Praxismarketing für Gesundheitsberufe

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Praxismarketing für Gesundheitsberufe
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Praxismarketing für Gesundheitsberufe

Texte: © Copyright by Markus Stefka

Umschlaggestaltung: © Copyright by Markus Stefka

Verlag:

Markus Stefka

Klingenbergerstraße 8

01187 - Dresden

ms@health-marketing.at

Vorwort

Herzlich Willkommen und vielen Dank dafür, dass Sie sich entschieden haben, einen Teil Ihres Lebens gemeinsam mit mir und dem Thema Praxismarketing zu verbringen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass es Ihr Lieblingsbuch wird oder den Unterhaltungsgrad eines Hollywood-Streifens mit sich bringt, doch dafür haben Sie es wohl auch hoffentlich nicht erworben.

Worum geht es in diesem Buch?

Das Buch hat das Ziel Ihr Wegweiser in Sachen Praxismarketing zu sein. Es ist dabei kein Taxi, in das Sie einsteigen und einfach beim Ziel ankommen, es ist ein umfassender Wegweiser, der Ihnen helfen soll, sich im Thema Praxismarketing zurechtzufinden. Denn wenn Sie, wie die meisten, Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen sind, haben Sie diesen Beruf wahrscheinlich nicht ergriffen um sich möglichst viel mit der Vermarktung Ihrer Leistungen zu beschäftigen, sondern um mit Klienten zu arbeiten.

Auch in der Ausbildung zu den meisten Gesundheitsberufen kommt das Thema Praxismarketing, wenn überhaupt, nur sehr kurz vor. Daher habe ich dieses Buch geschrieben, es soll Ihnen einen fundierten Überblick über dieses (für mich) spannende Feld bieten und vor allem sofort umsetzbare Maßnahmen zeigen, die Sie nutzen können um Ihr Angebot zu verbessern.

Das Buch verfolgt dabei einen Ansatz, den wir flapsig als „keine Hexerei“ bezeichnen könnten. Damit ist gemeint, dass ich Ihnen kein Marketing-Konzept im Stile eines Multi-Millionen-Euro-Konzerns umhänge, sodass für Ihre eigentliche Tätigkeit gar keine Zeit mehr bleibt. Vielmehr geht es darum, Sie mit Ihren Möglichkeiten vertraut zu machen, Sie darauf hinzuweisen, welche Punkte ich für die wichtigsten halte und wie Sie die verschiedenen Möglichkeiten ideal nutzen.

Ich hoffe (und gehe fest davon aus), dass Sie aus diesem Buch vieles mitnehmen können und dass es für Sie ein immer wieder nutzbares Handbuch darstellt, damit Sie Ihre Leistungen erfolgreich erbringen können.

Kurz zu meiner Wenigkeit

Eine berechtigte Frage ist, wie ich in dieses Feld gekommen bin. Ich habe ursprünglich Psychologie studiert (bis zum Bachelor-Abschluss) und hatte das Ziel selbst therapeutisch tätig zu werden. Im Laufe des Studiums zeigte sich aber, dass meine grundlegenden Talente woanders liegen. Natürlich glaube ich daran, dass man so gut wie alles erlernen kann, aber es fand sich schnell ein Feld, welches mir eher zusagte, nämlich die Wirtschaftspsychologie als Kombination aus eben den Feldern Psychologie und Wirtschaft.

Sodann studierte ich diese Disziplin auch in einem Master-Studium (mit dem Schwerpunkt Marketing). Nun, ich war glücklich ein Feld gefunden zu haben, welches mir Spaß bereitete, doch eine Sache war schade: Vor dem Psychologie-Studium hatte ich in der Pflege gearbeitet, das Studium selbst machte mir auch von den klinischen Inhalten her Freude und natürlich war ich durch das Studium (und durch Zufall) in einen Freundeskreis eingebettet, der großteils aus dem Gesundheitsbereich kam. Zusätzlich fand ich eine Stelle (das Studium war berufsbegleitend) in einem Medizintechnik-Unternehmen. Sollten nun also alle diese Schnittstellen zum Gesundheitsbereich einfach links liegen gelassen werden?

Als ich ein Thema für meine Masterarbeit suchen musste, fand sich dann die Lösung. Teils durch eigene Überlegungen, teils durch den Input von Freunden stellte ich fest, dass der Bedarf nach Wissen und hier vor allem nach praktisch anwendbarem Wissen aus dem Bereich der Vermarktung der eigenen Leistungen sehr hoch war. Viele Gesundheitsdienstleister, welche gerade die Ausbildung abgeschlossen hatten und auch Studierende, welche kurz davor standen, standen nun vor der Frage, wie Sie denn:

· Ihre ersten Klienten gewinnen sollten?

· Ob Sie eine Homepage benötigen?

· Wie Sie speziell privat zu zahlende Leistungen anbieten können?

Diese und viele andere Aspekte führten mich zum dem Entschluss, meine Masterarbeit unter dieses Thema zu stellen. Was in dieser Studie alles behandelt wurde, wird in einem eigenen Kapitel dieses Buches besprochen, das wäre für ein Vorwort zu lang.

Wichtig ist hier vor allem, dass es eben diese Studie war, welche mich zu dem Entschluss gebracht hat die Plattform Health-Marketing.at zu gründen um das entstandene Wissen auch niederschwellig zugänglich zu machen. Denn natürlich wollte ich nicht nur Daten erheben, sondern auch schildern, wie dieses Wissen nun praktisch anwendbar ist. Die Seite entwickelte sich sehr gut und auch mein Wissen um das Thema Praxismarketing wurde immer größer. So entschied ich mich schlussendlich dazu, mein Wissen auch in einem ausführlichen Format in diesem Buch festzuhalten. Hier habe ich die Möglichkeit, viele Aspekte, welche ich auf meiner Homepage nur anschneiden kann, umfassend zu behandeln und Ihnen viele Tipps und Ratschläge zu geben, um Sie auf Ihrem Weg zu einer erfolgreichen eigenen Praxis zu begleiten.

Ich freue mich dieses Werk nun nach mehr als einem Jahr intensiver Arbeit abgeschlossen zu haben und Ihnen dieses Wissen präsentieren zu dürfen. Das E-Book Format und meine Homepage erlauben mir hier praktischerweise rasch mögliche neue Inhalte hinzuzufügen und Sie damit auf dem Laufenden zu halten.

Und nun genug der langen Worte und gleich zu den Inhalten!

Doch vorab noch: Wo sind die Bilder?

Ein Thema möchte ich gleich vorneweg ansprechen. Sie werden irgendwann bemerken, dass dieses Buch hier keine Bilder enthält. Wer mich näher kennt, dürfte das merkwürdig finden, war ich doch immer ein großer Verfechter von Bildern zur Veranschaulichung.

Warum habe ich sie also weg gelassen?

Nun, ich bin nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass Sie davon nicht wirklich etwas hätten. Einerseits werden die meisten dieses Buch entweder auf dem Tablet, einem E-Book Reader oder maximal als Taschenbuch lesen, was mich schon in der Größe limitiert. Und andererseits hätten Sie nicht viel praktisches von den Bildern, da das alleinige Sehen Ihnen ja nicht viel bringt.

Stattdessen habe ich mich entschieden solche Dinge auf meiner Webseite zu lassen, wo ich mit Artikeln und Videos, sowie direkten Vorführwebseiten viel mehr Information transportieren kann, als hier mit einem Bild. So haben Sie zwar hier keine Bilder, aber dafür schön übersichtlich im Netz viele visuelle Darstellungen. Ich hoffe Sie finden das ähnlich sinnvoll wie ich!

P.S.: Ebenfalls aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich nicht alle Studiendaten im Detail aufgeführt, Sie finden diese direkt in meiner Studie, welche Sie ebenfalls kostenlos erhalten.

1. Was ist Marketing?

Bevor man überhaupt anfängt über ein Thema zu sprechen, bietet es sich an, eine grundlegende Begriffsdefinition anzustreben. Dies gilt umso mehr, wenn es um einen Begriff wie „Marketing“ geht. In der Rangreihung der vertrauenswürdigsten Begriffe dürfte dieser ja bei vielen Personen irgendwo im Bereich von „Wunderheilung“ oder „Ich bin ein Prinz aus Nigeria und möchte Ihnen mein Geld anbieten“ liegen. Im Folgenden muss daher erst einmal dargelegt werden, dass Marketing diesen Ruf zu Unrecht hat.

Jede Disziplin hat ihr Standardwerk und beim Marketing ist das nicht anders. Hier handelt es sich um „den Kotler“ (so der umgangssprachliche Name für das Werk „Marketing-Management“ von Prof. Phillip Kotler und Kollegen).

In diesem Werk definieren die Autoren Marketing als das Aufbauen ertragreicher Austauschbeziehungen mit Kunden. Es dreht sich also alles um das Schaffen von Werten für Kunden, das Aufbauen von Beziehungen mit diesen Kunden und schlussendlich um einen Wert, den man abschließend schöpfen kann.

Es sind wohl unter anderem auch Begriffe wie dieses „schöpfen“, welche dem Marketing einen schlechten Ruf einbringen. Bei näherer Betrachtung ist es aber alleine das Wort, welches komisch klingt, nicht die Sache selbst. Denn „einen Wert abschöpfen“ bedeutet immerhin nichts anderes, als „Gewinn machen“. Und spätestens hier muss man einfach akzeptieren, dass es nicht möglich ist, ein Unternehmen zu führen, ohne Gewinn zu machen (oder zumindest wird es für die meisten Leser nicht erstrebenswert sein, so zu arbeiten). Das Erzielen von Gewinn ist eine der Kernkompetenzen eines jeden Unternehmens, sei dies Apple, eine Supermarktkette oder eben z.B.eine psychologische Praxis.

Ein neuer Blickwinkel

Mit diesem Gedanken im Hintergrund ist es Ihnen vielleicht möglich, einen positiveren Blick auf die Disziplin des Marketing zu werfen. Das Ziel von Marketing (so wie es in diesem Buch behandelt wird) ist es, eine Reihe von Vorleistungen und Entscheidungen zu treffen, welche in Ihrer Summe einen Mehrwert für Klienten und Klientinnen bieten.

Während in der öffentlichen Wahrnehmung Marketing oft mit „Betrug“ und „unethisch“ gleichgesetzt wird, so verhält es sich meiner Meinung nach ganz anders. Marketing und ethisches Handeln schließen sich auf gar keinen Fall aus, denn das Ziel von nachhaltigem und ethisch vertretbarem Marketing sollte immer eine Win-Win Situation für beide Seiten sein (siehe auch das Kapitel zum Thema Praxismarketing und Ethik).

Das Verankern des Marketinggedankens im Unternehmen hilft dabei, den Kundennutzen (der wichtigste Faktor im Marketing) nie aus den Augen zu verlieren. Und das kommt schlussendlich auch diesem zugute.

Was ist alles Marketing?

Wenn man spontane Assoziationen mit Marketing abfragen würde, würde wohl der Begriff „Werbung“ sehr häufig genannt werden. Im Volksmund wird der Begriff Marketing auch oft mit eben dieser gleichgesetzt und nur auf Maßnahmen wie TV-Spots bezogen. Eine solche TV-Werbung stellt allerdings nur einen kleinen (und für viele von Ihnen wahrscheinlich nicht allzu wichtigen) Teil des Marketing-Instrumentariums dar. Das volle Set an Werkzeugen, welche das Marketing bietet, ist ungleich größer.

 

Eine ganz einfache Unterscheidung von Marketing-Maßnahmen wird oft getroffen, indem man Online von Offline-Maßnahmen abgrenzt. Um dies zu tun, soll hier kurz auf Unterschiede und Besonderheiten der jeweiligen Methoden eingegangen werden. Anschließend ein kurzer (und nicht abschließender) Überblick über das breite Instrumentarium dieses Bereiches.

Online-Marketing

Mit diesem Begriff werden alle internetbezogenen Maßnahmen bezeichnet. Gerade dieser Bereich ist in den letzten Jahren unverzichtbar geworden. Online-Marketing ist eine praktische Sache. Viele Maßnahmen sind leicht umzusetzen und es ist ganz generell nicht davon auszugehen, dass das Internet in irgendeiner Form unwichtiger werden könnte.

Einige der größten Vorteile der Methode:

· Große Zahl an Personen kann erreicht werden

· Leichte Umsetzbarkeit vieler Maßnahmen

· Oft kostengünstig

Ein Nachteil ist natürlich die schier unendliche Menge an Informationen, welche im Internet aufzufinden ist. Dies macht es manchmal schwerer, herauszustechen.

Wichtige Maßnahmen aus diesem Bereich, welche wir in diesem Buch behandeln werden sind z.B:

· Eine Praxis-Webseite

· Suchmaschinenoptimierung - „SEO“: Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, welche die Platzierung in Suchmaschinen wie Google beeinflussen

· Ein Facebook-Auftritt

· Videos auf YouTube

· Und viele mehr

Offline-Marketing

Auch wenn das Online-Marketing durchaus seine Vorteile hat, sollte man auch auf die Old-School Variante, also das Offline-Marketing , nicht vergessen.

Ein wesentlicher Vorteil von Offline-Werbung besteht in der erweiterten physischen Wahrnehmbarkeit dieser Materialien. Sie sind z.B. fühlbar und sichtbar, woraus oft eine intensivere Auseinandersetzung resultiert, was dazu führt, dass diese Materialien eher gelesen werden. Auch werden mit gedruckten Produkten immer noch Seriosität und Glaubwürdigkeit verbunden.

Ein weiterer Aspekt, welcher für Offline-Materialien spricht, ist jener, dass es weiterhin ein große Menge (vor allem ältere Personen) gibt, welche nicht (oder nur unregelmäßig) im Internet unterwegs sind. Hier sind z.B. Flyer in Ihrem Vorraum eine gute Möglichkeit um über neue Methoden zu informieren.

Wichtige Offline-Werkzeuge sind beispielsweise:

· Die bekannte TV-Werbung

· Zeitungsanzeigen

· Flyer und Broschüren

· Briefe

· Eine Visitenkarte

· Und viele mehr

Bloße Maßnahmen?

Wenn man diese Einleitung liest, könnte man schnell den Eindruck erhalten, dass sich beim Marketing alles um Instrumente und Maßnahmen dreht, welche bloß „gemacht werden müssen“. Doch das wäre ähnlich inkorrekt, als wenn man die Chirurgie bloß auf das Skalpell beschränken würde. Wie Sie im Laufe dieses Buches feststellen werden, liegt ein wesentlicher (wenn nicht der wesentlichste) Fokus des Praxismarketings in der Strategie, also Überlegungen, welche vorab getroffen werden. Es ist diese Strategie, welche mit den passenden Instrumenten umgesetzt wird und mit der ein erfolgreiches Marketing steht und fällt. In diesem Buch informiere ich Sie über beide Seiten – Strategie und Werkzeuge.

Die meisten der Maßnahmen, die wir soeben angesprochen hatten, gehören zur Kategorie „Promotion“ des sogenannten Marketing-Mix, welcher insgesamt aus 7 Kategorien besteht und das Grundkonstrukt des strategischen Marketings darstellt. Der Marketing-Mix und die sogenannten 7Ps sind so fundamental, dass Sie in einem eigenen Kapitel besprochen werden.

Fazit

Wie wir sehen konnten handelt es sich beim Marketing (im Gegensatz zur weitläufigen Meinung) nicht um unseriöse Maßnahmen, welche Kunden auf unethische Art und Weise zum Kauf „überreden“ sollen.

Vielmehr handelt es sich um eine kunden- und marktorientierte Einstellung, welche sich in einem verbesserten Nutzen für den Kunden äußert und damit (fast automatisch) die Position des Anbieters in einem Markt mit steigendem Wettbewerb stärkt.

Wie stellt sich Marketing im Gesundheitswesen dar? Können altbewährte Konzepte einfach kopiert werden? Welche Rolle kann Marketing im Gesundheitswesen spielen? Und (trotz unseres Wissens, dass es sich um seriöse Maßnahmen handelt): Welche Rolle darf es spielen?

Diese Fragen werden im nächsten Kapitel: Marketing im Gesundheitswesen behandelt.

2. Marketing im Gesundheitswesen

Nachdem nun geklärt wäre, was Marketing an sich eigentlich ist, werden wir nun einen spezifischeren Blick auf das Marketing konkret im Gesundheitswesen werfen. Schließlich hat die Disziplin ja je nach Branche verschiedenste Besonderheiten und Ausprägungen. Und wie man das in einem so stark reglementierten und mit (gerechtfertigtem) Vorvertrauen ausgestatteten Markt wie dem Gesundheitswesen erwarten könnte, sind die Besonderheiten hier durchaus spürbar.

Healthcare-Marketing

Ganz allgemein wird die Verknüpfung zwischen den Feldern "Marketing" und "Gesundheitswesen" durch den Begriff des Healthcare-Marketing umschrieben. Waren in den Vereinigten Staaten Gedanken an eine solche Disziplin schon um die 70er Jahre präsent, fand diese Disziplin im deutschsprachigen Raum erst vor Kurzem stärkere Beachtung.

In unseren Gefilden (dem deutschsprachigen Raum) lastet dem Healthcare-Marketing auch heute noch ein durchaus zweifelhafter Ruf an. Niemand hat das meiner Meinung nach schöner und vernichtender ausgedrückt als Prof. Dr. Sven Reinecke, Direktor am Institut für Marketing an der Universität St. Gallen:„In kaum einer Branche sind die Vorbehalte gegenüber Marketing so groß, wie im Gesundheitswesen. Welcher Mediziner, welches Spital und welche Gesundheitsorganisation gibt schon gerne zu, dass man Marketing „notwendig“ hat? Marketing wird noch stärker als in vielen anderen Branchen mit unnützer Werbung, mit Verführung oder gar mit Betrug gleichgesetzt, auf jeden Fall aber mit Verschwendung.“

Nicht unbedingt die beste Ausgangsbasis...

Welche Rolle ein Marketing- oder Dienstleistungsgedanke aktuell im Gesundheitswesen spielt, lässt sich auch schön an der Sprache festmachen. Klienten werden kaum als "Kundschaft", sondern eher als Krankheitsfall wahrgenommen. Wie in einem Strafvollzug werden sie „aufgenommen“, „verlegt“ oder „entlassen“. Fragen werden wohl von manchen gar als lästiger Störfaktor betrachtet.

Bei ambulanten Pflegediensten setzt sich hingegen seit Jahren schon der Begriff „Kunde“, anstelle von „Klient“, durch. Ob dieser Begriff notwendig ist, sei dahingestellt, aber damit in Verbindung steht auf jeden Fall ein Anspruch, medizinische Leistungen als Dienstleistungen anzusehen und unter marktwirtschaftlichen Bedingungen anzubieten. Ist dieser Schritt notwendig? Bereits angesprochener Dr. Reinecke hat auch hierzu ein schönes Zitat:

„Die Bekämpfung der wichtigsten, für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen hauptverantwortlichen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden wird nur dann erfolgreich sein können, wenn der Klient wesentlich besser informiert und in Vorbeugung und Therapie einbezogen wird, als dies heute der Fall ist (Stichwort: Compliance). Healthcare braucht somit zweifelsohne mehr Marketing – aber bitte professionell und verantwortungsbewusst – und nicht marktschreierisch und ethisch-unreflektiert.“

Das Healthcare-Marketing hat also auch alleine schon durch die Nähe zum Health-Marketing (der Vermarktung von Gesundheit an sich) und die Schnittstelle zum Public-Health Gedanken, seine Berechtigung.

Doch in einigen Kapiteln werden wir sehen, dass die Notwendigkeit dieser Disziplin auch aus ganz realen und klar formulierten Bedürfnissen von Klienten ableitbar ist. Bevor wir allerdings so weit vorgreifen, gehen wir noch auf die ganz spezifischen Besonderheiten ein, welche den Gesundheitsmarkt von anderen Märkten unterscheiden.

Besondere Aspekte im Healthcare-Marketing

Eingangs habe ich ja sofort erwähnt, dass für das Marketing im Gesundheitswesen einige Besonderheiten gelten. Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit ebendiesen Besonderheiten und speziellen Herausforderungen, welchen man hier gegenübersteht. Einige Punkte lassen sich hier sehr schnell erklären – andere benötigen eine etwas längere Ausführung.

Geld verdienen

Wenn ein Vorsitzender eines großen Automobil-Herstellers Ihnen sagt, dass er dieses Jahr gerne den Umsatz erhöhen würde, nehmen Sie (und alle anderen) das wohl einfach zur Kenntnis und denken nicht weiter darüber nach. Wenn Ihnen das aber ein Logopäde sagt, finden das viele seltsam.

Dieses Beispiel soll nur dazu dienen, um zu veranschaulichen, wie unterschiedlich der Bezug zum Thema Geld verdienen in verschiedenen Branchen ist. Ein Großteil der Bevölkerung scheint fast der Meinung zu sein, dass es unsittlich sei, im Gesundheitswesen Geld zu verdienen.

Dass Praxen Unternehmen sind, welche auch Kosten haben, Umsätze generieren und Gewinne machen müssen, wird oft übersehen.Viele Gründe, wie zum Beispiel stetig steigende Kosten, haben es für Anbieter aber fast notwendig gemacht, sich verstärkt um wirtschaftliche Aspekte, wie eine aktive Absatzförderung, zu kümmern.

Erhebliche Informationsasymmetrie

Während es zwar auch in anderen Branchen üblich ist, dass der Anbieter ein größeres Fachwissen als der Kunde besitzt, dürfte dies im Gesundheitswesen noch viel ausgeprägter sein. Dies liegt daran, dass die Informationen sehr komplex sind und zwar so sehr, dass sich sogar die Anbieter selbst oft Unterstützung Ihrer Kollegen holen müssen. Ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor ist die massive Geschwindigkeit mit der die Forschung Standards in Frage stellt oder verändert.

Folgen

Auch die Folgen von "Fehlkäufen" oder Fehlentscheidungen unterscheiden sich deutlich von anderen Branchen. Wenn Sie eine Spielekonsole kaufen, die Ihnen nicht gefällt, oder die fehlerhaft ist ist das natürlich unangenehmen.

Bei Fehlentscheidungen im Gesundheitsbereich kann die Konsequenz aber im schlimmsten Fall Tod oder Behinderung sein. Ein klassisches Lernen durch Erfahrung wie in anderen Branchen („von diesem Hersteller kaufe ich keine Konsole mehr“) ist hier vielleicht also überhaupt nicht möglich, da man gar keine zweite Chance erhält.

Dauer der Beziehung

In vielen Branchen herrschen kurzlebige Kundenbeziehungen vor. Man kauft etwas und dann sieht man sich nie wieder. Kundenbeziehungen im Gesundheitswesen sind aber eher von langfristiger Dauer. Viele Klienten wechseln zum Beispiel den Hausarzt erst dann, wenn dieser in Pension geht (und selbst dann wählen Sie nachher jenen, der Ihnen von diesem empfohlen wurde). Dadurch ist es auch schwieriger, das Initialvertrauen erst einmal zu erlangen.

Homogenität der Präferenzen

Was mit diesem sperrigen Begriff gemeint ist, ist eigentlich recht schnell erklärt. In den meisten Branchen hat man mit einer Vielzahl an Kunden auch eine Vielzahl von verschiedenen Anforderungen. Manche wünschen z.B. ein blaues Auto, manche einen V8-Motor, einige möchten gerne Offroad fahren und wieder andere möchten möglichst wenig Benzin verbrauchen.Wenn jemand allerdings krank ist, hat er außer "wieder gesund werden" eigentlich kaum eine andere Präferenz.

Eingeschränkte Unabhängigkeit

Bleiben wir beim Beispiel des Autos um die Einschränkung der Klienten im Gesundheitswesen zu beschreiben. Beim Autokauf können Sie auch sagen „Aus. Mir reichts!“ und gar kein Auto erwerben. Bei einer Gesundheitsdienstleistung ist dies kaum möglich, da die Klienten meist auf die Behandlung angewiesen sind (oder sonst mit mehr oder weniger schweren Konsequenzen zu rechnen hätten).

Rechtliche Einschränkungen

Mit diesem Punkt wird sich ein ganzes Kapitel beschäftigen. Neben den üblichen Einschränkungen, welche sich z.B. aus dem Wettbewerbsrecht ergeben, sind Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen in Österreich und Deutschland auch durch konkrete Werbebeschränkungen eingeschränkt. Ein Versuch der Deutung und Bewertung dieser Einschränkungen findet sich im entsprechenden Kapitel.

Der öffentliche Auftrag

Dies ist eine Besonderheit, an welche (trotz ihrer immensen Wichtigkeit) selten gedacht wird. Im Gegensatz zu anderen Branchen wird an das Gesundheitswesen auch von Seiten der Gesellschaft und des Staates ein öffentlicher Auftrag abgegeben, welcher erfüllt werden muss. Eine reine Orientierung an Gewinnprinzipien lässt sich damit kaum durchsetzen (dieses Ziel hat mir aber zugegeben auch noch nie ein Anbieter von Gesundheitsleistungen genannt).

 

„Darüber möchte ich nicht reden“

Schließlich und endlich beschäftigen wir uns auch (vor allem im kurativen Bereich) mit Leistungen, die eigentlich keiner in Anspruch nehmen möchte. Das Produkt „Gesundheit“ ist natürlich allen wichtig, doch am allerliebsten wäre es den meisten, wenn sie sich mit diesem Thema gar nicht erst beschäftigen müssten und alles „rund läuft“. Wenn ich die kurative Leistung in Anspruch nehmen muss, ist also eventuell meine generelle Grundstimmung schon einmal negativ.

Fazit

Zusammenfassend haben wir also gesehen, dass wir Marketing-Strategien und Werkzeuge also nicht einfach in das Gesundheitswesen kopieren können. Trotzdem wäre es weit gefehlt zu behaupten, dass aufgrund dieser Besonderheiten das Marketing im Gesundheitswesen keinen Platz hat. Es handelt sich zwar vielleicht nur um eine flankierende Rolle, doch auch die Flanken sollten geschützt sein.

Alle in diesem Kapitel genannten Punkte zeigen uns, dass wir die klassischen Aspekte auf ihre Eignung für das Gesundheitswesen prüfen und Adaptionen genau betrachten müssen. Um das zu tun, werden wir im nächsten Kapitel den sogenannten Marketing-Mix genauer betrachten.