Geh nie alleine essen! - Neuauflage

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Namen sammeln

Wenn Sie sich erst einmal die Zeit genommen haben, herauszufinden, worin Ihre Mission besteht und wohin Sie gelangen wollen, besteht der nächste Schritt darin, Menschen zu identifizieren, die Ihnen dabei helfen können.

Es ist unabdingbar, dass man die Informationen, die die Kontakte gedeihen lassen, erfolgreich organisiert und verwaltet. Wenn man über die Menschen Buch führt, die man kennt, und über diejenigen, die man kennenlernen will, und wenn man die ganze Arbeit erledigt, die man für die Entwicklung intensiver Beziehungen braucht, kann das schnell eine wahre Informationsflut verursachen. Wie schafft man das dennoch?

Jemandem nachzuspüren ist heute keine Herausforderung mehr – so gut wie alles, was wir tun, wird getrackt. Selbst wenn wir die Informationen gar nicht wollen, so will sie doch irgendwer da draußen haben. Clay Shirky brachte es 2008 auf den Punkt und es stimmt immer noch: „Das Problem ist nicht die Informationsschwemme, sondern das Versagen der Filter.“ Unsere Herausforderung besteht heute darin, herauszufinden welche Kontakte aus der Masse, die wir gesammelt haben, wirklich zählen. Die Menschen, die soziale Plattformen aufbauen, wissen das und werden immer besser darin, Ihnen zu helfen, das Hintergrundrauschen herauszufiltern. Aber ihre Algorithmen werden niemals so genau wie Sie selbst wissen, was Ihnen wirklich wichtig ist.

Man braucht nicht einmal die neueste Technologie, um das alles zu verarbeiten. Was man braucht, sind Konzentration und Zielstrebigkeit. Um in Ihrem ausufernden Sozialleben die wichtigsten Prioritäten im Blick zu behalten, sind Tinte und Papier vollkommen ausreichend. Ich bin ein Listenfreak, und Sie sollten auch einer werden.

Meine Erfahrungen bei YaYa sind ein gutes Beispiel dafür, dass Listen zur Erreichung Ihrer Ziele beitragen. An meinem letzten Arbeitstag bei Starwood tätigte ich mehr als 40 Telefonanrufe. Unter anderem rief ich Sandy Climan an. Das Interessante an diesem und Dutzenden anderer Anrufe jenes Tages ist die Tatsache, dass mich viele dieser Menschen zwar noch nicht kannten, aber ich sie schon seit Jahren auf einer meiner vielen Listen stehen hatte.

Sandy stellte mich schließlich bei YaYa ein. Es schadete natürlich nicht, dass Knowledge Universe zu den Investoren gehörte, die Anteile an YaYa besaßen, und dass dahinter der berühmte Finanzier Michael Milken stand, der schließlich einer meiner Mentoren wurde. Wir trafen uns, weil wir ein gemeinsames Interesse an einer Non-Profit-Veranstaltung hatten.

Im November 2000 ernannte mich der Vorstand von YaYa zum CEO und setzte mir zwei Ziele: ein tragfähiges Geschäftsmodell zu etablieren und entweder einen Großinvestor zu finden oder das Unternehmen an einen gut betuchten strategischen Käufer zu verkaufen. YaYa hatte damals die nötige Technologie, mithilfe von Onlinespielen Kunden anzuziehen und zu schulen, aber das Unternehmen hatte noch keine Kunden – und keine Einnahmen.

Als Erstes setzte ich mich hin und stellte einen BAP mit 90-Tage-Zielen, Jahreszielen und 3-Jahres-Zielen auf. Für jedes Ziel musste ich mit verschiedenen Teilen meines Netzwerks Verbindung aufnehmen und die Beziehungen weiterentwickeln.

Innerhalb von 90 Tagen musste ich im Vorstand glaubwürdig werden, das Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen und dem Unternehmen eine klare Richtung vorgeben.

Nach einem Jahr wollte ich genügend Bluechip-Kunden haben, damit wir uns der Gewinnzone näherten und das Unternehmen für eine potenzielle Übernahme interessant wurde. Vor allen Dingen musste ich der Außenwelt beweisen, dass YaYa etwas produzierte, das sein Geld wert war. Das Wort „Advergaming“ gab es damals noch gar nicht und das Konzept galt noch nicht als funktionsfähiges Segment des Anzeigenmarktes. Die interaktiven Anzeigen waren hoffnungslos ineffektiv und Banneranzeigen auf Internetseiten wurden inzwischen als Branchenscherz betrachtet. Wir mussten uns davon abheben.

Nach drei Jahren wollte ich ein Geschäftsmodell implementiert haben, das auch ohne mich funktionieren, meinen Investoren Liquidität bescheren und dem Unternehmen das Image eines Vorreiters auf dem Feld des Onlinemarketings sichern konnte.

Damit es möglich wurde, diese Ziele zu erreichen, notierte ich die wichtigsten Player der Online- und der Spiele-Industrie, von CEOs und Journalisten bis zu Programmierern und Wissenschaftlern. Ich setzte mir das Ziel, sie alle innerhalb eines Jahres kennenzulernen.

Um Begeisterung für unser Produkt zu wecken, machte ich eine Liste von Personen, die ich als „Influencer“ bezeichnete: die Early Adopter, Journalisten und Branchenanalysten, die zur Ausbreitung der ersten Begeisterung für ein Produkt oder eine Dienstleistung beitragen. Als Nächstes stellte ich eine Liste potenzieller Kunden, potenzieller Käufer und von Menschen zusammen, die irgendwann daran interessiert sein könnten, uns zu finanzieren (achten Sie bei der Bildung eigener Kategorien darauf, dass alle Kategorien Ihren Zielen entsprechen).

Wenn Sie solche Listen erstellen, müssen Sie unbedingt die tatsächlichen Entscheidungsträger notieren und nicht nur das Unternehmen. Entscheidend ist, dass man eine schnell greifbare und konkrete Liste mit Namen hat.

Konzentrieren Sie sich am Anfang auf Menschen, die schon zu Ihrem Netzwerk gehören. Ich wette, Sie haben keine Ahnung, wie groß und ausgedehnt es in Wirklichkeit ist. Wie schon im letzten Kapitel angedeutet, nehmen Sie sich die Zeit, folgende Personengruppen aufzuschreiben:

•Verwandte

•Freunde von Verwandten

•Alle Verwandten und Bekannten Ihres Ehepartners

•Derzeitige Kollegen

•Mitglieder von beruflichen und sozialen Organisationen

•Aktuelle und frühere Kunden

•Die Eltern der Freunde Ihrer Kinder

•Frühere und heutige Nachbarn

•Menschen, mit denen Sie zur Schule gegangen sind

•Menschen, mit denen Sie früher zusammengearbeitet haben

•Menschen in Ihrer Glaubensgemeinschaft

•Frühere Lehrer und Arbeitgeber

•Menschen, mit denen Sie privat zu tun haben

•Menschen, die Ihnen Dienstleistungen erbringen

•Andere Online-Connections in den sozialen Medien oder anderen Gemeinschaften

Als Nächstes gebe ich die gesammelten Namen in eine Datenbank ein. Lassen Sie mich anmerken, dass LinkedIn einem mittlerweile erlaubt, die eigenen Kontakte zu sammeln, ob sie Mitglieder bei Linked-In sind oder nicht. Dann können Sie ihre Konversationen mit ihnen auf allen wichtigen Plattformen nachverfolgen. Sehr nützlich.

Dann erstelle ich Kontaktblätter nach Region, in die ich die Namen der Menschen aufnehme, die ich schon kenne, und derjenigen, die ich kennenlernen möchte. Eine Vielzahl von Hilfsmitteln zum Sammeln von Kontakten macht es einfacher, Ihre Listen zu sortieren. Wenn ich in einer bestimmten Stadt bin, versuche ich, so viele Menschen wie möglich anzurufen.

Diese Listen habe ich immer dabei. Sie dienen dazu, meine Pläne abzustimmen, wenn ich zwischen zwei Meetings in einem Taxi sitze. So habe ich etwas Greifbares, das mich ermuntert, Kontakt aufzunehmen. Wenn Papier nichts für Sie ist, können Sie dasselbe mit einer beliebigen Anzahl mobiler Apps tun. Manche Ihrer Listen werden auf dem Aktionsplan basieren, andere dienen eher der allgemeinen Kontaktpflege. Die Organisation der Listen kann fließend sein. Ich habe Listen, die nach geografischer Lage gegliedert sind, nach Branchen, nach Freizeitaktivitäten (zum Beispiel andere Läufer oder Menschen, die gern ausgehen), ob die Person ein Bekannter ist oder ein Freund, und nach anderen Kriterien.

Wenn man die Liste um neue Namen ergänzen will, braucht man nur an den richtigen Stellen zu suchen. Als ich bei YaYa anfing, las ich alle Fachblätter, die mit Anzeigen und Spielen zu tun haben. Wenn ich dabei auf jemanden stieß, der in eine meiner Kategorien passte, setzte ich ihn auf die Liste und versuchte herauszufinden, wie ich mit ihm in Kontakt treten konnte.

Menschen, an die Sie herantreten können, finden Sie überall.

Eine großartige Informationsquelle für die Zusammenstellung von Listen sind – auch wenn es absurd klingen mag – die Listen anderer Menschen. Zeitungen und Zeitschriften bringen andauernd derartige Ranglisten.

Ich hatte beispielsweise schon seit Jahren immer die „40 Under 40“-Liste von Crain’s herausgerissen und aufgehoben, bevor ich selbst in diese Liste aufgenommen wurde. Ich schneide Listen der besten CEOs, der meistbewunderten Marketingexperten und der fortschrittlichsten Unternehmer aus – diese Listen werden in lokalen und landesweiten Publikationen veröffentlicht und in allen Branchen gibt es etwas Vergleichbares.

Sie wollen natürlich nicht nur wissen, wer die Player auf Ihrem Feld sind, sondern Sie wollen irgendwann selbst einer dieser Player sein. Die Menschen, die in Crain’s „40 Under 40“ aufgenommen werden, sind nicht unbedingt die 40 besten Geschäftsleute. Aber vielleicht sind sie die 40 mit den meisten Kontakten. Und wahrscheinlich haben alle irgendwann schon einmal miteinander zu Mittag gegessen. Wenn man diese Menschen und die Menschen kennenlernt, die sie kennen (einschließlich der Crain’s-Redakteure, die für „40 Under 40“ zuständig sind), ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass man beim nächsten Mal in die Liste aufgenommen wird.

Wenn Sie also Namen auf Ihre Listen schreiben, sollten Sie sich keine Sorgen machen, ob Sie sofort einen Kontakt zu diesen herstellen können oder nicht. Mit der Kartierung der Landkarte fangen Sie an.

Das Internet ermöglicht einem unglaublich detaillierte Suchen in Millionen an Kontakten – aber man muss immer noch wissen, wie man sie eingrenzt. Die Medien bieten dabei einen Filter. Daneben ist LinkedIn noch sehr nützlich. Ein junger Freund von mir beschwerte sich, dass die Website ihm nicht bei seiner Jobsuche geholfen habe. Er fand das Getue darum sei ein einziger Hype. Also fragte ich ihn, wie er die Website nutzte. „Oh, ich habe Dutzende Lebensläufe als Reaktion auf Stellenanzeigen verschickt und zu einigen Recruitern Kontakt aufgenommen. Aber es hat sich nichts daraus ergeben.“

 

Mein Freund hat das wahrhaft Geniale an LinkedIn übersehen: Die Möglichkeit, nicht nur sein eigenes Netzwerk umfassend zu kartografieren, sondern auch die Netzwerke von gesamten Branchen. Man muss dabei langfristig denken. Durchsuchen Sie die mehr als 200 Millionen User mithilfe eines beliebigen Keywords. Jedes Profil, das Sie sich ansehen, zeigt „Personen mit Ähnlichkeiten zu [Kontakt]“ und eine praktische Darstellung des Netzwerks dieser Person, die man nach Unternehmen, Region und so weiter ordnen kann. Und die Seite sagt einem sofort, ob man gemeinsame Kontakte mit einer beliebigen Person teilt.

Das ist der Heilige Gral des Networkings! Wenn Sie in letzter Zeit keine Zeit hatten, sich mit Menschen auf LinkedIn zu verbinden, dann sollten Sie diese Woche zwei Stunden im Kalender reservieren, um personalisierte Einladungen an so viele Menschen in ihrem Netzwerk wie möglich zu verschicken. Sie wären überrascht, wie viele neue Unterhaltungen sich durch ein paar simple LinkedIn-Anfragen ergeben.

Und dann gibt es noch eine Kategorie, die Sie vielleicht auch einführen wollen und die ich als „ehrgeizige Kontakte“ bezeichne. Das sind extrem hochrangige Personen, die nichts mit meinen derzeitigen Geschäften zu tun haben, aber die, nun ja, die einfach nur interessant oder erfolgreich oder beides sind. Das können Staatschefs, Medienmoguln, Schauspieler oder sonstige Menschen sein, von denen andere mit Wertschätzung sprechen. Ich setze diese Menschen auch auf eine Liste.

Wenn Sie jetzt mein Adressbuch sehen könnten, würde ich Ihnen die Kontaktinformationen für Richard Branson zeigen, den Vorsitzenden des Virgin-Imperiums. Ich kenne Richard Branson nicht … noch nicht. Aber ich will ihn kennenlernen. Wenn Sie ein bisschen scrollen, finden Sie Howard Stringer, den CEO von Sony Corp. of America. Er stand früher auf meiner Ehrgeiz-Liste. Mittlerweile kenne ich Howard.

Manche Menschen belächeln das, aber der Erfolg spricht für sich.

Vergessen Sie nicht: Wenn Sie organisiert und konzentriert sind und fleißig Namen sammeln, ist niemand unerreichbar.

Irgendwann gingen meine drei Jahre bei YaYa zu Ende. Im Jahre 2002 berichtete Forbes über unseren außerordentlichen Erfolg als Start-up-Unternehmen, das mit einem vollkommen neuen Konzept aus dem Nichts gekommen war. Das Konzept des „Advergaming“ wurde zu einer Art digitaler Währung auf dem Markt und der Begriff wird heute von CEOs und Journalisten gleichermaßen benutzt. Gerade gestern hörte ich zufällig, wie ein CEO, der nicht wusste, dass wir dieses Wort erfunden hatten, begeistert von einem innovativen Instrument namens „Advergaming“ sprach, das den Umsatz und die Anerkennung seines Produkts messbar gesteigert habe. YaYa wurde schließlich wie geplant an eine Aktiengesellschaft verkauft. Dadurch bekamen die Investoren das gewünschte digitale Kapital und YaYa bekam das Betriebskapital, das es benötigte. Dabei ist ganz klar, dass YaYa ohne meinen Listenstapel nicht einmal das erste Betriebsjahr überstanden hätte.

9
Das Erwärmen der Kaltakquise

Kaltakquise macht aus den kompetentesten Persönlichkeiten chaotische Neurotiker. Ich kenne Menschen, die bekommen schon bei dem Gedanken Krämpfe, dass sie eine unbekannte Person anrufen sollen.

Wie schafft man also einen Kaltakquise-Anruf?

Erstens geht es nur um die Einstellung. Um Ihre Einstellung. Man ist nie vollständig darauf vorbereitet, neue Menschen kennenzulernen; den perfekten Moment gibt es nicht. Ihre Ängste werden nie ganz zerstreut werden, denn es ist wenig verlockend, eine Abfuhr zu riskieren. Es gibt Hunderte von Gründen, den Moment zu verschieben. Der Trick ist, einfach ins kalte Wasser zu springen. Denken Sie daran, wenn Sie nicht glauben, dass Ihnen der Anruf das Gewünschte bringt, dann bekommen Sie es wahrscheinlich wirklich nicht. Um es mit den Worten von Caddyshack zu sagen: „Seien Sie der Ball.“ Wenn Sie gewinnen wollen, müssen Sie sich vorstellen, dass Sie gewinnen.

Sie müssen das Kennenlernen neuer Menschen als Herausforderung und als Chance betrachten. Der Gedanke daran sollte Ihren Wettbewerbseifer entzünden und das Mauerblümchen in uns allen zum Schweigen bringen, das vor sozialen Abenteuern zurückschreckt.

Zweitens sind Kaltakquise-Anrufe etwas für Idioten. So etwas mache ich nicht – niemals.

Ich habe Strategien entwickelt, dank deren jeder meiner Anrufe eine Warmakquise ist.

Dafür gebe ich Ihnen ein Beispiel. Jeff Arnold, der Gründer von WebMD, ist ein Freund von mir. Er hatte vor Jahren die Rechte und Patente auf eine Technologie erworben, mit der man digitalen Content auf Einweg-Mini-DVDs brennen kann. Heute ist das natürlich völlig veraltet, aber damals war es eine interessante neue Form, digitalen Content unter die Leute zu bringen.

Im Gespräch mit Jeff und seinem Partner Thomas Tull erfuhr ich, dass sie gerade mit einer Kinogesellschaft einen Vertrag geschlossen hatten, wonach ihre DVDs zusammen mit Getränken in den Kinos verkauft werden sollten. Jeff und Thomas dachten sich, dass ein Unternehmen wie Sony Electronics aufgrund der demografischen Zusammensetzung des Kinopublikums aus diesem neuen Vertriebskanal Nutzen ziehen könnte. Sie wussten allerdings nicht, wen sie bei Sony kontaktieren sollten, und fragten mich, ob ich eine Idee hätte.

Ich war Sir Howard Stringer, dem CEO von Sony, schon mehrmals begegnet, also rief ich sein Büro an. Aber anstatt nur abzuwarten, bis Howard sich bei mir meldete, wollte ich noch andere Wege finden. Mir fiel damals kein Angehöriger meines Kontaktnetzwerks ein, der mich mit dem richtigen Entscheidungsträger bei Sony zusammenbringen konnte. Als auf meine Anrufe und E-Mails niemand reagierte, suchte ich bei den Werbeagenturen, die für Sony arbeiteten, und ich fand heraus, dass Brand Buzz, eine Werbeagentur unter dem Dach des Anzeigen-Riesen Young & Rubicam, Sony zu seinen Topkunden zählte.

Darüber hinaus ist John Partilla, damals CEO von Brand Buzz, ist ein enger Freund von mir.

Also rief ich ihn an. „Hey John, zwei Dinge. Erstens möchte ich, dass du einen Kumpel von mir namens Jeff Arnold kennenlernst. Er ist brillant und kreativ und du solltest ihn kennen. Er ist der Mann, der WebMD gegründet hat, und jetzt hat er ein Unternehmen namens Convex Group gegründet, das in Zukunft vielleicht eure Dienste gebrauchen kann. Und zweitens bringt Convex eine unglaubliche Technologie heraus, mit der man digitalen Content auf neuen Wegen vertreiben kann. Ich glaube, Sony würde es gefallen, wenn es davon wüsste.“

Durch diese Art der Kontaktaufnahme bot ich John gewissermaßen zwei Chancen: Er konnte zum einen durch Jeff jemand Wichtigen und Interessanten, vielleicht für neue Geschäfte, kennenlernen. Zum anderen erhielt er die Chance, vor dem bereits bestehenden Geschäftspartner Sony gut dazustehen, indem er neue Geschäftsmöglichkeiten vermittelte.

John stellte mit Freuden eine Verbindung her. Er kannte den perfekten Ansprechpartner bei Sony, nämlich Serge Del Grosso, den neuen Leiter der Abteilung Media & Internet Strategies. Ich bat John, meinem Anruf eine kurze E-Mail vorauszuschicken, in der er mich vorstellte. Ich bat ihn außerdem, eine Kopie an mich zu schicken, sodass ich mich bei der nachfolgenden Korrespondenz mit Serge immer auf John berufen und damit unserem Treffen eine gewisse Dringlichkeit geben konnte. Also warteten John und ich beide auf ein Treffen mit Serge.

Wie so oft in geschäftlichen Dingen war das alleine noch nicht genug. Serge war beschäftigt und auch nach mehreren E-Mails hörte ich weder von ihm noch von seiner Sekretärin etwas. Das ist nichts Ungewöhnliches. Es kommt häufig vor, dass sich jemand nicht bei einem meldet. Dann muss man sein Ego beiseiteschieben und beharrlich weiter anrufen oder schreiben. Und wenn der Kontakt dann irgendwann zustande kommt, sabotieren Sie Ihre Bemühungen nicht durch Bemerkungen, wie sehr Sie sich geärgert haben, dass sich die betreffende Person nicht so schnell bei Ihnen gerührt hat wie Sie das gewünscht hätten. Genauso wenig sollten Sie sich für Ihre Hartnäckigkeit entschuldigen. Benehmen Sie sich einfach so, als hätten Sie die Person gleich beim ersten Anruf erreicht. Machen Sie es für alle Beteiligten angenehm.

Um solche Termine zu machen, braucht man Zeit. Es ist an Ihnen, die Initiative zu ergreifen. Manchmal müssen Sie dabei aggressiv vorgehen. Nach ein paar Wochen ohne Antwort rief ich einfach bei Sony an und bekam Serges Durchwahl. Wenn ich jemanden direkt anrufe, mit dem ich noch nie gesprochen habe, versuche ich, zu einer unüblichen Zeit anzurufen. Jemand, der viel beschäftigt ist, geht morgens um acht oder abends um halb sieben eher ans Telefon als sonst. Außerdem sind die Menschen dann wahrscheinlich weniger gestresst, weil sie nicht mitten im normalen Arbeitstag stecken.

Ich rief am frühen Morgen an, erreichte aber nur Serges Mailbox. Ich hinterließ eine Nachricht: „Ich möchte noch einmal betonen, wie sehr ich mich darauf freue, Sie kennenzulernen. John hat noch nie so schmeichelhaft von einem Geschäftspartner gesprochen. Bis jetzt habe ich von Ihrer Sekretärin noch nichts gehört, aber ich bin sicher, das klappt. Bis bald.“ Die Interaktion sollte zu keinem Zeitpunkt getrübt werden. Es gehört zu diesem Tanz, ein optimistisches Gefühl und sanften Druck um den Termin herum aufzubauen.

Da ich danach immer noch nichts von Serges Büro hörte, wählte ich Serges Durchwahl nach der üblichen Arbeitszeit, etwa um sechs Uhr abends. Diesmal ging er selbst ans Telefon und ich legte los.

„Hallo Serge. Hier spricht Keith Ferrazzi. John hat schon öfter in den höchsten Tönen von Ihnen gesprochen und jetzt habe ich endlich einen Vorwand, Sie einmal anzurufen. Ich rufe im Auftrag meines Freundes Jeff Arnold, des Gründers von WebMD an. Er hat eine neue, sehr wirkungsvolle Möglichkeit, digitalen Content zu verbreiten. Angesichts der neuen Produkte, die Sie dieses Quartal rausbringen, könnte das die perfekte Partnerschaft sein. Ich bin nächste Woche in New York. Wir könnten uns doch einmal treffen. Aber wenn es bei dieser Gelegenheit nicht passt, mache ich einen Termin frei, wann immer es Ihnen passt.“

In 15 Sekunden wendete ich meine vier Regeln für die Warmakquise an: 1) Ich machte mich glaubwürdig, indem ich eine bekannte Person oder Institution erwähnte – in diesem Fall John, Jeff und WebMD. 2) Ich bot einen Nutzen an: Jeffs neues Produkt könnte Serge beim Verkauf seiner neuen Produkte helfen. 3) Ich vermittelte eine gewisse Dringlichkeit und Entgegenkommen, indem ich bereit war, jederzeit alles Mögliche zu tun, um die andere Person zu deren Bedingungen zu treffen. 4) Ich war bereit, einen Kompromiss einzugehen, der mindestens ein weiteres Gespräch beinhalten würde.

Das Ergebnis? Eine Woche später saß ich in Serges Büro. Zwar ließen seine Budgets keine kurzfristige Einführung des Produkts zu, aber er verstand, wie wirkungsvoll er mit diesem Medium sein Publikum erreichen konnte. Im Nachhinein, wer weiß? Vielleicht hatte er die künftige technologische Entwicklung besser im Blick. Gute Entscheidung, Serge!

Hier nun ein paar meiner Regeln in ausführlicherer Fassung:

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