Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten

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Poren, und von seinem Maul tropfte der Schaum in großen

 Flocken - er stand, trotzdem ich ihm die Schenkel wieder nahm.

 "Er ist bezwungen, Mann," lachte ich vergnügt. "Paß auf, wie er

 sich reiten läßt, und versuche nicht wieder, einen Freund zu

 übervorteilen! Allah sei mit dir!"

 Ich ritt voran, und mein Rih folgte mit edler Bescheidenheit dem

 Klepper.

 "Chodih," fragte der Köhler, "nun ist wohl dieser Schwarze

 mein?"

 Hm! Auch eine Frage!

 "Nein," antwortete ich.

 "Warum nicht?"

 "Warum nicht?"

 "Dieser Schwarze würde dich abwerfen, sobald ich nicht mehr in

 seiner Nähe bin. Du sollst ihn nur heute reiten, denn morgen wird

 dieses Pferd hier gehorsam geworden sein."

 "Und wird es mir auch dann gehören, wenn ich von euch

 scheide?"

 "Ja, wenn wir nämlich mit dir zufrieden sind."

 "O ich werde alles tun, was du von mir forderst!"

 Wir gelangten an das Dickicht, wo sich die Gefährten verborgen

 hielten. Sie schlossen sich uns wieder an und zeigten sich sehr

 zufrieden über den guten Handel, den ich gemacht hatte. Nur

 Halef war ungehalten.

 "Sihdi," sagte er, "das wird dir Allah nie vergeben, daß du deinen

 Rih eine solche Kröte tragen lässest. Er mag sich auf mein Pferd

 setzen, während ich den Rappen nehme."

 "Laß ihn, Halef! Es würde ihn beleidigen."

 "Maschallah, wie kann ein Kurde beleidigt werden, der Kohlen

 brennt und den Schmutz mit Fingern ißt!"

 Es blieb trotzdem bei meiner Anordnung.

 Am Nachmittag gelangten wir in die Höhe von Banna und nach

 Am Nachmittag gelangten wir in die Höhe von Banna und nach

 einem scharfen Ritte öffnete sich vor uns der Paß, der nach

 Süden führt. Wir hatten unsere Pferde auf den unwegsamen

 Höhen sehr in Anspruch nehmen müssen; darum wollten wir

 ihnen heute eher Ruhe gönnen und zogen uns seitwärts des

 Passes in ein kleines, aber tiefes Tälchen zurück, dessen Seiten

 sehr dicht mit Zwergeichen bewachsen waren. Wir hatten Wild

 genug geschossen, um nicht hungern zu müssen, und losten nach

 dem Mahle um die Reihenfolge der Nachtwache. Hier in der

 Nähe des Passes hielten wir die Vorsicht ganz besonders für

 notwendig, denn die Kunde von dem Herdenraube war ganz

 sicher bereits bis Banna gedrungen, und es ließ sich vermuten,

 daß dabei die Rede auch von uns gewesen sei.

 Die Nacht verging ohne die geringste Störung, und mit dem

 Grauen des Tages ritten wir bereits in den Mund des Passes ein.

 Wir hatten diese Zeit gewählt, um völlig unbeachtet zu sein.

 Der Weg führte über nackte Höhen und kahle Steinflächen,

 durch dunkle Schluchten und melancholische Täler, in denen

 kaum ein Wässerlein zu finden war. Man sah und fühlte hier so

 recht deutlich, daß man sich auf einem Boden befand, den

 vielleicht noch kein Europäer betreten hatte.

 Es war nahe am Mittag, als wir ein Quertal zu durchschneiden

 hatten. Gerade als wir bei der gegenüberliegenden Ecke

 anlangten, blieb Dojan stehen und sah mich bittend an. Ich

 kannte seine Manieren; er hatte etwas Verdächtiges bemerkt und

 kannte seine Manieren; er hatte etwas Verdächtiges bemerkt und

 wollte nun die Erlaubnis haben, mich verlassen zu dürfen. Ich ließ

 halten und sah mich um, fand aber nicht die geringste Spur eines

 lebenden Wesens.

 "Jürü (* Gehe!), Dojan!" sagte ich, und sofort sprang der Hund

 in das Gebüsch hinein. Einige Augenblicke später hörten wir

 einen Schrei, und dann erscholl jener kurze Laut, welcher mir

 sagte, daß Dojan einen Menschen unter sich liegen habe.

 "Halef, komm!"

 Wir sprangen von den Pferden, warfen den Andern die Zügel zu

 und folgten dem Hunde. Wahrhaftig, neben einem stacheligen,

 heckenrosenartigen Busche lag ein Mann, und der Hund stand

 über ihm und hatte seine Zähne an dessen Gurgel.

 "Dojan, geri!"

 Der Hund ließ ab, und der Mann erhob sich.

 "Was tust du hier?"

 Er blickte mich an, als ob er sich die Antwort erst überlegen

 wolle, gab sie aber nicht, sondern tat einen plötzlichen

 Seitensprung und verschwand.

 Auf meinen Wink setzte der Hund dem Fremden nach. Keine

 Minute später hörten wir wieder den Angstschrei des Mannes

 Minute später hörten wir wieder den Angstschrei des Mannes

 und den bezeichnenden Laut des Hundes. Neben der Stelle, wo

 der Mann gelegen hatte, hing seine Flinte an einem

 abgebrochenen Zweige. Ich winkte Halef, sie zu nehmen, und

 dann drangen wir weiter vor. Wir fanden Mensch und Hund

 genau wieder in der vorherigen Lage. Der erstere wagte gar

 nicht, sich zu rühren und von dem Messer Gebrauch zu machen,

 welches er im Gürtel hatte.

 "Ich werde dir noch einmal erlauben, dich zu erheben, aber ich

 sage dir: wenn du abermals zu entfliehen suchst, so wird der

 Hund dich zerreißen," warnte ich ihn.

 Dann rief ich Dojan abermals zurück. Der Fremde stand auf und

 blieb in demütiger Haltung vor mir stehen.

 "Wer bist du?"

 "Ich bin ein Bewohner von Soota," antwortete er.

 "Ein Bebbeh?"

 "Nein, Herr. Wir sind Feinde der Bebbeh, denn ich bin ein

 Dschiaf."

 "Woher kommst du?"

 "Aus Achmed Kulwan."

 "Das ist weit. Was hast du dort getan?"

 "Das ist weit. Was hast du dort getan?"

 "Ich sorge für die Herden des dortigen Kiaja."

 "Wohin willst du?"

 "Nach Soota zu meinen Freunden. Die Dschiaf feiern ein großes

 Fest, welches wir mitmachen wollen."

 Das stimmte.

 "Haben die Dschiaf auch Gäste bei diesem Feste?"

 "Ich habe gehört," antwortete er, "daß Khan Heider Mirlam mit

 seinen Bejat kommen will."

 Auch das stimmte. Dieser Mann schien kein Lügner zu sein.

 "Warum versteckst du dich vor uns?"

 "Herr, muß ein einzelner Mann sich nicht verstecken, wenn er

 sechs Reiter kommen sieht? Er weiß hier in den Bergen doch

 niemals, ob es Freunde oder Feinde sind."

 "Aber warum versuchtest du, mir zu entfliehen?"

 "Weil ich dachte, du seist ein Feind, denn du hetztest deinen

 Hund auf mich."

 "Bist du wirklich ganz allein hier?"

 "Bist du wirklich ganz allein hier?"

 "Ganz allein; das kannst du mir beim Barte des Propheten

 glauben!"

 "Ich will es dir glauben. Gehe voran!"

 Wir kehrten mit ihm zu den Gefährten zurück, wo er seine

 Aussage wiederholen mußte. Sie stimmten mit mir darin überein,

 daß der Mann ungefährlich sei. Er erhielt seine Flinte wieder und

 durfte gehen. Nachdem er sich bedankt und den Segen Allahs

 auf unsere Häupter herabgewünscht hatte, setzten wir den

 unterbrochenen Ritt weiter fort.

 Ich hatte bemerkt, daß Allo den Fremden recht nachdenklich

 betrachtet hatte; auch jetzt saß er sinnend auf dem Rappen, und

 eben wollte ich ihn nach dem Gegenstande seines Grübelns

 fragen, als er, wie sich endlich besinnend, aufblickte und schnell

 an meine Seite kam.

 "Chodih, dieser Mann hat euch belogen! Ich kannte ihn, aber ich

 wußte nicht mehr, wer er war. Jetzt nun habe ich mich besonnen.

 Er ist kein Dschiaf, sondern ein Bebbeh. Er muß ein Bruder oder

 Verwandter des Scheik Gasahl Gaboya sein. Ich habe sie beide

 in Nweizgieh gesehen."

 "Wenn dies wahr wäre! Irrst du dich nicht?"

 "Es ist möglich, aber ich meine, recht gesehen zu haben."

 "Es ist möglich, aber ich meine, recht gesehen zu haben."

 Ich teilte den andern die Vermutung des Köhlers mit und fügte

 hinzu:

 "Fast möchte ich diesem Manne nachreiten!"

 Mohammed Emin schüttelte den Kopf.

 "Warum willst du die Zeit verschwenden und wieder umkehren?

 Wenn dieser Mann wirklich ein Bebbeh wäre, wie wollte er

 wissen, daß Heider Mirlam von den Dschiaf eingeladen ist?

 Solche Dinge werden vor dem Feinde stets geheim gehalten."

 "Und," fügte Amad el Ghandur hinzu, "wie könnte uns dieser

 Mann Schaden bringen? Er geht nach Norden, und wir reiten

 nach Süden. Man würde uns nicht einholen können, selbst wenn

 er in Banna von uns erzählte."

 Diese Gründe waren allerdings sehr triftig, und daher gab ich es

 auf, wieder umzukehren. Nur der Engländer schien nicht

 befriedigt zu sein.

 "Warum den Kerl laufen lassen?" zürnte Sir David, als ich ihm

 alles erklärt hatte. "Hätte den Kerl erschossen. Ist nicht schade

 darum. Jeder Kurde ist ein Spitzbube! Yes!"

 "War der Bey von Gumri auch einer?"

 "Hm! Ja!"

 "Hm! Ja!"

 "Sir, Ihr seid sehr undankbar!"

 "Geht Euch nichts an! Dieser gute Bey hätte uns nicht so gut

 empfangen, wenn er nicht durch Marah Durimeh von uns gehört

 hätte. Gutes Weib, einziges Weib, diese alte Grand-mother (*

 Großmutter.)!"

 Durch den Namen Marah Durimeh wurden Erinnerungen in mir

 erweckt, welche mich für den Augenblick die Gegenwart

 vergessen ließen. Ich gab mich denselben schweigend hin, bis

 der Engländer daran mahnte, daß es Zeit sei, die Mittagsrast zu

 halten.

 Er hatte recht. Es war heute trotz des schlechten Weges eine

 tüchtige Strecke zurückgelegt worden, und so konnten wir uns

 und den Pferden die verdiente Ruhe gönnen. Wir fanden einen

 Platz, welcher ganz dazu geeignet war; da stiegen wir ab und

 legten uns, die Wache abgerechnet, zu einem kurzen Schlummer

 hin.

 





Ein Ueberfall.



Als wir geweckt wurden, hatten sich die Tiere wieder erholt. Ich

 

 beschloß, einen Versuch zu machen, ob das neu erworbene

 Pferd den Köhler nun aufsitzen lasse. Er gelang. Das Tier mochte

 gemerkt haben, daß es bei uns nicht gequält werde. So konnte

 ich meinen Rih wieder besteigen, und dies war ein Glück, wie ich

 bald einsehen sollte.

 Die vorher so kahlen Höhen bewaldeten sich immer mehr, je

 weiter wir nach Süden kamen; es gab mehr Wasser hier.

 Infolgedessen wurde unser Ritt beschwerlicher. Von einem

 gebahnten Wege war keine Rede.

 Bald mußten wir eine schroffe Höhe erklettern, bald drüben

 wieder hinuntersteigen; bald ging es zwischen Felsen hindurch,

 bald durch sumpfiges Land oder über halb verfaulte Bäume

 hinweg. So gelangten wir am Nachmittag in ein schmales Tal, das

 nur in seiner Mitte einen wiesenähnlichen Streifen zeigte, hüben

 und drüben aber mit üppigem Baumwuchse bestanden war. In

 der Ferne erhob sich in bläulicher Färbung ein großer Berg, der

 uns mit seinen Vorhügeln den Weg zu verlegen schien.

 "Kommen wir dort vorüber?" fragte ich Allo.

 "Ja, Herr. Links gehen wir an seinem Fuße hin."

 "Ja, Herr. Links gehen wir an seinem Fuße hin."

 "Was sagt der Mann?" fragte Lindsay.

 "Daß unser Weg dort am linken Fuße des Berges vorüber gehe."

 "Brauchen wir nicht zu wissen!" brummte er mürrisch.

 Er sollte sehr bald einsehen, daß diese Bemerkung des Führers

 für ihn von der größten Wichtigkeit gewesen war; denn kaum

 öffnete ich die Lippen, um eine Entgegnung auszusprechen, so

 krachten von beiden Seiten viele Schüsse, und zu gleicher Zeit

 sprengten mehr als fünfzig Reiter rechts und links unter den

 Bäumen hervor, um uns zu umzingeln.

 Das war eine fürchterliche Ueberraschung! Die sämtlichen

 Pferde meiner Gefährten waren getroffen und nur das meinige

 nicht. Ich hatte dies, wie ich später erfuhr, nicht dem Zufalle zu

 verdanken. Die Reiter suchten sich von den Bügeln zu befreien

 und zu ihren Waffen zu kommen. Wir waren im Nu von allen

 Seiten umgeben, und grad auf mich zu kamen zwei Reiter,

 welche ich augenblicklich wieder erkannte: Scheik Gasahl

 Gaboya und der Bebbeh, mit dem ich während unserer

 Verfolgung die Friedensunterhandlung geführt hatte.

 Man hatte nur auf unsere Pferde geschossen; man wollte uns also

 lebendig gefangen nehmen. Infolgedessen ließ ich den Stutzen

 hangen und griff zur schweren Büchse.

 "Wurm, jetzt hab ich dich!" rief der Scheik. "Du entkommst mir

 nicht wieder!"

 Er holte mit der Keule aus, aber in demselben Augenblick sprang

 Dojan an ihm empor und faßte mit seinen Zähnen den

 Oberschenkel des Feindes. Dieser stieß einen Laut des

 Schmerzes aus, und der Hieb, welcher mir gegolten hatte, traf

 den Kopf meines Pferdes. Es wieherte laut auf, schnellte sich mit

 allen vieren in die Luft und ließ mir also Zeit, dem Bebbeh einen

 Kolbenschlag auf die Schulter zu versetzen - dann stürmte es

 davon, vor Schmerz keiner Führung mehr gehorchend.

 "Dojan!" rief ich noch laut hinter mich, denn den braven Hund

 wollte ich nicht verlieren; dann streckten sich mir viele

 Lanzenspitzen entgegen; ich schlug sie mit der Büchse von mir

 ab, mehr wußte ich nicht; aber den Ritt, welcher nun kam, will

 ich mein Leben lang nicht vergessen. Kein Graben war zu tief,

 kein Stein zu hoch, kein Riß zu breit, kein Felsen zu glatt und

 kein Sumpf zu trügerisch - alles, alles, Bäume, Büsche, Felsen,

 Berg und Tal flogen an mir vorüber, bis ich nur nach und nach

 wieder die Herrschaft über das rasende Tier gewann. Dann

 befand ich mich allein in einer wilden, unbekannten Gegend; aber

 die Richtung hatte ich mir gemerkt, aus welcher ich gekommen

 war, und grad vor mir lag jener hohe Berg, von dem wir kurz

 vorher gesprochen hatten.

 Was war zu tun? Den Gefährten beispringen? Das war nicht

 mehr möglich, sondern es stand vielmehr zu erwarten, daß die

 mehr möglich, sondern es stand vielmehr zu erwarten, daß die

 Bebbeh auch mich verfolgen würden. Aber wie kamen diese

 Kurden so tief zwischen die Berge herein? Wie hatten sie

 erfahren, daß wir diesen Weg einschlagen würden? Das war mir

 ein Rätsel.

 Augenblicklich konnte ich für meine Kameraden nicht das

 Mindeste tun. Sie waren entweder tot oder gefangen. Vor allem

 mußte ich mich versteckt halten und erst morgen sehen, was auf

 dem Kampfplatze zu entdecken sei. Dann erst konnte ich etwas

 für sie tun.

 Zunächst untersuchte ich den Kopf meines Pferdes. Es war eine

 tüchtige Beule aufgelaufen. Ich führte den Hengst an ein nahes

 Wasser, wo er sich niederlegen mußte. Hier machte ich ihm

 Umschläge mit derselben Sorgfalt, mit welcher eine Mutter für ihr

 Kind bedacht wäre. Darüber war wohl eine Viertelstunde

 vergangen, als ich von ferne her ein Geräusch vernahm. Es war

 ein Aechzen und Schnauben, als wenn jemand den Atem

 verlieren will - im nächsten Augenblick kam es dahergesaust,

 stieß ein lautes Freudengeheul aus und sprang mit solcher Gewalt

 auf mich ein, daß ich in das Gras stürzte.

 "Dojan!"

 Der Hund heulte und winselte - seine Freude war nicht zu

 bändigen. Er sprang einmal auf mich und das andere Mal wieder

 auf das Pferd ein; ich mußte ihn gewähren lassen, bis er sich

 auf das Pferd ein; ich mußte ihn gewähren lassen, bis er sich

 allmählich von selbst beruhigte. Auch er war ohne alle Verletzung

 davongekommen.

 Das kluge Tier schien sehr bald zu merken, weshalb ich mich um

 das Pferd bemühte; denn nachdem Dojan mir eine Weile

 zugesehen hatte, richtete er sich empor und begann die

 betroffene Stelle an dem Kopfe seines Freundes sehr sorgsam zu

 belecken. Rih litt es ruhig und stieß sogar von Zeit zu Zeit ein

 freundliches Schnauben aus.

 So lagen wir noch eine lange Zeit, bis ich es für geraten hielt,

 diesen Ort zu verlassen. Es war jedenfalls das beste, den Fuß

 jenes Berges aufzusuchen, von dem der Köhler gesprochen

 hatte. Ich setzte mich also wieder auf und ritt diesem nahen Ziele

 entgegen.

 Die Seiten des Berges waren mit dichtem Walde bedeckt, und

 nur tief unten im Tale, durch das uns jedenfalls unser Weg geführt

 hätte, war Raum zur freien Bewegung vorhanden. Dort erblickte

 ich eine weit vorstehende Waldesecke, von der aus man jeden

 Ankommenden bemerken konnte; ich hielt auf sie zu. Als ich sie

 erreichte, stieg ich ab, zunächst besorgt, für das Pferd ein

 sicheres Versteck zu suchen. Kaum aber war ich einige Schritte

 in den Forst eingedrungen, so gab mir Dojan das bekannte

 Zeichen, daß er etwas Auffälliges wittere. Die Sache war mir zu

 bedenklich, als daß ich ihn sich selbst überlassen mochte. Ich

 nahm ihn also an die Leine, band das Pferd an einen Baum und

 nahm ihn also an die Leine, band das Pferd an einen Baum und

 folgte ihm, mit dem schußfertigen Stutzen in der Hand.

 Ich schritt dem Hunde zu langsam vorwärts. Er zog so stark an

 der Schnur, daß sie zu zerreißen drohte; dann gab er zwischen

 zwei hohen Pinien Laut. Dort standen mehrere Farrn

 beieinander, und als ich die Wedel derselben mit dem Stutzen

 auseinander stieß, gewahrte ich, daß ein Loch, das zwei Fuß im

 Durchmesser haben mochte, hier schräg in die Erde führte.

 War ein Tier darin? Wohl nicht. Aber als ich mit dem Stutzen

 hineinstieß, fühlte ich doch, daß irgend ein Körper darin

 vorhanden sei, und dieser konnte nichts Feindliches sein, wie ich

 an dem Gebaren des Hundes bemerkte. Ich bedeutete ihm,

 hineinzugehen; aber er tat es nicht, sondern wedelte mit dem

 Schwanze und warf einen freundlichen, erwartungsvollen Blick in

 das Loch.

 Da entschloß ich mich, hineinzugreifen. Ich tat es und erfaßte -

 einen stark behaarten, zottigen Kopf. Ah, nun war das Rätsel

 gelöst! Es war der Hund des Köhlers, welcher [Illustration Nr.

 4] da drinnen stak. Das Tier war entflohen, als es die Schüsse

 hörte, und von seiner Angst zufällig hierher geführt worden.

 "Eisa!" rief ich.

 Ich hatte nämlich beobachtet, daß der Köhler seinen Hund bei

 diesem Namen rief. Es blieb still in dem Loch; aber als ich den

 Ruf wiederholte, begann es sich zu regen. Ich schob die

 Ruf wiederholte, begann es sich zu regen. Ich schob die

 Farrnwedel beiseite, und was erblickte ich? Zunächst vernahm

 ich ein sehr vergnügtes Brummen im großen C oder Kontra-A;

 dann erschien ein wirres Haargestrüpp, zwischen dem nur eine

 breite Nase und zwei Aeuglein zu erkennen waren; hierauf

 kamen zwei Hände, die mit breiten Krallen versehen waren, und

 sodann ein zerlöcherter Sack, zwei schmierige Lederfutterale,

 parallel miteinander, und endlich an jedem der Futterale einer der

 bekannten Koloß-von-Rhodus-Stiefel - Allo stand vor mir, wie

 er leibte und lebte.

 Es war ein freudiger Schreck, der mich bei seinem Anblick

 ergriff; denn wenn dieser Mann sich gerettet hatte, so konnte es

 auch den andern gelungen sein, zu entkommen.

 "Allo, du hier?" rief ich.

 "Ja," antwortete er ebenso einfach wie richtig.

 "Wo ist dein Hund?"

 "Zertreten, Chodih!" sagte er mit einem starken Anflug von

 Trauer in seinem Tone.

 "Wie bist du entkommen?"

 "Als alle hinter dir herritten, sah niemand auf uns, und ich sprang

 in die Büsche. Ich kam dann hierher, weil ich dir gesagt hatte,

 daß wir hier vorüber müßten. Ich dachte, daß du kommen

 daß wir hier vorüber müßten. Ich dachte, daß du kommen

 würdest, wenn die Bebbeh dich nicht fänden."

 "Wer ist noch entkommen?"

 "Ich weiß es nicht."

 "Wir müssen hier warten, ob sich noch einer zu uns finden wird.

 Suche mir ein Versteck für mein Pferd."

 "Ich weiß ein sehr gutes, Chodih."

 "Ah! Du bist hier bereits bekannt?"

 "Ich habe auch hier schon Kohlen gebrannt. Folge mir mit dem

 Pferde!"

 Er führte mich eine Strecke von vielleicht einer Viertelstunde

 aufwärts. Dort fand sich eine Felsenwand, die dicht und

 vollständig mit langen Brombeerranken bewachsen war. Er

 schob an einer Stelle die Ranken auseinander, und es war eine

 sehr beträchtliche, spaltenähnliche Vertiefung zu sehen, in der ein

 Pferd ganz gut Platz haben konnte.

 "Hier wohnte ich," erklärte er mir. "Binde das Pferd da drinnen

 an; ich werde ihm Futter schneiden."

 Es waren in der Spalte mehrere Hölzer eingeschlagen, die früher

 wohl als Tischbeine gedient haben mochten, obgleich dieser

 Tisch nach orientalischer Weise gewiß sehr niedrig gewesen war.

 Tisch nach orientalischer Weise gewiß sehr niedrig gewesen war.

 An diese Tischbeine band ich das Pferd fest, so daß es das

 Versteck nicht ohne mein Wissen verlassen konnte.

 Draußen fand ich den Kurden beschäftigt, mit seinem Messer

 fettes Luftgras zu schneiden.

 "Gehe hinab, Chodih," bat er. "Es könnte unterdes jemand

 kommen. Ich folge nach, sobald ich fertig bin."

 Ich gehorchte seinem Rate und nahm in der Waldecke einen

 solchen Platz, daß ich alles sehen konnte, ohne selbst bemerkt zu

 werden. Nach einer Viertelstunde kam der Köhler.

 "Ist das Pferd sicher?" fragte ich und setzte, als er bejahte, hinzu:

 "Hast du Hunger?"

 Ein zweifelhaftes Brummen war die Antwort.

 "Ich habe leider nichts. Wir müssen uns gedulden bis morgen."

 Er brummte abermals und sagte dann vernehmlich:

 "Chodih, werde ich auch für heute zwei Piaster erhalten?"

 "Du sollst vier bekommen."

 Jetzt hörte man dem Brummen ein gelindes Entzücken an; dann

 blieb es lange zwischen uns still.

 blieb es lange zwischen uns still.

 Es wurde Nacht, und als eben das letzte Licht des scheidenden

 Tages im Verlöschen war, dünkte mir, als ob jenseits der

 schmalen Lichtung, welche uns zur Linken lag, eine Gestalt

 zwischen den Bäumen hindurchgehuscht wäre. Das war trotz der

 hereinbrechenden Dunkelheit so täuschend, daß ich mich erhob,

 um mich zu überzeugen. Der Kurde erhielt die Weisung, bei

 meinen Gewehren, welche mich gehindert hätten, zurück zu

 bleiben. Ich nahm den Hund wieder an die Leine und schlich

 mich vorwärts.

 Ich hatte eine tiefe Einbuchtung der Lichtung zu umgehen, war

 aber noch nicht bis zur Hälfte dieses Weges gekommen, als ich

 

 die betreffende Gestalt über die Lichtung herüberhuschen sah.

 Einige rasche Sprünge brachten mich nahe an die Stelle, an

 welcher die Gestalt vorüber mußte. Jetzt, jetzt langte sie in

 meiner unmittelbaren Nähe an. Ich wollte bereits zugreifen, als

 Dojan mich daran verhinderte. Er stieß ein freudiges Winseln

 aus. Die Gestalt hörte es und blieb erschrocken stehen.

 "Zounds! Wer ist hier?"

 Dabei streckten sich zwei lange Arme nach mir aus.

 "Lindsay! Sir David! Seid Ihr es wirklich?" rief ich.

 "Oh! Ah! Master! Yes! Well! Ich bin es! Und Ihr? Ah! Ah!

 Well! Ihr seid es auch! Yes!"

 Well! Ihr seid es auch! Yes!"

 Er war ganz bestürzt vor Freude, und mich machte er vor

 Ueberraschung bestürzt, denn er umfaßte mich, drückte mich an

 sich und versuchte, mir einen Kuß zu geben, wobei ihm seine

 kranke Nase keineswegs sehr förderlich und dienlich war.

 "Das hätte ich nicht gedacht, Sir David, Euch hier zu finden!"

 "Nicht? Der Gorilla - o no! Der Köhler hatte doch gesagt, daß

 wir hier vorüber müssen."

 "Sehet Ihr, wie gut das war! Aber sagt, wie Ihr Euch gerettet

 habt!"

 "Hm! Das ging schnell. Pferd unter mir erschossen; würgte mich

 hervor; sah, daß alle hinter euch her waren, und sprang auf die

 Seite."

 "Ganz so wie Allo!"

 "Allo? Auch so gemacht? Auch hier?"

 "Dort drüben sitzt er. Kommt!"

 Ich führte ihn zu unserem Observatorium. Die Freude des

 Kurden war groß, als er einen zweiten Gefährten gerettet sah. Er

 drückte sie durch Töne aus, die sich nur mit dem Brummen eines

 invaliden Spulrades vergleichen lassen.

 "Wie ist es Euch ergangen?" fragte mich Lindsay.

 Ich erzählte es ihm.

 "Also Euer Pferd unbeschädigt?"

 "Außer der Beule, ja."

 "Das meinige tot! Braves Tier! Werde diese Bebbeh erschießen!

 Alle! Yes!"

 "Habt Ihr denn Euer Gewehr noch?"

 "Gewehr? Werde ihnen meine Büchse lassen! Hier liegt sie."

 Ich hatte während der Dunkelheit diesen glücklichen Umstand

 gar nicht bemerkt.

 "So seid froh, Sir! Diese Büchse wäre unersetzlich gewesen."

 "Habe auch Messer, Revolver und Patronen noch hier im

 Beutel."

 "Welch ein Glück, daß Ihr sie nicht in der Satteltasche hattet!

 Aber habt Ihr keine Ahnung, ob noch einer von uns entkommen

 ist?"

 "Keiner. Halef lag noch unter seinem Pferde, und die Haddedihn

 staken mitten zwischen den Bebbeh."

 staken mitten zwischen den Bebbeh."

 "O wehe, dann sind alle drei verloren!"

 "Abwarten, Master! Allah akbar - Gott ist groß, sagen die

 Türken."

 "Ihr habt recht, Sir. Wir wollen hoffen, dann aber, wenn wir uns

 täuschen sollten, auch alles tun, um die Gefährten zu befreien, im

 Falle sie noch leben und gefangen sein sollten."

 "Richtig! Jetzt aber schlafen. Bin müde; habe weit laufen müssen!

 Schlafen ohne Decke! Armselige Bebbeh! Miserable Gegend!

 Yes!"

 Er schlief ein, und der Kurde mit ihm. Ich hingegen wachte noch

 lange und stieg später abermals mühsam empor, um nach dem

 Pferde zu sehen. Dann versuchte auch ich, zu schlafen, dem

 treuen Hunde das Wachen überlassend. Mein Schlaf wurde

 durch eine sehr energische Berührung gestört, welche ich an

 meinem Arme fühlte. Ich erwachte. Der Tag war erst im Grauen.

 "Was ist's?" fragte ich.

 Statt der Antwort deutete der Kurde zwischen die Bäume

 hindurch nach dem gegenüberliegenden Rande des Gebüsches -

 ein Rehbock war hervorgetreten und stand im Begriff, zur nahen

 Tränke zu gehen. Wir brauchten Fleisch, und obgleich ein Schuß

 uns verraten konnte, griff ich doch zur Büchse. Ich legte an und

 uns verraten konnte, griff ich doch zur Büchse. Ich legte an und

 drückte ab. Bei dem Schalle fuhr Lindsay kerzengrad aus dem

 Schlafe empor.

 "Was ist's? Wo ist Feind? Wie? Wo? Yes!"

 "Da drüben liegt er, Sir."

 Er sah in der angegebenen Richtung hin.

 "Ah! Roe-buck - Rehbock! Prächtig! Können sehr gut

 gebrauchen! Nichts gegessen seit gestern mittag.

 Well!"

 Allo eilte fort, um das erlegte Wild herbeizuholen. Schon einige

 Minuten später brannte an einer geschützten Stelle ein Feuer,

 über dem ein saftiger Braten schmorte. Nun war dem Hunger mit

 einem Male abgeholfen, und auch Dojan konnte befriedigt

 werden.

 Während des Essens kamen wir zu dem Entschluß, bis Mittag

 noch zu warten, dann aber nachzuforschen, wie es mit den

 Bebbeh stehe. Unter dem Gespräche erhob sich Dojan plötzlich

 und sah in die Tiefe des Waldes. Einige Zeitlang schien es, als sei

 er mit sich selbst im unklaren; dann sprang er mit einem Satz fort,

 ohne mich nur vorher angesehen zu haben. Ich erhob mich

 schnell, um nach dem Gewehr zu greifen und ihm nachzueilen,

 blieb aber sofort wieder stehen, als ich anstatt des erwarteten

 blieb aber sofort wieder stehen, als ich anstatt des erwarteten

 Angstrufes das laute, freudige Gewinsel des Tieres vernahm.

 Gleich darauf trat zu uns - mein kleiner Hadschi Halef Omar,

 zwar ohne sein Pferd, aber in voller Ausrüstung mit Büchse,

 Pistolen und mit dem Messer im Gürtel.

 "Hamdulillah, Sihdi, daß ich dich finde und daß du lebst!"

 begrüßte er mich. "Mein Herz war voll von Sorge um dich; aber

 es tröstete mich die Ueberzeugung, daß kein Feind deinen Rih

 einholen kann."

 "Der Hadschi!" rief Lindsay. "Oh! Ah! Nicht massakriert!

 Herrlich! Unvergleichlich! Gleich mit Braten essen! Well!"

 Der gute Lindsay faßte die Sache sofort von ihrer praktischen

 Seite an. Halef war nicht wenig erfreut, ihn und den Führer wohl

 erhalten zu sehen; doch verschmähte er auch die leibliche

 Erquickung nicht, sondern langte gleich nach dem Bratenstücke,

 welches der Engländer ihm entgegenstreckte.

 "Wie bist du entkommen, Halef?" fragte ich ihn.

 "Die Bebbeh schossen auf unsere Pferde," antwortete er. "Auch

 das meinige stürzte, und ich blieb im Bügel hangen. Sie

 bekümmerten sich nicht um uns, sondern sie wollten nur dich und

 deinen Rih haben; darum schlug Allah sie mit Blindheit, daß sie

 nicht sahen, wie dieser Kurde und der Master entkamen. Auch

 ich machte mich endlich frei, nahm meine Waffen und entfloh."

 ich machte mich endlich frei, nahm meine Waffen und entfloh."

 Welch eine Unachtsamkeit von den Bebbeh! Sie hatten nur auf

 die Pferde geschossen, um die Reiter lebendig zu fangen, und

 ließen diese doch entkommen!

 "Hast du nichts von den Haddedihn bemerkt, Halef?"

 "Ich sah noch während des Fliehens, daß man sie gefangen

 nahm."

 "Oh, dann dürfen wir keine Zeit verlieren, sondern wir müssen

 aufbrechen!"

 "Warte, Sihdi, und laß dir erzählen! Als ich glücklich entronnen

 war, dachte ich, daß es wohl klüger sei, zu bleiben und die

 Feinde zu beobachten, als zu fliehen. Ich stieg also auf einen

 Baum, dessen Laub mich ganz verdeckte. Da blieb ich bis gegen

 den Abend; erst als es ziemlich dunkel war, konnte ich den

 Baum wieder verlassen."

 "Was hast du gesehen?"

 "Die Bebbeh wollen nicht fort. Sie haben ein Lager geschlagen.

 Ich habe an achtzig Krieger gezählt."

 "Woraus besteht das Lager?"

 "Sie haben sich Hütten aus Zweigen gebaut. In einer solchen

 Hütte liegen die Haddedihn gefangen, an den Händen und Füßen

 gebunden."

 "Weißt du das genau?"

 "Ja, Sihdi. Ich habe gar nicht geschlafen, sondern das Lager

 während der ganzen Nacht umschlichen, weil ich glaubte,

 vielleicht bis zu den Gefangenen kommen zu können. Es ging

 nicht. Nur dir könnte es vielleicht gelingen, Sihdi; denn du hast

 mich dieses Anschleichen ja erst gelehrt."

 "Konntest du nicht aus irgend einem Umstande auf den Grund

 ihres Verbleibens schließen? Ich kann nicht begreifen, warum sie

 den Ort nicht gleich verlassen haben."

 "Ich auch nicht, Sihdi; aber ich habe nichts erfahren können."

 "Ich muß dich übrigens loben, Hadschi Halef Omar, daß es dir

 gelungen ist, uns so nahe zu kommen, ohne daß wir dich

 bemerkten. Woraus schlossest du, daß ich mich grad hier

 befinden werde?"

 "Weil ich deine Art und Weise kenne, Sihdi, dir immer einen Ort

 zu suchen, wo du nicht gesehen wirst und dennoch alles sehen

 kannst."

 "Ruhe dich jetzt aus. Ich will mir überlegen, was zu tun ist. Allo,

 führe mein Pferd zur Tränke und gib ihm neues Futter!"

 Der Köhler hatt