Einmaleins der Entgeltabrechnung 2022, ePub

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4.3.4 Bescheinigungspflichten

Die ‌Arbeitnehmerbeiträge müssen einzeln bescheinigt werden. Hierfür gibt es auf der Lohnsteuerbescheinigung folgende Zeilen:

 Zeile 25: gesetzliche Krankenversicherung (der echte Beitrag, der vom Arbeitnehmer gezahlt wurde),

 Zeile 26: soziale Pflegeversicherung (der echte Beitrag, der vom Arbeitnehmer gezahlt wurde),

 Zeile 27: Arbeitslosenversicherung,

 Zeile 28: nachgewiesene Beiträge zur privaten KV und PV (der echte Beitrag, der vom Arbeitnehmer gezahlt wurde).

4.3.5 Mindestvorsorgepauschale

Neben den Beiträgen zu KV und PV sind auch weitere Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben berücksichtigungsfähig, wenn die ‌Mindestvorsorgepauschalen von 1.900 € (Arbeitnehmer) bzw. 2.800 € (Selbständige) nicht ausgeschöpft sind. Diese Regelung eines einheitlichen Abzugsvolumens für Vorsorgeaufwendungen wird im Lohnsteuerabzugsverfahren dadurch berücksichtigt, dass 12 % vom Bruttoarbeitslohn als arbeitslohnabhängige Mindestvorsorgepauschale anzusetzen sind, höchstens jedoch 1.900 €/Jahr in den Steuerklassen I, II, IV, V, VI bzw. 3.000 €/Jahr in Steuerklasse III.

4.4 Freibeträge

Die Steuerlast wird durch eine Reihe von ‌Freibeträgen gemindert. Diese können allgemeingültig sein oder individuell. Zu den Freibeträgen, die jeder Arbeitnehmer automatisch erhält, zählen u. a. der Grundfreibetrag und der Arbeitnehmerpauschbetrag. Diese Freibeträge sind bereits in den lohnsteuerlichen ‌Programmablaufplan eingearbeitet und müssen nicht explizit beantragt werden.

Individuelle Freibeträge müssen vom Steuerpflichtigen beim Finanzamt beantragt werden und werden in der ELStAM-Datenbank eingetragen. Da sie nicht automatisch berücksichtigt werden, müssen die Daten in das Entgeltabrechnungsprogramm übernommen werden.

4.4.1 Kinderfreibeträge

Jeder Elternteil hat Anspruch auf die Hälfte des ‌Kinderfreibetrags. Wenn die Eltern zusammenleben, erhalten sie gemeinsam den vollen Kinderfreibetrag.

Der Kinderfreibetrag beträgt im Jahr 2022:


halber Kinderfreibetrag 2.730 € ganzer Kinderfreibetrag 5.460 €

Zu ‌halben Kinderfreibeträgen kommt es bei Kindern aus geschiedenen und dauernd getrennt lebenden Ehen sowie bei nichtehelichen Kindern. Eine Übertragung eines halben Kinderfreibetrags auf den anderen Elternteil ist unter bestimmten Umständen möglich.


Hinweis

In den Steuerklassen V und VI können keine Kinderfreibeträge eingetragen werden.

Für Kinder bis 18 Jahre wurden die Kinderfreibeträge bereits in der ELStAM-Datenbank eingetragen. Für Kinder über 18 Jahren erfolgt der Eintrag auf Antrag durch das Finanzamt.

Neben dem Kinderfreibetrag wurde zum 01.01.2002 auch ein neuer einheitlicher Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf eingeführt.


halber Betreuungsfreibetrag 1.464 € ganzer Betreuungsfreibetrag 2.928 €

Der Kinderfreibetrag und der ‌Betreuungsfreibetrag wirken sich umfassend nur bei der Einkommensteuerberechnung aus. Im Rahmen der Lohnsteuerberechnung haben die Freibeträge keine Bedeutung, reduzieren aber die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags. Bei der Steuerberechnung werden die beiden Freibeträge im Allgemeinen zusammengefasst und auch zusammen als „Kinderfreibetrag“ bezeichnet. Dieser beträgt dann in Summe 8.388 €.

Kinderfreibeträge wirken sich im Rahmen des monatlichen Lohnsteuerabzugs nicht mindernd auf die Lohnsteuer, aber auf die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag (Annexsteuern) aus.

Anstelle des bis 31.12.1995 im Lohnsteuertarif enthaltenen Kinderfreibetrags wird dem Arbeitnehmer während des Jahres ein Kindergeld gewährt. Das Finanzamt prüft im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer, ob die steuerliche Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen günstiger ist als während des Kalenderjahres gezahltes Kindergeld.

Falls ja, wird dem Steuerpflichtigen die Differenz erstattet. Andernfalls bleibt es bei dem im Voraus gezahlten ‌Kindergeld. Für die Berechnung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag wurden die Kinderfreibeträge sowie der Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag bereits in den Lohnsteuertarif eingearbeitet. Somit mindern Kinderfreibeträge die Höhe der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags. Auf die Höhe der Lohnsteuer haben sie beim Lohnsteuerabzug keine Auswirkung.

4.4.1.1 Kindergeld

Seit dem 01.01.1996 wirkt sich der ‌Kinderfreibetrag nicht mehr mindernd auf die Lohnsteuer, sondern nur noch auf die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag aus.

Monatlich wird folgendes Kindergeld gezahlt:


erstes und zweites Kind 219 €
drittes Kind 225 €
jedes weitere Kind 250 €

Das Kindergeld wurde zum 01.01.2021 um jeweils 15 € erhöht (einmalige Erhöhung).

Das ‌Kindergeld wird von der ‌Familienkasse direkt an die Berechtigten überwiesen. Ausgenommen davon sind Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die ihr Kindergeld im Rahmen der Entgeltabrechnung ausbezahlt bekommen. Der Arbeitgeber verrechnet die Vorauszahlungen mit seiner Lohnsteuerschuld.

4.4.1.2 Anspruch auf Kinderfreibeträge und Kindergeld

Ohne jede weitere Voraussetzung wird sowohl das Kindergeld als auch der Kinderfreibetrag für Kinder bis zum 18. Lebensjahr gewährt. Für arbeitslose Kinder findet die Berücksichtigung bis zum 21. Lebensjahr statt.

Bis zum 25. Lebensjahr werden Kinder berücksichtigt, die sich in einer Berufs- oder Schulausbildung befinden. Geistig und körperlich behinderte Kinder werden unter bestimmten Voraussetzungen ohne Altersbegrenzung berücksichtigt.

Generell gibt es für Kinder über 18 Jahren nur dann Kindergeld, wenn eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium vorliegt. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird das Kindergeld weitergezahlt, wenn sich das Kind in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner (schädlichen) Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit ist unschädlich, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr als 20 Stunden beträgt.

4.4.2 Bereits eingearbeitete Freibeträge

Bestimmte Freibeträge sind in Ableitung aus dem Einkommensteuertarif bereits in den Lohnsteuertarif eingearbeitet. Sie werden somit beim Lohnsteuerabzug, je nach Steuerklasse in unterschiedlicher Höhe, automatisch berücksichtigt und mindern die Lohnsteuerschuld (§ 38c EStG).

Dazu gehören u. a.:

 der ‌Grundfreibetrag (9.984 € bei Ledigen bzw. 19.968 € bei Verheirateten/Lebenspartnerschaften),

 der ‌Arbeitnehmerpauschbetrag (1.000 € nur in Steuerklasse I bis V),

 die ‌Vorsorgepauschale.

Zur Berechnung der Vorsorgepauschale werden die Beiträge zur Sozialversicherung berücksichtigt. Bei der Rentenversicherung werden ab dem Jahr 2006 (beginnend mit 10 %) jedes Jahr 4 % mehr berücksichtigt. Im Jahr 2025 ist dann der Endwert von 50 % des Gesamtbeitrags erreicht. Durch diese Regelung müssen die Arbeitnehmer u. U. jedes Jahr weniger Lohnsteuer zahlen.

4.4.3 Individuelle Freibeträge

Der Arbeitnehmer kann sich auf Antrag beim Finanzamt steuerlich abziehbare Aufwendungen als Freibetrag in seinen ELStAM eintragen lassen (§ 39a EStG).

Als abziehbare Aufwendungen sind u. a. zu benennen:

 ‌Sonderausgaben (z. B. Spenden für gemeinnützige Vereinigungen),

 ‌außergewöhnliche Belastungen (z. B. Scheidungskosten),

 ‌Werbungskosten, d. h. durch den Beruf veranlasste Aufwendungen (z. B. Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte),

 ‌Pauschbeträge für Behinderte.


Hinweis

Für die Änderungen der Lohnsteuerklassen ist das Wohnsitzfinanzamt zuständig. Ein Antrag auf die Änderung der Lohnsteuerklasse ist über das Formular „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ (www.formulare-bfinv.de) möglich. Seit Oktober 2021 kann für einen Steuerklassenwechsel das elektronische Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren (ELeV) über Mein ELSTER unter www.elster.de genutzt werden. Neben der neu eingeführten Möglichkeit der elektronischen Antragstellung kann der Steuerklassenwechsel weiterhin auf Papier beim Finanzamt beantragt werden. Die Finanzämter empfehlen jedoch, bevorzugt von der elektronischen Antragstellung Gebrauch zu machen, weil so eine schnelle und medienbruchfreie Bearbeitung möglich ist.

 

4.4.4 Hinzurechnungsbeträge

Seit 01.01.2000 können nicht nur Freibeträge, sondern auch Hinzurechnungsbeträge eingetragen werden (§ 39c Abs. 7 EStG). Ein solcher ‌‌Hinzurechnungsbetrag wirkt sich gegenteilig wie ein Freibetrag aus, da er die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer erhöht.

Es kommt häufig vor, dass bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie z. B. Studenten, Auszubildende und Rentner, mehrere Arbeitsverhältnisse mit geringem ‌Arbeitslohn wahrnehmen.

Dabei übernimmt der Hauptarbeitgeber die Hauptlohnsteuerklasse I bis V. Aufgrund des niedrigen Arbeitslohns wird oftmals der steuerliche Grundfreibetrag, der bereits in die Steuertabellen eingearbeitet ist, nicht voll ausgeschöpft. Dennoch fällt beim zweiten Arbeitgeber, der die Steuerklasse VI abrechnen muss, Lohnsteuer an, obwohl das gesamte zu versteuernde Einkommen des Arbeitnehmers unter dem steuerlichen Grundfreibetrag liegt.

Die dadurch zu viel abgeführte Lohnsteuer wird dem Arbeitnehmer erst nach Ablauf des Kalenderjahres im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erstattet. In solchen Fällen kann sich der Arbeitnehmer für die Lohnsteuerklasse VI einen Freibetrag und gleichzeitig für die Hauptlohnsteuerklasse I bis V einen Hinzurechnungsbetrag in gleicher Höhe eintragen lassen.

Diese Vorgehensweise verhindert oder reduziert zumindest den Lohnsteuerabzug in Steuerklasse VI, so dass nicht zunächst Lohnsteuer abgeführt und dann erst später im Zuge der Veranlagung wieder erstattet wird. Die steuerliche Entlastung zeigt sich sofort bei der monatlichen Lohnabrechnung.


Beispiel

Hinzurechnungsbetrag

Ein Azubi erhält eine monatliche Ausbildungsvergütung von 460 €. Nebenbei arbeitet er als Barkeeper in einer Diskothek. Für diese Tätigkeit bezieht er eine Vergütung von 400 € im Monat. Der Hauptarbeitgeber ruft die Lohnsteuerklasse I bis V ab. In der Diskothek wird die Steuerklasse VI abgerufen. Die beiden Arbeitgeber nehmen folgende Abzüge vor:


Arbeitslohn Lohnsteuer Kirchensteuer (9 %) Solidaritätszuschlag (5,5 %)
AG 1 (I) 460,00 € 0,00 € 0,00 € 0,00 €
AG 2 (VI) 400,00 € 44,66 € 4,01 € 0,00 €
Summe Abzüge 44,66 € 4,01 € 0,00 €

Basis ist die am 01.01.2022 verfügbare Lohnsteuerberechnung.

Der Auszubildende zahlt monatlich Steuern, obwohl sein jährlich zu versteuerndes Einkommen steuerfrei bleibt. Die abgeführte Lohnsteuer erstattet das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer.

Um die monatlichen Abzüge im Voraus zu vermeiden, kann sich der Auszubildende bei der Steuerklasse VI einen Freibetrag sowie gleichzeitig bei der Steuerklasse I einen Hinzurechnungsbetrag in gleicher Höhe eintragen lassen. Wählt er z. B. einen Betrag von 400 €, so ergibt sich folgendes Bild:


abzulesen bei Lohnsteuer Kirchensteuer (9 %) Solidaritätszuschlag (5,5 %)
AG 1 (I) Hinzurechnungsbetrag von 400 € 860,00 € 0,00 € 0,00 € 0,00 €
AG 2 (VI) Freibetrag von 400 € 0,00 € 0,00 € 0,00 € 0,00 €
Summen 0,00 € 0,00 € 0,00 €

Durch den eingetragenen Hinzurechnungsbetrag bei der Steuerklasse I ist nun die Lohnsteuer bei einem Betrag von 860 € (460 € Arbeitslohn + 400 € Hinzurechnungsbetrag) abzulesen. Auch bei 860 € monatlich fällt in der Lohnsteuerklasse I noch keine Lohnsteuer an.

Der zweite Arbeitgeber hat keine Lohnsteuer zu berechnen, da der Freibetrag in Höhe von 400 € zu einer Bemessungsgrundlage von 0,00 € führt (400 € ‌Arbeitslohn – 400 € Freibetrag). Der Arbeitnehmer hat den Vorteil, dass nicht vorweg Lohnsteuer anfällt, die dann erst im Rahmen der persönlichen Einkommensteuerveranlagung wieder zu erstatten ist.

4.4.5 Nicht eingetragene Freibeträge

Neben den bisher genannten Freibeträgen kommen auch noch solche hinzu, die nicht individuell beantragt werden können und auch keine Berücksichtigung im Lohnsteuertarif finden. Dabei handelt es sich um den Altersentlastungsbetrag und den ‌Versorgungsfreibetrag.

4.4.5.1 Altersentlastungsbetrag

Unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die vor Beginn des Kalenderjahres das 64. Lebensjahr vollendet haben, erhalten den Altersentlastungsbetrag (gemäß § 24a EStG).

Im Jahr 2022 beträgt der ‌Altersentlastungsbetrag 14,4 % (2005: 40 %) des Arbeitslohns, sofern es sich nicht um ‌Versorgungsbezüge handelt, höchstens jedoch 684 € (2005: 1.900 €). Bei monatlicher Lohnzahlung ist 1/12 davon zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat anhand des Geburtsdatums selbständig zu prüfen, ob der ‌Altersentlastungsbetrag abzuziehen ist. In der Praxis wird diese Prüfung normalerweise automatisch durch die EDV-Systeme vorgenommen.

Durch das ab 01.01.2005 in Kraft getretene ‌Alterseinkünftegesetz und das dadurch eingeführte Prinzip der nachgelagerten Versteuerung von Rentenleistungen wird der Altersentlastungsbetrag langfristig abgebaut. Der Prozentsatz verringert sich

 in den Jahren 2006 bis 2020 um jeweils 1,6 %,

 in den Jahren 2021 bis 2039 um jeweils 0,8 %,

 ab dem Jahr 2040 auf 0 %.

Ebenso reduziert sich der Höchstbetrag

 in den Jahren 2006 bis 2020 um jeweils 76 €,

 in den Jahren 2021 bis 2039 um jeweils 38 €,

 ab dem Jahr 2040 auf 0 €.

4.4.5.2 ‌Versorgungsfreibetrag

‌Versorgungsbezüge sind Bezüge, die aufgrund früherer Dienstverhältnisse als Entgelt für die frühere Dienstleistung gewährt werden. Typische Versorgungsbezüge sind sogenannte Betriebsrenten der Werkspensionäre und Ruhegehälter der Beamtenpensionäre. Diese Bezugsvariante ist grundsätzlich steuerpflichtig, wobei allerdings unter Umständen ein ‌Versorgungsfreibetrag zu berücksichtigen ist.

Für ‌Versorgungsbezüge, die wegen des Erreichens einer Altersgrenze bezahlt werden, wird der Freibetrag erst ab dem 63. Lebensjahr gewährt, bei Schwerbehinderten bereits ab dem 60. Lebensjahr.

Für Versorgungsbezüge, die wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit oder als Hinterbliebenenbezüge gezahlt werden, ist für die Berücksichtigung des ‌Versorgungsfreibetrags keine Altersgrenze maßgebend.

Im öffentlichen Dienst erfolgt die Gewährung des Versorgungsfreibetrags generell unabhängig vom Lebensalter. Im Jahr 2022 beträgt der Versorgungsfreibetrag 14,4 % der Versorgungsbezüge, maximal jedoch 1.080 € (2005: 3.000 €). Bei monatlicher Zahlung ist der Versorgungsfreibetrag mit höchstens 1/12 vom Jahreshöchstbetrag anzusetzen.

Ähnlich wie beim Altersentlastungsbetrag ergeben sich auch beim Versorgungsfreibetrag Änderungen durch das Alterseinkünftegesetz. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes beschlossen, den ‌Ertragsanteil für die Versteuerung der gesetzlichen Renten bis zum Jahr 2040 schrittweise auf 100 % anzuheben. Versorgungsbezüge werden bereits voll, d. h. nicht nur mit ihrem Ertragsanteil, versteuert.

Da das ‌Alterseinkünftegesetz die Gleichheit der Versteuerung von gesetzlichen Renten und Versorgungsbezügen vorsieht, wird der ‌Versorgungsfreibetrag schrittweise abgebaut. Im Jahre 2040 werden die Renten voll versteuert, gleichzeitig wird es ab diesem Zeitpunkt keinen Versorgungsfreibetrag mehr geben. Nach § 19 EStG ermäßigt sich der Versorgungsfreibetrag

 in den Jahren 2006 bis 2020 um jeweils 1,6 %,

 in den Jahren 2021 bis 2039 um jeweils 0,8 %,

 ab dem Jahr 2040 auf 0,0 %.

Gleichzeitig sinkt der Höchstbetrag

 in den Jahren 2006 bis 2020 um jeweils 120 €,

 in den Jahren 2021 bis 2039 um jeweils 60 €,

 ab dem Jahr 2040 auf 0 €.

Nach § 19 Abs. 2 Satz 4 EStG wird der Versorgungsfreibetrag ab 2005 folgendermaßen berechnet:

 Bildung des voraussichtlichen Jahresversorgungsbezugs auf Basis des Versorgungsbezugs des ersten vollen Monats unter Einrechnung voraussichtlicher Einmalzahlungen. Versorgungsbezüge, deren Beginn vor 2005 liegt, sind so zu behandeln wie Versorgungsbezüge, die im Januar 2005 neu gewährt werden.

 Multiplikation des voraussichtlichen Jahresversorgungsbezugs mit dem Prozentsatz des Erstjahres.

Seit 01.01.2005 wird neben dem herkömmlichen Versorgungsfreibetrag noch ein zusätzlicher Versorgungsfreibetrag in Höhe von 900 € auf Versorgungsbezüge gewährt. Für die Gewährung gelten die gleichen Voraussetzungen wie beim eigentlichen Versorgungsfreibetrag.

Dieser Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag wurde als Ersatz für die Reduzierung der ‌Werbungskostenpauschale für Versorgungsbezüge eingeführt. Durch das ‌Alterseinkünftegesetz wurde die Werbungskostenpauschale für Versorgungsbezüge von 920 € auf 102 € gesenkt. Somit existiert nun sowohl für Versorgungsbezüge als auch für gesetzliche Renten (sonstige Einkünfte) eine einheitliche Werbungskostenpauschale von jeweils 102 €.

Analog zum Versorgungsfreibetrag ermäßigt sich auch der Zuschlag zum Versorgungsbetrag in den nächsten Jahren. Die Reduzierung beträgt

 von 2006 bis 2020 jeweils 36 €,

 von 2021 bis 2040 jeweils 18 €.

Für beide Freibeträge gilt die sogenannte ‌Kohortenversteuerung. Das heißt, dass die zu Beginn des Versorgungsbezugs festgelegten Versorgungsfreibeträge auf Dauer gelten.

 

Bezieht beispielsweise ein Arbeitnehmer im Jahre 2022 das erste Mal eine Betriebsrente, wird ihm darauf ein Versorgungsfreibetrag von 14,4 %, maximal 1.080 €, sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Höhe von 324 € gewährt.

Diese beiden Freibeträge werden im Erstjahr gebildet und dem Arbeitnehmer für die gesamte Dauer des Versorgungsbezugs unverändert zugeschrieben. Zukünftige Rentenerhöhungen – auch im Erstjahr – verändern daran nichts mehr.


Beispiel 1

Betriebsrente ab 2008

Ein Werkspensionär erhält ab Januar 2008 eine Betriebsrente von 700 €. Außerdem besteht Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe einer Monatsrente. Der Pensionär hat zum Zeitpunkt der ersten Zahlung das 63. Lebensjahr vollendet.


Ermittlung ‌‌Versorgungsfreibetrag 2008
Betriebsrente im ersten vollen Monat: 700 € x 12 8.400,00 €
Sonderzahlung 700,00 €
Jahresbetrag 9.100,00 €
‌Versorgungsfreibetrag des Jahres 2008, 35,2 % von 9.100 € (= 3.203,20 €), maximal 2.640 € 2.640,00 €
Zusätzlicher ‌Versorgungsfreibetrag 2008 792,00 €
Summe der Versorgungsfreibeträge 3.432,00 €
Jahresbetriebsrente 9.100,00 €
abzgl. Versorgungsfreibeträge –3.432,00 €
abzgl. Werbungskostenpauschale –102,00 €
zu versteuern 5.566,00 €

Die beiden Versorgungsfreibeträge von insgesamt 3.432 € werden diesem Arbeitnehmer lebenslang zugeordnet.


Beispiel 2

Erhöhung der Betriebsrente

Die Betriebsrente des Werkspensionärs aus Beispiel 1 wird ab 2022 auf 9.500 €/Jahr erhöht.


Ermittlung ‌Versorgungsfreibetrag 2022
Jahresbetriebsrente 9.500,00 €
abzgl. Versorgungsfreibetrag (aus 2008) –2.640,00 €
abzgl. Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag –792,00 €
abzgl. ‌Werbungskostenpauschale –102,00 €
zu versteuern 5.966,00 €

Der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ermäßigen sich für jeden vollen Kalendermonat, für den die Betriebsrentenzahlung nicht stattfindet, um ein Zwölftel (§ 19 Abs. 2 Satz 12 EStG).


Beispiel 3

Betriebsrente ab 2022

Ein Arbeitnehmer bezieht ab 01.07.2022 eine monatliche Betriebsrente von 500 €. Es ergibt sich folgende Berechnung des Versorgungsfreibetrags und des zusätzlichen Versorgungsfreibetrags:


Ermittlung Versorgungsfreibetrag 2022
Betriebsrente im ersten vollen Monat: 500 € x 12 6.000,00 €
Versorgungsfreibetrag des Jahres 2022, 14,4 % von 6.000 € (= 864 €), maximal 1.080 € 864,00 €
Zusätzlicher Versorgungsfreibetrag 2021 324,00 €
Summe der Versorgungsfreibeträge 1.188,00 €
Jahresbetriebsrente 6.000,00 €
abzgl. Versorgungsfreibeträge –1.188,00 €
abzgl. Werbungskostenpauschale –102,00 €
zu versteuern 4.710,00 €

Die Summe der Freibeträge von 1.188 € wird lebenslang festgeschrieben. Im Jahr 2022 ergibt sich ein anteiliger Freibetrag von 6/12, also 594 €. Bei monatlicher Zahlung der Betriebsrente sind die Versorgungsfreibeträge nur monatlich zu berücksichtigen. Daher führt dies automatisch zur richtigen Berechnung:


monatliche Betriebsrente 2022 500,00 €
Versorgungsfreibetrag monatlich 14,4 % von 500 € (= 72 €), maximal 90 € 72,00 €
Zusätzlicher Versorgungsfreibetrag monatlich (324 € : 12 = 27,00 €) 27,00 €
Summe der monatlichen Versorgungsfreibeträge 99,00 €

§ 39b Abs. 3 EStG sagt aus, dass der Versorgungsfreibetrag und der zusätzliche Versorgungsfreibetrag bei Versteuerung eines sonstigen Bezugs in besonderer Weise zu berücksichtigen sind.

Die beiden Freibeträge dürfen nur in dem Maße berücksichtigt werden, wie sie bei der Ermittlung des voraussichtlichen Arbeitslohns noch nicht berücksichtigt wurden und soweit sie nicht bereits bei der Besteuerung eines früher im Kalenderjahr gezahlten sonstigen Bezugs berücksichtigt worden sind (LSR 39b.3).