Kinderseelen

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Kinderseelen
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Prolog

Anno 196o

Eine blonde Frau ende zwanzig schlug am Morgen des ersten Mai 1960 das Kalenderblatt des an der linken Küchenwand hängenden Wandkalenders neben der Eicheneckbank um. Ihr Mann war unterwegs mit seinem kleinen Lieferwagen um das Altpapier bei den Leuten in den umliegenden Orten ab zu holen. Da öffnete ein kleines vierjähriges Mädchen die Küchentüre, welche nur angelehnt war, steckte neugierig das kleine Köpfchen um die Ecke und lächelte ihre Mutter an mit den Worten „Mama backen wir heute Pfannkuchen?“ Dabei strahlten ihre blauen Augen wie funkelnde Aquamarine aus ihrem zarten puppengleichen Gesichtchen. „Darf ich im Teig rühren?“ „Aber natürlich mein Schatz“, erwiderte die Mutter und hob die Kleine auf die Eckbank.

Sie nahm die Rührschüssel aus dem Schrank und gab die Zutaten auf den Tisch. Gemeinsam voller Freude entstanden später einige Pfannkuchen und die Mutter entnahm sie der Pfanne und legte sie behutsam auf den Teller. Die Kleine ging mit dem Löffel ins Erdbeermeladenglas und legte anschließend einen Berg voll Marmelade auf ihren Pfannkuchen. Hm ist das lecker, lecker Mama. Ihr Gesicht, Hände und das hellblaue Kleidchen waren irgendwann voll mit Marmelade bekleckert. So nun aber schnell ins Bad. Gleich bringe ich dich zu deiner Tante zum übernachten, sie ist wieder in der Nacht alleine, der Onkel fährt mit dem riesengroßen grünen LKW einer Mineralbrunnenfirma als Auslieferungsfahrer mit.

Es war schon seid einiger Zeit so, das ihre Schwester nachts nicht gerne alleine ist und sich freut wenn ihre Nichte bei ihr schläft. Sie ist ein freundliches lebensfrohes lustiges immer lächelndes Kind und ihre Tante hat viel Freude mit ihr. So geht es über lange Zeit. Am Morgen, wenn ihr Onkel zurück kommt frühstückt er mit der Kleinen, während die Tante Ihre Putzstelle im Ort besuchte. Dann fuhr der Onkel die Kleine zu ihrer Mutter ins benachbarte Dorf zurück. Doch die Kleine weigerte sich immer mehr ihre Tante zu besuchen. Sie möchte nicht mehr zu ihr, obwohl sie dort liebevoll von ihrer Tante umsorgt und verwöhnt wurde. Die Tante und ihre Schwester konnten das Verhalten des Kindes nicht verstehen. Sie begründeten es schließlich damit dass die Kleine fremdelt und deshalb lieber bei ihren Eltern blieb. Wenn nur der Name der beiden fiel schrie die Kleine, lief fort und versteckte sich. Die Mutter dachte es geht wider vorüber, es ist nur eine Phase, welche Kinder manchmal befällt, man spricht vom Trotzalter.

So gestaltete sich das Leben der Eltern gemeinsam mit ihrem Kind ohne es zur Tante und Onkel zu bringen.Selbst gemeinsame Besuche gestalteten sich schwierig, fast unmöglich.

Dieses Buch ist ein Landkrimi. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig.

KINDERSEELEN
Land-Krimi

… Wir schreiben mittlerweile das Jahr 2011

Am Morgen des elften Septembers um elf Uhr elf erwachte Sihra aus einem fürchterlichen Traum. Ihr ganzer Körper war von kalten Schweißperlen übersät, dass Zimmer roch modrig und feucht, es herrschte Totenstille, der Schrecken stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ihre Gedanken waren noch zwischen Realität und Traum. Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen zwei Welten.

Sihra setzte sich aufrecht auf ihr Bett und lies ihren Traum Revue passieren:

Sie befand sich in einer kalten halbdunklen Kirche voller Menschen, alle waren dicht aneinander gedrängt. Jeder einzelne trug einen tiefschwarzen Mantel mit hochgezogenem Stehkragen. Dadurch waren Mund und Nase verdeckt, die Männer hatten schwarze Hüte tief ins Gesicht gezogen Sie wirkten so wie große schwarze bedrohliche Schatten ohne Gesichter. Alle Frauen hatten schulterlanges hellblondes lockiges Haar. Sie waren wesentlich kleiner als die Männer und schauten alle zu Boden niemand redete ein Wort, es herrschte Totenstille. Im orange gelben Kerzenlicht standen sie da, als seien sie alle gesichtslos .Sihra hatte furchtbare Angst. Ihr Hals schnürte sich zu, sie bekam keine Luft mehr und drohte zu ersticken. Dann rannte sie nach draußen. Sie rannte und rannte, auf einer pinkfarbenen Blumenwiese angekommen atmete sie taufrische Morgen Luft. Sie schaute zu Boden, sah statt pinkfarbener Veilchen Grashalme. mit messerscharfen Klingen. Sie schaute zu den Bergen hoch in einen hellblauen Himmel, wo trillernde Vögel durch die Lüfte flogen. Ein Vogel landete gerade vor ihren Füßen. Sie schaute ihn an und bemerkte, er hatte einen Schnabel wie eine Spritze mit einer Flüssigkeit gefüllt. Da ergriff sie plötzlich eine riesengroße Männerhand von hinten - Sihra schrie -aber ihr Schrei war nicht zu hören. Sie schaute in ein Gesicht, es war keins vorhanden nur ein Spiegel. Ihr Gesicht spiegelte sich in dem seinen und schon im nächsten Moment stürzten beide in einen tiefen nicht endenden Abgrund. Dann plötzlich wachte sie auf. Sie wusste im ersten Moment nicht wo sie war, das Zimmer war verschwommen, gerade wie im Nebel.

Sihra ordnete ihre Gedanken rollte sich seitlich aus ihrem Bett und setzte sich auf die Bettkante. Ihr pinkfarbener Pyjama hob sich von der pinkfarbenen Bettwäsche in keinster Weise ab das ganze war eine Einheit. Sihra war eine einhundert und vierzig Kilo Frau, hatte promoviert und arbeitete früher auf höchster Ebene im Nuklearbereich. Sie war ein psychisches Schönheitsideal der Renaissance. Mit ihren riesigen Brüsten verkörperte sie die Wollust in Person. Stets trug sie wallende Kleider und nichts darunter Ihre riesigen Brüste lagen wie Glocken auf ihrem Schoß. lockiges hellblondes Haar legte sich schmeichelt um ihr wunderschönes göttinnengleiches Gesicht. Ihr Charakter war berechnend und schwer kalkulierbar. Es war gefährlich sie anzuschauen, noch gefährlicher sie zu berühren, wenn man von größerem Übel bewahrt bleiben wollte. Sie schwebte auf höchster Ebene in weltfremden Galaxien, war Vorsitzende der Vereinigung Kleeblattreiterinnen, die sich alle vierzehn Tage in einem Gewölbekeller unter dem Rathaus trafen. Sihra verkörperte eine Ouelle ewiger Jugend. Sie lies sich göttinnengleich täglich von ihrem Chauffeur nach Bonn oder Köln in eines der von ihr so heißgeliebten Cafes fahren, denn sie hatte eine Vorliebe für Sahnetorten. Ihr Sternzeichen war das des Skorpions, deshalb war sie auch eine Einzelgängerin und nachtaktiv. Zwischen Dorf und Industriegebiet nannte sie ein Loft ihr Eigen. Die Einrichtung war Hightech, die meisten Gegenstände waren aus Edelstahl pink eingefärbtem Leder und Glas die Wände Pink. Es fehlte die Gemütlichkeit und die Wärme. Auf einer Erhöhung im Wohnzimmer richtete sie sich eine kuschelige Relaxzone ein, durch deren große Fensterfront viel Licht einfiel. Keine Bilder an den Wänden keine Blume schmückte den Raum denn noch schien alles von einer edlen Eleganz großzügig und einem sinnlichen Ambiente. Eine blaue Keramikschüssel mit echten Goldapplikationen, welche auf dem Tisch einen Dauerplatz besaß brachte sie aus ihrem letzten Urlaub aus Dubai mit. Sihra liebte die arabischen Emirate nicht nur wegen ihrem Prunk und ihrer verzaubernden Eleganz, gerade wie Tausend und eine Nacht, nein sie träumte davon immer noch einen Scheich kennen zu lernen und das Land zu verlassen, vielleicht auch mit ihrem Freund aus Köln,aber da war sie sich noch nicht sicher.

Der kleine Ort im Brohltal von ursprünglich nur fünfzehn älteren Häusern, liegt zwischen der Bundesstraße und grenzt an die Autobahn. Eine Kneipe steht mitten im Ort, eine alte gotische Kirche und das marode leerstehende Rathaus. Hecken und Bäume säumen die schmalen Sträßchen, die sich durch die hügelige Landschaft schlängeln. Wie überall auf der Welt verändern auch hier die Wolken ständig ihr Aussehen, entstehen neu und lösen sich auf. Zahlreiche Natursteinmauern machen Menschen und Tiere glücklich. Sie schützen vor Wind und trieben manch einem beim Bau Rückenschmerzen ins Kreuz Die stattlichen Hofanlagen der Gewerbebetriebe, die üppigen Gärten der alten Bauernhäuser machen das Brohltal aus. Ab und zu knattern Trecker vorbei, dann riesige Lkw und selten ein Oldtimer viele Autos der Mittelklasse ein oder zwei Nobelkarossen. Die Autobahnbrücke liegt in unmittelbarer Nähe des Rathauses, wo in den letzten Jahren zahlreiche neue Häuser sich auf großen Grundstücken bis hin zum Industriegebiet platziert haben. Hier im Industriegebiet findet man wie im Hochsicherheitstrakt das Forschungszentrum, geleitet von Professor Doktor Habermann. Das gesamte Gelände wird von Hunden und einem Pförtner am Eingang streng kontrolliert. Ebenso die sich in nächster Nähe befindliche Schraubenfabrik des Ehepaar Klaudt, sowie der Metallverarbeitungsbetrieb Hinkelstein. Dieser Betrieb geriet in der Vergangenheit häufig in die Negativ Schlagzeilen. Sie entsorgten Ihre Säuretanks auf illegalem Wege .Arbeitsunfälle und andere Vorfälle erreichen die Öffentlichkeit nur selten. Aber in letzter Zeit war alles ruhig um sie, die Angestellten erhielten übertarifliche Löhne und waren sehr zufrieden. .Das im Anschluss daran liegende Autohaus Büttner verkauft in erster Linie Wagen der gehobenen Klasse und Ausstattung, sowie Luxuskarossen. für den normalen Bürger unbezahlbar. Daran im Anschluss die Käsefirma Lauer mit Vertrieb in ganz Deutschland, hier verlassen täglich tausende Käse in gekühlten Lastkraftwagen das Gelände und reisen durch ganz Europa.

Mittendrin prangt nicht gerade herrschaftlich eher Plattenbau ähnlich das Polizeipräsidium, der Zweigstelle Koblenz, wo Kommissar Peter Steinmeier seid kurzer Zeit seinen neuen Arbeitsplatz hat. Es gefällt dem Kommissar, denn er hatte hier die Wände seines Büros in einem hellen gelb, das traf genau seinen Geschmack. Er hatte es kürzlich in Holland bei seinem Kollegen Jan Nouven bei vergangenen Ermittlungen gesehen und für harmonisch empfunden, in so einer doch eher freundlichen Umgebung zu arbeiten, da sein Beruf eher nicht von freudigen Ereignissen geprägt ist. In dieser hellen Umgebung lies es sich doch gut Arbeiten, befand er, besser als in den tristen sowie trostlosen Wänden in der Koblenzer Altstadt. Weiter platziert sich auf dem riesigen Gelände des Industriegebietes ein Wurstfabrikant, der gleich im Anschluss an seine Fabrik eine gelbe Villa mit Säulen besitzt wo er mit seiner Lebensgefährtin gastiert Daneben stehen einige Musterhäuser einer Holzbaufirma. Diese hatte schon mehrmalig einen Konkurs von sich erfolgreich abgewendet.

 

Ganz als Letzter entdeckt man einen Junggesellen mit dem Namen Hannes, er führt eine Reparaturwerkstatt. In dem kleinen Ort sagte man wohnen nur sonderbare Menschen sie tanzten aus dem dörflichen Klischee völlig heraus. Ein jeder möchte mehr sein als der Andere, es spiegelte sich in Haus, Garten und Autos wieder So auch das die meisten der Bewohner jegliche Kontakte zu ihren Nachbarn meiden.

Kommissar Steinmeier fuhr am Morgen des ersten Oktober mit seinem Wagen älteren Baujahrs einem Landrover Devender auf dem Parkplatz seines Büros vor .Er betrat sein Büro entledigte sich seiner Jacke, setzte sich sogleich erwartungsvoll an seinen Schreibtisch. Da kam auch schon Klara seine Sekretärin und brachte ihm eine Tasse schwarzen Kaffee wie jeden Morgen. Klara ist eine ledige Dame Mitte fünfzig, hat ihr braunes Haar hochgesteckt, trägt immer Kostüm mit einer Bluse hochgeschlossen und die farblich dazu abgestimmte Brille.

„Gibt es etwas was ich wissen sollte“, stellte der Kommissar seine obligatorische Frage mit einem eher schüchternen Lächeln auf seinem Gesicht.

„Nein, außer einiger versuchter Einbrüche und kleinen Eskapaden nichts Herr Kommissar.“

„Dann bin ich ja beruhigt. Wahrscheinlich trauen sie sich die dubiosen Schattengestalten nicht wenn die Alarmanlagen einsetzen, oder es ist ihnen zu nahe am Polizeirevier. Dann können wir den Tag also entspannt angehen“, so der Kommissar. Dabei streifte er sich mit der linken Hand über seinen Vollbart und schaute durch das kleine Fenster hinaus auf die von Neuschnee bedeckte Straße, als gerade der weiße Daimler von Sihra langsam vorbei fuhr. Wie eine Göttin lag sie auf den pinkfarbenen Ledersitzen. Ach heute ist wieder Freitag, da trifft sie sich mit ihren Gleichgesinnten im Gewölbekeller zum Handarbeiten Beten und Meditieren dachte der Kommissar, seine Sekretärin hatte es ihm vor einiger Zeit zugetragen. Es versammeln sich einige Frauen aus dem Umkreis dort um unter Gleichgesinnten zu sein. Sie verehren ein Bildnis und finden Halt und Zuflucht bei den Kleeblattreiterinnen. Es wird gemunkelt sie gehören einer Sekte an aber genaues weiß niemand. Aber auf dem Land ist alles Neue schwer nach zu vollziehen und wenn man es nicht ins langjährige Verhaltensmuster katalogisieren konnte war es eben eine Sekte. Sie sind religiös und zurückhaltend gerade zu unauffällig, bis auf Sihra, sie ist die Ausnahme, denn sie ist sehr reich und lebt ihren Reichtum aus. Aber sie gilt als große Wohltäterin im Umkreis von Bonn bis Köln.

Ebenso ein Mitglied des Vereins, die Künstlerin und Ex-Unternehmerin Charlotte B. Sie bewohnte einen Bungalow am Ortsausgang. Das Haus hat große Fenster zum Garten und einen freien unbebauten Blick ins Grüne. Das Schicksal hatte sie eingeholt. Sie kaufte vor acht Jahren ein Forsthaus mit parkähnlichem großem Grundstück über einen ortsansässigen Makler. Während den Umbauarbeiten brannte es ab. Der Makler war spurlos verschwunden sein Büro war geschlossen. Charlotte B. hatte von diesem Moment an alles verloren .Ein Wideraufbau war nicht möglich, weil keine Baugenehmigung existierte. Eine Nachträgliche wurde ihr seitens der Gemeinde abgelehnt. Zu alledem erkrankte sie an Krebs und ging in den darauf folgenden Jahren durch die Hölle. Ihre Tiere im Garten Enten, Hühner, der Rabe Asael waren von nun an ihre treuen Begleiter, denn ihr Hund hatte sie im August letzten Jahres im Alter von achtzehn Jahren verlassen. Ihre beiden Kinder waren ihr ganzer Stolz und ihr Lebenselixier. Sie wohnten in der näheren Umgebung. Ihr Geld wurde zusehends weniger und ein Wideraufbau des Hauses rückte immer weiter in die Ferne. Bis eines Tages sie die traurige Nachricht erreichte, das Geld vom Haus kann der Verkäufer nach acht Jahren der Hoffnung und zahlreichen Gerichtsverhandlungen nicht mehr zurückzahlen und sie steht nun vor dem aus. So wird auch sie Mitglied bei den Kleeblattreiterinnen, die gemeinsamen Treffen taten ihr einfach gut und lenkten sie von den Proplemen ab.

Anno 1062 bis 2011

Aus dem kleinen Mädchen von damals war mittlerweile eine hübsche Frau Mitte fünfzig geworden, sie hatte geheiratet und fünf Kinder. Sie war finanziell abgesichert durch ihren Mann und zu finden auf sämtlichen Events in der Umgebung und darüber hinaus. Sie zeigte sich gerne in der Öffentlichkeit. Heimlich fand man sie alleine betend in der Kirche. Ihre innere Landschaft war gerade wie die Fassade der alten gotischen Kirche sie war durchzogen von großen Rissen. Auch heute war ein Tag, an dem sie heimlich zur Kirche ging. Die dunkle schwere Türe aus massivem Holz war angelehnt. Das Kircheninnere lag im Halbdunkel. Die Frau stand still um ihre Augen von draußen aus dem hellen kommend nun drinnen an das schwache Licht zu gewöhnen. Sie machte das Kreuzzeichen, kniete nieder und bekreuzigte sich noch einmal. Am Altar wischte eine alte Dame mit Kopftuch Staub und wechselte die vertrockneten Blumen in blühende frische aus. Die Frau ging zu der alten Dame mit Kopftuch hin sagte ihr sie finde keine Ruhe, bis er tot ist. Die Dame mit Kopftuch meint nur: „Du musst verzeihen lernen, man muss verzeihen können im Leben Ich bezahle dich dafür, dass du dich nicht mehr erinnerst.“ Die Frau war über diese Worte erschüttert und antwortet leise: „Ich will kein Geld, ich will Gerechtigkeit!“ Daraufhin begann die Frau bitterlich an zu weinen. Sie bat Gott im Gebet um Hilfe, das sie alles vergessen konnte und sich nicht ständig mit dem Gedanken quälte. Sie fühlte wie etwas in ihr schwarz und dunkel wurde. Sogleich blickten die Augen der Dame mit dem Kopftuch sie angsterfüllt an.

Verängstigt verließ dann die Dame die Kirche als hätte sie ein schlechtes Gewissen und ging schnellen Schrittes davon. Auf dem Bürgersteig stolperte sie kurz, fiel auf die Knie und blieb, die Angst im Gesicht in der knienden Position für einen Moment. Sie fürchtete sich vor der Wahrheit und diese ertragen zu müssen. Für sie war es einfacher sich zu arrangieren und mit einer Lüge im Ungewissen zu leben als der Wahrheit ins Gesicht zu schauen und mit den Konsequenzen zu leben, davor hatte sie panische Angst. Langsam erhob sie sich und ging zurück in ihr zu hause, ob es wirklich ein zu hause war, eher ein Zufluchtsort. Ein dunkles finsteres Geheimnis lastete auf ihr und sie lebte ständig in einer Angst und einem Zwiespalt.

Das älteste kleinste Haus am Ortsaugang am Waldrand bewohnte der Langzeitarbeitslose Hein. Er war tätowiert am ganzen Körper, am Hals hatte sich eine Tarantel dreist platziert. Heute Abend wird er wieder gutes Geld verdienen. Er lieferte an die Russen und sie sind ihm dankbar für wichtige Informationen und zahlen einen guten Preis. Er brauchte das Geld dringend, denn er zahlte seid Monaten keine Miete mehr für das alte heruntergekommene Haus. Doch der Unterhalt seines alten ockerfarbenen Opel Manta kostete ihn viel. Der Manta schnurrte so leise, das nur bei hohen Touren ein tiefes Brummen zu hören war. Er hatte ihn vor dreißig Jahren einer Friseuse abgekauft. Der Fuchsschwanz baumelte heute noch am Spiegel. Im Überrollkäfig war ein Versteck eingebaut, das früher zum Drogenschmuggel diente und heute einen anderen Zweck erfüllte. Bei Hein fanden sich immer dubiose Gestalten ein, aber keiner wusste etwas Genaues was sie alle so im Dunkel der Nacht trieben. Er traf sich heute mit einem Russen, der fast den ganzen Kreml auf seine Rippen tätowiert hatte. Er überreichte ihm eine Menge Papiere und mehrere USB-Sticks in einer Plastiktüte. Der Russe gab ihm einen Briefumschlag mit Geldscheinen, er zählte nicht nach, sondern brachte den Umschlag, nachdem der Russe eine Stunde weg war in sein Versteck, entnahm zuvor einige Scheine und steckte sie in seine Hosentasche. Für die nächsten Jahre hatte er ausgesorgt und das war auch gut so. Er hatte seine eigene Lebensphilosophie und lag keinem auf der Tasche. Er konnte sich zu gut an die Zeit auf dem Arbeitsamt zurück erinnern, grausam, das wollte er nie mehr. Er hatte gesehen wie Steuergelder sinnlos verschleudert wurden, saß zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten, welche der deutschen Sprache nicht mächtig waren und verbrachte die Zeit auf der Agentur ohne kommunikative Verständigung, unter einer anderen Gesellschaftsschicht, welche ihm zuvor nicht bekannt war, er arbeitete vorher bei Professor Habermann im Forschungszentrum, er war studierter Chemiker. In der Maßnahme sah er wie Menschen sich Computerspielen hingaben und stundenlang bunte Bälle über den Bildschirm schossen, dafür hatte er nicht studiert, also beschloss er sich zurück zu ziehen, damit er von diesem elenden Anblick verschont blieb. Es war eine Diskriminierung der Würde des Menschen Einige Teilnehmer gingen Schwarzarbeiten hatten den Sommer über sechstausend Euro nebenbei verdient sich komplett die Wohnung neu eingerichtet und die Agentur wusste von nichts und zahlte brav weiter. Das entsprach nicht seinem ehrlichen Lebensbild, es war für ihn eher beschämend. So wurde er nach außen zum -Fryc blieb aber in seinem Innern ein halbwegs anständiger Mensch. Er lag niemand auf der Tasche, sorgte für sich alleine. sein Leben verlief anders als bei den meisten Menschen, aber er war zufrieden und fühlte sich wohl. Ein Außenseiter der Gesellschaft, immer hilfsbereit und nett. Statt sich den Hintern in einer Schulung platt zu sitzen und mit Bällen über den Bildschirm zu schießen betätigte er sich lieber körperlich in freier Natur und machte Kaminholz, fütterte seine Hühner, Enten, Gänse und pflanzte Gemüse. Er war schon seid langer Zeit Selbstversorger.

Eisige Kälte und Frost beherrschten das Brohltal, der Himmel voller Schnee und verdunkelt, kein Sonnenstrahl alles wie in einer ewigen Finsternis. Sturm peitschte am Abend pfeifend um die Häuserecken, Reklameschilder schlugen gegen Hauswände und Hunde heulten durch die eiskalte Nacht. Jeder hier im Brohltal war froh in der warmen Stube zu sitzen, außer die Schichtarbeiter, welche täglich in riesigen Aluminiumhallen ihre Arbeit am Band verrichteten. Und die LKW Fahrer die ihre Wagen mit dem Gabelstapler beluden und auch bei diesem Wetter den Weg im Sturm und Schneegestöber zur Autobahn erzwangen um zu ihrem Zielort zu gelangen. Im Polizeipräsidium brannte Licht und die Beamten verrichteten ihren Dienst. Ab und zu gestört von schlagenden Gegenständen und Windböen die wie Peitschenhiebe durch die dunkle Nacht schlugen. Ein Hund jaulte irgendwo, in der Nachbarschaft. Einer der seine nächtliche Aufgabe zum Wachtdienst antreten musste, man könnte sagen um Hab und Gut zu verteidigen, aber man konnte auch hier geteilter Meinung sein wie bei vielen anderen Dingen.

Erst gegen Morgen wurde es draußen ruhiger und der Sturm lies nach. Die Beamten der Zweigstelle Koblenz beendeten ihre Schicht in Ruhe ohne besondere Vorkommnisse.

Kommissar Peter Steinmeier verlies seine Penthauswohnung in Koblenz auf der Karthause, er war beim verlassen der Wohnung überrascht wie kühl und feucht die Luft draußen war, ein eisiger böiger Wind fegte aus Norden über die schneebedeckte Straße. Er ging unter das Carport, nahm die Abdeckplane von seinem Landrover Devender und stieg ein. Fuhr dann die Karthause langsam hinunter, vorbei an einer Frau mit blauem Mantel, Handschuhe und Mütze, sie führte ihren Dalmatiner Gassi. Seine Fahrt führte ihn über die Europabrücke zur B9.Hier hatten die Streudienste schon am frühen morgen der eisigen Straße getrotzt und den Autos eine freie Fahrt ermöglicht. So ging der Kommissar nun seiner gewohnten Tempolimitüberschreitung nach. In einer halben Stunde hatte er seinen Zielort die Zweigstelle des Polizeipräsidium Koblenz im Brohltal erreicht.

Kommissar Peter Steinmeier begann trotz schlechter Witterungsverhältnisse fast pünktlich seinen Dienst. Die Sekretärin Klara war immer eine viertel Stunde vor Dienstbeginn anwesend, die Macht der Gewohnheit.

Während Steinmeier seinen Computer hochfuhr kam Klara mit einem frisch aufgebrühten Kaffee, auch die macht der Gewohnheit die sie seid einigen Jahren ihres Arbeitslebens begleitete und sich für sie zu einem Ritual entwickelt hatte das nicht mehr weg zu denken war. Die Liebe zu einer guten Tasse Kaffee vor Arbeitsbeginn zählte zu den Gemeinsamkeiten die sie unter anderem mit Kommissar Steinmeier teilte. Danach konnten beide dem kommenden Bürotag positiv ins Auge blicken. Steinmeier öffnete sein Bürofenster um etwas frische Luft in den gut beheizten Raum zu lassen. Kurze Zeit später roch es nach Zigarettenrauch. Steinmeier ging zum Fenster um es wieder zu schließen, schaute vorher noch einmal hinaus, entdeckte den Verursacher, es war Kollege Müller vom Büro nebenan. Er hatte ebenso seine Fenster geöffnet, nicht um frische Luft zu tanken, nein, um sie mit einer Zigarette, woran er immer wieder genüsslich zog zu verpesten. Der Kommissar schloss das Fenster wortlos und setzte sich zurück auf seinen Drehstuhl hinter dem Schreibtisch. Berge von Akten hatten sich im Laufe der letzten Woche angesammelt, manche schrien nach seiner Unterschrift, andere möchten einfach nur bearbeitet werden. Zwei Stunden waren vergangen, wobei eine als vermisst gemeldete Person seine volle Aufmerksamkeit genoss. Diese Akte lag um die Mittagszeit als einzigste noch auf seinem Schreibtisch. Es schien aber bis jetzt nichts außergewöhnlich zu sein, vielleicht war die vermisste Person längst wieder zu hause eingetroffen. Der Kommissar ging zu Mittag heute mit seinen Kollegen zusammen in die Kantine. Er unterhielt sich über den Vermissten, denn er hatte außer der Anzeige welche eine Kollegin aufgenommen hatte, nichts davon gehört. Wenn es aktuell noch so wäre so hätte die Frau sich sicher nochmals gemeldet, dies geschah jedoch nicht. Kommissar Steinmeier unterhielt sich mit den Kollegen Müller und Rhönspies weiter über alltägliche Dinge.

 

Der Tag nahm seinen Lauf mit den üblichen Büroarbeiten. Alle gingen davon aus, dass der Vermisste längst wieder zu hause in seinem warmen Bett ruhte und sein Alltag ihn wieder hatte. Kommissar Steinmeier fuhr am Abend in seine Wohnung, zauberte sich ein köstliches Essen, wozu er als Genießer der französischen Küche durchaus in der Lage war.

Am nächsten Morgen fiel ihm bei seinem Blick in den Kleiderschrank auf, dass er Jeanshosen und Hemden besaß, die schon ihr fünfundzwanzigstes Jubiläum feiern konnten. Es fehlte ihm seine Frau im hause die auf solche für ihn doch eigentlich sinnlosen und unnötigen Dinge achtete. Trotz allem beschloss er sich doch in nächster Zeit von einigen Kleidungsstücken zu trennen bevor die Motten einzogen und sich vom Textil ernährten, obwohl sie bevorzugten doch eher seine Wollpullover. Wenn es seine Zeit erlaubte wollte er die Sache einmal angehen, dachte er. Doch beim Blick auf die Uhr ging er die Sache doch lieber sofort an.

Kopfschüttelnd warf er die ausgemusterten Hosen auf den großen Berg aus Hemden und Shorts, die allesamt bereits an der Hürde ihrer strengen Vorstellung von angemessener Eleganz gescheitert waren. Später wollte er sie in einen Kleidersack füllen und in die Mission geben.

Mitte November

Kommissar Steinmeier verbrachte den heutigen Tag wie immer mit Schreibarbeiten. Am Abend traf er sich auf der Weihnachtsfeier mit Chizu Nukumuru von der Spurensicherung. Sie war eine der wenigen Frauen die er respektvoll anschaute, der eher sonst schüchterne Kommissar. Er mochte sie sehr, aber was zwischen den beiden lief, wußte niemand so genau. Der Kommissar war seinen Kollegen gegenüber hilfsbereit, freundlich aber privat sehr zurückhaltend schüchtern, immer an seinen Beruf gefesselt, er ist mit Leib und Seele Kriminologe und Tag und Nacht mit seinen Fällen beschäftigt. Deshalb wurde er wohl von seiner großen Liebe einer Französin verlassen. Die Frau an seiner Seite muss schon sehr tolerant und einfühlsam sein. Chizu ist schon der Typ Frau, der ihm gefällt. Er wohnte seid seiner Versetzung ins Industriegebiet in einer Penthauswohnung auf einer der Höhenlagen von Koblenz, kein Vergleich zu seiner vorherigen Wohnung in der Altstadt von Koblenz, wo es an den alten Holzfenstern kräftig hereinzog und man noch so viel heizen konnte, es wurde trotz allem nicht warm. Die Reduzierung auf das Wesentliche unterstreicht in der vornehmen Penthauswohnung das Raumgefühl. Es ergibt sich im Inneren der Wohnung durch einen intensiven wechselnden Lichteinfall eine einzigartige Atmosphäre die von Licht und Schattenakzenten geprägt ist. Gerade passend zu seinem Leben und seinem Beruf. Hier fühlt der Kommissar sich wohl. Die Penthauswohnung befindet sich am Ende einer ruhigen Straße, was ihm ein Gefühl von Stille und Einsamkeit vermittelt. Hinter dem Haus beginnt ein waldreiches Gebiet, das Größe und Raum bietet. Der Kommissar genießt es, denn früher in der Altstadt von Koblenz drängte sich ein Haus an das andere, ohne Balkon oder Garten.

Klirrende Kälte, Eis und Frost zwischendurch unterbrochen durch Graupelschauer und spiegelglatte Straßen prägte die winterliche Landschaft am Rheintal. Ohne dass eine Schneeflocke vom Himmel fiel waren Bäume und Wege weiß bestreut Jeder Grashalm von filigranen Eiskristallen umrandet. Am Morgen des zwölften Dezember saß Kommissar Steinmeier noch verschlafen von der letzten durchgefeierten Nacht der vorabendlichen Geburtstagsfeier seines besten Freundes dem Journalisten Manfred von Rosenberg .aus Bonn an seinem mit Akten und Stiften rund um den Computer belagerten Schreibtisch. Zwei volle Tassen schwarzer Kaffee zwischen Einbrüchen, Leichen, Gewaltdelikten, Körperverletzungen, Überfällen und Vergewaltigungsakten. Der Kommissar kämpfte sichtlich gegen Kater und Müdigkeit. Seine Sekretärin hatte sich für heute abgemeldet und das wegen ihrer jährlichen Routineuntersuchung, es war das erste Mal wo sie nicht durch ihre Anwesenheit glänzte seid sie die Sekretärin des Kommissars war. Sie fehlte dem Kommissar schon sehr und das nicht nur wegen der Pünktlichkeit des starken Kaffees. Nun vermisste er das öffnen der Blechdose und das rollen der rosa Kugel im Mund, wenn sie zwischen den rosaverfärbten Zähnen hin und her kullerten, ihre heißgeliebten Himbeerbonbons. Er hatte sich im Laufe der gemeinsamen Bürozeiten sehr an sie gewöhnt mit ihren Macken und Ecken und Kanten, aber davon hatte er ja auch genug. Es war so als fehle dem Kommissar sein so geliebter Hut, ein ähnliches Gefühl befiel seine Brust, sie gehört einfach dazu und bestimmt seinen Lebensablauf mit. Ab und zu hört er auch auf ihre Vorschläge und ihren gutgemeinten Rat, er würde dies aber niemals offiziell zugeben. Er brauchte sie eben manchmal, oder besser gesagt immer öfter, sie hatte einen festen Platz in seinem Leben eingenommen.

Kommissar Steinmeier ging mit seinen Kollegen Rhönspies und Müller alle offenen Fragen durch und das waren heute reichlich viele. Selbst in dieser beschaulichen Gegend gab es immer mehr Gewalttaten und Kriminaldelikte. So ging es heute in erster Linie um Versuchte Einbrüche, Einbrüche mit Beute und Überfälle. Neu hinzugekommen die Vermisstenanzeige einer Frau dessen Mann nicht nach hause kam.

Doch irgendwann war dieses Gespräch beendet und die beiden Kollegen kehrten wieder an ihre Schreibtische im Nebenraum zurück mit zahlreichen neuen Aufgaben und Ideen, bestrebt diese zu lösen. So befiel das Brohltal akute Spannung und Aufregung. Hinter den Fassaden, Bäumen und Sträuchern lauern nun dunkle Schatten.

Kommissar Steinmeier blickte aus dem Fenster hinaus über den zugefrorenen Teich, der hinter einem Musterhaus der Holzbaufirma lag. Da klopfte es plötzlich zaghaft an die Türe seines Büros.