Einmaleins der Entgeltabrechnung 2022, ePub

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4.4.5.3 Aufzeichnungs- und Bescheinigungspflichten

Im Zusammenhang mit der ‌Kohortenversteuerung von Versorgungsbezügen ergeben sich besondere ‌Aufzeichnungs- und Bescheinigungspflichten. In § 4 Abs. 1 Nr. 4 LStDV ist vorgeschrieben, dass im Lohnkonto der Monat und das Kalenderjahr des Versorgungsbeginns und die für die Festschreibung der Versorgungsfreibeträge errechnete Bemessungsgrundlage zu dokumentieren sind.

Im Lohnkonto aufgezeichnete Angaben müssen in die Lohnsteuerbescheinigung übertragen werden. Folgende Zeilen sind ggf. zu bescheinigen:

 Zeile 29: Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag,

 Zeile 30: Kalenderjahr des Versorgungsbeginns,

 Zeile 31: bei unterjähriger Zahlung: erster und letzter Monat, für den Versorgungsbezüge gezahlt wurden,

 Zeile 32: Sterbegeld, Kapitalauszahlungen/Abfindungen und Nachzahlungen von Versorgungsbezügen.

4.4.5.4 Mehrere Versorgungsbezüge

Der Versorgungsfreibetrag und der zusätzliche Versorgungsfreibetrag werden im Falle des mehrfachen Bezugs (bei verschiedenen Arbeitgebern) von Betriebsrenten ggf. mehrfach berücksichtigt. Der Ausgleich erfolgt in diesen Fällen über eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Erhält ein Arbeitnehmer mehrere Versorgungsbezüge mit unterschiedlichen Kohorten (z. B. Witwenrente des verstorbenen Ehegatten und eigene Rente) von ein und demselben Arbeitgeber, so sind dabei Besonderheiten zu beachten. In diesem Fall muss jeder Versorgungsbezug mit den Freibeträgen seiner jeweiligen Kohorte berücksichtigt werden. Insgesamt sind allerdings die Versorgungsfreibeträge auf die Höchstbeträge der ältesten Kohorte zu begrenzen.


Beispiel

Unterschiedliche Versorgungsbezüge

Das Ehepaar Christoph und Claudia Müller erhält von der Firma Lohnfix GmbH jeweils unterschiedliche Versorgungsbezüge. Herr Müller bezieht bereits seit 2015 eine Betriebsrente in Höhe von 500 €, Frau Müller erst ab 2016 eine Betriebsrente in Höhe von 400 €. Im Jahre 2021 verstirbt Herr Müller.

Für die eigenen Versorgungsbezüge der Ehefrau berechnen sich die Versorgungsfreibeträge nach dem Erstbezugsjahr 2016. Dies ergibt einen Versorgungsfreibetrag von 22,4 % von 4.800 € (400 € x 12 Monate) = 1.075 € sowie einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag von 504 €.

Frau Müller erhält nun neben ihrer eigenen Rente eine Witwenrente aus den Versorgungsbezügen ihres verstorbenen Mannes in Höhe von 250 €. Für die Berechnung der Versorgungsfreibeträge der Witwenrente sind die Beträge des Jahres 2015 (Erstbezugsjahr des Versorgungsbezugs ihres Mannes) zugrunde zu legen. Somit beträgt der Versorgungsfreibetrag für die Witwenrente 24 % von 3.000 € (250 € x 12 Monate) = 720 € und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag 540 €.

Die Summe der Versorgungsfreibeträge ab 2021 beträgt 1.795 € (1.075 € + 720 €). Allerdings wird der Versorgungsfreibetrag maximal als Höchstbetrag des ältesten Versorgungsbezugs des Ehemannes aus dem Jahr 2015 berücksichtigt (1.800 €). Mit 1.795 € liegt dieser allerdings unter dem Höchstbetrag und wird somit nicht begrenzt.

Die Summe der Zuschläge zum Versorgungsfreibetrag beträgt 1.044 € (540 € + 504 €). Auch hier findet die Begrenzung auf den Betrag aus dem Jahre 2015 statt, also auf 540 €.

Diese Berechnungsweise kann allerdings so nicht im Zuge der Lohnabrechnung durchgeführt werden, weil der amtliche Programmablaufplan dies nicht vorsieht. Daher sind im Rahmen der Lohnabrechnung bei beiden Versorgungsbezügen von Frau Müller die Versorgungsbezüge nach den Beträgen der ältesten Kohorte zu berücksichtigen und zu begrenzen. Auf dieses Beispiel bezogen also mit jeweils 24 %, maximal insgesamt 1.800 € sowie insgesamt 540 €.

Die richtige Berechnung (mit unterschiedlichen Kohorten) kann erst durch die Steuerveranlagung vom Finanzamt vorgenommen werden. Dazu muss der Arbeitgeber allerdings die Zeilen 29 bis 32 (Bemessungsgrundlage, maßgebliches Kalenderjahr, bei unterjähriger Zahlung den ersten und letzten Monat) auf der Lohnsteuerbescheinigung je Versorgungsbezug getrennt ausweisen. In der Praxis kann dies durch den Ausdruck einer zweiten Lohnsteuerbescheinigung erfolgen.

Es wäre somit zu bescheinigen:

Für die eigene Rente von Frau Müller

Zeile 29: 4.800 € (400 € x 12), Zeile 30: Jahr 2016

Für ihre Witwenrente

Zeile 29: 3.000 € (250 € x 12), Zeile 30: Jahr 2015 (Erstbezugsjahr der Rente ihres Mannes)

4.5 ‌Kirchensteuer

Die Kirchensteuer wird prozentual von der angefallenen Lohnsteuer erhoben. In den einzelnen Bundesländern bestehen unterschiedlich hohe Prozentsätze. Maßgebend für die Höhe ist der Sitz der ‌lohnsteuerlichen Betriebsstätte. Für einen Arbeitnehmer, der z. B. in Rheinland-Pfalz wohnt und bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist, dessen lohnsteuerliche Betriebsstätte in Baden-Württemberg liegt, hat der Arbeitgeber den Kirchensteuersatz von Baden-Württemberg, also 8 %, abzuführen.


Tabelle 4.2: Kirchensteuersät‌ze
Bundesland Kirchensteuer ‌Mindestkirchensteuersatz
Baden-Württemberg 8 %
Bayern 8 %
Berlin 9 %
Brandenburg 9 %
Bremen 9 %
Hamburg 9 %
Hessen 9 %
Mecklenburg-Vorpommern 9 %
Niedersachsen 9 %
Nordrhein-Westfalen 9 %
Rheinland-Pfalz 9 %
Saarland 9 %
Sachsen 9 %
Sachsen-Anhalt 9 % 3,60 €*
Schleswig-Holstein 9 %
Thüringen 9 %

* In Sachsen-Anhalt wird für die evangelische Kirche ein Mindestkirchensteuersatz erhoben. Dieser Mindestsatz fällt dann an, wenn Lohnsteuer anfällt und die Kirchensteuer bei Anwendung des jeweiligen Kirchensteuerprozentsatzes unter dem Mindestkirchensteuersatz liegt.

4.5.1 Kappung der Kirchensteuer

‌Kappung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Begrenzung der Kirchensteuer. Sie tritt in folgenden Bundesländern auf:

 In Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wird die Kirchensteuer auf 3 % des auf das zu versteuernde Einkommen begrenzt.

 In Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen (evangelische Kirche), Hessen (evangelische Kirche), Rheinland-Pfalz (evangelische Kirche), Saarland (evangelische Kirche), Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die Kirchensteuer auf 3,5 % des auf das zu versteuernde Einkommen begrenzt.

 In Baden-Württemberg wird die Kirchensteuer auf 2,75 % (evangelische Kirche Württemberg) bzw. auf 3,5 % (evangelische Kirche Baden und katholische Kirche) des auf das zu versteuernde Einkommen begrenzt.

 In den Ländern Hessen (katholische Kirche), Nordrhein-Westfalen (katholische Kirche), Rheinland-Pfalz (katholische Kirche) und Saarland (katholische Kirche) wird die Kirchensteuer auf 4 % des auf das zu versteuernde Einkommen begrenzt.

 

 In den Ländern Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland muss die Kappung der Kirchensteuer beantragt werden.

 Im Bundesland Bayern gibt es keine Kappung der Kirchensteuer.

4.5.2 Kirchensteuerberechtigte Konfessionen

Kirchensteuer fällt nur für bestimmte erhebungsberechtigte Religionsgemeinschaften an. Diese werden in ELStAM durch folgende entsprechende Abkürzungen ausgewiesen:


Tabelle 4.3: Kirchensteuerberechtigte Konfessionen
rk = römisch-katholisch
ev = evangelisch, evangelisch-lutherisch, evangelisch-reformiert, französisch-reformiert
ak = altkatholisch
is = israelitisch
fb = freireligiöse Landesgemeinde Baden
ib = israelitische Religionsgemeinschaft Baden
iw = israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs
fg = freireligiöse Landesgemeinde Pfalz
fm = freireligiöse Gemeinde Mainz
fa = freie Religionsgemeinschaft Alzey

Für einzelne Länder sind noch weitere Abkürzungen zugelassen. Gehört der Arbeitnehmer einer nicht ‌kirchensteuerberechtigten Konfession bzw. keiner Religionsgemeinschaft an, wird von ELStAM kein Kennzeichen geliefert. In diesem Fall ist keine Kirchensteuer zu berechnen.

4.5.3 Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen

Seit 1996 finden Kinderfreibeträge bei der Berechnung der Lohnsteuer keine Berücksichtigung mehr. Sie mindern allerdings noch den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer.

4.5.4 ‌Konfessionsverschiedene Ehen/Lebenspartnerschaften

Wenn die Ehegatten/Lebenspartner unterschiedlichen Konfessionen angehören, ist die Kirchensteuer in den meisten Bundesländern jeweils zur Hälfte zwischen diesen Konfessionen aufzuteilen.

Die Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Bremen weichen von diesem ‌Halbteilungsgrundsatz ab. Hier geht die volle Kirchensteuer an die Religionsgemeinschaft, welcher der Arbeitnehmer angehört.

Gehört nur der Ehegatte/Lebenspartner des Arbeitnehmers einer kirchensteuerberechtigten Religionsgemeinschaft an, wird die Konfession des Ehegatten/Lebenspartners nicht in den ELStAM weitergegeben. Für den Arbeitnehmer fällt keine Kirchensteuer an.

Gehört der Ehegatte/Lebenspartner des Arbeitnehmers der gleichen Konfession an oder ist er glaubenslos, darf aus datenschutzrechtlichen Gründen nur die Konfession des Arbeitnehmers in den ELStAM weitergegeben werden.

Nur bei konfessionsverschiedenen Ehen/Lebenspartnerschaften, bei denen mit Ausnahme der Länder Bayern, Bremen und Niedersachsen der Halbteilungsgrundsatz anzuwenden ist, wird die Konfession des Ehegatten/Lebenspartners in den ELStAM weitergegeben. Die folgende Auflistung zeigt beispielhaft mögliche Konstellationen bei Ehegatten/Lebenspartnern und die dazugehörende Aufteilung und Abführung der Kirchensteuer:


Tabelle 4.4: Eintragungen der Konfession
Konfession Arbeitnehmer Konfession Ehegatte/Lebenspartner Eintragung in ELStAM‌ Abführung Kirchensteuer
ev ev ev ev: 100 %
rk rk rk rk: 100 %
ev rk ev/rk ev: 50 %, rk: 50 %
rk ev rk/ev rk: 50 %, ev: 50 %
rk - rk rk: 100 %
ev - ev ev: 100 %
- rk - keine
- ev - keine
- - - keine

4.5.5 ‌Pauschale Kirchensteuer

Wird die Lohnsteuer pauschaliert, z. B. bei Aushilfen, fällt grundsätzlich auch pauschale Kirchensteuer an. Diese ist je nach Bundesland unterschiedlich hoch. Basis für die Berechnung ist immer die pauschale Lohnsteuer.

Die Aufteilung basiert unabhängig davon, welcher Konfession der Arbeitnehmer tatsächlich angehört, auf einem festgelegten Verteilungsschlüssel zwischen der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche.

Die unterschiedlichen prozentualen Sätze und ‌Verteilungsschlüssel in den einzelnen Bundesländern können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden:


Tabelle 4.5: Prozentsätze bei Pauschalierung der Kirchensteuer
Bundesland Prozentsatz bei Pauschalierung Aufteilung nach Konfessionen
ev rk
Baden-Württemberg 5 % 50 %1 50 %
Bayern 7 % 30 % 70 %
Berlin 5 % 70 % 30 %
Brandenburg 5 % 70 % 30 %
Bremen 7 % 80 % 20 %
(Stadt Bremerhaven) 7 % 90 % 10 %
Hamburg 4 % 70 % 29,5 %2
Hessen 7 % 50 %1 50 %
Mecklenburg-Vorpommern 5 % 90 % 10 %
Niedersachsen 6 % 73 % 27 %
Nordrhein-Westfalen 7 % 40,97 %3 58,92 %
Rheinland-Pfalz 7 % 50 %1 50 %
Saarland 7 % 25 % 75 %
Sachsen 5 % 85 % 15 %
Sachsen-Anhalt 5 % 73 % 27 %
Schleswig-Holstein 6 % 85 % 15 %
Thüringen 5 % 73 % 27 %
1) Die Aufteilung ist je nach Region unterschiedlich geregelt. Im Zweifelsfall gilt 50 %/50 %. 2) Für die jüdische Gemeinde 0,5 %. 3) Für die jüdischen Kultusgemeinden 0,07 %, für die altkatholische Kirche 0,04 %.

Findet eine Pauschalierung der Lohnsteuer für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer statt, entfällt die Kirchensteuer.

4.6 ‌Solidaritätszuschlag
4.6.1 Höhe des Solidaritätszuschlags

Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag (SolZ) ist die Lohnsteuer aus laufendem ‌Arbeitslohn (unter Berücksichtigung der Kinderfreibeträge) sowie die Lohnsteuer von sonstigen und pauschal versteuerten Bezügen.

 

Hinweis

Pflichtig sind alle Arbeitnehmer, auch die beschränkt steuerpflichtigen Personen.

Seit dem 01.01.1995 wird in allen Bundesländern ein Solidaritätszuschlag erhoben. Er beträgt 5,5 % der Lohnsteuer.


Wichtig

Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags[1] wird der Solidaritätszuschlag ab 2021 schrittweise abgebaut.