dass sie ei­ne Pro­sti­tu­ier­te in An­spruch neh­men, was üb­ri­gens il­le­gal ist, geht es mir dar­um auf­zu­klä­ren, warum man zu sol­chen Mit­teln greift. Ganz zu schwei­gen von der Un­fä­hig­keit, wenn man statt ei­ner Dro­ge Kan­dis­zu­cker ver­steckt. An­ge­nom­men, der Fall Ed­win Nash und die­ses Schau­spiel hier ge­hö­ren zu­sam­men, muss die Da­me, die sie re­gel­mä­ßig be­sucht, dar­in ver­wi­ckelt sein. Ei­ne an­de­re Mög­lich­keit wür­de mir auf die Schnel­le jetzt nicht ein­fal­len. Wie heißt die Da­me, wo ar­bei­tet sie und wo ist sie zu fin­den?«, frag­te Spears ganz of­fen her­aus.

Bar­ber woll­te das nicht ein­fach so be­ant­wor­ten. Es war ihm mehr als un­an­ge­nehm von der FBI Agen­tin er­tappt wor­den zu sein. Wenn sie das wüss­ten, könn­te er auch gleich einen Aus­hang auf dem Re­vier ma­chen. Al­ler­dings war es of­fen­sicht­lich, dass sei­ne be­vor­zug­te Ser­vice­mit­ar­bei­te­rin et­was da­mit zu tun ha­ben muss­te und er es nicht mehr ver­schwei­gen durf­te. Des­we­gen er­zähl­te er ganz of­fen da­von, dass auf­grund sei­nes Jobs nicht viel Zeit für ei­ne Be­zie­hung blieb. Sei­ne ers­te Ehe war am Zeit­man­gel zer­bro­chen und durch die vie­len Schich­ten auf dem Re­vier ge­lang es ihm nicht ei­ne an­de­re Da­me für sich zu be­geis­tern. Na­tür­lich hat­te er, wie je­der an­de­re Mensch auch, das Be­dürf­nis nach Kör­per­kon­takt und Nä­he. Sein Ge­halt war zwar nicht sehr üp­pig, aber ein­mal die Wo­che leis­te­te er sich ei­ne jun­ge Frau aus die­sem Ge­wer­be. Sie nann­te sich Ma­de­lei­ne und ar­bei­te­te auf frei­wil­li­ger Ba­sis bei Em­ma Reed. Ihr Eta­blis­se­ment war nicht orts­ge­bun­den. Sie un­ter­hielt au­ßer­halb Port­lands meh­re­re klei­ne­re wirk­lich her­un­ter­ge­kom­me­ne Lä­den und tarn­te sie als Bar.

Sie selbst lei­te­te ih­re Ge­schäf­te über das In­ter­net und Te­le­fon. Wo sie al­ler­dings ih­re Un­ter­kunft hat­te, wuss­te nie­mand. Spears woll­te nicht glau­ben, dass man ih­ren Auf­ent­halts­ort nicht ganz ein­fach her­aus­fin­den konn­te. Ei­ne Ab­fra­ge der Te­le­fon­ge­sell­schaft oder der IP Num­mer ih­res Com­pu­ters wa­ren ei­ne Sa­che von we­ni­gen Mi­nu­ten. Bar­ber fing an zu schmun­zeln und er­klär­te, »Stel­len sie sich das nicht so ein­fach vor. Em­ma Reed hat gu­te Ver­bin­dun­gen bis in die höchs­ten Krei­se von Port­land. Fra­gen Sie mal einen Staats­an­walt nach ei­nem Be­schluss. Das dau­ert kei­ne Stun­de bis sie ei­ne Ab­sa­ge er­hal­ten, weil die Be­wei­se, die sie vor­le­gen, zu ge­ring wa­ren oder nicht aus­rei­chen wür­den. Die Sit­te hat schon die gan­zen Er­mitt­lungs­ak­ten der letz­ten Jah­re vor­ge­legt, die al­le auf Em­ma Reed hin­deu­te­ten, aber ein Be­schluss blieb ih­nen im­mer ver­sagt.«

»Ich darf an­neh­men, dass die Staats­an­wäl­te eben­falls al­lein­ste­hen­de Män­ner sind?«, frag­te Spears grin­send.

»Sehr gut ge­ra­ten Agen­tin Spears. Aber lei­der falsch. Drei der vier Staats­an­wäl­te sind ver­hei­ra­tet, in­klu­si­ve des Ober­staats­an­walts.«

»Ver­ste­he. Sie ha­ben wohl Abends sehr lan­ge im Bü­ro zu tun und be­ar­bei­ten dort die Stress­bäl­le in den De­kol­letés der Da­men. Falls die Ehe­frau­en da­von er­fah­ren, steigt die Schei­dungs­ra­te sprung­haft an. Da­rum will na­tür­lich auch nie­mand, dass in die­se Rich­tung er­mit­telt wird.«

Cooper Knight flüs­ter­te sei­ner Kol­le­gin et­was zu. Er woll­te die­se Auf­räum­ar­bei­ten nicht auch noch er­le­di­gen. Spears dach­te ein biss­chen dar­über nach, dann gab sie ihm einen Wink, der Zu­stim­mung si­gna­li­sier­te. Cooper ver­ließ dar­auf­hin die Kü­che des Ser­geants und zück­te sein Te­le­fon. Wäh­rend­des­sen un­ter­hiel­ten sich der Haus­be­sit­zer und die Agen­tin wei­ter. Er er­klär­te ihr, dass auch vie­le hoch­ran­gi­ge Po­li­ti­ker der Stadt in die Ak­ti­vi­tä­ten von Em­ma Reed ver­strickt wa­ren. Selbst der Bür­ger­meis­ter der Stadt war bei ih­ren An­ge­stell­ten als Kun­de ge­lis­tet. So­zu­sa­gen hat­te es Em­ma Reed im Lau­fe der Zeit ge­schafft al­le wich­ti­gen Stel­len er­folg­reich zu in­fil­trie­ren. Nie­mand trau­te sich in die­ses We­s­pen­nest zu ste­chen.

Spears muss­te ein­se­hen, dass in die­ser Rich­tung ei­ni­ges pas­sie­ren muss­te. Ei­ne Un­ter­neh­me­rin im Be­reich der Pro­sti­tu­ti­on kon­trol­lier­te die Stadt. Die­ser gan­ze Sumpf muss­te tro­cken­ge­legt wer­den. Es war nicht hin­nehm­bar von il­le­ga­len Ak­ti­vi­tä­ten, de­nen vie­le Ent­schei­dungs­trä­ger ver­fal­len wa­ren, blo­ckiert zu wer­den. Trotz­dem brauch­ten sie die Hin­wei­se die­ser Ma­de­lei­ne, wer denn hin­ter dem Kom­plott ge­gen den Ser­geant stand. Em­ma Reed fiel da­bei aus. Sie konn­te kaum ein In­ter­es­se dar­an ha­ben, einen Kun­den los­zu­wer­den, der je­de Wo­che ei­nes ih­rer Mäd­chen buch­te. Laut Bar­bers Aus­sa­ge hat­te sie mit Dro­gen auch nichts Hut. Ihr Ge­schäft war eben­falls il­le­gal, aber die Stra­fen da­für wa­ren weit nied­ri­ger. Bar­ber gab aber auch zu, dass ei­ni­ge ih­rer Mäd­chen, die sie kon­trol­lier­te, ab­hän­gig von die­sem Zeug war. Sie ver­kauf­ten ih­re Kör­per, um an das be­nö­tig­te Geld zu kom­men, ih­re Sucht zu fi­nan­zie­ren.