Vorsicht vor Peinigern und anderen Abtrünnigen in der Schule

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Vorsicht vor Peinigern und anderen Abtrünnigen in der Schule
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Vorsicht vor Peinigern und anderen Abtrünnigen in der Schule

Drei Jungen, so verschieden sie nur sein können, gehen auf ein und dieselbe Schule. Der Erste, Maximilian, in sich gekehrt und in seiner Computer-Spielwelt zuhause, dann Janni, sportlich und an seiner Umwelt interessiert, und Johann, der seine Mitschüler terrorisiert. Wer sich mit Johann anlegt, muss wissen, worauf er sich einlässt. Wie der Weg der Jungen sich kreuzt, was für sportliche Ereignisse auf der Tagesordnung stehen oder was es für Maximilian mit unerfreulichen Erlebnissen auf sich hat, das lest ihr in diesem Buch.

*

Maximilian wuchs mit seinen zwei jüngeren Geschwistern auf. Insgesamt waren es fünf Geschwister, seine zwei ältesten Brüder hatten bereits das Zuhause verlassen. Mark, sein ältester Bruder, war direkt nach seiner Schulzeit zur Bundeswehr gegangen, inzwischen war er dort bereits das fünfte Jahr. Er hatte sich für zehn Jahre verpflichtet. Er sagte sich damals, er könne dort eine gute Ausbildung absolvieren und sei auch finanziell gut abgesichert. Sebastian, der fünf Jahre älter war als Maximilian, war von Zuhause ausgezogen und studierte seit zwei Semestern Theologie an der Universität in Heidelberg. Seinen Bruder Mark, sah er einmal im Monat, da dieser immer eine lange Strecke auf sich nehmen musste, um nach Hause zu kommen. Er freute sich über dessen Besuch immer riesig, denn mit jenem pflegte er ein sehr gutes Verhältnis. Daheim war es nicht immer ganz einfach für ihn und seine beiden jüngeren Brüder: Der Jüngste ging in den Kindergarten und sollte nächstes Jahr eingeschult werden, der achtjährige Bruder, also der zweitjüngste, besuchte die zweite Klasse. Er kümmerte sich stets um seine beiden jüngeren Brüder und sorgte mit großer Hingabe und Liebe für sie. Für ihn waren seine Brüder sehr wichtig. Mit Freunden verabredete er sich nur sehr selten, wenn nicht zu sagen, fast gar nicht. Es fiel ihm auch nicht leicht, auf Klassenfahrten mitzufahren. Er besuchte jetzt die neunte Klasse, und zum Glück fuhren sie nicht jedes Jahr auf Klassenfahrt, es beschränkte sich auf alle zwei Jahre. Das letzte Mal hatte er sich krank gemeldet, im Grunde war er wirklich krank, denn er hatte sich bereits einige Wochen vorher verrückt gemacht, je näher die Klassenfahrt rückte, umso mehr. In der Woche, als es schließlich losgehen sollte, schlief er so schlecht, dass er Kreislaufprobleme bekam und nicht mitzufahren brauchte. Welch ein Glück für ihn. Nicht dass er mit seinen Klassenkameraden nicht zurecht kam, es war eher, dass er arge Probleme hatte, sich auf neue Situationen einzustellen. Er bewunderte Klassenkameraden, die von nichts anderem sprachen als von dieser blöden Klassenfahrt und sich wie die Schneekönige darauf freuten. Ihm dagegen war eher zum Heulen zumute, denn er konnte sich nur schwer auf neue Situationen einstellen. Am liebsten verbrachte er seine Freizeit am Computer. Er konnte dem Sport nichts abgewinnen, und auch irgendwelche Sportarten, die an der frischen Luft absolviert werden, konnten ihn nicht aus seiner Wohnung locken. In der Schule war ihm der Sportunterricht verhasst und er war immer heilfroh, wenn dieser ausfiel. Den meisten seiner Klassenkameraden war der Sportunterricht sehr wichtig, hoch und heilig, denn da konnte man zeigen, welch ein Prachtkerl man war. Maximilian legte darauf keinen Wert, ihm war ein anständiges Computerspiel mehr wert und wichtiger als dieser blöde Sport. Seine Sportnote schwankte um eine drei herum, damit war er immer sehr zufrieden. Auch eine vier hätte ihn um nichts auf der Welt motiviert, im Sportunterricht mehr Gas zu geben. Dieses Fach sollte seiner Meinung nach abgeschafft werden. Die sprachlichen Fächer wie Deutsch, Englisch und Französisch lagen ihm wesentlich besser, und sein zweites Hobby war das Lesen. Er hatte nicht so viel Zeit dafür, wenn er aber etwas Zeit erübrigen konnte, las er gern ein Buch. Seine Lieblingsthemen waren hierbei die Fantasiewelt, denn da konnte er der Wirklichkeit entfliehen und sich voll und ganz auf die Welt der Fabelwesen einlassen. Sein anderes Hassfach war Mathematik, dort kam er über eine fünf nicht hinaus. Es interessierte ihn auch nicht besonders, und so störte ihn die fünf auch nicht. Seine Erscheinung war etwas schluffig und er bewegte sich meistens mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern fort. Gelegentlich hörte er von einem Passanten, der ihm auf dem Hin- und Rückweg über den Weg lief, er solle gerade gehen und an seine Haltung denken. Er ignorierte dies und ging weiter. In dieser Verfassung des Dahinschlurfens konnte er am besten nachdenken, was er mit inniger Inbrunst tat. Seine Kleidung war legere und er legte nicht besonders viel Wert auf sie. Manches Mal wurde er deshalb von den ein oder anderen Klassenkameradenverspottet. Seine Mutter, die alleinerziehend war, hatte hierfür wenig Geld. Seine abgelegten Kleider trugen dann seine beiden jüngeren Brüder auf. Zuhause fühlte er sich am wohlsten, in der Schule dagegen fühlte er sich manchmal von einigen seiner Mitschüler gegängelt.

*

Johann war fünfzehn Jahre alt und war in der Schule Anführer seiner Clique, der fünf weitere Schüler angehörten. Er genoss den Respekt, den ihm seine Klassenkameraden entgegenbrachten. Das war nicht immer so. Er erinnerte sich an seine Grundschulzeit, als er von den anderen geärgert und gehänselt wurde. Er hatte sich wegen seiner Kleidung so manches Mal spöttische Bemerkungen anhören müssen. Das wollte er in seinem Leben nicht mehr hören. Jetzt hatte er die Nase vorn, wer das nicht akzeptieren wollte, dem würde er beibringen, wer der Chef am Start ist. Er hatte ein paar Jungs um sich herum geschart, die seine Anweisungen meistens problemfrei ausführten. Was heißt problemfrei, hin und wieder musste er etwas nachhelfen und sich den Respekt verschaffen. Meistens reichte ein Drohen, um bei seinen Kumpels wieder die Hierarchie herzustellen. Wenn es nicht anders ging, musste er auch Hand anlegen. Das brachte ihm nicht immer nur Freunde und Freude ein. Wer zu Johann „Dicker“ oder „Blödian“ sagte, musste wissen, worauf er sich einließ. Denn Johann war nicht nur etwas mollig, sondern auch stark und durchaus bereit, seine Körperkräfte einzusetzen. Wir wollen nichts beschönigen: Johann war ein Raufbold. Er raufte für sein Leben gern und ließ sich keine Gelegenheit dazu entgehen. Das war schon im Kindergarten so und wird sich, wie es aussah, auch in seinem restlichen Leben nicht mehr ändern. Deswegen hatte er besonders in der Schule schon so manchen Ärger bekommen. Zum Glück hatten seine Eltern mit der Schule nicht viel am Hut, und so setzte er, wenn es sich nicht verhindern ließ, seine Unterschrift als die seines Vaters unter die gelegentlich kommenden Briefe der Schule. Er hatte hierfür lange üben müssen, um den Dreh richtig hinzubekommen, jetzt konnte er sich mit dieser Unterschrift sehen lassen. Er würde wahrscheinlich sogar bei Bankgeschäften damit durchkommen. Nicht dass er dies schon einmal vorgehabt hätte, das hätte bestimmt bösen Ärger gegeben, aber den Gedanken waren in dieser Hinsicht keine Grenzen gesetzt, waren frei, solange man eben nur dachte. Sein Vater wohnte seit ein paar Jahren nicht mehr bei ihnen, das wusste die Schule aber nicht. Er erinnerte sich, dass sein Vater ihm gehörig den Hosenboden versohlt hatte, als er das Wechselgeld vom Bier holte, aber nicht ablieferte. Das war jetzt bereits ein paar Jahre her. Seine Eltern waren seit ein paar Jahren getrennt und er lebte bei seiner Mutter. Ihm brannte unter den Füßen, mit seinem Kumpel den Jackpot am Flipperautomaten zu knacken. Er erinnerte sich noch genau, als dies vor zwei Jahren passierte. Den Jackpot haben sie an jenem schönen Julitag mit brennender Sonne zwar nicht geknackt mit nur acht Euro Wechselgeld, aber stattdessen handelte er sich eine gehörige Tracht Prügel ein, und dies ganz kostenlos.

Als sich die Jungs auf dem Schulhof vor Angst fast einmachten, wurde er meistens noch rasender, und wenn sie dann nach ihren Müttern riefen, hätte er sie am liebsten gehörig verprügelt. Hatten die Jungs auf dem Schulhof Respekt, wenn nicht gar Angst, genoss er das Gefühl der Macht, fühlte sich allmächtig. In seiner Clique waren noch Paul, Maik, Stefan und Marcel. Paul ging wie er in die 9. Klasse des Gymnasiums, Stefan war ein Jahr älter und ging in die 10. Klasse, Maik und Marcel besuchten die Parallelklassen auf seiner Schule. Sie bildeten nicht immer eine Clique. Mit Paul hatte er sich vor einem Jahr angefreundet, als die Klassen neu zusammengestellt wurden. Der Unterricht wurde von Paul oft gestört, und er hatte so manche spritzige Antwort drauf, wenn ihn ein Pauker deswegen zur Rechenschaft ziehen wollte. Das gefiel Johann. Als sich einmal Paul auf dem Schulhof ein paar Fahrräder vorgenommen hatte (in einer Freistunde hatte er die Luft aus den Reifen von zehn Fahrrädern gelassen), machte er die Rechnung ohne den Wirt, und dann schlossen sie Freundschaft. Paul hatte auch bei zwei Lehrern die Luft herausgelassen und wurde prompt dabei erwischt, das war schlecht für ihn, denn so musste er den Lehrer, der ihn hierbei erwischt hatte, mit ins Direktoren-Zimmer begleiten. Johann klopfte ihm nach der Schule anerkennend auf die Schulter, von da an waren sie ein Team. Manchmal heckten sie zusammen ein paar Sachen aus. Maik und Marcel kamen erst später dazu. Anfangs lief es noch nicht so gut zwischen ihnen, denn es gab auf dem Schulhof eine Keilerei zwischen ihnen. Als Marcel seine Zigaretten herausholte und sie mit ihnen teilte, dann schlossen sie Frieden. Von da an trafen sie sich häufiger, rauchten hin und wieder nach der Schule zusammen und bummelten in der Stadt herum. Am liebsten zog es sie in die Elektrogeschäfte wie z. B. Saturn und Expert. Saturn lag in der Innenstadt und war nach der Schule gut zu Fuß erreichbar. Um nach Expert zu kommen, mussten sie mit der Linie 4 einmal durch die ganze Stadt fahren. Das taten sie nur selten, nur wenn mal Stunden ausfielen. Meistens fuhren sie nur zu zweit oder dritt hin, denn der Zufall, dass alle Klassen gleichzeitig Schluss hatten, war sehr selten. Stefan hatte er in der Stadt kennengelernt. Er lief bei Saturn herum und hatte versucht, eine DVD zu stehlen, und wurde prompt vom Kaufhausdetektiv erwischt. Johann hatte sich seit einer Stunde dort aufgehalten, hatte sich die neuesten Handys angesehen und hatte den Vorfall mitbekommen. Stefan, der eher klein und schmächtig aussah, redete sich dabei um Kopf und Kragen. Es hatte ihm geholfen, und der Detektiv ließ ihn laufen mit der Prämisse, den Laden drei Monate nicht mehr betreten dürfen. Die Geschichte, die er dem Kaufhausdetektiv erzählte, hätte er auch nur zu gern mitbekommen. Auf jeden Fall musste sie gut gewesen sein. Stefan willigte schnell ein und sah zu, dass er Land gewann. Johann schloss sich ihm an und sprach ihn unten beim Ausgang auf der Rolltreppe an. Sie kamen ins Gespräch und stellten fest, dass sie viele gleiche Vorlieben hatten. Beide liebten Handys und spielten gern in er Spielhalle an den Automaten. Stefan hatte sogar schon einmal 25 Euro gewonnen. Von da an trafen sie sich häufiger, um in den Spielhallen zu zocken. Gelegentlich wurden sie hinausgeschmissen. Den meisten Betreibern oder dem Aufsichtspersonal war es egal, wenn sie dort ihr Geld verzockten. Hauptsache der Rubel rollte und sie machten keinen Ärger. Die Vorliebe für die Spielhallen hatte Johann wohl von seinem Vater geerbt. Dieser hatte zu guten Zeiten dort auch mal sein gesamtes Monatsbudget verzockt und machte auch mal Schulden bei seinen Freunden. Sein Vater sprach auch dem Alkohol zu und trank oft erheblich einen über den Durst. Das waren die Details, die Johann aus seiner frühen Kindheit noch von seinem Vater wusste, bis dieser schließlich das Weite suchte und nur gelegentlich mal von sich hören lässt. Er hatte sich damit abgefunden, nur sporadisch von seinem Vater zu hören, und er legte auch nicht mehr besonderen Wert hierauf. Früher hatte ihn dies immens gestört, wollte er doch mit seinen Klassenkameraden mithalten bezüglich deren Vätern. Das hatte er sich die letzten Jahre abgeschminkt, es ging ihm sogar gehörig auf die Nerven, wenn die braven Klassenkameraden von ihren Vätern erzählten, und er würde ihnen am liebsten mal gehörig den Pelz einheizen. Ihn nervten diese Angsthasen, die um alles in der Welt ihre Eltern um Rat fragen mussten, da schätzte er um so mehr seine Kumpels. Die waren wie er gepolt und mit denen konnte er durch dick und dünn gehen.

 

*

Janni besuchte die gleiche Schule wie Johann, ging aber in eine der Parallelklassen. Anfangs freundeten sich beide an. Sie waren aus dem gleichen Holz geschnitzt, verbrachten die Zeit draußen an der frischen Luft, und was Janni sehr gefiel war, dass Johann für die Schule nicht viel übrig hatte. Das machte ihn sehr sympathisch. Die Furchtlosigkeit, mit der Johann den anderen Mitschülern auf dem Schulhof begegnete, imponierte ihm gewaltig, und er hatte schon so manche Keilerei miterlebt, wenn dieser sich mit einem anlegte. Es gefiel ihm nicht immer, denn er war ein sehr friedfertiger Junge, der sich selten mit anderen Mitschülern anlegte. Hatte er nur einmal in der sechsten Klasse eine Auseinandersetzung mit sechs Jungen aus seiner damaligen Klasse gehabt, als diese ihm ein paar Dinge aus Spaß an der Freud entwendet hatten. Damals kam es zu einer Schlägerei zwischen ihm und den anderen Jungen, seine zweite Keilerei in seinem Leben. Es hatte mit etwas Schubsen angefangen und eskalierte schließlich. Dann hatte er doch noch Oberwasser bekommen und sich gegen fünf gestandene Jungs gut behauptet, ich spreche von fünf, denn der sechste schaute zu und feuerte seine Kumpels an. Die Aufsicht führende Lehrerin bemerkte die Prügelei und beendete sie schließlich. Janni verpetzte keinen von ihnen und nahm die Schuld auf sich. Er musste sich dann vom Schuldirektor eine Strafarbeit geben lassen, eine Stunde nachsitzen und den Schulhof eine Woche lang in den Pausen vom Müll befreien. Diese Aufgabe schmeckte ihm gar nicht, aber er hielt die Woche durch. Ihm blieb auch sonst nichts anderes übrig. Das hatte ihm gehörigen Respekt seiner Klassenkameraden eingebracht, insbesondere weil er sie nicht verpfiffen hatte. Dafür saß er gern diese Stunde auf einer Pobacke ab. Über die Entsorgung des Mülls ließ sich streiten. Gelegentlich half ihm einer der anderen beim Müllauflesen. Die Jungs, mit denen er sich geprügelt hatte, vertrugen sich mit ihm am nächsten Tag und sagten, dass er sich gut geschlagen hätte. Ihm war sehr wichtig, die Anerkennung seiner Mitschüler zu bekommen. Manchmal war Janni von Johann und seiner rasch aufbrausenden Art genervt, zeigte es aber nicht, denn er wollte ihn nicht als Kumpel verlieren. Die Mitschüler, denen Johann manchmal zusetzte, taten ihm ab und zu leid. Nicht mit jedem hatte er Mitleid, einige hatten es seiner Ansicht nach verdient, eine Tracht Prügel zu bekommen, insbesondere wenn sie ihre Mitschüler bei den Lehrern angeschwärzt hatten. Dann fühlte er eine Art Genugtuung und war schadenfroh. Als sich Johann letzte Woche den dicken Lukas vorgeknöpft hatte, musste er lachen. Lukas kam richtig ins Schwitzen. Er hatte die Auseinandersetzung nur von Weitem beobachtet und wusste nicht, worum es ging. Er sah nur, dass der dicke Lukas ein rotes Gesicht bekam und sehr unbeholfen wirkte. Johann stand mit zwei seiner Kumpel vor Lukas, und es kam zu einer Schubserei unter den Jungs. Dass Lukas eine ziemlich schlechte Figur machte, konnte man sich da schon denken. Er hatte nichts gegen Lukas, der die gleiche Klasse besuchte wie Johann. Er wollte sich da nicht einmischen, denn er hatte selbst genug mit seinen Schulstreichen zu tun und musste sich auch gegen so manchen Pauker behaupten, da konnte er sich nicht mit den Angelegenheiten von anderen befassen. Er bekam von Johann gelegentlich Anerkennung, weil er so manchen Parkour-Trick drauf hatte. Die Jungs, mit denen Johann abhing, gefielen Janni nicht besonders. Mit Marcel hatte er gar nichts am Hut. Dieser rauchte oft Zigaretten und dafür hatte Janni nichts, aber auch gar nichts übrig. Wenn es nach ihm ginge, könnte das Rauchen vollends verboten werden. Ihm reichte, was ihm seine Mutter manchmal über die Spätfolgen von Zigaretten und Alkohol berichtete. Sie arbeitet als Krankenschwester auf einer Intensivstation. Also hielt er sich von Marcel und den anderen Jungs fern. Diese hatten mit ihm auch nicht viel im Sinn. Zum Glück ließen sie ihn in Ruhe und hatten etwas Respekt vor ihm, nicht zuletzt wegen seiner sportlichen Leistungen. So leicht und beweglich, wie er war, machte er manchen seiner Schulkollegen etwas bei sportlichen Leistungen vor.

*

Maximilian musste auf seine Geschwister aufpassen. Eigentlich wollte er sein neues Computerspiel spielen, was er sich von seinem Ersparten am Vortag gekauft hatte. Gern passte er auf seine Geschwister auf, aber wenn er ein Computerspiel testen wollte, nervten ihn diese nur. Sie waren noch sehr jung. Der Jüngste, Benjamin, so war sein Name, ging in den Kindergarten und wollte ungeteilte Aufmerksamkeit, wollte sie nicht teilen mit einem Computer. Und der zweitjüngste seiner Brüder, Patrick war sein Name, besuchte die erste Klasse und wollte ebenfalls ununterbrochen etwas von ihm. Da war wieder nichts zu machen. Seine Mutter war mit ihrem neuen Freund unterwegs. Er war ja froh, dass sie wieder jemanden kennengelernt hatte, aber musste denn immer alles an ihm hängen bleiben. Als er aus der Schule kam, hatte er auf dem Rückweg Patrick in der Schule abgeholt. Zum Glück brauchte er nur einen kurzen Umweg zu gehen. Benjamin hatte er um 15 Uhr aus dem Kindergarten abgeholt. Der Kindergarten war oben auf dem Berg. Er nahm den Bus und fuhr zwei Stationen, musste dann noch ungefähr fünf Minuten laufen und war dann am Ziel. Dieser lag am Waldrand und bestand aus drei Gruppen. Sie hatten eine große Spielwiese vor dem Kindergarten, und es standen eine Schaukel, ein unterirdischer Gang und einige weitere Nettigkeiten mehr für die Kleinen auf dem Platz. Die Gebäude waren in Rot- und Gelbtönen gehalten. Das gab dem Ganzen eine warme Atmosphäre. So hatte er noch eine kurze Verschnaufpause gehabt. Seine Schularbeiten mussten eben warten. Vielleicht würde er auch am nächsten Morgen etwas früher aufstehen und wenigstens ein paar seiner Mathematikaufgaben erledigen. Er hatte sie schon häufig nicht machen können, und abends, wenn seine Geschwister im Bett lagen, spielte er lieber seine Computerspiele. Seine Geschwister nervten ihn, wenn er sich an den Schreibtisch setzte. Mit den anderen Fächern hatte er keine Probleme, die bekam er so nebenbei ganz gut hin. Nur mit Mathe hatte er Probleme, das war sein Hassfach. Am liebsten würde er dieses Fach abwählen, aber da musste er wohl noch bis Klasse 11 warten, falls er sich solange noch durchmogeln konnte. In den anderen Fächern war er nicht brillant, doch reichte es immer für eine drei oder vier, und dies reichte ihm vollkommen. In Mathe schrieb er nur Fünfer und gelegentlich auch mal einen Sechser. Was in der letzten Zeit oft vorkam. Die Fünf war ihm sicher auf dem Zeugnis, so wie das Amen in der Kirche. Er wurde heute auf dem Schulhof von Johann und seinen Kumpels genötigt, Geld mit in die Schule zu bringen. Er sollte zwei Euro abliefern, dann würden sie ihn für zwei Tage in Ruhe lassen. Er wusste nicht, wie er die zwei Euro aufbringen sollte, sein Sparschwein hatte er schon geköpft und sich das Computerspiel davon geleistet, und der Euro, der übrig gewesen war, hatte er bereits am Tag zuvor abgedrückt. Er wusste beim besten Willen nicht, woher er jetzt zwei Euro nehmen sollte, um die Jungs zufriedenzustellen. Seine Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen. Es reichte für die Wohnung und für Nahrung. Es war kein Geld übrig für extravagante Dinge. Dazu gehörten Klassenfahrten und auch andere Sachen, die sie für die Schule benötigten. Er erinnerte sich, dass am Anfang des Jahres so ein Übersetzer angeschafft werden musste, der für Englisch und Französisch benötigt wurde. Dieser sollte 120 Euro kosten. Er wurde als Sammelbestellung für die ganze Schule angefordert und sparte jedem Schüler an die zehn Euro. Er kostete dann 110 Euro für jeden Schüler. Seine Mutter hatte diese Summe in Raten abgestottert. Um so schlimmer war es für seine Familie, als sein Rechner während der Pause gestohlen wurde. Seine Mutter hatte ihm deswegen wochenlang Vorhaltungen gemacht. Er war sich sicher, dass Johann und Paul dahintersteckten, konnte es ihnen jedoch nicht nachweisen, hatte manchmal von ihnen, wenn sie sich untereinander unterhielten, Wortfetzen entnommen und vermutete, dass sie etwas damit zu tun hätten. Sein Bauchgefühl irrte sich selten. Er hatte sie gebeten, fast angefleht, ihm den Übersetzer zurückzugeben. Sie lachten nur und machten sich über ihn lustig, drohten ihm, wenn er zu einem Lehrer gehen würde, dann wollten sie ihm das Leben auf der Schule so richtig schwer machen. Maximilian hatte schon genug Angst vor den Jungs und sagte nichts. Seine Mutter machte ihm immer wieder Vorhaltungen, dass er auf seine Sachen besser aufpassen sollte und wie schludrig er mit seinen Dingen wäre. Er hatte wegen dieser Sache zwei Wochen sehr schlecht geschlafen. Die Lehrer fragten ihn schon, ob er krank sei. Er hatte damals einige Wochen Ruhe gehabt. Vor drei Wochen fing es an, dass sie ihn in den Pausen ärgerten. Anfangs stellten Stefan und Paul ihm auf dem Schulhof mal ein Bein und stießen ihm in die Seite, wenn sie ihn auf der Treppe in der Schule sahen. Maik und Johann machten sich über ihn lustig, Marcel hatte ihm seine Brille neulich auf dem Schulhof vom Gesicht gerissen und erst nach der Schule zurückgegeben. Er hatte sichauf die Klappe gelegt, weil er kurzsichtig war. Er hatte vier Dioptrien, was ihn zu einer Blindschleiche machte. Er war über einen Findling gestolpert. Die blauen Flecken, die er davon trug, machten ihm noch Tage danach zu schaffen. In dem Unterricht wurde er auch prompt nach vorn an die Tafel gerufen und sollte in Erdkunde ein Land in Afrika an der Karte zeigen. Da er so gut wie nichts sah, gelang ihm das sehr schlecht. Er fiel dann schließlich auf dem Weg nach vorn über die Schultasche einer Klassenkameradin, was dann zu einem allgemeinen Gelächter ausartete. Das war ihm sehr unangenehm. Der Lehrer schickte ihn dann schließlich mit der Bemerkung, das nächste Mal solle er seine Brille aufsetzen, an den Platz zurück. So eine peinliche Situation wollte er nicht schon wieder erleben. Seit drei Wochen hatten sie ihn wieder im Visier. Zwischenzeitlich hatten sie einen anderen Jungen auf dem Kicker. Er war froh, dass sie sich um den dicken Lukas rangelten und dass noch ein kleiner, schüchterner Junge aus einem Jahrgang unter ihnen dran war. So konnte er mal aufatmen. Die anderen Jungs taten ihm leid, doch er war froh, dass sie von ihm abgelenkt waren und sich auf die anderen stürzten. Er schämte sich für seine Gedanken, denn eigentlich hätte es keiner von ihnen verdient so geärgert so werden. Wenn doch bloß dieser blöde Johann mit seinen Jungs nicht mehr auf dieser Schule wäre. Er hatte seiner Mutter schon gesagt, dass er die Schule wechseln wollte, da hat sie nur geschimpft und ihm gesagt, dass er sich nur ein wenig mehr bemühen und anstrengen sollte. Er traute sich nicht jemanden von seinen Nöten zu erzählen. Das würde ihm wahrscheinlich noch mehr Ärger einbringen. Seine Mutter schimpfte schon genug mit ihm, besonders wenn seine Brüder irgend einen Mist verzapften. Sie gab dann ihm die Schuld und sagte:“Dass er gefälligst besser aufpassen solle auf seine Brüder“ und dass er zu nichts zu gebrauchen sei“. Nein, so eine Blöße wollte er sich nicht noch mal liefern. Er musste jetzt den Hintern einmal tief und fest zusammen kneifen und da durch. Irgendwann würden sie schon von ihm lassen. Wie soll er jetzt bloß die zwei Euro besorgen. Vielleicht würde er diese bei seiner Mutter aus dem Portemonnaie nehmen, wenn diese schläft.

 

*

Janni hatte in der Schule Ärger bekommen mit einem Lehrer. Er hatte den Unterricht über mit seinem Tischnachbarn geredet und nach mehreren Aufforderungen, dass er ruhig sein solle, nicht reagiert. Jetzt muss er eine Extraaufgabe daheim schreiben. Er soll einen Aufsatz anfertigen, in dem es darum geht, was es so Vorzüge mit sich bringt, wenn man dem Unterricht folgt. Er hatte zu dieser Aufgabe gar keine Lust. Aber, wenn er nicht schon wieder einen Eintrag wegen nicht angefertigter Aufgaben einkassieren möchte, muss er sich dieser Aufgabe wohl oder Übel stellen. Er hatte heute auf dem Schulhof mitbekommen, wie sich Johann mit seinen Jungs, den Maximilian vorgeknöpft hatten. Sie standen um ihn herum, aber er hatte nichts genaues gehört, denn er hatte mit einem Freund aus seiner Klasse, die Pause verbracht. Sie redeten über Parcour und über die neuesten Videotrends. Es sah so aus, als ob Maximilian nicht so glücklich darüber war über die Gegenwart Johanns. Johann hatte Janni morgens vor der Schule angesprochen und gefragt, ob sie sich mal treffen wollten. Da er die Woche noch Training hatte und zwei Arzttermine vor sich hatte, verneinte er diese Anfrage. Er hätte dieses Treffen sicher dem Zahnarztbesuch vorgezogen, aber da würde seine Mutter ihm den Garaus machen und jene wollte er sich nicht momentan verärgern. Er wollte von ihr ein Sportshirt von Nike haben. Wenn sie sich ärgerte über ihn, dann würde dieser Kauf sicher ins Wasser fallen. Also musste er zum Zahnarzt. Die Schule war heute besonders langweilig, denn er hatte außer Englisch noch Französisch und Deutsch. Gleich drei sprachliche Fächer auf einem Schlag, da würde jeder kapitulieren, wenn er nicht gerade sprach begeistert wäre. Ihm lagen die Sprachen nicht besonders. Mit Englisch könnte er sich noch anfreunden aber Französisch war überhaupt nicht seine Sprache. Dabei hatte er sich selbst für diese Sprache entschieden. Seine Mutter hatte ihm zu Latein geraten, da diese eine logische Sprache ist. Er wollte unbedingt Französisch lernen auf Teufel komm heraus. Sie waren in den vergangenen Osterferien sogar eine Woche über in Paris, damit er sich ein Bild von der Sprache machen konnte. Sie wohnten damals in einem Vorort von Paris und haben die Stadt erkundet. Es war eine schöne Woche und besonders machte das U-Bahn fahren Spaß. Sie hatten sich den Eiffelturm angesehen, auf dem oben ein ganz schöner Wind wehte. Die Kirche, Notre Dame hat ihn nicht so interessiert. Er war nur seinen Eltern zuliebe dort mit hinein gegangen, insbesondere seiner Mutter zuliebe. Zu den Flughäfen fuhr jeweils direkt eine Metro hin und so haben sie sich alle Flughäfen vorgenommen. Schade, dass sie damals von dem Starten und Landen der Maschinen nicht so viel gesehen hatten. Schließlich regnete es auch noch zu ihren Glück. Das Schloss Verseilles war sehr imposant und die vielen Museen, die sie besuchten taten ihr übriges. Er erinnerte sich, dass es auf der Rückfahrt von Paris in die Heimatstadt, sie sind mit dem Auto unterwegs gewesen, hatten es aber in der Woche stehen lassen an der Hotelanlage und sind mit der U-Bahn unterwegs gewesen, gestürmt hatte. Es gab einen Schneesturm und sie hatten Schwierigkeiten auf der Rückfahrt die Straße zu sehen. Es fielen damals innerhalb kürzester Zeit soviel Schnee, dass die Straßen weiß waren. Sie kamen dann aber doch heil und sicher wieder in Göttingen an. Sie waren in Paris gewesen, damit er eine Vorstellung von der französischen Sprache bekäme. Die Franzosen waren auch sehr nett und offen gewesen, merkten aber sehr schnell, dass sie Touristen waren und sprachen dann Englisch. Anfangs hat ihm Französisch noch Freude bereitet, dass ließ jedoch schnell nach mit der ersten Fünf im Vokabeltest. Wenn er jetzt die Wahl hätte, dann würde er wohl dem Rat seiner Eltern folgen und würde noch mal einen Versuch mit Latein starten. Er meldete sich im Unterricht kaum und hoffte inbrünstig, dass die Stunden schnell vorbei gingen. Mit der Fünf in Französisch hatte er sich schon arrangiert. Er musste nur aufpassen, dass nicht noch eine zweite und dritte aufs Zeugnispapier sich dazu gesellten. Das konnte schnell passieren, denn seine Schulleistungen waren alles andere als gut. Dafür war er ein prima Kumpel, der seine Klassenkameraden nie verpetzte und ihnen half, wenn sie Hilfe in irgend einer Form benötigen. Nur mit den Paukern war er so manches Mal auf Kriegsfuß. Er hatte schon eine Idee für sein neuestes Video, was er mit seinen engsten Freunden drehen wollte. Es sollte über Parcour in Göttingen, bei der Stadthalle und Albanischule, gehen. Er hatte schon ein paar Tricks drauf. Da er leicht und wendig war, fiel es ihm leicht, über die Mauern sich mit einer Eleganz zu bewegen, was einem Zirkusartisten fast gleich kam. Er bekam bereits einen Rückwärts Salto hin, der sich sehen lassen konnte und der Vorwärts Salto klappte auch ganz gut. Er konnte die Mauer an der Stadthalle anspringen und sich oben dann hochziehen. Seine Mutter hatte so ihre Probleme mit dem Springen. Weit und Hochsprung lagen ihr überhaupt nicht. Besonders Hochsprung hasste sie. Er bekam dies mit Bravour hin. Er konnte dafür den Ballspielen nichts abgewinnen, angefangen vom Fußball bis hin zum Handball. Er konnte viele seiner Klassenkameraden nicht verstehen, wie diese drei mal in der Woche zum Training gingen, um Fußball zu spielen, geschweige dann die Spiele und Turniere, die dann noch an den Wochenenden statt fanden. Aber er musste ja nicht dort hin, fand es manchmal schade, wenn der eine oder andere keine Zeit hatte, weil ein Fußball bzw. ein Handballspiel anlagen. Gut dass er sein Parcour hatte. Da hatte er seine Freude dran.

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