Geh nie alleine essen! - Neuauflage

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

Anders gesagt ist die Währung des echten Networkings nicht Gier, sondern Großzügigkeit.

Wenn ich auf all die Menschen zurückblicke, denen ich unschätzbare Lehren über den Aufbau dauerhafter Beziehungen verdanke – meinen Vater, Elsie, meine Schützlinge und die College-Studenten, mit denen ich spreche, Ray, Mr. Pidgeon, die Menschen, mit denen ich arbeite –, komme ich zu mehreren grundlegenden Erkenntnissen und Beobachtungen:

1.Konjunkturzyklen kommen und gehen; Freunde und vertraute Kollegen bleiben. Es könnte durchaus der Tag kommen, an dem Sie am Nachmittag in das Büro Ihres Chefs gehen und zu hören bekommen: „Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber …“ Das ist garantiert ein schwerer Tag. Man kommt damit allerdings viel besser zurecht, wenn man nach ein paar Telefonaten in ein anderes Büro treten kann und dort zu hören bekommt: „Auf diesen Tag habe ich schon lange gewartet. Ich gratuliere …“

Sicherer Arbeitsplatz? In schweren Zeiten rettet Sie keine Erfahrung, kein Fleiß und keine Begabung. Wenn man Arbeit, Geld, Rat, Hilfe, Hoffnung oder eine Verkaufsmöglichkeit braucht, findet man sie nur an einem Ort mit unfehlbarer Sicherheit – im ausgedehnten Kreis der Freunde und Kollegen.

2.Man braucht sich keine Gedanken zu machen, wer die Zeche bezahlt. Es bringt nichts, über gewährte und angenommene Gefallen Buch zu führen. Wen interessiert das?

Würde es Sie überraschen, wenn ich Ihnen sagen würde, dass es „Hollywood“-David jetzt gar nicht mehr so gut geht? Er hortete das Beziehungskapital solange, bis er feststellen musste, dass es nichts mehr zu horten gab. In den zehn Jahren nach unserer Begegnung in dem Café in Santa Monica habe ich nichts mehr von ihm gehört und auch niemand, den ich kenne, hat etwas von ihm gehört. Für die Unterhaltungsbranche gilt das Gleiche wie für viele andere Branchen auch: Die Welt ist klein.

Bilanz: Geben ist seliger denn Nehmen. Und rechnen Sie niemals auf. Wenn Ihre Beziehungen von Großzügigkeit geprägt sind, werden Sie auch dafür belohnt.

3.Die Welt der Wirtschaft ist stets im Fluss und es herrscht immer Wettbewerb; der Assistent von gestern ist die Einflussperson von heute. Viele der jungen Menschen, die früher meine Anrufe entgegennahmen, lassen mich heute gern zu sich durchstellen. Vergessen Sie nicht, dass man im Leben besser vorankommt, wenn diejenigen auf einer niedrigeren Stufe der Karriereleiter Ihnen freudig beim Vorwärtskommen helfen und nicht Ihren Sturz herbeiwünschen.

Heutzutage ist jeder seine eigene Marke. Vorbei die Zeit, als der Wert eines Angestellten an seiner Loyalität und seinen Dienstjahren abzulesen war. Unternehmen benutzen Marken, um starke, dauerhafte Kundenbeziehungen aufzubauen. In der fließenden Wirtschaft von heute müssen Sie in Ihrem persönlichen Netzwerk das Gleiche tun.

Ich bin der Meinung, dass Ihre Beziehungen zu anderen Menschen der höchste, glaubwürdigste Ausdruck dessen sind, was Sie sind und was Sie bieten können. Es gibt nichts Besseres. Nichts lässt sich damit vergleichen.

4.Bringen Sie sich ein. Das ist der Wunderdünger für Ihr Netzwerk. Schenken Sie der wachsenden Gemeinde der Freunde Ihre Zeit, Ihr Geld und Ihr Wissen.

5.Wenn ich daran denke, was Jack Pidgeon für mich und unzählige andere getan hat, und wenn ich an das Vermächtnis denke, das er dadurch hinterlässt, gelange ich mehr denn je zu der Überzeugung, dass die großartigste Möglichkeit, meinem ehemaligen Schuldirektor für die Lehren über das Zugehen auf andere Menschen zu danken, in der Weitergabe dieser Lehren besteht. Noch einmal vielen Dank, Mr. Pidgeon.

3
Wie lautet Ihre Mission?

„ ‚Könntest du mir bitte sagen, welchen Weg ich von hier aus nehmen soll?‘

‚Das kommt ganz darauf an, wohin du gehen willst‘, sagte die Katze.

‚Wohin ist mir ziemlich egal‘, sagte Alice.

‚Dann ist es auch egal, welchen Weg du nimmst‘, sagte die Katze.“

– „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll

Wollen Sie CEO oder Senator werden? Wollen Sie an die Spitze Ihres Berufsstands oder an die Spitze des Elternbeirats der Schule Ihres Kindes aufsteigen? Wollen Sie mehr Geld und mehr Freunde haben?

Je genauer Sie wissen, was Sie wollen, umso leichter können Sie eine Strategie dafür entwickeln. Natürlich gehört es zu dieser Strategie, Beziehungen zu Menschen in Ihrem Umkreis aufzubauen, die Ihnen helfen können, dorthin zu kommen, wo Sie hinwollen.

Alle erfolgreichen Menschen, die ich kenne, haben sich mit einem gewissen Eifer Ziele gesetzt. Erfolgreiche Sportler, CEOs, charismatische Führungspersönlichkeiten, erfolgreiche Verkäufer und erfahrene Manager – sie alle wissen, was sie vom Leben wollen, und sie verfolgen dieses Ziel.

Wie mein Vater zu sagen pflegte: Niemand wird durch Zufall Astronaut.

Ich habe schon früh damit angefangen, mir Ziele zu setzen. Als ich in Yale studierte, wollte ich Politiker und Gouverneur von Pennsylvania werden (ich war wirklich so speziell und so naiv). Aber ich lernte auch, dass man ein Ziel umso leichter anstreben kann, je konkreter es ist. Im zweiten Jahr wurde ich Vorsitzender der Yale Political Union (YPU), in der sich schon viele Ehemalige die ersten Sporen für eine politische Laufbahn verdient hatten. Als ich in eine Studentenverbindung eintreten wollte, nahm ich nicht einfach die erstbeste, die sich bot. Ich recherchierte, aus welcher Verbindung die meisten Politiker hervorgegangen waren. Sigma Chi hatte eine reiche Tradition und eine lange Liste Ehemaliger, die beeindruckende politische Führer geworden waren. Allerdings war sie zu dieser Zeit in Yale nicht vertreten. Also gründeten wir einen neuen Ableger.

Schließlich kandidierte ich für den Stadtrat von New Haven. Ich verlor die Wahl, aber im Zuge der Kandidatur lernte ich alle möglichen Menschen kennen, von William F. Buckley über Dick Thornburg, den Gouverneur von Pennsylvania, bis hin zu Bart Giamatti, den Präsidenten der Yale University. Ich besuchte Bart bis zu seinem Tod regelmäßig; er war für mich buchstäblich ein Orakel der Ratschläge und Kontakte. Schon damals wurde mir klar, dass mich etwas so Schlichtes wie ein klar definiertes Ziel von all denen unterschied, die sich einfach durch die Studienzeit treiben ließen und darauf warteten, dass etwas passieren würde. Später wandte ich diese Erkenntnis noch energischer an.

Zum Beispiel hob ich mich unter anderem dadurch bei Deloitte & Touche von den anderen Consultants ab, die frisch von der Uni kamen. Ich wusste, dass ich einen Schwerpunkt brauchte, eine Richtung, in die ich meine Energien lenken konnte. Diesen Schwerpunkt lieferte mir ein Artikel von Michael Hammer, den ich in der Business School gelesen hatte. Hammer war Co-Autor von Business Reengineering. Die Radikalkur für das Unternehmen; seine Ideen eroberten die Unternehmenswelt im Sturm und standen im Begriff, ein neues Segment für Beratungsdienste zu schaffen.

Hier bot sich die Chance, ein Experte für ein relativ neues Wissensund Forschungsgebiet zu werden, das schnell sehr gefragt war. Ich las alle Fallstudien und besuchte alle Vorträge und Vorlesungen, die ich schaffte. Wo Michael Hammer war, da war auch ich. Mit der Zeit betrachtete er mich zum Glück weniger als Stalker, sondern als Schüler und Freund. Dank meines Zugangs zu Michael Hammer und meiner wachsenden Kenntnisse auf seinem Fachgebiet konnte ich eine stärkere Beziehung zwischen meinem Arbeitgeber und einem der einflussreichsten und geachtetsten Köpfe der Wirtschaftswelt organisieren. Daraus, dass Deloitte an vorderster Front der Reengineering-Bewegung stand, resultierten Publicity und Gewinn. Mit diesem Erfolg begann der Aufstieg meiner Karriere, die einst auf wackeligen Füßen gestanden hatte.

In den letzten Jahrzehnten wurden unzählige Bücher über das Setzen von Zielen geschrieben. Und ja, das ist wirklich extrem wichtig. Ich habe meinen eigenen Zielsetzungsprozess mit der Zeit zu einem dreistufigen Verfahren entwickelt. Aber die Hauptsache ist, dass man es sich zur Gewohnheit macht, sich Ziele zu setzen. Wenn Sie das tun, wird das Setzen von Zielen zum festen Bestandteil Ihres Lebens. Wenn nicht, wird es verkümmern und eingehen.

Erster Schritt: Finden Sie Ihre Leidenschaft

Die beste Definition von „Ziel“, die ich je gehört habe, stammt von einer außerordentlich erfolgreichen Vertriebsfrau, die mir auf einer Tagung einmal sagte: „Ein Ziel ist ein Traum mit einer Frist.“ Diese wunderbare Definition betont alle wichtigen Punkte. Bevor Sie anfangen, Ziele aufzuschreiben, sollten Sie wissen, worin Ihr Traum besteht. Andernfalls könnten Sie in eine Richtung steuern, in die Sie eigentlich gar nicht gehen wollten.

Studien haben ergeben, dass deutlich über 50 Prozent der Amerikaner mit ihrer Arbeit unzufrieden sind. Viele dieser Menschen verdienen ganz gut, aber sie verdienen ihr Geld mit etwas, das ihnen keinen Spaß macht. Wie wir uns in solche Situationen bringen, ist nicht schwer zu verstehen. Die Menschen sind von den Entscheidungen hinsichtlich ihrer Arbeit, ihrer Familie, ihrer Geschäfte und ihrer Zukunft überfordert. Anscheinend gibt es zu viele Wahlmöglichkeiten. Am Ende konzentrieren wir uns auf Begabungen, die wir gar nicht haben, und auf Karrieren, die nicht recht passen. Viele von uns reagieren darauf, indem sie einfach auf das springen, was ihnen über den Weg läuft, ohne sich ein paar sehr wichtige Fragen zu stellen.

Haben Sie sich schon einmal hingesetzt und ernsthaft darüber nachgedacht, was Sie wirklich lieben? Worin Sie gut sind? Was Sie im Leben erreichen wollen? Welche Hürden Sie daran hindern? Die meisten Menschen tun das nicht. Sie akzeptieren, was sie tun „sollten“, und nehmen sich nicht die Zeit, herauszufinden, was sie eigentlich tun wollen.

 

Wir alle haben unsere Vorlieben, Unsicherheiten, Stärken, Schwächen und einzigartigen Fähigkeiten. Wenn wir herausfinden wollen, wo sich unsere Begabungen und unsere Wünsche überschneiden, müssen wir das berücksichtigen. Diese Schnittmenge bezeichne ich als „blaue Flamme“ – wo Leidenschaft und Können zusammentreffen. Wenn die blaue Flamme in einer Person entzündet ist, wird sie zu einer mächtigen Kraft, die einen an den gewünschten Ort bringt.

Ich verstehe die blaue Flamme als Treffpunkt von Mission und Passion, gegründet auf eine realistische Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten. Mit ihrer Hilfe kann man den Lebenszweck bestimmen – sich um ältere Menschen kümmern, Mutter werden, Spitzeningenieur, Schriftsteller oder Musiker werden … Ich glaube, dass jeder Mensch eine Mission in sich trägt, die ihn inspirieren kann.

Joseph Campbell, der Anfang der 1990er-Jahre den Satz „Follow Your Bliss“ [wörtlich etwa „Folge deinem Glück“] prägte, hat an der Columbia University studiert. Er beschloss, dass seine blaue Flamme das Studium der griechischen Mythologie sei.

Als er erfuhr, dass es dafür keinen passenden Studiengang gibt, machte er sich seinen eigenen Plan. Nach dem Studium wohnte er in einer Hütte in Woodstock im Staat New York und tat fünf Jahre lang nichts anderes, als von neun Uhr morgens bis sechs oder sieben Uhr abends zu lesen. Für Liebhaber griechischer Mythen gibt es eben keine vorgezeichnete Laufbahn. Danach kam Campbell als äußerst gebildeter Mann aus dem Wald heraus, aber er hatte immer noch keine Ahnung, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Auf jeden Fall folgte er hartnäckig seiner Liebe zur Mythologie.

Die Menschen, die damals mit ihm zu tun hatten, waren von seinem Wissen und seiner Leidenschaft erstaunt. Schließlich wurde er für eine Vorlesung an das Sarah Lawrence College eingeladen. Eine Vorlesung führte zur anderen und als Lawrence sich 28 Jahre später umsah, war er ein berühmter Autor und Professor für Mythologie; er tat das, was er liebte, und zwar an der gleichen Schule, die ihm als erstes Sprungbrett gedient hatte. „Wenn man sich von seinem persönlichen Glück leiten lässt, begibt man sich auf einen Weg, der schon die ganze Zeit da war und auf einen gewartet hat; und das Leben, das man führen sollte, ist das Leben, das man führt.“

Und wie findet man sein Glück?

Campbell glaubte, dass jeder Mensch in sich das intuitive Wissen trägt, was er oder sie im Leben am meisten will. Wir müssen nur danach suchen.

Ich stimme Dr. Campbell zu. Nach meiner Überzeugung beruhen alle guten Entscheidungen auf guten Informationen. Das ist bei der Bestimmung der Leidenschaft, dem persönlichen Lebensglück und der blauen Flamme nicht anders. Gute Informationen bekommt man aus zwei Quellen. Ein Teil kommt aus Ihrem Inneren und der andere Teil von Ihren Mitmenschen.

1. Der Blick nach innen

Es gibt viele Möglichkeiten, eine Selbsteinschätzung seiner Ziele und Träume vorzunehmen. Manche Menschen beten. Andere meditieren oder lesen. Manche treiben Sport. Einige ziehen sich längere Zeit in die Einsamkeit zurück.

Das Wichtigste bei der inneren Prüfung ist, dass man sie ohne die Beschränkungen, ohne die Zweifel, Ängste und Erwartungen durchführt, die damit zusammenhängen, was man tun „sollte“. Sie müssen es schaffen, die Hindernisse Zeit, Geld und Verpflichtungen aus dem Weg zu räumen.

Wenn ich in der richtigen geistigen Verfassung bin, fange ich an, eine Liste meiner Träume und Ziele aufzustellen. Manche sind absurd und manche sind überaus pragmatisch. Ich versuche nicht, die Liste zu zensieren oder zu verändern – ich schreibe einfach alles ungefiltert auf. Nach dieser ersten Liste schreibe ich in eine zweite Spalte alles, was mir Spaß und Freude macht: Errungenschaften, Menschen und Dinge, die mich bewegen. Anhaltspunkte dafür findet man in seinen Hobbys, in den Zeitschriften und Büchern, die man liest, und in den Filmen, die einem gefallen. Welche Aktivitäten begeistern Sie so sehr, dass Sie nicht merken, wie die Stunden verfliegen?

Wenn ich fertig bin, verknüpfe ich die beiden Listen miteinander; ich suche nach Schnittpunkten, die auf eine Richtung oder einen Zweck verweisen. Das ist eine einfache Übung, aber sie kann tiefgreifende Ergebnisse bringen.

2. Der Blick nach außen

Als Nächstes fragen Sie die Menschen, die Sie am besten kennen, was sie für Ihre größten Stärken und Schwächen halten. Fragen Sie sie, was sie an Ihnen bewundern und in welchen Bereichen Sie Hilfe gebrauchen könnten.

Die Informationen aus Ihrer Innenschau und aus dem Input, den Sie von anderen bekommen, werden Ihnen schon nach kurzer Zeit sehr konkrete Hinweise darauf geben, was Ihre Mission oder Ihre Richtung sein sollte.

Einige der hartgesottensten CEOs und Unternehmer der Welt sind große Anhänger der blauen Flamme – auch wenn sie das wahrscheinlich nicht so nennen.

James Champy, ein gefeierter Unternehmensberater und Co-Autor von Business Reengineering. Die Radikalkur für das Unternehmen, behauptet, Erfolg sei in allererster Linie eine Sache unserer Träume. In seinem Buch The Arc of Ambition kommt Champy zu dem Schluss, der Erfolg von großen Führungspersönlichkeiten wie Ted Turner, Michael Dell und Jack Welch beruhe weniger auf ihren Fähigkeiten als auf der Tatsache, dass sie eine klar definierte Mission haben, die sie in all ihrem Tun antreibt.

Als Champy Michael Dell fragte, wo er den Ehrgeiz fand, Dell-Computer zu bauen, redete der CEO zuerst über Konjunkturzyklen und Technologie. Dann hielt er inne.

„Wissen Sie, woher dieser Traum wahrscheinlich wirklich kommt?“, fragte er. Dann beschrieb er, wie er durch die Vororte von Houston zur Schule fuhr und die Bürogebäude mit ihren großen Fahnenmasten bewunderte. Dell wollte auch einen Fahnenmast. Er wollte diese Art Präsenz haben. Das war für ihn das Sinnbild für Erfolg und deshalb visierte er die Gründung seines eigenen Unternehmens schon an, bevor er legal einen Drink bestellen durfte. Heute hat er drei Fahnenmasten.

Ambitionen sind wie japanische Kois. Sie wachsen entsprechend der Größe ihrer Umgebung. Unsere Leistungen wachsen mit der Größe unserer Träume und mit dem Grad, zu dem wir uns an unsere Mission halten.

Ziele zu bestimmen, sie auf den neuesten Stand zu bringen und im Auge zu behalten, wie nahe wir ihnen schon gekommen sind, ist meiner Meinung nach weniger wichtig als der emotionale Prozess der Entscheidung, was man eigentlich machen will.

Soll das heißen, dass ein hoffnungsloser Träumer General Electric genauso gut hätte leiten können wie Neutronen-Jack? Selbstverständlich nicht. Die Verwandlung eines Traums in Wirklichkeit erfordert harte Arbeit und Disziplin.

„Welch hat vielleicht etwas dagegen, wenn ich sage: ‚Jack, du bist ein Träumer‘ “, schreibt Champy, „aber er ist eben ein disziplinierter Träumer. Er ist so fähig und intelligent, dass er die Chancen in verschiedenen Branchen wahrnimmt.“

Alle disziplinierten Träumer haben etwas gemeinsam: eine Mission. Die Mission ist häufig riskant, unkonventionell und wahrscheinlich höllisch schwer zu erfüllen. Aber sie ist möglich. Die Form von Disziplin, die einen Traum in eine Mission und eine Mission in Wirklichkeit verwandelt, besteht tatsächlich einfach in dem Verfahren der Zielsetzung.

Zweiter Schritt: Ziele zu Papier bringen

Eine Mission wird nicht „einfach so“ zur Realität. Sie wird wie jedes andere Kunstwerk oder jede Art von Handelstätigkeit aus dem Nichts aufgebaut. Zuerst muss man sie sich vorstellen. Dann muss man die nötigen Fähigkeiten, Werkzeuge und Materialien besorgen. Das benötigt Zeit. Dafür braucht man Überlegung, Entschlossenheit, Durchhaltevermögen und Glauben.

Das Werkzeug, das ich dafür benutze, bezeichne ich als Beziehungs-Aktions-Plan oder BAP.

Dieser Plan besteht aus drei deutlich unterschiedenen Teilen: Der erste Teil ist die Entwicklung der Ziele, die einem die Erfüllung der Mission ermöglichen. Der zweite Teil ist die Verknüpfung dieser Ziele mit den Menschen, Orten und Dingen, die einem bei der Erledigung helfen. Und der dritte Teil sagt einem, wie man am besten an die Menschen herantritt, die einem helfen, diese Ziele zu erreichen. Das bedeutet, dass man ein Medium wählen muss, um diese Connections herzustellen, aber vor allem bedeutet es, man muss eine Möglichkeit finden, mit einer großzügigen Geste die Umsetzung der eigenen Pläne einzuleiten.

Das ist eine auf ein Minimum reduzierte, geradlinige Arbeitsgrundlage, die allerdings mir, meinen Vertriebsleuten und vielen meiner Freunde außerordentlich hilft.

Im ersten Abschnitt schreibe ich auf, was ich heute in drei Jahren erreicht haben will. Dann arbeite ich in Schritten von drei Monaten und von einem Jahr rückwärts und komme so zu mittel- und kurzfristigen Zielen, die mir helfen, meine Mission zu erfüllen. Unter jeden Zeitrahmen schreibe ich ein A-Ziel und ein B-Ziel, die auf sinnvolle Weise dazu beitragen, mein 3-Jahres-Ziel zu erreichen.

Eine gute Freundin von mir namens Jamie liefert ein gutes Beispiel dafür, wie das funktioniert. Jamie versuchte krampfhaft, ihrem Leben eine Richtung zu geben. Sie hatte in Harvard ihren Doktor in Geschichte gemacht und eigentlich gedacht, sie würde Professorin werden. Aber dann war ihr die akademische Welt zu langweilig. Sie zog eine Laufbahn in der Wirtschaft in Erwägung, fand aber die Geschäftswelt nicht lohnenswert. Also lebte Jamie ein paar Monate in Manhattan und dachte darüber nach, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte; dann kam sie darauf, was sie wirklich machen wollte: Sie wollte Kinder unterrichten.

Ich bat sie, es mit meinem BAP zu versuchen. Sie war zuerst skeptisch. „Das mag für MBA-Typen etwas taugen, aber ich bin nicht sicher, ob das für Menschen wie mich funktioniert“, meinte sie. Trotzdem war sie mit einem Versuch einverstanden.

Also machte sie sich daran, das Arbeitsblatt auszufüllen. Ihr A-Ziel war es, in drei Jahren Lehrerin zu sein, ihr B-Ziel, in drei Jahren in einem angesehenen Schulbezirk in einer Gegend zu arbeiten, in der sie gern wohnen würde. Dann füllte sie die kurzfristigen A- und B-Ziele aus.

In 90 Tagen wollte sie auf dem Weg zur staatlich anerkannten Highschool-Lehrerin sein; sie wollte an einem Ausbildungsprogramm teilnehmen, das den Wechsel in das Bildungswesen ermöglicht. Nach einem Jahr wollte sie in Vollzeit unterrichten. Dann stellte sie eine Liste der besten Highschools in Manhattan zusammen, an denen ihr die Arbeit Spaß machen könnte.

Im zweiten Teil des Plans, der in die gleichen Zeitabschnitte aufgeteilt war, musste sie nun für jedes A- und B-Ziel Personen benennen, die sie ihrer Meinung nach der Verwirklichung ihres Ziels ein Stück näherbringen könnten.

Sie fing mit den Recherchen an und fand eine Kontaktperson für ein Programm, das Akademikern den Einstieg in den Lehrerberuf ermöglichte. Außerdem ermittelte sie die Namen der Personen, die an den von ihr ausgewählten besten Highschools für die Einstellung von Lehrpersonal zuständig waren. Und schließlich fand sie die Telefonnummer einer Organisation heraus, die Zertifizierungskurse für Lehrkräfte anbot.

Nach wenigen Wochen war Jamie auf dem besten Weg zu ihrem Ziel. Sie erkannte die symbiotische Beziehung zwischen Zielsetzung und der Kontaktaufnahme zu Menschen, die einem helfen können, diese Ziele zu erreichen. Je weiter sie kam, desto größer wurde ihr Netzwerk, und je größer das Netzwerk wurde, desto näher kam sie ihren 3-Jahres-Zielen.

Jamie ist mittlerweile Highschool-Lehrerin mit Festanstellung an einer der besten Highschools des Landes in Beverly Hills/ Kalifornien, und sie liebt den Job.

Die dritte Stufe hilft letztlich bei der Entscheidung, welche der Strategien, die ich in den folgenden Kapiteln noch darlegen werde, am ehesten Erfolg verspricht. Bei einigen Leuten muss man vermutlich einen Kaltakquise-Anruf durchführen (dazu später mehr). An andere kommt man über Bekannte von Bekannten heran und wieder andere lernt man am besten bei einer Dinnerparty oder einer Konferenz kennen. Ich werde Ihnen noch beibringen, wie man diese und andere Methoden anwendet.

 

Aber der wichtigere Aspekt der dritten Stufe besteht darin, eine Möglichkeit zu finden, sich gegenüber jeder Person, an die man sich wendet, als großzügig zu erweisen. Ein Thema, das ich in späteren Kapiteln dieses Buches noch ausführlich behandeln werde.

Dieses Verfahren kann fast jeder benutzen, unabhängig von der beruflichen Laufbahn. Wenn man das Arbeitsblatt ausgefüllt hat, hat man eine Mission. Man hat die Namen von Menschen aus Fleisch und Blut, die einem bei dem nächsten Schritt der Mission helfen können. Und man hat eine oder mehrere Möglichkeiten, an sie heranzutreten.

Diese Übung soll zeigen, dass der Aufbau eines Beziehungsnetzes ein Prozess ist, ein System, wenn Sie so wollen. Das ist keine Zauberei und es ist nicht einigen wenigen Auserwählten vorbehalten, die mit der Gabe der Kontaktfähigkeit gesegnet sind. Wenn man Verbindungen zu anderen knüpfen will, muss man nur einen Plan festlegen und diesen umsetzen; dabei ist es ganz egal, ob man Geschichtslehrer für die neunte Klasse werden oder eine eigene Firma gründen will.

Überdies kann man das Arbeitsblatt auf alle Lebensbereiche anwenden: Man kann seinen Freundeskreis erweitern, sich fortbilden, einen Partner fürs Leben finden oder geistige Führung suchen.

Wenn Sie den Plan haben, hängen Sie ihn an einen Ort oder mehrere Orte, wo Sie ihn immer wieder sehen. Teilen Sie Ihre Ziele anderen mit. Das ist nämlich einer der wirkungsvollsten und vermutlich lohnenswertesten Aspekte klar festgelegter Ziele – wenn Sie jedem mitteilen, was Sie wollen, bekommen Sie Zugang zu versteckten Gelegenheiten, die nur darauf warten, genutzt zu werden.

Machen Sie jetzt Ihren persönlichen Plan und lesen Sie erst danach das nächste Kapitel. Ich trage gern eine abgewandelte Form meines Plans in meinem Smartphone mit mir herum, damit ich immer wieder daran erinnert werde, was ich erreichen und an wen ich mich dafür wenden muss. Bis vor ein paar Jahren hatte ich immer eine laminierte Miniversion des Plans in der Brieftasche.

Aber auf jeden Fall müssen Sie Ihre Ziele schriftlich niederlegen. Seien Sie davon überzeugt, Ihre Absichten zu Papier zu bringen. Ein ungeschriebener Wunsch ist nur ein Traum. Geschrieben ist er eine Verpflichtung, ein Ziel.

Nun noch ein paar zusätzliche Kriterien, die Sie beim Ausfüllen Ihres BAP beachten sollten:

•Ihre Ziele müssen spezifisch sein. Vage, umfangreiche Ziele sind als Handlungsgrundlage zu weit gefasst, als dass man danach handeln könnte. Sie müssen konkret und detailliert sein. Sie müssen wissen, welche Schritte Sie unternehmen müssen, um Ihr Ziel zu erreichen; und Sie müssen wissen, woran Sie messen können, ob Sie ein Ziel erreicht haben oder nicht. Ich sage meinen Vertriebsleuten immer, dass eine Zielsetzung wie „Ich werde mein bestes Quartal aller Zeiten abliefern“ nicht reicht. Sollen es 100.000 Dollar oder 500.000 Dollar sein?

•Ihre Ziele müssen glaubhaft sein. Wenn Sie nicht glauben, dass Sie sie erreichen können, erreichen Sie sie auch nicht. Wenn Ihr Ziel darin besteht, den Umsatz Ihres Unternehmens auf fünf Millionen Dollar im Jahr zu erhöhen, und Sie haben im vergangenen Jahr nur eine Million Umsatz erzielt, dann verurteilen Sie sich selbst zum Scheitern. Nehmen Sie sich lieber anderthalb Millionen vor – und geben Sie alles!

•Ihre Ziele müssen eine anspruchsvolle Herausforderung darstellen. Gehen Sie über Ihren Wohlfühlbereich hinaus; setzen Sie Ziele, die Risiken und Unsicherheiten beinhalten. Und wenn Sie ein Ziel erreicht haben, setzen Sie sich das nächste. Einer der besten Verkäufer, den ich je getroffen habe, war ein Bekannter meines Vaters namens Lyle, der an der Haustür Bücher verkaufte. Er setzte sich jährliche Umsatzziele, schrieb sie auf und platzierte sie an möglichst vielen Orten: in seiner Brieftasche, am Kühlschrank, auf dem Schreibtisch. Immer wieder erreichte er das Ziel mehrere Monate zu früh. Dann schrieb er einfach ein neues Ziel. Dieser Mann war niemals zufrieden. Lyle sagte immer, was zählt, ist, sich Ziele zu setzen, nicht, Ziele zu erreichen. Er war vielleicht der einzige Haus-zu-Haus-Buchverkäufer in ganz Pennsylvania – oder überhaupt –, der als reicher Mann starb.

Und dann schreiten Sie zur Tat! Der Plan heißt nicht umsonst Beziehungs-Aktions-Plan. Wenn man sich auf einen Marathonlauf vorbereitet, muss man jeden Tag hinausgehen und joggen. Wenn Sie einen Plan haben, liegt es an Ihnen, Kontakte zu knüpfen. Und zwar jeden Tag!