Choreographie - Handwerk und Vision

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Choreographie - Handwerk und Vision
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Choreographie.

Choreographie ist zu 80 Prozent Handwerk!

Dieses Handwerk lässt sich auf alle Tanzstile gleichermaßen übertragen und anwenden!

Choreographie ist zu einem großen Teil vom tänzerischen Können unabhängig!

Tanz.

Der Tanz kann wie die Musik die Bewegung der Seele erfassen und dort Zwischenräume beleuchten, die sonst im Menschen unsichtbar verborgen bleiben. Er kann diese Zwischenräume vergrößern, bis sie sichtbar werden - er kann eine Ausdrucksform des Himmels auf der Erde sein. Seine Substanz ist eine Mischung aus Wissenschaft und Nonverbalem, das sich in keiner Abhandlung definieren lässt. Im Tanz wohnt ein unergründbares Geheimnis, dem wir uns im Augenblick der Bewegung annähern können, es aber nicht zwangsläufig tun. Es liegt ein innerer Kern im Wesen des Tanzes, von dem seine Faszination ausgeht, den wir, indem wir ihn umkreisen, emotional lokalisieren können. Tanzen ist die Suche nach diesem inneren Kern, dem Geheimnis näher zu kommen - im Moment der Bewegung.

Kurse für Choreographie:

www.choreographie-kurs.de

Impressum

Verlag:

STAGE VERLAG KONSTANZ

Schneckenburgstr. 11

78467 Konstanz

Fax 07531 8029353

info@choreo-book.com

www.choreo-book.com

Tänzerin auf dem Cover: Verena Sommerer

Fotografie: Rolf Wrobel und Alf Ruge

Gestaltung: Alf Ruge

www.alf-ruge.de

mail@alf-ruge.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, für Vorträge und Unterricht nur mit schriftlicher Genehmigung.

Copyright (2012). Alle Rechte bei Konstantin Tsakalidis.

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-3111-3

Dank

An die Tänzerinnen und Tänzer, die in diesem Buch auf Fotos zu sehen sind:

Laura Jaeggi, Ronny Kistler, Verena Sommerer, Laura Stecher, Ariane Brandt, Greta Bebenroth, Vit Bartak, Stephane Le Breton, Zaida Ballesteros, Annika Wiessner, Jeröme Gosset, Doriane Locatelli, Yasha Wang, Kizzy Garcia Vale, Jan Sandro Berner, Leia Salte, Montserat Ventura, Clair Dunn, Tony Halvorstad, Susana Beverly, Kate Black, Rowena Kinzett, Mahako Teriganari, Winfried Haas, Sabine Fichter, Sabine Jordan, Irka Plonski, Annegret Thiemann und viele andere.

An meine Lehrer am Laban Center in London, bei denen ich viel über die Technik des Choreographierens lernte. An die Lehrer der Tanzwerkstatt Konstanz, die in ihre Tanzstudenten viel Geduld und Liebe investierten. An Erwin Schumann und die Züricher Lehrer, bei denen ich das Existenzielle im Tanz entdeckte. An die Lehrer in den Tausenden von Klassen und Workshops der freien Szene, an denen ich teilnahm. An die Regisseure und Choreographen, mit denen ich gearbeitet habe. An die vielen Schüler und Studenten, die mir ihr Vertrauen entgegenbrachten, um die Studien und Übungen in diesem Buch zu entwickeln. An Jeanette Neustadt für die Korrektur der ersten Fassung. An Dr. Christiana Rosenberg-Ahlhaus für die Durchsicht der zweiten Fassung. An Werner Nater für die unzähligen Stunden, in denen er in Afrika über der dritten Fassung saß. An meine Lektorin, Frau Bärbel Philipp. An meinen Grafikdesigner Alf Ruge.

An meine Frau Luise, die mir in meinen Stücken und während der Arbeit an diesem Buch immer wieder ihre Aufmerksamkeit schenkte und mit Geduld und achtsamer Unterstützung meine Arbeit mitträgt.

Studien

1 Mit welchen Parametern entsteht welche Intensität in der Bewegung?

2 Bezug zwischen Vorlage und Interpretation

3 Verbindungsszenen

4 Die Spannung zwischen dem Zuschauer und dem Bühnenraum

5 Richtungen zwischen den Tänzern in Bezug zu den Zuschauern

6 Fokus I

7 Fokus II

8 Fokus III

9 Fokus IV

10 Auflösung einer literarischen Vorlage

11 verschiedene Richtungen

12 Einsatz und Akzent der Musik

13 Musikinterpretation

14 Umsetzen von Wendepunkten und dynamischen Zeiteinheiten

15 Die dritte Dimension bei Wendepunkten und dynamischen Zeiteinheiten

16 Manipulationsparameter über Beziehungsaspekte durch Impulse von außen, mit oder ohne Kontakt

17 Manipulationsparameter aus der Entwicklung neuer Übergänge

18 Manipulationsparameter aus der Dimensionierung

19 Manipulationsparameter aus der Zergliederung

20 Manipulationsparameter aus der Bewegungsessenz

21 Efforts in Materialien

22 Manipulationen aus getrennten Elementen

23 Übertragungen innerhalb des Körpers

24 Manipulationen durch „Frei und gebunden“

25 Manipulationen über energetische Veränderungen durch Sounds und Atmung

26 Manipulationen mit Raumparametern innerhalb der Kinesphäre

27 Das Übersetzen der Bewegungssegmente in andere Raumbereiche

28 Die Einflüsse der räumlichen Veränderung auf eine Choreographie

29 Manipulationen über Tempo und Rhythmus

30 Komplementärelemente aus der choreographischen Idee

31 Accumulation

32 Verbindungen zwischen Thema und Bewegung über Synonyme

33 Thema und Aufbau

34 Aufbau eines thematischen Settings

35 Erarbeiten Sie einen choreographischen Zugang zu einem Thema anhand der Visualisierung

36 Abstraktionen und Elementarkomponenten

37 ABA-Struktur und Canon

38 Das Potenzial „Raum"

39 Raumwirkungen

40 Schwerpunkte im Raum innerhalb verschiedener Arrangements

41 Bilder in Landschaften

42 Verbindung und Isolierung des Beziehungsaspektes mit der Raumebene

43 Räumliche Spannung durch Bezüge zwischen Raum, Richtung und Level

44 Bewegungsstudie zur Thematik „Nähe - Distanz"

45 Zwischenraum

46 Räumliche Bezüge innerhalb des Arrangements

47 Inseln und Wege der Aufmerksamkeit innerhalb des Arrangements

48 Das lebende Klettergerüst

49 Transformieren von Bewegungsmaterial

50 Raumkompositionen

51 Synchronität im Verhältnis zur Dynamik

52 Oppositionen aus Attributen

53 Ein Stück entsteht aus einer Geste

54 Von Symmetrie zu Asymmetrie

55 Verdichten und Entschlacken

56 Positionen in einen Bewegungsfluss legen

57 Neue Wege in bekannte Positionen

58 Phrasierungen über verschiedene Parameter

59 Minidramen

60 Film

61 Bühnenbild

Übungen
I Körperräume

1 Hören

2 Partnerarbeit – geteilte Aufmerksamkeit

3 Die verschiedene Kreise der Aufmerksamkeit

4 Geleitete Improvisation – Komposition – Gruppenübung

5 Innere Räume – Gedankenreise im Stehen

6 Visualisierung

7 Subtext „Mama“

8 Räumliche Spannung durch Bezüge zwischen Raum, Richtung und Level

9 Räumliche Spannungen zwischen Relationen und Dominanten – statisch

10 Räumliche Spannung durch Bewegungsqualität und Geschwindigkeit

11 Unterschiedliche Bezüge in Aktion und Reaktion

12 Übung zu Struktur und dramatischem Bogen

13 Geschichte

14 Erzählung

15 Gesten

16 Bild

17 Gedicht

18 Geschichte

19 Farben

20 Musik

21 Impulse

22 Impulse mit einem Handtuch

23 Spiegeln

24 Rolling Point

25 Hindernisse

26 Gewicht aufnehmen

27 Aufnehmen - Umlenken

28 Unterstützen

29 Knotenpunkte

30 Connection

31 Schnipsen

32 Kraft und Release

33 Bälle - Trio

34 Leichtigkeit und Schwere

35 Rollen und Gleiten

36 Chinesische Schriftzeichen - weiterführend als Partner- oder Trioarbeit

37 Wellen

38 Twister

39 Führungswechsel

40 Kollektive Entscheidungen und Reaktionen

41 Kreisgehen

42 Verhältnisse zwischen Beat und Tanz

43 Tänzerische Bearbeitung einer Komposition anhand einer grafischen Umsetzung

44 Definition einer Musik zu einer Aussage und isoliertes Erarbeiten eines Tanzes

45 Strukturen aus der Musikkomposition werden in den Tanz übertragen

46 Die Musik spielt mit der Choreographie

47 Dialog: Musiker - Tänzer

48 Sounds

49 Vokale

50 Bodypercussion

51 Vokale Rhythmen

52 Vokale Rhythmen brechen die Bewegungsrhythmen

53 Rhythmische Transformationen

54 Rhythmische Struktur

55 Rhythmische Beobachtungen und Übertragungen

56 Brüche

57 Akzente und innere Impulse

58 Impulse

59 Zweidimensionale Rhythmen in 3-D

60 Musicaltexte und komplementäre Elemente


0 Einleitung

Sehr viele Choreographen sind Autodidakten. Viele kommen über Umwege zum Tanz, umgehen die Tanzausbildung und steigen direkt als Choreograph ein. In Tanzausbildungen findet sich oft wenig fundierte choreographische Technik, die den Studenten beigebracht wird. Der an der Choreographie interessierte Tanzstudent erhält allenfalls die Möglichkeit, seine Arbeit zur Diskussion zu stellen. Auf eine Methodik zur Erarbeitung des Stückes wird häufig nicht eingegangen, einfach deshalb, weil diese Methodik auch bei vielen Pädagogen fehlt. Die detaillierte Auseinandersetzung mit den Komponenten, die ein Stück bestehen oder fallen lassen, wird nicht selten schmerzlich vermisst.

 

Innerhalb des Studiengangs „Choreographie" der an mehreren Hochschulen angeboten wird, werden viele der hier abgehandelten Themen in der Praxis und in der Theorie behandelt. Die Hochschulen unterscheiden sich nach der Art und Weise, wie sie das Thema „Choreographie" aufschlüsseln und welche Schwerpunkte sie dem Studium geben, zum Teil erheblich.

Das hier vorliegende Buch richtet sich an Tänzer, Choreographen, Regisseure, Performer und Lehrer. Es bietet einen umfassenden Einblick in verschiedene Zugänge, mit denen sich eine zeitgenössische Choreographie entwickeln lässt, und stellt choreographische Werkzeuge vor, mit denen sich Tänze bearbeiten und analysieren lassen. Damit wird ein Überblick über die Methoden geschaffen, die in einem Tanzstück oder in einer Tanzeinlage im Theater zur Anwendung kommen, um eine Idee in eine Vorstellung auf der Bühne zu verwandeln.

Grundsätzliche Überlegungen zum strukturellen Aufbau eines Stückes werden ebenso besprochen wie das Entwickeln von Bewegungen zu einem Thema. Behandelt werden auch stückinterne Komponenten, wie Komposition, Bewegungsqualitäten und räumliche Gesetzmäßigkeiten. Einige Kapitel, wie Bühnenbild, Film und Beleuchtung, greifen durch die komplexe Thematik der Choreographie hindurch und durchpflügen das nahe, beeinflussende Umfeld des Tanzes.

Nichttänzer erhalten einen tieferen Einblick in den choreographischen Prozess und haben die Möglichkeit, ein differenziertes Verständnis für die Welt des Tanzes zu entwickeln.

Zu jedem Kapitel sind in der Praxis entstandene und erprobte Übungen enthalten, die den Stoff auf der Ebene der Bewegung vertiefen und sich auch mit Schauspielern und Nichttänzern durchführen lassen.

Der Weg zum Choreographen
Vom Tänzer zum Choreographen

Oft beginnen Tänzer, die ihr Leben lang getanzt und den Schwerpunkt ihrer Aufmerksamkeit im Inneren ihres Körpers hatten, irgendwann zu choreographieren. Ein Schritt, der einen radikalen Wechsel in der Arbeitsweise bedeutet. Waren sie bisher damit beschäftigt zu prüfen, ob die Schultern hochgezogen sind, die Hüfte platziert oder der Fuß gestreckt ist, sind sie als Choreographen nun mit Dingen konfrontiert, die außerhalb ihres Körpers liegen. Von einem Tag auf den anderen müssen sie den Blick von innen nach außen verlagern und sich in andere hineindenken, müssen die Thematik vertiefen, eine Vision entwickeln und bei alledem den Druck der Produktion aushalten.

Wechselt jemand in seiner Arbeit seinen Aufmerksamkeitsfokus von innen nach außen, ist das allein schon eine Veränderung, die ein immenses Quantum an Kraft erfordert. Als Choreograph ist man die letztlich entscheidende Instanz des Stückes. Als Tänzer bekam man noch gesagt, was richtig und was falsch ist. Bei einem solchen Sprung ins kalte Wasser wird es nicht lange dauern, bis sich der Neuling unter den Choreographen überfordert fühlt, und er wird - selbst wenn er mit unverschämt viel Talent gesegnet ist - bald zu spüren bekommen, dass auch in der Kunst, Tänze zu entwickeln, ein Meister nicht vom Himmel fällt.

Quereinsteiger

In der experimentellen Szene, deren Techniken immer gerne auch von etablierten Theatern übernommen werden, arbeiten oft Regisseure mit Tänzern, die nicht die geringste Ahnung vom Wesen des Tanzes haben, geschweige denn über Methoden verfügen, die Tänzer in einer spar-tenübergreifenden Inszenierung zur Entfaltung zu bringen. Schnell entsteht bei Theaterregisseuren ein imaginäres Bild für eine Tanzeinlage - was fehlt, ist die Methode für den Erarbeitungsprozess. Die Visualisierung der Szene entsteht vor dem geistigen Auge; es ist ein schwer entwirrbares Geflecht aus Emotionen und abstrakten Ahnungen, die im Entferntesten noch nichts mit wirklichen Menschen auf einem wirklichen Bretterboden in einem wirklichen Theater zu tun haben.

Die Tänzer werden, unabhängig von der Beschreibung des Regisseurs, nie sein Bild sehen, sondern immer ihr eigenes. Egal, wie gut Sie als Regisseur/Choreograph Ihre Idee konkretisieren - was der Zuhörer visualisiert, ist immer ein anderes, nämlich sein eigenes Bild. Die Probe ist voll von visualisierten Ideen, die alle unterschiedlich sind, und es gibt unendlich viele Formen, eine Idee in eine Szene zu verwandeln - und jede Situation, jede Truppe erfordert einen anderen, einen individuellen Zugang.

Einen Teil der Zugangsmöglichkeiten zu einer Choreographie werde ich hier beschreiben. Diese Zugangsformen sind Bausteine, aus denen sich Tänze gestalten und entwickeln lassen. Die Bausteine werden sich während Ihrer Arbeit verändern, und es werden andere hinzukommen. Sie werden diese Bausteine unterschiedlich kombinieren müssen, um eine eigene Sprache im Tanz zu entwickeln.

Wie viel kann ich lernen oder erarbeiten?

Zwangsläufig wird immer ein großer Teil des Choreogra-phierens im Unausgesprochenen bleiben - einer der Gründe, warum es so wenige Bücher zu diesem Thema gibt -, und das trotz zahlreicher Techniken, die sich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts enorm vervielfältigten. Der Fächer, der zur Verfügung stehenden choreographischen Techniken weitete sich mit dem Beginn der modernen Tanzformen, der Integration östlicher Energiearbeit und des durch experimentelle Theaterformen gewonnenen Zuwachses an Schauspiel und Performanceverständnis enorm aus. Damit hat sich nicht nur das Verständnis von Tanz und Choreographie erweitert und gewandelt, es wuchs auch die Zahl der Techniken, mit denen sich Tänze betrachten und inszenieren lassen.

Mit welchen Tanztechniken Sie arbeiten, ist letztlich unerheblich, da diese auf der Ebene der Gestaltung immer wieder denselben Gesetzen gehorchen. Unterschiedliche Techniken können mit den gleichen Gestaltungsimpulsen gefüttert werden. Wie viel Sie sich an choreographischem Handwerk aneignen, hängt mit Ihrer Einsatzbereitschaft und Ihrer Spielfreude zusammen, wie Sie die Impulse, die Sie hier in diesem Buch und aus der ganzen Welt des Tanzes erhalten, weiterentwickeln, indem Sie hinterfragen und ausprobieren und sich damit eine eigene Wahrheit erschaffen. Die Frage ist das WIE, mit dem Sie Ihr Technikkonglomerat gestalterisch auffächern, um es mit einer dramaturgischen Lupe zu untersuchen.

Tanz beginnt da, wo die Verbalisierung endet. Der Tanz wird mit den Sinnen erfahren, und die Sinne sind nun einmal nicht verbal. Eines der Probleme am Choreographieren ist deshalb der Spagat zwischen Intuition und Intellekt. Es ist die Arbeit mit etwas Ungreifbarem, Nonverbalem, im Moment Vergänglichem, welches aber trotzdem intellektuell bearbeitet werden will und kann. Die intellektuelle Analyse ist vielschichtig. Alle in ihr enthaltenen Komponenten beeinflussen sich gegenseitig, sodass sie nicht mehr einzeln, sondern nur in Beziehung zueinander betrachtet werden können.


So wertvoll diese Analyse akademisch auch sein mag - sie klammert das Nonverbale aus und ist nur eine Hälfte des Rades, die ohne die andere nie richtig ins Rollen kommt. Oft versteifen sich Tanzkreierende auf eine dieser Hälften. Ähnlich einseitig verhält es sich mit vielen Ausbildungskonzepten. Wünschenswert wären Ausbildungsansätze, die beide Seiten erfolgreich integrieren. Tanz ist nonverbal, benötigt aber in der Gestaltung eine intellektuelle Zersplitterung, ohne dabei seinen Ursprung zu verlieren.

Es geht für den Choreographen darum, sich ein gestalterisches Bewusstsein zu erarbeiten, das ihm die Entscheidung ermöglicht, in der unüberschreitbaren Magie des Tanzes immer wieder die technische Analyse dazwischenzuschalten, ohne die Verbindung zur Intuition zu verlieren.

In der Technik der Gestaltung gibt es Werkzeuge, die Sie entsprechend den verschiedenen Situationen zusammenstellen können. Diese Werkzeuge oder Hilfsmittel stellen handwerklich erfahrbare Techniken dar.

Für den Erfolg Ihrer Arbeit wird es entscheidend sein, wie Sie die Techniken an die Situationen anpassen können, und nach welchen Gesichtspunkten Sie diese auswählen.

Die Technik der Choreographie setzt sich aus vier Bausteinen zusammen:


Diese Oberbegriffe werden in den nach Themen strukturierten Kapiteln behandelt:


Kapitel 1 Subtext und Geist
Kapitel 2 Thema - Struktur - Dramaturgie
Kapitel 3 Gestalterische Grundlagen
Kapitel 4 Thematische Bearbeitung
Kapitel 5 Arrangement und Komposition
Kapitel 6 Pädagogische Aspekte
Kapitel 7 Schauspiel, Sprache und Tanz
Kapitel 8 Tanz und Film
Kapitel 9 Bühnenbild
Kapitel 10 Beleuchtung
Kapitel 11 Studien und Übungen

Um die, in der Abbildung auf der vorigen Seite durch den Kreis symbolisierten Zusammenhänge zwischen den Bausteinen des choreographischen Handwerks zu erfassen, empfehle ich Ihnen, zuerst alle Kapitel zu lesen, um sie in einen intuitiven Zusammenhang zu stellen. Der zweite Schritt ist die Durchführung der Studien und Übungen. Lassen Sie sich dabei von den Anregungen mehr inspirieren als leiten. Entwickeln Sie eigene Recherchen. Gehen Sie dabei nicht chronologisch vor, sondern lassen Sie sich von Ihrem eigenen Interesse führen.

Möge dieses Buch Sie inspirieren! Mögen Ihre Tänze die Welt bereichern!



1 Subtext und Geist

Da es nun einmal keine Objekte sind, die sich über die Bühne bewegen, sondern Menschen, und der Mensch sich durch den Geist auszeichnet, lohnt sich die Frage nach den Techniken, die den Untertext hinter den Schritten manipulieren. Ein Stück ohne Geist ist wie ein leeres Gefäß, bei dem wir auf einen Inhalt hofften. Wie oft sehen wir Stücke mit virtuosen Bewegungen und raffinierten choreographischen Ideen, ohne dass sie uns erreichen? Alles ist großartig, aber niemand ist begeistert, keiner weiß die Zauberformel, mit der man das Gebotene beschwören, mit Geist erfüllen und in Sinn verwandeln könnte. Nur die Kritiker weisen mit Überschriften, wie „Ohne die Kraft des Unerwarteten!" auf den von allen gefühlten Mangel hin.

Es sind mehr Dinge als Schritte im Raum, die eine emotionale Anteilnahme des Zuschauers auslösen. Es ist auch nicht das, was ein Tänzer spielt, während er tanzt! Aber es hat etwas damit zu tun, was er erlebt! Bei einem Gruppenstück stehen diese Erlebnisse entweder im Kontrast zueinander oder sie multiplizieren sich gegenseitig. Viele Choreographen erwarten von ihren Tänzern, dass sie das hinter den Schritten liegende Geheimnis von sich aus mitbringen und dem Tanz Ausdruck verleihen. Leider funktioniert das oft nicht. Die Tänzer kennen den erwarteten Ausdruck nicht. Derzeit arbeite ich in verschiedenen Produktionen, und erst vor Kurzem hörte ich zwei Tänzer sich auf einer Probe darüber unterhalten, dass sie oft nicht wüssten, was sie darstellen, und sich fragen, wie sie aus einem Moment etwas machen sollen, wenn sie nicht wissen, was verhandelt wird. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen, und halten sich zurück bzw. geben etwas allgemeinen Ausdruck. Ist es das, was Sie als Choreograph wollen? Etwas allgemeinen Ausdruck? Wenn nicht, dann müssen Sie den Tänzern Inspiration und Geist einhauchen. Gefühle wecken. Und den Mut, diese Gefühle zu zeigen.